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Kaliber 7,62 x 51 mm: Thriller
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eBook380 Seiten5 Stunden

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Über dieses E-Book

Nach einigen Nackenschlägen versucht der Protagonist mit Freunden eine neue Existenz in Deutschland aufzubauen. Nach einigen Ärger mit einem Libanesen-Clan und einem alten Todfeind eskaliert die Angelegenheit Nach einem Mordanschlag wird eine vergeltende Rache geübt.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum22. Aug. 2022
ISBN9783347704619
Kaliber 7,62 x 51 mm: Thriller

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    Buchvorschau

    Kaliber 7,62 x 51 mm - Michael Bartsch

    Danksagung

    „Familia est ad cor meum"

    „Die Familie ist das Herzstück!"

    Ich möchte hier meinem Lektor Karl-Heinz und seiner Gattin Renate Dank sagen. Sie waren meine wichtigsten Leser und Feedback-Geber in den Jahren beim Bearbeiten aller meiner Romane. Auch herzlichen Dank für den Rückhalt in meiner Familie.

    Wolken ziehen auf, von Zeit zu Zeit – sie bringen

    die Chance, ein wenig auszuruhen von der

    Betrachtung des Mondes.

    Matsuo Munefusa (1643 – 1694)

    Prolog

    Sinnierend saß er auf dem alten Sofa in der Montagehalle und sah Rawiri und Paora zu, die an einer Harley ‚Fat Boy‘ herumwerkelten. In der Ecke lagen die Überreste der Harley, mit der gestern ein Biker auf der Highcliff Road einen tödlichen Unfall hatte.

    Bei diesem Anblick dachte er daran, wie oft ihn sein Schutzengel vor Unheil bewahrt hatte. Schon mehrmals war er dem Sensenmann entkommen, hatte viele Tiefschläge überwunden und einige Freunde verloren, aber auch glückliche Momente erlebt. Er hoffte, dass die Glücksspur, auf der er sich zurzeit befand, noch lange, lange Zeit anhielt. Bevor er sich dann doch irgendwann vor einer höheren Instanz würde verantworten müssen.

    Er schmunzelte, als er im Wohnzimmer die Zwillinge toben hörte und die folgende unvermeidliche Mahnung ihrer Mutter. Er stand auf, schlenderte an den beiden Maori vorbei, die nur kurz von ihrer Arbeit aufsahen. Er nickte ihnen zu und spazierte nach draußen, wo gerade zwei Biker vorfuhren. Er begrüßte sie herzlich und schickte sie dann weiter zu den Brüdern in die Werkstatt.

    Bevor sie verreisten, wollte er noch eine Kerze in der St. Patrick`s Basilika anzünden. Deshalb setzte er sich auf seine Harley Low Raider S, startete die Maschine und brauste los. Auf dem Parkplatz bei der Basilika stellte er das Bike ab und ging in den Kirchenraum. Drinnen zündete er eine Kerze an und betete, dass die ganze Familie gesund blieb. Mit einem Obolus ins kirchliche Spendenkästchen bekräftigte er seine Bitte um den ‚Erlass‘ seiner Sünden. Dieses Ritual führte er alle sechs Monate durch.

    Als er wieder zuhause ankam schob er die Maschine in die Werkstatthalle. Schon von weitem hörte er Caron und Connor rufen: „Papi, Papi, wo bleibst du? Wir müssen los!"

    Akt 1 - „Abschied und Neuanfang"

    „Wohin du auch gehst,

    geh‘ mit deinem ganzen Herzen."

    Konfuzius

    Vereinzelte Regentropfen perlten über die Scheiben der Stretch-Limousine. Max Faber schaute versonnen durch die verdunkelte Seitenscheibe auf die vorbeiziehenden Villen und Häuser. Heute war sein vorerst letzter Tag im heimischen Los Angeles. Als sei die Heimat über seine Abreise betrübt, hatte es am Morgen zu regnen begonnen. Die Stadt sah trist und traurig aus. Seit er geboren wurde, verbrachte er - mit Unterbrechungen - fast 39 Jahre in ihren Mauern. Hier drückte er die Schulbank und erlebte, zusammen mit Eltern und Freunden, viele schöne Momente.

    Heute war sein vorläufiger Abschied aus den USA - er saß in Holts Wagen und war auf dem Weg zum Airport. Vor kurzem hatte er die Yacht seiner Eltern, die Princess of Katarina, verkauft und vorgestern - quasi als letzte ‚Amtshandlung‘ - den Verkauf der Villa am Bundy Drive notariell abgewickelt. Es tat ihm in der Seele weh, denn das Anwesen war bis zuletzt sein elterliches Zuhause. Die Hälfte der erzielten 15 Millionen Dollar, floss auf sein neues Konto bei der Deutschen Bank. Der Rest vergrößerte sein Portfolio bei der Bank of America Plaza, das die Eltern ihm hinterließen.

