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Kalt wie das Mondlicht
Kalt wie das Mondlicht
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eBook244 Seiten3 Stunden

Kalt wie das Mondlicht

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Über dieses E-Book

Kathrin fährt zum Seddiner See, um das Familienerbe anzutreten: Ein heruntergekommenes Gutshaus mit Geschichte, in dem sie früher unbeschwerte Schulferien verbracht hat. Doch sie ahnt nicht, was sie erwartet. Schon nach wenigen Tagen bekommt sie zu spüren, dass ihre Anwesenheit unerwünscht ist. Doch wer terrorisiert und bedroht sie und will sie um jeden Preis vertreiben? Sie entdeckt ein dunkles Familiengeheimnis. Als es fast zu spät ist, erkennt sie, dass sie in das Visier von Drogenhändlern und skrupellosen Mördern geraten ist.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum12. März 2021
ISBN9783347272675
Kalt wie das Mondlicht

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    Buchvorschau

    Kalt wie das Mondlicht - Gisela Witte

    Kapitel 1

    In der letzten Stunde haben sie kaum ein Wort miteinander gewechselt. Frank hält das Steuerrad mit beiden Händen fest umspannt, den Blick starr auf die Straße gerichtet. Zu gerne würde sie wissen, was er denkt.

    Kathrin sieht ihren Mann von der Seite an: die grade Nase, das kantige Kinn, die vollen dunklen Haare, mit den ersten Spuren von Grau, wie immer von einem erstklassigen Friseur geschnitten.

    »Niemals habe daran gedacht, dass ich das Gutshaus eines Tages erben werde«, sagt sie.

    Frank gibt nur ein schwer einschätzbares Brummen von sich.

    Kurz vor Potsdam hält er an einer Tankstelle. Nachdem er getankt hat, verschwindet er im Laden. Wo bleibt er nur so lange? Kathrin steigt aus dem Auto und sieht sich um. Da entdeckt sie ihn halb verdeckt von einer Zapfsäule, wie er telefoniert.

    Erst nach einer Weile kehrt er zurück und setzt sich neben sie. »Musste lange an der Kasse warten«, murmelt er mit einem kurzen Seitenblick und startet den Wagen.

    Sein Gesicht verrät keinerlei Gefühlsregung. Er sieht wieder geradeaus auf die Straße.

    Sie sind jetzt auf der B2. Hier muss es gewesen sein. Sie spürt, wie sie Atemnot bekommt. Sie lässt das Seitenfenster herunter.

    «Halte bitte einen Moment an.«

    »Was ist los«, fragt er.

    »Mir ist schlecht. Hier war der Unfall.«

    Frank hält an der nächsten Weggabelung. Sie stolpert aus dem Auto, geht langsam einige Schritte hin und her und atmet tief durch. Der Würgereiz lässt nach.

    »Jetzt geht es wieder«, sagt sie und steigt in das Auto.

    »Dass dich der Autounfall deiner Eltern immer noch so mitnimmt.« Er schüttelt den Kopf. »Das ist doch inzwischen fast fünf Jahre her.«

    »Aber seither habe ich diese Strecke gemieden.«

    Warum reagiert er so unsensibel? Warum kann er ihre Gefühle nicht nachvollziehen?

    Sie fahren weiter. Kathrin starrt aus dem Fenster und unterdrückt mühsam ihre Tränen.

    »Gleich sind wir da«, sagt sie auf einmal. In ihrer Stimme schwingt freudige Erwartung. Sie haben den Ort Seddin erreicht und Frank verringert das Tempo. Kathrin erinnert sich noch an die vielen Schlaglöcher von damals, aber jetzt gibt es eine neue Asphaltstraße. Sonst hat sich der Ort wenig verändert. Dicht beieinanderstehenden Häuser und der Platz mit der Kirche ziehen an ihnen vorbei. Das Café in der Hauptstraße ist geöffnet und rote Sonnenschirme leuchten ihnen entgegen.

    Kathrin entdeckt ein neues Haus mit weiß gestrichenen Wänden und mit blau glasierten Ziegeln, umgeben von einem Rosengarten - ein wahrer Exot zwischen den Gebäuden aus Backstein, den Fachwerkhäusern und den Scheunen.

    »Ich bin gespannt, in welchem Zustand wir alles vorfinden werden. Seit Onkel Martin vor etwa drei Jahren ins Heim musste, steht das Haus leer. Aber wie ich gehört habe, gibt es einen Reinigungsdienst, der alle paar Monate kam. Ich kann immer noch nicht begreifen, dass er tot ist.« Sie seufzt und sagt dann gedankenverloren: »Hätte ich ihn nur häufiger besucht.«

    Als sie den Ort hinter sich gelassen haben, blitzt für einen kurzen Moment der See durch die Bäume. Dann verwehren hohe Hecken den Einblick.

    »Stop, wir sind da«, sagt sie unvermittelt.

    Kaum hat Frank angehalten, da springt Kathrin aus dem Auto und schlägt die Tür mit Schwung hinter sich zu. Sie läuft auf das schmiedeeiserne Tor zu, den großen Schlüssel in der Hand. Das Schloss leistet einen kurzen Widerstand, bis das Tor nachgibt und mit einem Seufzer nach innen schwingt.

    Zwischen den Pflastersteinen im Innenhof wuchern Gras und Moos. An der gelben Backsteinfassade ist der Wilde Wein fast bis zum Dach hinaufgeklettert und hat einige Fenster vollständig bedeckt.

    Das Eingangsportal ist von Sockeln flankiert, auf denen die steinernen Löwen sitzen, den Blick in die Ferne gerichtet.

