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Via Alpina - Roter Weg: Grenzenlose Wanderlust - Von Triest bis Monaco
Via Alpina - Roter Weg: Grenzenlose Wanderlust - Von Triest bis Monaco
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eBook343 Seiten3 Stunden

Via Alpina - Roter Weg: Grenzenlose Wanderlust - Von Triest bis Monaco

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Über dieses E-Book

In diesem Buch geht es um den längsten der fünf Wege der Via Alpina: den Roten Weg. Geschildert wird das intensive Wanderabenteuer einer Gesamtdurchquerung des Alpenbogens. Der ultimative Fernwanderweg führt mit 161 Etappen durch alle acht Alpenstaaten Europas, von Triest an der Adria bis nach Monaco an der Côte d'Azur.

Urs Liechti gehört zu den ersten, ambitionierten Weitwanderern, die sich auf diesen grenzüberscheitenden Weg eingelassen und ihn von Anfang bis zum Ende zurückgelegt haben. Er ging die 2500 Kilometer lange und anspruchsvolle Route in den Jahren 2010 und 2011. Die meiste Zeit war er alleine unterwegs. Mit seinem reich bebilderten Buch gibt der Autor dem Leser die Möglichkeit, ihn auf seiner fünfmonatigen Fussreise zu begleiten. Eindrücklich erzählt er von seinen Erlebnissen und Erfahrungen, anschaulich berichtet er von der Schönheit und Vielfalt der Alpenregionen, von der Fauna und Flora, von den kulturellen, historischen Zeugnissen, den kulinarischen Gaumenfreuden sowie von den Begegnungen mit den Menschen. Und nicht zuletzt fasst er auch seine Gefühle in Worte zusammen. Das Buch ist auch für Nicht-Wanderer interessant.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum2. Nov. 2021
ISBN9783347413986
Via Alpina - Roter Weg: Grenzenlose Wanderlust - Von Triest bis Monaco
Autor

Urs Liechti

Urs Liechti, 1946, lebt mit seiner Ehefrau Elisabeth in der Stadt Thun im Berner Oberland. Vor seiner Pensionierung war er viele Jahre leitend in einem Sozialberuf tätig. Der Autor ist mit Leib und Seele Wanderer, Naturliebhaber und Abenteurer. Kein Wanderweg ist vor dem Wandervogel vom Thunersee sicher. Er läuft gerne – und er läuft weit. Urs Liechti liebt es, sich von der Natur entführen zu lassen. Sie übt auf ihn eine faszinierende Wirkung aus. Hier fühlt er sich frei und zufrieden. Viel Lebenszeit hat er schon im Gebirge verbracht. Als geprüfter Bergwanderführer leitete er früher etliche Tourenwochen für die Naturfreunde im In- und Ausland. Urs Liechti ist ein überzeugter, begeisterter Eisenbahnpassagier und glücklich mit dem SBB-GA im Sack. Mit Vorliebe isst er schweizerisch-rustikal. Für ihn gibt es nichts Besseres als eine knusprige Berner Rösti mit einem guten Glas Rotwein. Als grosser Fussballfan gehört der BSC Young Boys zu seinem Lieblingsclub. Den Schal und das Cap trägt er bei jedem Spiel - mit Stolz. Er frönt dem Hobby der Fotografie und ist oftmals auf seinem E-Bike sportlich unterwegs. Zum kulturellen Ausgleich besucht der Autor regelmässig Konzerte – seien sie volkstümlich oder vom Jazz geprägt - sowie Theater- und Musical-Vorstellungen. Grossen Spass hat er auch beim Jassen (Schweizer Kartenspiel). Zudem bereitet ihm das Schreiben Freude. Im Jahr 2022 hat der Autor im Verlag Tredition sein erstes Buch unter dem Titel „Via Alpina Roter Weg“ veröffentlicht.

