Lügen im Sturzflug: Kriminalroman
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Über dieses E-Book
Psychologisch, ideenreich, spannend - mit christlichen Aspekten.
Leseprobe:
"Mit voller Gewalt wurde Kathrin hochgezogen. Der Mann war brutal. Kathrin bekam es mit der Angst zu tun. Und sie hatte sein Gesicht gesehen. Egal, wie es ausgehen würde, die Gefahr, dass der Mann schießen würde, war sehr groß. Er konnte nur verlieren, wenn sie überlebte. Fast wäre sie ohnmächtig geworden, aber in quasi letzter Minute musste sie an Meike denken. Und wieder gewann die Löwin in ihr die Oberhand."
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Buchvorschau
Lügen im Sturzflug - Gretchen Hilbrands
Leer (Ostfriesland) Montag, 12. Oktober
Manchmal ist das Leben ganz schön schwer, seufzte Meike innerlich, bemüht, ihre Gedanken nicht in ihrer Mimik deutlich werden zu lassen, für den Fall, dass ihre Mutter noch hinter ihr herschaute. Mütter hatten eben einen sechsten, ach was, auch noch einen siebten oder achten Sinn, war Meikes Erfahrung. Geheimnisse und Mütter wollten sich eben nicht vertragen, da war sich Meike ganz sicher. Wenn Mama alles wüsste, sie würde mir die Hammelbeine lang ziehen, dachte Meike, während sie ihren Fahrradschlüssel aus der Hosentasche zog. Gut, dass Mama nicht alles weiß. Nur, ewig werde ich diese Versteckspiele nicht aufrechterhalten können. Meike nahm ihr Fahrrad aus der Garage und machte sich auf den Weg zur Schule. Sie war knapp dran. Zum Glück war allerdings der Schulweg nicht mehr so lang wie früher. Es hatte eben auch Vorteile, in einer Kleinstadt zu wohnen.
In aller Eile radelte Meike am Hafen vorbei. Eines der Glanzlichter neben der schönen Altstadt hier in Leer. Ja, das Leben in Leer hatte was. Hier konnte Meike auch erst einmal Abstand zu den letzten Jahren gewinnen. Fast schien es ihr, als wenn die Zeit vor Leer allmählich aus ihrem Leben verschwand, aber eben nur fast.
Das Einleben in Leer war Meike nicht schwergefallen. Ostfriesland. Leer in Ostfriesland. Als Mama sagte, dass sie wieder heiraten wolle und sie beide dann nach Ostfriesland ziehen würden, hatte sich alles, aber auch wirklich alles in Meike gesperrt. Ostfriesland lag für sie dort, wo sich Hase und Igel gute Nacht sagten. Die Menschen wären absolut stur und würden nur Plattdeutsch reden, so hatte sie gehört. Doch weit gefehlt. Die Leute waren absolut in der Lage, Hochdeutsch zu reden und nett waren sie auch. Sehr nett sogar, fand Meike.
Ganz in Gedanken war Meike inzwischen in der Schule angekommen. Gerade noch rechtzeitig konnte sie sich rennend ins Klassenzimmer mogeln, bevor Herr Dr. Rainders die Tür energisch hinter sich schloss. Auch wenn es Meike sichtlich schwerfiel, von ihren Gedanken Abschied nehmen zu müssen, zu schwer wog einfach der Stein, der seit ihrer Geheimniskrämerei in ihrem Herzen eingezogen war, Meike riss sich zusammen und folgte den mehr oder weniger interessanten Ausführungen ihres Chemielehrers.
Frankfurt am Main – Blick in die Vergangenheit
In Meike Karbachs 16-jährigem Leben hatte es schon so manches Abenteuer gegeben. Sie hatte mit ihrer Mutter Kathrin, ihrem Vater Björn und dem kleineren Bruder Mathis in einem Dorf südlich von Frankfurt am Main gelebt. Als Meike 13 Jahre alt war, hatte sich jedoch alles, aber auch wirklich alles, verändert.
Von Natur aus war Meike selbstbewusst. Schon früh hatte sie gewusst, dass sie eines Tages wie ihr Vater fliegen wollte. Björn war Hobbypilot gewesen. Kleine Maschinen, in denen man sich noch so richtig den Wind um die Nase wehen lassen konnte, wie er immer sagte, waren einfach „sein Ding" gewesen.