    Er wurde ihr Alleinerbe, als sie unerwartet vor zwei Jahren, bei einem Autounfall ums Leben kamen. Damals war der Mercedes seiner Eltern zur Inspektion in der Werkstatt; deshalb nahmen sie seinen BMW, der geparkt vor der Villa stand. Sie fuhren damit los, um sich in Sacramento mit den Fishers, ihre Freunde aus Seattle, zu treffen. Dann waren sie zur falschen Zeit am falschen Ort. Laut Polizeibericht, rammte ein Lastwagen sie von der Straße. Ihr Wagen überschlug sich und krachte gegen einen Baum; anschließend blieb er auf dem Dach liegen. Die Feuerwehr musste die Insassen aus dem verbogenen und zerquetschten Blechhaufen herausschneiden; doch im Krankenhaus erlagen beide ihren schweren Verletzungen. Das Schicksal wollte es so. Der Verursacher beging Fahrerflucht - und der Polizei gelang es leider nie, ihn zu ermitteln.

    Zum Abschied aus L.A. pilgerte Max nochmals zur Ruhestätte seiner Eltern in Forest Lawn und erzählte ihnen von seinen Plänen in Deutschland. Dabei legte er Mutters Lieblingsblumen, einen Strauß Lilien, aufs Grab. Für die nächsten 20 Jahre übernahm eine Gärtnerei die Pflege der Gedenkstätte. Vor Wochen, als er Robert bei einem Freundschaftsbesuch in dessen Villa am westlichen Ende des Mulholland Drive, von seinem Vorhaben erzählte, bot der Freund ihm spontan an, er werde ihn dann zum Airport kutschieren.

    Während Max sinnierend im Fond der Stretch-Limo saß, bog Bob der Chauffeur, über den Bundy Drive an der University High School auf den Wilshire Boulevard ab. Geräuschlos glitten die Häuser und Hotels vorbei, als er nachdenklich durch die mit Regentropfen gesprenkelte Scheibe nach draußen schaute. Vorbei am Stadtteil Ocean Park, schwenkte der Wagen kaum hörbar in den Lincoln Boulevard ein und fuhr weiter zum Airport. Es schien, als habe Robert seinem Chauffeur den Auftrag erteilt, ihm per ‚Sightseeing-Tour‘ ein letztes Mal die alte Heimat vorzuführen.

    Sofort fielen Max die Radtouren ein, bei denen er oftmals Freunden und Bekannten ‚seine‘ Stadt präsentierte. Der schönste Rundweg führte auf knapp 92 Kilometer durch die Strand-Gemeinden von LA. Auf der Tour sah man Orte wie das Arts District in Downtown, den South Park, das Memorial Coliseum, Culver City, Santa Monica, Hollywood und Chinatown. Man entdeckte dabei Gebäude mit wunderschöner Architektur im Art Deco und Neospanisch, genauso wie das farbenfrohe Viertel von Downtown. Sehenswürdigkeiten wie das Staples Center und die Disney Concert Hall gehörten dabei quasi zur Pflicht. Die Tour endete meist in der historischen Olvera Street.

    Bei diesen Gedanken übermannte Max eine leise Wehmut. Dann sah er rechter Hand die Marina Beach, der Hafen in dem die elterliche Yacht jahrelang vor Anker lag. Gerne erinnerte er sich an die häufigen Ausfahrten und von dort aus an die vielen Spazierwege am Strand entlang, bis zum Santa Monica Pier.

    Oder an das Egyptian Theatre am Hollywood Boulevard, in das die Eltern ihn mitschleppten. Obwohl die Dinosaurierhalle im Naturkundemuseum am Exposition Boulevard, ihn damals als Jungen viel mehr interessierte. Und dann die zahlreichen Spaziergänge durch die Parks … Er vermisste seine Eltern schmerzlich.

    Seufzend löste Max sich von seinen Erinnerungen und lächelte seine beiden Begleiter an. Holdt saß ihm gegenüber und grinste zurück, während dessen Tochter Chris mit betrübter Miene schweigsam in ihrem Sitz kauerte und ihn kaum anschaute. Max beugte sich nach vorne, nahm ihre Hand und sagte: „Sei nicht traurig, du weißt ja, dass ich immer für dich da bin. Du kannst mich jederzeit anrufen, wenn du Probleme hast, auch wenn dein Vater dich wieder mal mit seiner Fürsorge nervt."