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    Buchvorschau

    Via Alpina - Roter Weg - Urs Liechti

    Prolog

    Unerfüllte Träume. Wer hat sie nicht? Ganz oben auf meiner speziellen Wunschliste stand der sogenannte Rote Weg der Via Alpina. Es ist mit Abstand der längste und anspruchsvollste Fernwanderweg in Europa. Er durchquert auf 2500 Kilometern und in einem grossen Bogen alle acht Alpenländer und endet erst nach 161 Etappen.

    Die Via Alpina ist nur mit grosser Ausdauer und Zeit zu bewältigen. Eine Wandersaison reicht nicht aus, um die Wegstrecke komplett zu begehen. Vor allem wegen der Schneefelder und der noch geschlossenen Hütten ist sie eigentlich nur von Juni bis September wanderbar. Nur ganz wenige schaffen es ohne Unterbrechung.

    Nachdem ich im Jahre 2005 in einem Magazin für Bergsteiger und Bergwanderer erstmals auf die einzigartige und unvergleichliche Via Alpina aufmerksam wurde, liess mich der faszinierende Gedanke nicht mehr los, den gesamten Alpenbogen von Triest an der oberen italienischen Adria bis nach Monaco an der Côte d’Azur einmal an einem Stück zu durchwandern. Der Name Via Alpina klang für mich wie schönste Musik in den Ohren und liess mich nicht mehr in Ruhe. Fast täglich wurde ich an mein Vorhaben erinnert.

    Endlich, anfangs Juni 2010, war es soweit. Nach 45 Jahren Berufsleben nahm ich mir die Freiheit, aufzubrechen. Bereits nach zwei Tagen frisch in Rente reiste ich mit einem Schuss Abenteuerlust in der Wanderbrust an den Golf von Triest. Meine körperliche Verfassung und Kondition – das wusste ich – waren gut, die Füsse in Form. Erfahrungen in den Bergen hatte ich als Weitwanderer auch schon gesammelt. Zehn Jahre zuvor war ich alleine in 28 Etappen von München nach Venedig (554 km) unterwegs gewesen. Jetzt stand der grossen Herausforderung nichts mehr im Wege. Ich konnte unternehmungsfreudig losziehen.

    Die Verbindungsroute der Via Alpina schlängelt sich durch alpines Gelände von Italien über Slowenien, Österreich, Deutschland, Liechtenstein, die Schweiz und Frankreich nach dem Fürstentum Monaco. Insgesamt werden die Staatsgrenzen 44-mal überquert. Die Via Alpina ist gespickt mit vielen Highlights. Der Weg führt an den imposanten Berggrössen wie Triglav, Drei Zinnen, Zugspitze, Silvretta, Ortler, Bernina, Montblanc oder Barre des Écrins vorbei. Die atemberaubende Schönheit der zahlreichen Natur- und Nationalparks sowie die Möglichkeit, den unterschiedlichen Sprachen zu begegnen und von den kulinarischen Köstlichkeiten zu kosten, entschädigte mich für jede Anstrengung.

    Im vorliegenden Buch bringe ich den Leserinnen und Lesern den Roten Weg der Via Alpina näher und erzähle ihnen die Eindrücke und Erlebnisse von meinem Wanderabenteuer. Sie beruhen hauptsächlich auf meinen Tagebucheintragungen und Recherchen im Internet. Die Tageszeiten und Kilometerangaben habe ich der Webseite der Via Alpina-Organisation entnommen (www.via-alpina.org). Persönlich konnte ich die Gehzeiten nicht immer einhalten. Obwohl alle Wege recht ausführlich beschrieben sind, erhebt das Buch keinen Anspruch auf einen Bergwanderführer. Auf der Roten Via Alpina kann sich vieles rasch ändern. Inzwischen sind neue Infotafeln installiert und die Routenverläufe angepasst worden.