Björn hatte seine große Leidenschaft der Sportfliegerei konsequent auch gegen die Bedenken seiner Frau durchgesetzt. Und Kathrin war auch damit einverstanden gewesen, bis, ja, bis die Kinder da waren und Björn sie regelmäßig mitnahm. Kathrins große Angst war ein möglicher Absturz. Björn hatte diese Angst nicht ernst genommen. Abstürzen würden vielleicht die Anderen, aber er doch nicht. Zu groß sei sein fliegerisches Können, zu viel Erfahrung habe er, und außerdem würde er das Schicksal ja nicht herausfordern…
Meike hatte Björns Leidenschaft geteilt. Nichts hatte sie jemals so begeistern können wie das Fliegen. Seit sie klein war, träumte sie davon, ihren Pilotenschein für Sportflugzeuge und dann später auch für größere Flugzeuge machen zu können. Längst stand ihr Berufswunsch fest: Pilotin. Früher wollte sie unbedingt zu British Airways, für deren imposante Flugzeuge mit dem Union Jack auf der Heckflosse sie schon als kleines Kind geschwärmt hatte: „Die roten Streifen fliegen so toll im Wind". Irgendwann war diese Schwärmerei unwichtig geworden. Von dem Zeitpunkt an hieß es, Hauptsache FLIEGEN.
Mathis war ebenfalls begeistert mitgeflogen. Wann immer sich die Gelegenheit bot, begleitete er den Vater voller Stolz, und zwar stets gegen den Willen und das Wissen der Mutter.
Mathis zweite Liebe galt den Tieren. Diese zogen ihn ebenfalls an, in ihrer ganzen hinreißenden Vielfalt. Es gab keinen Zoo in Deutschland, dessen Tiere Mathis nicht kannte. Wenn nicht vom Zoobesuch her, so doch aus dem Fernsehen oder aus dem Internet. Auch hiermit konnte er sich stundenlang beschäftigen. Dumm nur, dass die Schule so viel seiner Zeit in Anspruch nahm…
Kathrin war von Beruf Tierärztin. Nach einer längeren Elternzeit arbeitete sie wieder. Und so hatte sie auch nicht mitbekommen können, dass Björn die Kinder immer häufiger mit auf den Flugplatz nahm. Hätte sie dies auch nur ansatzweise geahnt, so wäre sie mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln dagegen angegangen.
Aber so blieb es eben, wie es war. Kaum war die Mutter am Nachmittag wieder in der Praxis und der Vater von der Arbeit zu Hause, so machten sich die drei Airliners, wie sie sich nannten, auf den Weg zum naheliegenden Flugplatz in Frankfurt-Egelsbach. Björn hatte dort ständig etwas zu tun. Entweder war er in der Luft, teils um sich zu entspannen, wie er es nannte, und teils, weil er hier einen Nebenjob bei Sam hatte, der in Egelsbach eine Zweigstelle seiner Firma auf dem Fluggelände betrieb.
Sam Backards hatte vor einigen Jahren in Frankfurt Hahn einen Flugbetrieb mit angegliederter Flugschule aufgemacht, als die Amerikaner den ursprünglichen Militär-Flughafen an Deutschland zurückgegeben hatten. Sam kam gebürtig aus den USA, war in Deutschland stationiert gewesen und nun, nachdem die amerikanischen Soldaten ihre Einheit aufgegeben hatten, einfach als Relikt einer vergangenen Zeit hiergeblieben. Nichts, aber auch gar nichts, hätte ihn dazu bewegen können, zurück in die USA zu gehen. Das deutsche Leben gefiel ihm. Auch wenn es in Manchem wesentlich komplizierter zu sein schien, als er es als Amerikaner gewohnt war. Aber schon allein die Liebe zu seiner deutschen Frau Simone hatte ihn überzeugt, genau zur richtigen Zeit am richtigen Ort auf der Welt zu sein.
Sam war zunächst ausschließlich in seiner Firma in Frankfurt-Hahn, also in Rheinland-Pfalz, tätig gewesen, und damit in etwa 125 Auto-Kilometer von Frankfurt am Main entfernt. Aber schon bald hatte er erkannt, dass er für seine Firma eine weitere Basis auf einem kleineren Flugplatz in der Nähe von Frankfurt benötigte. Er hatte sich für den Verkehrsflugplatz in Egelsbach entschieden, der ca. 10 km südlich vom Rhein-Main-Flughafen entfernt lag. Hier hatte Sam zwei Cessnas und eine Piper im Hangar stehen und brauchte für die 100 km Flugdistanz nach Hahn je nach Windverhältnissen nur ca. 25 Minuten. So konnte er auf effektive Weise zwischen dem Wohnsitz der Backards in Frankfurt und seiner Firma in Hahn pendeln.