    Er schmunzelte dabei und merkte, wie ihre gedrückte Stimmung dahinschmolz. „Wenn ich mich drüben eingerichtet habe, besuchst du mich selbstverständlich!"

    Sekunden später ging es los; ihr Mundwerk blieb nicht mehr still. So kannte er sie und hatte sie ins Herz geschlossen. Die Fragen ratterten nur so aus ihr heraus: über seine Pläne, wie es in Köln aussehe, ob er dort eine Freundin habe und und und …! Max liebte das leicht pummelige 16-jährige Mädchen mit den blaugrünen Augen, die unter ihrem Pagenschnitt meist keck in die Umwelt hervorlugten. Laut Vater, hatte sie diese Neugier vor allem von ihrer Mutter geerbt.

    Chris hatte es nicht leicht, kurz vor ihrem 13. Geburtstag starb nach kurzer Krankheit ihre Mama „Maybell" und ihr Papa war häufig geschäftlich unterwegs. Seit dem Tode von Max‘ Eltern wurde sie für ihn zu einer Art ‚Leidensgenossin‘. Sie lebte in einem goldenen Käfig, umgeben von Nannys und Personenschützern, die sie auf Tritt und Schritt umschwirrten. Freundinnen und Freunde waren aus diesen Gründen äußerst rar.

    Dazu kam noch ihre schlimme Erfahrung an die gescheiterte Entführung. Damals kam ihr Bodyguard ums Leben und nur Max hatte sie durch den Einsatz seines Lebens beschützt und das Kidnapping verhindert. Dabei hatte er sich einen Streifschuss am Kopf und eine Kugel in die Schulter eingefangen.

    Drei Wochen lang lag er in der Klinik. In der Zeit besuchte sie ihn nahezu täglich und saß dann stundenlang an seinem Krankenbett. So entstand zwischen ihnen eine innige Verbundenheit. Wahrscheinlich verliebte sie sich sogar in ihn, was bei Teenagern ja durchaus vorkommen kann. Das aber versuchte Max mit seiner kumpelhaften Weise wieder geradezubiegen.

    Abrupt bremste der Chauffeur, als er auf die Vicksburg Avenue einbog. Ein schwarzer SUV hatte ihn beim Überholen geschnitten. Max hörte Bob leise fluchen, während er aufmerksam dem Wagen hinterher blickte. Bob gehörte ebenfalls zum Team der Bodyguards, die in einem dunklen, Ford Edge mit 320 PS, ihrer Stretch-Limo folgten. Der Fahrer atmete erleichtert aus, es war nur ein Verkehrsrowdy. Der Verkehr wurde dichter, dann tauchte linker Hand das UFO-förmige Flughafenrestaurant ‚The Theme Building‘ auf, das nachts blau und violett leuchtete. Am Park N’Fly Parkplatz vorbei rollten sie zum Tom Bradley Terminal, das sie kurz darauf erreichten. Mittlerweile hatte der Regen aufgehört und die Sonne blinzelte zwischen den Wolken hervor.

    Bob stoppte und sprang aus der Limousine. Der Edge parkte hinter ihnen, zwei weitere Personenschützer stiegen aus. Nach einer knappen Überprüfung der Umgebung gaben sie ihr OK. Erst jetzt öffnete Bob die Fondtüren der Stretch-Limousine. Sie kletterten aus dem Wagen und blieben auf dem Gehweg zum Eingang stehen. Bob holte Maxs Laptoptasche und das Bordcase aus dem Kofferraum. Sie enthielten alle not-wendigen Papiere: Unter anderem sein Visum, die Aufenthaltsgenehmigung, den Reisepass und den internationalen Führerschein, den er sich vor Wochen hatte ausstellen lassen.

    Für einen Augenblick dachte Max zurück an die fast vier Jahre, die er mit der Familie Holdt verbracht hatte. Sie nahmen in seinem Gedächtnis einen bedeutenden Platz ein. Nach einem Moment des Rückblicks schaute er Chris an; in ihren aufgerissenen Augen sammelten sich ein paar Tränen. Schluchzend warf sie sich Max in die Arme.

    „Ist ja gut! Zärtlich strich er ihr über die dichten Haare. „Wir bleiben in Verbindung! Wie gesagt, wenn du Probleme hast, kannst du dich jederzeit bei mir melden! Außerdem werde ich euch beide zur Eröffnung meiner Bar einladen. Ich hoffe, ihr kommt. Nach einigen Augenblicken löste sie sich schniefend aus der Umarmung und schenkte ihm ihr unwiderstehliches Lächeln. Dann schaute sie ihren Vater erwartungsvoll an.