    Erklärung der Alpen

    Die Alpen sind das mächtigste Hochgebirge in Europa. Sie entstanden vor etwa 130 Millionen Jahren und erstrecken sich über acht Staaten in einem rund 1200 Kilometer langen und bis 250 Kilometer breiten Bogen von Ost nach West.

    Die spektakulären und vielfältigen Alpen liegen im Westen Mitteleuropas und trennen den Norden Europas vom Süden. Sie beginnen fast am Mittelmeer in Italien und enden in Frankreich. Es gibt 82 Alpengipfel mit einer Höhe von über 4000 Metern. Den Höhenrekord mit 4809 Metern hält der Montblanc an der Grenze zwischen Frankreich und Italien. Zurzeit befinden sich im Alpenraum (noch) ungefähr 5000 Gletscher. Der Aletsch im Schweizer Kanton Wallis ist der grösste davon. Die Anzahl der Bergseen wird auf über 4000 geschätzt. Zu den schönsten gehört der Pragser Wildsee in Südtirol. Die Alpen machen kaum zwei Prozent der Landfläche Europas aus, doch die Vielfalt des tierischen Lebens ist überwältigend. Etwa 30’000 Tierarten werden hier beherbergt.

    Schon vor Jahrtausenden überwanden Steinzeitjäger, bronzezeitliche Händler und römische Soldaten den Alpenbogen, doch was sie damals wohl als furchteinflössende Hürde empfanden, ist längst zur sportlichen Herausforderung geworden. Wohl niemand kann sich heute dem magischen Bann dieser grandiosen Bergwelt entziehen.

    (Wikipedia)

    Eine der besten Möglichkeiten, die Alpen zu erkunden, ist, über die Via Alpina zu wandern.

    Entstehung der Via Alpina

    Im Jahre 1999 war beim französischen Wanderverein «Grande Traversée des Alpes» (GTA) die Idee entstanden, alle acht Alpenländer (Frankreich, Italien, Slowenien, Österreich, Deutschland, die Schweiz, Liechtenstein und das Fürstentum Monaco) durch einen grenzüberschreitenden Fernwanderweg zu verbinden. Damit wollte er die Alpenkonvention von 1991 und deren Ziele nachhaltiger Entwicklung im Alpenraum sichtbar machen.

    Ein Jahr später, im Jahr der Berge, hatte ein Zusammenschluss alpiner Vereine und Gebietskörperschaften in Lyon dem Projekt zugestimmt. Man einigte sich auf den klingenden lateinischen Namen «Via Alpina». Es ist eine in allen Alpenländern und auch im englischsprachigen Raum verständliche Sprache.

    Im Jahre 2002 wurde der Fernwanderweg offiziell eröffnet. Für die Via Alpina (Alpenweg) wurden keine neuen Wege angelegt, sondern auf die bestehenden Wanderwege und Unterkünfte zurückgegriffen. Die Via Alpina hat insgesamt 342 Etappen. Diese sind auf fünf Wege verteilt, von denen jeder eine eigene Farbe hat (Rot, Violett, Gelb, Grün und Blau). Der rote und längste Weg, der von Triest an der Adria bis nach Monaco an der Côte d’Azur führt, ist der Hauptweg und das Herzstück mit offiziell 161 Etappen. Die Wanderrouten sind mit dem charakteristischen Via Alpina-Logo oder kleinen Informationstafeln signalisiert. Das Dreieck im Logo symbolisiert einen Berg. Der rechte blaue Strich steht für den Alpenbogen, der linke Strich stellt den Weg dar. Je nachdem wird eine andere Farbe verwendet (Roter Weg – rote Farbe).