Für Björn, der mit seiner Familie in einem Dorf bei Frankfurt lebte, war diese Entscheidung ein Glücksfall. So war er schnell nach der eigentlichen Arbeit bei seiner heißgeliebten und schönsten Nebentätigkeit der Welt. Und das nahezu ohne großen zeitlichen Verlust.
In Egelsbach boten vor allem Nick, ein angestellter Pilot, und Björn Flugunterricht an oder übernahmen Aufträge, die ihnen von Sams Firma aus Hahn übermittelt wurden. Außerdem hatte die Firma an beiden Standorten attraktive Rundflüge mit herrlichen Aussichten aus dem Cockpit im Programm. In Egelsbach war dies besonders reizvoll, so schwärmte Björn immer wieder und machte kräftig Werbung bei jedem, der es hören wollte oder nicht.
Björn war fasziniert von Flügen rund um die glitzernde Frankfurter Skyline mit dem Wahrzeichen Frankfurts, dem 256,5 m hohen MesseTurm, auch liebevoll Bleistift genannt, oder den anderen über 30 verschiedenen Hochhäusern der Stadt, die Frankfurt zur einzigen Stadt Deutschlands machten, die überhaupt eine solche Skyline im Angebot hatte. Majestätisch, atemberaubend, glitzernd und strahlend im Sonnenlicht in ihren dekorativen Komponenten.
Aber auch die reich bewaldeten Bergmassive, wie der Taunus, der Feldberg, der Odenwald oder der Vogelsberg, dem ja immerhin größten Vulkanmassiv Mitteleuropas, sowie die kontrastreich und farblich herrliche, wie von Meisterhand gestaltete Wetterau mit ihren je nach Jahreszeit leuchtenden Äckern und Feldern, hatten es Björn, wie vielen anderen auch, angetan. Welch wunderschöne Gegenden, abwechslungsreich in der Farbgebung und Gestaltung, mit zahlreichen Burgen und Schlössern aus einer längst vergangenen Zeit, herrlichen Fernsichten, kleinen Altstädten mit Fachwerkbauten, mittelalterlichen Städten, bizarren Basaltlandschaften, Tälern, Bergen, flachen Feldern, Flussläufen und deren Quellen… All das sei eine malerische Komposition für jeden Betrachter, abwechslungsreich und attraktiv für Flugschüler, herausfordernd und schön zugleich, so hatte Björn geschwärmt. Und tatsächlich kamen viele Flugschüler aus genau diesen Motiven nach Egelsbach und ließen sich von Björns Begeisterung vom Fliegen und der Landschaft allzu gerne anstecken.
Aber auch Gewerbetreibende, die ein schnelles Lufttaxi benötigten, um den ständigen Staus auf den Autobahnen, vor allem der A5, zu entgehen, genossen den guten, schnellen und verlässlichen Service, den Sam mit seinem Betrieb garantierte. Die meisten Angestellten von Sam arbeiteten in Hahn, von wo aus Flugplätze in ganz Deutschland immer wieder angeflogen wurden ebenso wie im nahen Ausland. Egelsbach war der ideale Standort für Sam und Björn. Sam war schnell in Hahn mit seiner Piper, die er meistens flog, und konnte so die Hauptgeschäfte in Hahn erledigen, während Björn in jeder freien Minute, die er erübrigen konnte, jederzeit gerne bereit war, mit Flugschülern Maschine und Gegend zu erkunden. Für Björn die schönste Nebentätigkeit, die es gab.
Sam war Björns bester Kumpel und Verbündeter. Auf Sam und Nick konnte sich Björn verlassen, wenn denn Kathrin mal am Tower oder in der Flugschule anrief oder schlimmer noch, dort plötzlich auftauchte. Damit Björn seiner Leidenschaft frönen konnte, ließen sich beide alle möglichen Ausreden einfallen. Und es fielen ihnen viele ein. Unendlich viele.
So waren auch Meike und Mathis mit den Notlügen ihres Vaters aufgewachsen. Notlügen seien das Salz in der Suppe hatte ihnen dieser auf ihre Nachfragen erklärt. Wohl hatten beide Kinder ihren Vater darauf angesprochen, wo denn die Grenze zwischen Lüge, die ihnen die Eltern strikt verboten hatten - „Lügen darf man nicht!" - und der Notlüge, die der Vater immer dann einsetzte, wenn er sie für klug hielt, läge. Notlügen seien manchmal notwendig, war seine Antwort gewesen.