    Max drehte sich zu Holdt herum, der sie grinsend beobachtete. Der 45-jährige schlanke, äußerst smarte Frauentyp, bestätigte Max´ letzte Worte mit einem Nicken. Dann antwortete er schmunzelnd: „Selbstverständlich Süße, nehmen wir die Einladung an." Was Chris einen Jubelschrei entlockte und ihrem Vater einen Kuss auf die Wange einbrachte. Daraufhin umarmten sich die Männer und klopften sich herzlich auf die Schultern. In den gemeinsamen erlebnisreichen Jahren war eine tiefe Freundschaft entstanden.

    Robert hatte damals seine Beweggründe zur Kündigung nur schweren Herzens akzeptiert, was aber ihrem Verhältnis keinen Abbruch tat. „Max, du hast meine Nummer! Ruf an, wenn du Schwierigkeiten hast!"

    Max nickte schmunzelnd. Mit einem kräftigen Händedruck verabschiedete er sich von Robert. Anschließend nahm er den Samsonite und den Laptop und gab Chris einen Kuss auf die Wange. Mit einem letzten Winken marschierte er in die Abflughalle. Holdt und seine Tochter schauten dem Freund hinterher. Als sie ihn nicht mehr sahen, stiegen sie ihre Limousine und ließen sich nach Hause bringen.

    Max durchquerte die Eingangshalle des Tom Bradley international Terminals, mitten durchs Gewühl der hin und her eilenden Fluggäste. Er bummelte an etlichen Geschäften vorbei, die sämtlich gut besucht waren. Anschließend fuhr er mit dem Lift vom Atriumbereich auf Ebene 4 und schlenderte zum Check-in-Schalter der Lufthansa und der Schweiz im Bereich „C".

    Dort zeigte Max der zuvorkommend lächelnden Agentin seinen Reisepass und die Bordkarte. Im Anschluss daran begleitete ihn, auf Aufforderung der Lufthansa-Angestellten, ein weiterer Mitarbeiter durch die Sicherheitskontrolle. Dabei wurde der Reisepass abgestempelt und das Rimova Classic Cabin Boardcase nur kurz in Augenschein genommen. Der Agent geleitete Max anschließend zur Star Alliance Business Class Lounge auf die fünfte Etage.

    Max hatte noch etwa zwei Stunden Zeit bis zum Aufruf seines Fluges. Im hinteren Bereich der Lounge nahm er an einem der vier Esstische Platz. Im Moment saß nur ein Fluggast in einem der bequem aussehenden Lederstühle. Nach einem knappen Nicken vertiefte sich der Mann erneut in die Zeitung. Max Magen knurrte vernehmlich, deshalb begutachtete er das gut sortierte Buffet: links die Snacks, rechts die Spirituosen.

    Das Snack-Angebot sagte ihm nicht besonders zu. Nur ein Steaksalat mit Gorgonzola erweckte sein Interesse und der schmeckte ihm tatsächlich auch hervorragend. Anschließend nahm er die Los Angeles Times aus dem ebenfalls reichlich ausgestatteten Bücherbord. Zur Zeitungslektüre genoss er mangels eines Irish Whiskys, ein Glas zwölf Jahre alten Glen Grant. Ein paar Cracker und etwas Käse rundeten sein Lesevergnügen ab.

    Nach und nach erschienen die vier Mitreisenden der First Class. Kurz darauf tönte aus dem Lautsprecher das Boarding für den Flug LH 457 um 17:15 Uhr Ortszeit mit dem A380 nach Frankfurt. Max packte das Bordcase rechts, den Laptop links, marschierte zum Lift und fuhr hinunter ins Erdgeschoss. Dort schlenderte er an den Boutiquen von Armani, Hugo Boss und Porsche Design vorbei zum Gate 150. Letztendlich erreichte er die Gangway. Zwei sympathische Stewardessen empfingen ihn mit einem freundlichen Willkommensgruß.

    Eine der reizenden Flugbegleiterinnen checkte seine Bordkarte und führte Max zur Treppe zum Oberdeck. Oben brachte sie ihn zu seinem Sitz in Reihe A-2 am Fenster. Dort wies sie ihn kurz in die Gegebenheiten des ‚Abteils‘ ein. Der Sitz konnte zum Bett umgebaut werden, Fernseher und jegliche Bequemlichkeit waren vorhanden. Er verstaute das Bordcase und seine Nappalederjacke im Kleiderspind. Danach setzte er sich in den bequem aussehenden Ledersessel und plauschte noch kurz auf Deutsch mit ihr.