    Auf der offiziellen Webseite der «Via Alpina» können die technischen Informationen abgerufen werden. Sämtliche Wege werden hier detailliert vorgestellt und Schwierigkeit, Entfernungs- und Höhenangaben sowie die Übernachtungs- und Verpflegungsstellen genannt. (www.via-alpina.org)

    Voraussetzungen

    Wer die Rote Via Alpina zum Ziel wählt, sollte folgende Voraussetzungen mitbringen: Der Fernwanderweg verlangt eine gute körperliche Verfassung und Kondition für die Gehzeiten sowie die Ausdauer für die unterschiedlich langen Tagesetappen von bis zu 9 Stunden. Neben dem Durchhaltevermögen ist auch Trittsicherheit und Schwindelfreiheit erforderlich, da man sich in manchen Abschnitten im alpinen Gelände bewegt. Gletscher sind hingegen nicht zu traversieren. Wichtig ist zudem das Wissen um die Sicherheit am Berg und die Erfahrung in Bergtouren, um die objektiven Gefahren richtig einschätzen zu können. Die Bergbegeisterung und die Sehnsucht nach dem Erleben der alpinen Natur ist selbstverständlich. Der Weg weist einen mittleren Schwierigkeitsgrat auf, T3 nach SAC-Wanderskala (anspruchsvolles Bergwandern).

    Vorbereitung

    Eine wesentliche Hilfe bei der wichtigen und unabdingbaren Planung bot mir die offizielle Website der Via Alpina. Spezielle Wanderführer, Flyer oder Erfahrungsberichte gab es damals noch kaum.

    Die Kurzbeschreibungen der Etappen übertrug ich in mein kleines Tagebuch. Auf die topografischen Papierkarten konnte ich nicht verzichten, ohne sie hätte ich kaum eine Chance gehabt, die richtigen Wege zu finden. Die Wege waren in einigen Ländern noch sehr sparsam ausgeschildert. Das Kartenwerk gab mir aber auch einen guten Überblick über die komplette Region. Sämtliche Wegstrecken habe ich zu Hause zur besseren Orientierung durchwegs mit einem Filzstift gelb gekennzeichnet. Ich navigierte nicht digital. In den Unterkünften habe ich nur sehr selten im Voraus reserviert, da ich nicht wusste, wie ich vorankäme. Körperlich habe ich mich mit regelmässigen Tageswanderungen vorbereitet.

    Ausrüstung

    Die richtige alpentaugliche Ausrüstung war entscheidend für die erfolgreiche Fernwanderung. Sie musste stimmen. Ich konnte mich auf zwei solide Wanderschuhe mit griffigen Sohlen verlassen. Sie haben mich auf Schritt und Tritt getragen und waren überlebenswichtig. Der Rucksack mit Hüft- und Schultergurt war genau an meinen Rücken angepasst und hat sich bewährt. Auch die weitere Wanderausrüstung wie Kleidungstücke und Zubehör entsprach meinen Bedürfnissen. Den leichten Daunenschlafsack habe ich geschätzt, das Einmannzelt (Hilleberg) wäre nicht notwendig gewesen, da sich jeweils am Ende der Tagesetappe eine Unterkunft befand. Die komplette Ausrüstung hier aufzuzählen, würde den Rahmen sprengen. Checklisten für Fernwanderungen gibt es im Internet genügend.

    Königsdisziplin

    Auf allen Gebieten der menschlichen Aktivitäten gibt es wohl Sparten, die so anspruchsvoll sind, dass man sie gemeinhin als «Königsdisziplin» bezeichnet. Unter diesen Begriff fällt auch das Weit- und Fernwandern. Nach Wikipedia zeichnen sich Weitwanderwege allgemein dadurch aus, dass sie durch unterschiedliche Regionen verlaufen und nur in mehreren Tagesetappen zu bewältigen sind. Fernwanderwege wiederum verlaufen sehr oft entlang bestehender Weitwanderwege. Der Alpenverein verwendet zur Abgrenzung von anderen Wegbezeichnungen für einen Weitwanderweg eine Mindestlänge von 300 Kilometer sowie einen Verlauf durch mindestens drei Bundesstaaten/Kantone. Fernwanderwege sind 500 km oder länger und verlaufen durch mehrere (Bundes-) Staaten. Zur Königsdisziplin unter den Fernwanderwegen gehört zweifellos der Rote Weg der Via Alpina.