Merkwürdig war für Meike nur die Erfahrung, dass der Vater ihre Notlügen, die sie hin und wieder gebrauchte, stets kritisierte und als falsch einstufte. Na ja, Erwachsene sind manchmal komisch, war Meikes Erkenntnis gewesen. Mal darf man, weil es dem Erwachsenen in den Kram passt, und dann darf man wieder nicht, weil er sich ausgebootet und belogen vorkam. Ihrem Vater war die Notlüge jedoch stets der Weg gewesen, um Kathrin in der falschen Sicherheit zu wiegen, dass ihren drei Liebsten auf dem Flugplatz nichts passieren könne.
Doch genau das war geschehen. Es war etwas passiert. Wie so oft waren Björn, Mathis und Meike auf dem Flugplatz in Egelsbach gewesen. Meike hatte gerade ihre ganz große Überraschung für die Mutter in der Tasche: ihren Pilotenschein für Sportfliegerei als jüngste Pilotin in der Geschichte der Sportfliegerei mit einer Sondererlaubnis.
Es war Björns Geheimnis geblieben, wie er dazu gekommen war. Aber was spielte das für eine Rolle. Hauptsache, Meike durfte den Schein machen. Wenn Kathrin erst sehen würde, dass es Meike mit der Fliegerei Ernst war und sie schon etliche Flugstunden und den Pilotenschein für kleinmotorige Flugzeuge in der Tasche hätte, dann würde ihr Widerstand sicherlich brechen, hatte er gemeint. Wenn denn Meike den Schein erst in der Tasche hätte, dann könnte Kathrin sich nicht mehr dagegen auflehnen. „Und am besten, du gibst ihn der Mama an ihrem Geburtstag, hatte er gemeint. „Dann ist sie am mildesten gestimmt und immer besonders guter Laune. Außerdem macht sie dann frei. Und das ist am besten für uns alle.
Also hatten Meike und Mathis geschwiegen. Meike hatte heimlich und in vielen Stunden für die theoretische Prüfung gelernt und dann unter der Obhut ihres Vaters die praktischen Übungen gemacht. Und dann war der große Tag da. Drei Tage vor Kathrins Geburtstag.
Die Prüfung war gut gelaufen, sehr gut sogar für ihr Alter. Voller Stolz hatte Meike die Lizenz vom Prüfer erhalten und in den Händen gehalten. Überglücklich und zuversichtlich war sie gewesen, als dann plötzlich Sam auf der Bildfläche erschien.
Sam hatte nach einer komplizierten OP am Fuß einige Tage im Krankenhaus verbracht. Daher hatte er seine neueste Errungenschaft direkt nach Egelsbach und nicht nach Hahn ausliefern lassen. Seine neue Perle, eine nigelnagelneue einmotorige Cirrus SR22-G6 war zwischenzeitlich geliefert worden, die natürlich ohne Sams Einwilligung nicht ausprobiert werden durfte.
Die Cirrus SR22-G6 war ein modernes Leichtflugzeug der Superlative und hatte eine immense Stange Geld gekostet. Dafür bot sie modernste Technik vom Feinsten. Und dazu noch schnell, ultraleicht, supersicher. Die amerikanische Firma Cirrus setzte schon mit dem Eingangsmodell SR22-G1 neue Standards in der allgemeinen Luftfahrt, aber diese gerade erst auf dem Markt erschienene Weiterentwicklung erfüllte Sams größten Wunschtraum.
Durch „Vitamin B" war es Sam gelungen, das Modell SR22-G6 als einer der Ersten, direkt vom Hersteller zu erwerben. Das Fliegerherz galoppierte in Freudensprüngen: modernste ausgefeilte Technik, gekoppelt mit reichlich neuesten Features, eine komfortable, luxuriöse Innenausstattung und das herausragende Gesamtrettungssystem, welches im Notfall eine Landung des gesamten Flugzeugs am Fallschirm ermöglichte, sodass die Maschine ohne große Schäden langsam Richtung Boden sinken konnte, waren nur ein paar der Pluspunkte dieses Leichtflugzeugs erster Sahne.
Sam frohlockte beim Anblick dieses Kleinods. Diese neue Maschine bedeutete Arbeiten mit hohem Genuss und absolutem Spaßfaktor. Eine Perle, die er sich zugelegt hatte, auch wenn die Vernunft und das große finanzielle Loch eine andere Sprache sprachen.