    Nach der üblichen Einweisung durch die beiden Flugbegleiterinnen, fragte die aufmerksame Stewardess, die ihn zuvor zum Sitz begleitet hatte, ob er vor dem Flug Champagner oder Wasser wünsche. Max bat um beides. Den Champagner, laut Etikett ein Laurent-Perrier Grand Siècle, genoss er zusammen mit einer Schale Macadamia-Nüsse. Anschließend unterhielt er sich mit den Mitreisenden, alles Geschäftsleute.

    Eine ältere Dame, zwei Sitze vor ihm, erzählte ihm in vertraulichem Ton, sie wolle in Frankfurt ihre Tochter besuchen, die – was auch sonst, schmunzelte er – eine führende Position bei der Deutschen Bank bekleidete. Schmunzelnd outete sich Max als arbeitsloser Müßiggänger. Daraufhin beendete sie das Gespräch und wendete sich leicht indigniert von ihm ab.

    Nach einigen Minuten leuchtete die Aufforderung zum Anschnallen auf, der er nachkam. Lächelnd lief eine Stewardess durch die Reihen und überprüfte den Sitz der Gurte. Über Bordlautsprecher wünschte der Flugkapitän allen Fluggästen einen ‚Guten Flug‘ und dann erfolgte die Aufforderung „Cabin Crew, fasten your seat belts, please!" Die Flugbegleiterinnen schnallten sich ebenfalls an. Daraufhin rollte die Maschine langsam zur Startbahn und blieb stehen. Die Turbinen heulten auf und der Schub setzte ein.

    Max schaute aus dem Fenster. Immer schneller rasten die Betonbahn und die Umgebung an ihm vorbei. Sanft hob der Airbus A380 ab. Unter ihnen wurde die Skyline von LA stetig kleiner, nach kurzer Zeit hatten die Wolken sie ganz verschlungen. Schon als Junge faszinierte Max es, dass so ein enorm großes Flugzeug fliegen konnte wie ein Vogel. Nach einem Moment murmelte er vor sich hin: „Mein endgültiger Abschied?, um dann hinzuzufügen: „Schau‘n mir mal.

    Schließlich leuchtete der Hinweis ‚Anschnallgurt lösen‘ auf. Max löste die Gurte und packte den Laptop aus, überprüfte seine Korrespondenz, nachfolgend die Konten, sowie die Nachrichten im Netz. Als die Stewardessen einen leckeren Snack à la carte anreichten, klappte er das Notebook wieder zu. Gesättigt spazierte er anschließend zur Bordbar und trank dort zum Absacken zwei Whiskeys.

    Gut gelaunt verabschiedete er sich von der Barkeeperin, mit der er ein nettes Gespräch über Whiskys geführt hatte. Max schlenderte zu seinem Platz zurück, schob den Sitz in eine bequeme Lage, setzte die Kopfhörer auf, stellte im Radio die Oldie Sparte ein und genoss die Musik aus dem hauseigenen Musikangebot.

    Nach einer Weile schloss Max die Augen, drehte den Ton leiser. Es dauerte nicht lange und Gedanken durchfluteten seinen Kopf, darunter an seine zwei besten Freunde, den kumpelhaften Connor und Choi, dessen bildhübsche rothaarige Lebensgefährtin, für die er manchmal mehr als freundschaftliche Gefühle gehegt hatte. Er seufzte innerlich. Er hatte beide leider in letzter Zeit vernachlässigt und vermisste sie. „Ich rufe sie auf alle Fälle bald an!", nahm er sich vor.

    Bald stiegen Bilder aus der Vergangenheit in ihm hoch. Seine unbeschwerte Kindheit, von den Eltern umsorgt, eine relativ schöne Schulzeit und letztendlich die Zeit bei der Army und letztendlich bei den Delta Force. Er hatte dort alle Ausbildungsgänge, auch die zum Scharfschützen, durchlaufen. Nach seiner unehrenhaften Entlassung ließ er sich zu einer Tätigkeit als Bodyguard für Holdt und Tochter Chris überreden.

    Max atmete durch und ohne sein Dazutun, liefen vor seinem inneren Auge plötzlich die Erinnerungen an die vereitelte Entführung von Chris ab.

    An einem Montagmorgen, die Sonne lachte am wolkenlosen Himmel, begleiteten Max und Karl das Mädchen zur Fairmont Preparatory Academy Privatschule nach Anaheim. Chris war vor einer Woche fünfzehn geworden und quatschte ihn voll, fröhlich erzählte sie von der Geburtstagsparty und ihrer neuen Freundin Peggy im Internat. Er gönnte ihr von Herzen, dass diese Freundin ihr lange erhalten bliebe. Weil die Umstände, mit denen sie zurechtkommen musste, Freundschaften sehr schwierig machten. Ständig wuselte ein Bodyguard um sie herum und dadurch waren ihre Freizeitmöglichkeiten stark eingeengt.