    Roter Weg, die Etappen

    Ausgangspunkt Muggia/Triest

    Der Kalender spricht von Anfang Juni. Das bezaubernde Küstenstädtchen Muggia im östlichen Zipfel des Golfs von Triest und ganz nahe an der slowenischen Grenze glänzt mit Sonne, Meer und Flair. Es ist das einzige Teilgebiet Istriens, das auch heute noch unter italienischer Verwaltung verblieben ist. Die malerische Ortschaft kann von der eleganten Hafen- und Grossstadt Triest mit dem Linienbus oder, aber schöner, auf einer Bootsfahrt entlang der blauen Adriaküste erreicht werden.

    Anfangs des 15. Jahrhunderts war das damalige Fischerdörfchen unter die Seeherrschaft von Venedig gefallen. Die Einflüsse sind noch heute am Baustil vieler Häuser oder auf dem Hauptplatz, der «Piazza Marconi», deutlich sichtbar. Hier findet die Via Alpina, die den ganzen Alpenhauptkamm quert und sich wie ein roter Faden durch alle acht Alpenstaaten zieht, ihren Anfang. Aber von einer Informationstafel keine Spur. Am folgenden Tag will ich die fünfmonatige Entdeckungsreise neugierig und auf eigene Faust unter die Füsse nehmen und möglichst komplett am Stück bewältigen. Was mich wohl alles auf dem langen Fussmarsch, den 161 Etappen, den rund 2500 Kilometern und 140 000 Höhenmetern erwarten wird?

    Kaum bin ich angekommen, will mir schon jemand unbedingt meine extra angefertigte beige Schirmmütze mit der Aufschrift «Via Alpina» abkaufen. Dem Begehren kann ich natürlich nicht nachkommen.

    Ich schlendere hinüber zum nahen und modernen Yachthafen von Porto San Rocco. Hier am Meer ist es wunderschön. Ich tröste mich. Das geht mir nicht verloren. Ich muss nur wiederkommen.

    In zwei Lokalen lassen sich Fischspezialitäten kosten. Mich lockt das La Terrazza. Auf dem Dach des Wirtschaftsgebäudes schweift mein Blick auf das Meer, wenn ich mich nicht gerade fasziniert auf den servierten Teller mit dem Berg von frisch gefangenen und zubereiteten Sardinen konzentriere.

    Meine ehemaligen Arbeitskolleginnen Dorothea und Yvonne schicken mir ein SMS und wünschen mir alles Gute zum Abenteuer. Als sich die untergehende Sonne bei einem Glas charaktervollem Weisswein in eine riesige orangerote Kugel verwandelt, sind es nur noch ein paar Schritte bis zum Albergo La Bussola, wo ich preiswert übernachten kann.

    Die erste Zeltnacht

    R1 Muggia/Triest – Rifugio Premuda

    Gehzeit: 5h00 Entfernung: 14,1 km

    Am frühen Morgen liegt eine verträumte Stimmung über der schmucken Hafenpromenade von Muggia. Das erste Fischerboot tuckert vom Fang zurück. Ein paar Katzen sind hellwach und harren auf Fischreste, die da kommen könnten. Es geht los. Jede grosse Reise beginnt mit dem ersten Schritt. Diesen Satz sagte schon Konfuzius, der chinesische Philosoph (um 551 bis 479 v. Chr.). Und damit hatte er natürlich nicht Unrecht. Das mondäne Monaco an der Côte d’Azur ist für mich so fern wie ein Stern, und ob ich das Ziel einmal erreichen werde, noch gänzlich ungewiss. Eines kann ich hier aber schon verraten. Mein Begleiter ist der Rucksack. Der Grossraumtransporter bringt 16 Kilo auf die Waage. Sapperlot ist das ein Fuder. Ein erster Belastungstest steht an. In der Jackentasche trage ich 4000 Euro mit. Eine Kreditkarte nützt mir nur wenig.