Simone kam mit Sam direkt aus dem Krankenhaus. Björn sollte den Flug absolvieren und dabei den Flughafen in Konstanz anpeilen. Er hatte seine Tochter noch schnell in den Arm genommen und es plötzlich ganz eilig gehabt. Mathis hatte gebettelt, dass er doch mit wolle, schließlich habe er die ganze Zeit nur zuschauen müssen, wie seine Schwester ihre Runden drehen durfte. Björn war voller Stolz auf Meike gewesen und hatte eingewilligt, wohl wissend, dass Kathrin abends sauer auf ihn sein würde, wenn sie erst spät nach Hause kommen würden. Denn spät würde es werden bei der angepeilten Flugroute. Trotzdem hatte er sich auf den Flug eingelassen und gefreut, eine solche Gelegenheit erhielt man so schnell nicht wieder. Ihm war klar, dass Sam selber hatte fliegen wollen. Was für ein Geschenk des Schicksals, Björns Begeisterung kannte keine Grenzen. Er durfte diese absolut neue, traumhafte Cirrus als Erster der Firma fliegen. Vor allen anderen. Und auf Kosten der Firma. Megastark! Und natürlich durfte Mathis mitfliegen. Wie immer, wenn Björn in dieser ausgelassenen Stimmung war und Mathis nur genug bettelte.
Die Formalitäten waren schnell erledigt, Simone hatte vorgesorgt. Die Maschine stand aufgetankt im Hangar. Eigentlich war Sam nicht damit einverstanden gewesen, dass Mathis mitflog, aber Björn hatte ihn beruhigt. Und Björn konnte sich fast alles bei Sam erlauben, zu sehr war dieser auf ihn angewiesen. Dazu kam, dass Björn mehrere Tausend Flugstunden nachweisen konnte, technisch absolut versiert war und einfach einen Faible fürs Fliegen hatte.
„Solche Mitarbeiter braucht das Land, dachte Sam, der schweren Herzens den Erstflug mit der Cirrus nicht selber machen konnte, weil er diese klobige, nach vorne hin offene Gipsschiene am Bein hatte. Der Arzt hatte ihn krankgeschrieben, ihm verboten zu fliegen und den Fuß zu belasten. „Zumindest momentan noch und dann die nächsten 14 Tage auch noch
, hatte der Chirurg lachend und augenzwinkernd gemeint. Er solle einfach zuhause bleiben und die PECH-Regel anwenden, riet der Arzt: Pause, Eis, Compression, Hochlagern.
Sam war schon absolut genervt von Krankenhausaufenthalt und OP. Und jetzt sollte er sein Lieblingsspielzeug nicht einmal selber ausprobieren können und noch nicht einmal mitfliegen dürfen. Was für ein großer Mist! Nicht, dass es Sam gestört hätte, mitzufliegen. Er hatte gemeint, dass er das ja wohl könne, auch wenn er noch keine Stunde aus dem Krankenhaus entlassen war und die Folgen des Eingriffs noch deutlich spürte. Ihn hätte es nicht gestört, wohl aber Simone, die nicht nachließ, ihn auf die Hinweise des Arztes aufmerksam zu machen.
Also musste ein anderer seiner Piloten fliegen. Die Maschine musste schließlich abgenommen und auf einer längeren Strecke getestet werden. Zufällig war am Vormittag ein Flug nach Konstanz gechartert worden. Ein Idealfall, so brauchte zumindest für den Testflug kein unnötiges Kerosin verschleudert werden. Immerhin versöhnte Sam dieser Gedanke und auch, dass Björn, sein engster Kumpel, für ihn fliegen würde.
Aber ärgerlich war es schon, dass er ausgerechnet Simone gebeten hatte, ihn aus dem Krankenhaus abzuholen. Hätte er sich doch nur einfach ein Taxi genommen. Normalerweise wäre sie in Frankfurt-Hahn in der Firma gewesen und Sam hätte bei Björn einsteigen und mitfliegen können. Aber das konnte er nun wohl vergessen. Simone wachte, befeuert durch die Worte des Arztes, akribisch über ihren Göttergatten. Als ob er ein Kind wäre und nicht selbst entscheiden könnte, was gut für ihn wäre, grollte Sam vor sich hin. Immerhin hatte sich Simone mittlerweile ins Büro hier in Egelsbach verzogen, um ein paar Akten zu holen, und um dann auch Sam in Kürze mit nach Hause nehmen zu können.
Björn