    Karl, ebenfalls als Personenschützer in der Firma Holdt angestellt, schmunzelte hinter dem Steuer. „Und was ist mit den Burschen in deiner Klasse?, fragte er schelmisch. „Alles Blödmänner!, war die resolute Antwort. Die Erwachsenen quittierten lachend ihre Einschätzung.

    Vom Mulholland Drive aus fuhr Karl über die Interstate 5, den Santa Ana Freeway, nach Anaheim. Vom viel befahrenen Highway bog er ein in die Lincoln Avenue. Es war eine ruhige Gegend mit schnuckeligen weißen Bungalows. Hier wohnte Frida, eine attraktive Blondine, mit der Max Eltern ihn verkuppeln wollten, was aber nicht klappt. Er schmunzelte. Ob das an ihm gelegen hatte, wusste er letztendlich selber nicht.

    Von der St. Loara Street in West Anaheim wollte Karl nach links auf die West Mable Street abbiegen. Plötzlich machte der schwarze SUV vor ihnen eine Vollbremsung, stellte sich quer und blockierte die Weiterfahrt. Ein weiterer Geländewagen hinter ihrer Limousine hinderte sie an einer rückwärtigen Flucht. Sie saßen in der Falle.

    Karl bremste so heftig, sodass der Wagen mitten auf der Kreuzung stehen blieb. Max schrie Chris an: „Leg dich sofort auf den Fußboden!" und zog blitzschnell beide Glock 17 aus den SchulterHolstern. Mit kalkweißem Gesicht ließ sich Chris auf den Wagenboden fallen.

    „Keine Angst, Mädchen!, rief Karl am Lenkrad, „das Fahrzeug hat kugelsicheres Glas! Gleichzeitig setzte er den automatischen Notruf ab. Aus den beiden Ford Edge ST sprangen insgesamt vier bewaffnete Gangster heraus. Die Fahrer ließen die Motoren weiterlaufen. Von vorne bedrohte einer der Ganoven sie mit einer Bazooka, was die Bemerkung mit dem kugelsicheren Glas relativierte. Unvermittelt hatte sich ihre Lage drastisch verändert.

    Sie tauschten einen kurzen aber intensiven Blick aus. Dann riss Karl die Fahrertür auf und sprang mit einem Satz heraus. Sofort feuerte er auf die beiden, die von vorne angriffen. Max rollte sich fast gleichzeitig aus der Beifahrertür auf die Straße. Nach nur einer Sekunde lieferte er sich mit den Verbrechern, die von hinten angriffen, ein Feuergefecht. Bei der heftigen Ballerei klatschten etliche Kugeln neben ihm in die Karosse der Limousine. Max traf einen Angreifer, der daraufhin vor deren SUV zusammenbrach.

    Karl stand an der Fahrertür, schoss auf den Mann mit der Panzerfaust und rief triumphierend: „Hab ihn!" Doch in der nächsten Sekunde traf ihn dessen Kumpan, der mit einer Mossberg 590 Kaliber 12 auf ihn schoss, in die Brust. Er war schon tot, bevor er zu Boden geschleudert wurde. Max sah seinen leblosen Partner in einer merkwürdig verdrehten Stellung auf dem Asphalt liegen; inmitten einer sich schnell vergrößerten Blutlache.

    Aus Richtung des Internats und vom Highway tönten Sirenen, Polizeisirenen. Ihm wurde klar, dass die Kidnapper ihn jetzt in die Zange nehmen würden, weil die Zeit für sie knapp wurde. Max atmete tief durch, das Adrenalin puschte ihn hoch. Er führte neue Magazine in die Glocks ein und sprang wie ein Kastenteufel aus der Deckung des Wagens. Für einen Moment überraschte er den Angreifer und kam ihm zuvor, indem er mit beiden Automatikpistolen feuerte. Max traf ihn in die Brust, sah ihn zu Boden sinken und wirbelte sofort herum. Nun konzentrierte er sich auf den Killer, der Karl erschossen hatte.

    Aber bevor er ihn ins Visier nehmen konnte, traf ihn ein heftiger Schlag an der Schulter, schriller Schmerz überflutete ihn. Max ließ sich fallen und robbte zurück in die Deckung der Limousine. Er lehnte an die Karosse und hörte Chris, drinnen im Auto, hysterisch seinen Namen schreien. Nur noch einer der Gangster war übrig. Wenn er den jetzt nicht erledigte, würden sie sich das Mädchen schnappen.