    Das Wetter spielt mit. Die Sonne wärmt und weckt meine Abenteuerlust. Meine Schnürsenkel sind straff angezogen. Ich schwinge den Rucksack auf meinen Rücken und ziehe die Trekkingstöcke aus. Frohen Mutes verlasse ich durch die verwinkelten schmalen Gassen unbemerkt die autofreie Altstadt. Leidenschaftlich, mutig, entschlossen, das soll mein Kompass sein. Ich biege in die Via S. Giovanni ein, gehe durch die Via XXV Aprile und die Via Colarich. Die Strasse führt hügelan zur Wallfahrtskirche von Santa Barbara. Auf einem blauen Wegweiser ist die erste quadratische Tafel mit der Aufschrift Via Alpina angebracht. Ich habe richtig eingefädelt. Der Auftakt ist gelungen.

    Ich bringe den hässlichen Industriegürtel von Triest hinter mich und gelange durch Dörfer des Hinterlandes in die bewaldete, raue und charakteristische Karstlandschaft. Zu einem ganz mühelosen Auftakt wird die erste Etappe allerdings nicht. Am Nachmittag schwitze ich zu einem markanten Aussichtsfelsen hoch. Lohn der Mühe ist das weite Panorama auf die Triester Bucht.

    Über rutschigen Schotter geht es steil hinunter zum Rifugio Mario Premuda der Società Alpina delle Giulie. Das Berghaus befindet sich am Eingang des Rosandratales. Es ist mit nur 82 m über Meer das tiefstgelegene Refugium des italienischen Alpenvereins. Die Premuda ist beliebt bei Wanderern, Bergsteigern, Höhlenforschern und allen, die ein paar Kilometer vom Stadtzentrum von Triest entfernt Ruhe und frische Luft suchen. Das Gasthaus bietet keine Übernachtungsgelegenheit, gilt aber dennoch als Etappenort der Via Alpina. Ich baue mein kleines rotes Zelt neben dem Gebäude auf der Wiese auf. Zum Abendessen gibt es gute Gnocchi und Insalata mista, einfach köstlich italienisch.

    Blick auf den Hafen von Muggia und zur Stadt Triest

    Sonnenuntergang am Hafen von Muggia

    Erste Zeltnacht beim Rifugio Premuda nahe am Rosandratal

    Grenzübergang nach Slowenien

    R2 Rifugio Premuda – Divača

    Gehzeit: 6h30 Entfernung: 25,7 km

    Das Dieselaggregat des Rifugios Premuda hat mit seinem ständigen Wummern meine Nachtruhe im Outdoor-Bett gehörig gestört. Am frühen Morgen drängt es mich rasch in die Stille des Val Rosandra. Es ist der einzige Taleinschnitt des Triestiner Karsts. Das regionale Naturreservat wartet mit einer spektakulären Felsenlandschaft, Geröllhalden, überhängenden Wänden und einem 30 Meter hohen Wasserfall auf. Der Pfad führt zu verlassenen Häusern.

    An einem kleinen Bach verirre ich mich im Gehölz. Das kann doch nicht wahr sein, dass ich schon hier scheitere. Es muss aber kein schlechtes Omen sein. Verirren ist menschlich. So ähnlich entdeckte Kolumbus auch Amerika. Auf der anderen Seite der tiefen Schlucht geht es kräftig bergan zu einem Aussichtseck. Zu meinen Füssen liegt das gesamte Rosandratal. Bald darauf gelange ich auf die Trasse einer ehemaligen Eisenbahnstrecke.

    Beim Grenzübergang Pese verlasse ich schliesslich Italien. «Dober dan! – Guten Tag!» Ich bin in Slowenien, das sich 1991 von Jugoslawien gelöst hat. Der junge Staat liegt im südöstlichen Ende des grossen Alpenbogens und ist das einzige europäische Land, dessen Nationalflagge ein Berg ziert und damit den Triglav verehrt. Durch das bunte Hügelland wandere ich hinauf zum Berg Kokos (Huhn). Eine Wegstunde von hier entfernt befindet sich das bekannte Lipizzanergestüt Lipica. Seit mehr als vier Jahrhunderten pflegt dieser Betrieb die Tradition der Aufzucht der edlen, weissen Pferderasse. Ich verzichte auf eine Besichtigung und wandere über einen Waldpfad abwärts nach Lokev. Im Ortszentrum steht eine kleine Kirche aus dem zwölften Jahrhundert und daneben ein Turm aus der Türkenzeit mit einem Militärmuseum. Auf der Regionalstrasse erreiche ich das Etappenziel Divača und übernachte im empfehlenswerten Gasthaus Malovec. Die freundlichen Wirtsleute sprechen ein paar Brocken Deutsch. Das Zimmer ist riesig und das Abendessen schmackhaft. Touristisch hat Divača nicht viel zu bieten, ist aber ein wichtiger Eisenbahnknotenpunkt. Hier laufen die Bahnverbindungen von Venedig-Triest und Pula nach Lijubjana-Wien zusammen. Neben dem Bahnhofsgebäude steht als Denkmal eine Dampflokomative aus dem Jahre 1922.

    Die gewaltigen Höhlen von Škocjan

    R3 Divača – Razdrto

    Gehzeit: 3h30 Entfernung: 17,0 km

    Nicht weit von der Ortschaft Divača entfernt befindet sich das sechs Kilometer lange Höhlensystem von Škocjan mit seinem 100 Meter tiefen Canyon. Die Höhle wurde im Jahre 1884 von Gregor Žiberna, auch Tentava genannt, entdeckt und drei Jahre später zur Schauhöhle erschlossen. Diese Sehenswürdigkeit will ich mir nicht entgehen lassen. Auf einem beleuchteten Rundgang tauche ich in eine einzigartige unterirdische Welt ein. Im Labyrinth mit den riesigen Grotten, den bizarren Tropfsteinen und rauschenden Wasserfällen haben zahlreiche seltene Pflanzen und Tiere ihren Lebensraum. 1986 wurde die Höhle zum UNESCO Weltkultur- und Naturerbe der Menschheit erklärt.

    Wieder oberirdisch finde ich den Weiterweg nicht mehr. Ich mache mir den Vorwurf, den auf meiner Wanderkarte fehlenden Wegabschnitt nicht beschafft zu haben. Erst nach einiger Sucharbeit treffe ich wieder auf die Via Alpina Route. Erleichtert über die Wegfindung ziehe ich weiter. Weites, eher trockenes Wiesen- und Weideland nimmt mich auf. Die Sonne ist inzwischen in den Zenit geschritten. Ich umgehe den Sportflugplatz Gabrk und trete in einen alten Kiefernwald ein, der gnädigerweise Schatten spendet. Ich bin dankbar. Gedankenverloren erwische ich prompt den falschen Wanderabzweiger, weil ich auf eine der spärlichen Markierungen am Mast einer Fernleitung nicht geachtet habe. Das kommt davon, wenn man den Boden fixiert. Fast stolpere ich über eine Schlange, die ihren Mittagsschlaf auf den Weg verlegt hat und sich hastig in Deckung ringelt. Der Jogger, der vor einer Stunde schon einmal an mir vorbeigelaufen ist, kommt mir wieder entgegen. Ich marschiere zurück und sage mir: besser aufpassen.