    Das Adrenalin ließ ihn für den Moment die Schmerzen vergessen. Blitzschnell lud er nach, drehte sich auf den Bauch und spähte unter dem Wagen durch nach vorne. Da sah er neben den Vorderreifen die Beine des Gangsters. Unter der Karosse hindurch ballerte Max eine Salve und traf den Mann ins Bein. Schreiend fiel der Typ auf die Straße vor dem Wagen und rollte sich zu ihm herum. Für den Bruchteil einer Sekunde sahen sie sich in die Augen, dann schossen beide gleichzeitig. Ein heftiger Schlag traf Max am Kopf. Vor seinen Augen tanzten Sterne, Schmerzen überfluteten ihn, dann verlor er das Bewusstsein.

    Als er im Krankenhaus wieder aufwachte und Chris für einen Moment das Zimmer verließ, erzählte ihm Robert, dass er dem Verbrecher mit seinem letzten Treffer den halben Kopf weggepustet hatte. Er selber hatte aber Scheißglück gehabt, weil dessen Schuss nur seine Schläfe streifte. Robert versicherte ihm mehrmals, dass er ab jetzt in Max Schuld stände, weil er schließlich seine Tochter gerettet hatte.

    Nachdem Max anschließend wieder einigermaßen aufnahmefähig war, sah er im Fernsehen einen Bericht über die gescheiterte Geiselnahme. Ein Anwohner hatte mit dem Handy das Drama gefilmt. Unter anderem zeigte der Film, wie er getroffen wurde. Dass er hinfiel und sich, unter der Limousine hindurch, ein Feuergefecht mit dem letzten Angreifer lieferte. Dann sah man noch, wie Chris aus dem Auto sprang, weinend neben ihm niederkniete und ihre Schuljacke auf seine blutende Wunde presste.

    In dem Moment, als die Polizei, zwei Krankenwagen und eine Security-Einheit der Academy-Privatschule am Schauplatz eintrafen, flüchteten die beiden Fahrer in den schwarzen SUVs. Danach folgte ein heilloses Durcheinander. Chris ließ sich von niemandem abhalten und stieg mit in den Rettungswagen, der Max mit Blaulicht und heulenden Sirenen ins Krankenhaus schaffte. Die vier Angreifer waren tot. Robert berichtete ihm später, dass eine Woche danach die beiden flüchtigen Fahrer erschossen aufgefunden wurden. Das FBI konnte bis heute den eigentlichen Drahtzieher nicht ermitteln. Man ging aber von einem Anschlag eines Mitkonkurrenten von Holdts Waffengeschäften aus.

    Allmählich fand Max wieder in das ,Hier und Jetzt' zurück und die Musik im Kopfhörer schmeichelte sich wieder in den Vordergrund seiner Wahrnehmung. Unbewusst strich er mit dem Finger über die längliche Narbe an seiner linken Schläfe und das Ziehen in der rechten Schulter erinnerte ihn an die Kugeln, die ihn dort trafen. In den folgenden Jahren gehörte Max zur Familie Holdt, wobei Robert und Chris ihn darin immer wieder bestätigten.

    Er wäre ja gerne als Leibwächter bei den Beiden geblieben. Aber als Max erfuhr, dass sein Freund Holdt mit seinem ärgsten Feind Morris Dalton Geschäfte machte, kündigte er. Dieser Dreckskerl war für seine Entlassung bei den Delta Forces verantwortlich. Trotzdem blieb er mit Robert und Chris freundschaftlich verbunden. Er gab sich danach fast ein ganzes Jahr lang dem Müßiggang hin.

    Dann starben die Eltern bei dem Autounfall. Die Unglücksnachricht warf Max aus dem Gleichgewicht. Denn seine Eltern waren immer für ihn dagewesen und stärkten ihm auch in schlimmen Zeiten den Rücken. Lange Zeit knabberte er an der Tragödie; abwechselnd verfiel er in Selbstmitleid und Wut.

    In dieser Zeit gehörten Alkohol und Kneipenschlägereien zu seinem üblichen Zeitvertreib. Zuletzt entging er mit viel Glück einer Verhaftung. Bei seinem Background, als ehemaliger, unehrenhaft entlassener Delta-Force-Mann, wäre das sicherlich auch sehr unerfreulich für ihn ausgegangen.