    Ohne Erfolg halte ich Ausschau nach einer Via Alpina-Tafel. Entlang der asphaltierten Autostrasse erreiche ich endlich mit dem schwer drückenden Rucksack kurz vor 20 Uhr mein heutiges Etappenziel, das kleine Dorf Razdrto (575 m) am Fusse der Nanos-Gebirgskette. Ein langer Wandertag liegt hinter mir. Ich habe das Tagespensum nicht in der von der Via Alpina-Organisation vorgegebenen Gehzeit geschafft. In der angenehmen Pension Sobe Mirjam bekomme ich ein Bett mit Frühstück und an der Bar vernichte ich wohlig ein grosses Feierabendbier. Durst ist bekanntlich schlimmer als Heimweh.

    Der erste Berg

    R4 Razdrto – Predjama

    Gehzeit: 4h10 Entfernung: 15,0 km

    Der erste ernsthaftere Aufstieg führt mich auf den gutmütigen Berg Nanos. Er sieht aus wie ein wuchtiger Felsbuckel und überragt mit 1262 Meter Höhe die hügelige Karstlandschaft. Wegen seiner fantastischen Aussicht über das Tal ist er ein beliebtes Ausflugsziel bei den Einheimischen. Auf dem Gipfelplateau steht ein Fernsehsender, der während des 10-Tage-Krieges am 28. Juni 1991 von der jugoslawischen Luftwaffe bombardiert wurde. In der Nähe befindet sich die Vojkova-Berghütte. Ich halte eine beschauliche Rast, bevor ich über den waldbedeckten Nordhang wieder ins Tal hinabsteige. Eine Ringelnatter kreuzt meinen Weg. Es ist eine völlig ungefährliche Kreatur. Knoblauchartiger Bärlauchduft kommt mir entgegen und kitzelt mich in der Nase. Eine Wohltat für Herz und Nieren. Die grüne Planze mit den weissen Blüten hat sich grossflächig über den Boden des Laubwaldes ausgebreitet. Die Bären essen den Bärlauch gerne nach dem Winterschlaf, um ihren Magen zu aktivieren. Daher stammt auch der Name. Gemütlich führt mich der Weg weiter durch die Dörfer Strane und Smihel pok Nanosom.

    Am Nachmittag stehe ich staunend unter der trutzigen Höhlenburg Lueg in Predjama (509 m). Es ist die grösste Höhlenburg der Welt, die im Guinness-Buch der Rekorde verzeichnet ist. Schon mehr als 700 Jahre thront sie angeschmiegt an einer über 100 m hohen Felswand, mächtig und herausfordernd, uneinnehmbar. Die Architektur und Lage des Gebäudes sind einzigartig. Fledermäuse, die Geschöpfe der Finsternis, erwarten mich beim Höhleneingang. Die kleinen flatterhaften Flugsäuger waren den Menschen seit jeher suspekt und haben einen zweifelhaften Ruf. Unzählige gruselige Mythen und Legenden ranken sich um die nachtaktiven Tierchen. Zu Unrecht: Die Flugkünstler sind harmlos, niemand braucht vor ihnen Angst zu haben. Im ungewohnten Licht der Stablampe werden sie höchstens etwas unruhig.

    Nanos, der schönste Berg des slowenischen Karsts

    Höhlenburg Predjama in einzigartiger Lage

    Slowenien ist die Heimat ausgezeichneter Bienenzüchter

    In der Nähe der spektakulären und sehenswerten Burg befindet sich das Gasthaus Gostilna Pozar. Es bietet ein paar Zimmer an. Während des Abendessens auf der Terrasse des Restaurants treffe ich auf drei Gleichgesinnte. Ich lerne Ginette, Jacky und Michel aus Frankreich kennen. Sie sind auf dem gleichen Weg unterwegs und möchten bis Innsbruck vorankommen. Morgen wollen wir zusammen weiterziehen.

    Waldbedeckte Karstlandschaft

    R5 Predjama – Črni vrh

    Gehzeit: 4h45 Entfernung: 20,2 km

    Fast Schritt

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