    Er war wieder einmal auf einer seiner Sauftouren unterwegs in West Hollywood und saß in einer Bar. Über den Bildschirm an der Wand flimmerte das Footballspiel der Los Angeles Rams. Er unterhielt sich mit der Barkeeperin Josy darüber. Vier angetrunkene Männer, die sich neben ihm am Tresen festhielten, störten die Übertragung mit blödsinnigen Kommentaren und abfälligen Bemerkungen. Josy bat sie, etwas ruhiger zu sein.

    Da blaffte einer sie an: „Halt‘s Maul, du Zicke. Schieb uns lieber noch mal vier Bier rüber! Max drehte sich auf seinem Stuhl herum und schaute dem Sprecher ins Gesicht. Sofort schnauzte der ihn an: „Was willst du denn? In Max Hirn schoss das Adrenalin hoch und er entgegnete aggressiv: „So, so … vier Großmäuler, die nichts vertragen, aber rumkrakeelen! Los! Entschuldige dich gefälligst bei der Dame!" Gleichzeitig sah er sich die Burschen an. Die hatten bereits reichlich getrunken - wären sie nüchtern gewesen, wäre es vielleicht ziemlich eng für ihn geworden. Herausfordernd starrte der Schreihals ihn an. Wegen ihrer Überzahl fühlten die Kumpels sich Max haushoch überlegen und stachelten den Mann noch weiter an, indem sie hämisch lachten.

    Das Großmaul torkelte mit geballter Faust auf seinen Kontrahenten zu, um ihm einen Schwinger zu verpassen. Max sprang auf, drehte sich aus dessen Schlag, und verpasste er dem Kerl eine Linksrechts-Kombination, einen Hieb auf die Niere und einen in die Rippen. Er meinte, es knacken zu hören. Danach schubste er den röchelnden Kerl in die Richtung seiner Kumpane.

    Während einer der Typen ihn auffing, gingen die beiden anderen auf Max los. Den ersten empfing er mit einem Tritt zwischen die Beine und gab ihm eine Ohrfeige, die ihn zu Boden gehen ließ. Der letzte Angreifer war gefährlicher. Nur mit Mühe wich Max dem Faustschlag aus, der ihn nur knapp streifte, aber seine Lippen aufplatzen ließ. Ein weiterer Schlag touchierte seine linke Augenbraue, die ebenfalls zu bluten begann. Erst mit einem harten Faustschlag ins Gesicht, der dem Kerl vermutlich das Nasenbein brach, stoppte Max den Mann. Mit dem anschließenden Tritt gegen die Brust, ließ er den Typen zwischen zwei Tische zu seinen Kameraden krachen.

    Max drehte sich zur Barkeeperin herum, die auf einen Durchgang neben sich deutete und leise zu ihm sagte „Verschwinde die Bullen kommen! Max wickelte drei Hunderter von seiner Geldrolle und warf sie auf die Theke; Josy kassierte sie blitzschnell ein. Dann verschwand er schleunigst im Gang. Er hörte noch, wie die Barkeeperin plärrte: „Den Saustall bezahlt ihr mir! Am Ende des Flures kam er zu einer Blechtüre, die in eine Gasse führte. Nach etwa hundert Metern mündete die in die Hauptstraße. Er sah, wie ein Streifenwagen vor der Bar hielt und zwei Cops ausstiegen.

    Als einer der Rowdys den Laden verließ, schnappten die Polizisten ihn sofort. Max steckte die Hände in die Hosentaschen und spazierte in die entgegengesetzte Richtung. Da hörte er, wie der Typ - mitten im Gerangel mit den Cops - plötzlich schrie: „Dahinten läuft der Penner, der angefangen hat!" Max spurtete pfeilschnell los, bog in der nächsten Straße ab, überquerte sie und sprang im letzten Moment noch in ein Taxi, das gerade losfahren wollte. Schnaufend warf er sich auf den Rücksitz und gab seine Adresse an. Der Taxifahrer düste zügig los. Max beobachtete durch das Rückfenster, wie ein Cop auftauchte und sich suchend umsah. Aber weil auf der Straße mehrere Taxis unterwegs waren, fielen sie nicht weiter auf.

    Der Fahrer betrachtete ihn im Rückspiegel, als er sich das Blut im Gesicht mit einem Taschentuch abtupfte. „Ärger gehabt? Max registrierte den Aufkleber der Los Angeles Rams auf der Armatur und den Wimpel am Spiegel, deshalb reagierte er entsprechend, schüttelte den Kopf und antwortete leger: „So ein Hillbilly redete ziemlich schlecht über die Rams! „Und?", kam es knurrig von vorne.

    „Ich glaube, er hat es jetzt verstanden!", meinte Max grinsend. „Denen muss man manches ein bisschen handfester verständlich

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