    Da steigen Bilder aus der Vergangenheit auf, Bilder von unbeschwerten Ferientagen in ihrer Jugend. Sie meint, Stimmengewirr und Lachen aus der Küche zu hören. Die Tante eine Frohnatur macht ihre Scherze mit Mutter. Der Duft von frischgebackenem Kuchen liegt in der Luft.

    Kathrin schreckt aus ihren Tagträumen, als Frank neben ihr zwei Reisetaschen auf den Boden fallen lässt.

    »Wow, das habe ich mir wesentlich kleiner vorgestellt«, sagt er sichtlich beeindruckt. Sein Blick wandert über die Fassade. »Du hast mir verschwiegen, dass du ein richtiges Gutshaus geerbt hast, mit unzähligen Zimmern.«

    „Es sind sechszehn, genau sechszehn Zimmer", entgegnet Kathrin. Sie dreht sich zu ihm um. Es ist etwas in seinem Blick, was ihr nicht gefällt: sein interessierter Maklerblick. So sieht er aus, wenn er ein einträgliches Geschäft wittert.

    Sie umarmt ihn. »Ach bitte, lass uns die nächsten Tage einfach abschalten, nur Urlaub machen, ohne an den Job zu denken.«

    Er nickt geistesabwesend. Kathrin löst sich von ihm. Was ist mit ihm los? Begeisterung sieht anders aus.

    Die Eingangstür lässt sich ohne Schwierigkeiten öffnen. Frank stellt die Reisetaschen ab, sucht umgehend nach dem Sicherungskasten und drückt auf den Knopf für die Hauptsicherung.

    Eine große Jugendstildeckenleuchte aus weißem Glas verbreitet ein sanftes Licht in der Halle. Franks Blick wandert über die getäfelten Wände und den Parkettboden.

    »Unglaublich«, ruft er aus. Er sieht sie an. »Wir sollten uns beeilen, und bevor es dunkel wird, wenigstens die Küche und unsere Schlafzimmer in einen brauchbaren Zustand versetzen. Es wird vermutlich hier eher eine Art Picknick, als ein Urlaub.«

    Sie nehmen die restlichen Taschen aus dem Kofferraum und tragen sie in den Flur. Er streichelt ihren Arm. »Bitte sei nicht enttäuscht, wenn ich allein schlafen will. Ich brauche meinen Schlaf ganz dringend. Ich werde mir im Erdgeschoss ein Zimmer suchen, damit ich dich nicht störe. Muss heute noch ein paar wichtige Telefonate erledigen.«

    Kathrin seufzt tief. »Dann werde ich mich eben in meinem alten Zimmer oben einquartieren«, antwortet sie kurz angebunden. Natürlich ist sie enttäuscht. Was glaubt er denn? Warum verhält er sich die ganze Zeit schon so distanziert? Sie beschließt, ihn für den Rest des Tages zu ignorieren. Soll er sich doch sein Abendbrot selber machen.

    In welchem Zustand sich das Haus wohl befindet? Es ist ja schon seit Jahren nichts mehr renoviert worden.

    Im Erdgeschoss schlägt ihr muffige Luft entgegen und sie öffnet die Fenster. Um einen ersten Eindruck zu gewinnen, wandert sie von einem Raum zum anderen. Einige Wände müssten ausgebessert werden oder brauchen einen frischen Anstrich, eine neue Tapete.

    In der Küche bleibt sie einen Moment lang überrascht stehen. Auf den schwarz-weißen Fliesen sind deutliche Abdrücke von Schuhsohlen zu erkennen. Jemand muss sich erst kürzlich hier aufgehalten haben. Vielleicht der hilfsbereite Nachbar, der einen Schlüssel zum Haus hat? Auf dem Tisch liegt ein Flyer von dem Reinigungsservice, der vermutlich für den Onkel gearbeitet hat. Sie nimmt ihn und pinnt ihn an ein Regal.

    Als sie den Kühlschrank anstellt, bemerkt sie eine Bewegung am Fenster. Frank saust in seinem Jogginganzug vorbei. Für seinen blöden Sport findet er immer Zeit, nur nicht für mich, denkt sie. Sie lässt ihren Ärger an dem Staub auf dem Tisch aus und wischt noch energischer. Auf der Tischplatte werden jetzt Brandflecke von Töpfen, Schnitte von Messern sichtbar. Einen Moment lang hält sie inne und denkt an die Abende, die sie hier mit den Eltern als sie noch lebten und Onkel und Tante verbracht hat.

    Danach trägt sie ihre Reisetasche in das Zimmer im Obergeschoss, das sie früher in den Ferien bewohnt hat. Auch hier riecht es nach abgestandener Luft und nach Vergangenheit. Sie stößt die Fensterläden auf und ist verzaubert von dem Anblick des Sees in der Abendsonne.

    Soweit sie sich erinnert, hat sich in ihrem Zimmer nicht viel verändert. Der halb blinde Spiegel zeigt verschwommen die Umrisse ihrer zierlichen Gestalt mit dem schulterlangen roten Haar. Im Regal entdeckt sie ein Fläschchen mit schwarzem eingetrocknetem Nagellack, zurück geblieben von einem Ferienaufenthalt. Damals war sie gerade siebzehn geworden, ausgestattet mit einem gesunden Selbstbewusstsein. Sie war davon überzeugt, alles erreichen zu können, was sie nur wollte. Denn sie war nicht nur besonders clever, sondern zeichnete sich auch durch eine interessante, vielschichtige Persönlichkeit aus. Damals hatte sie viel gelesen. Unter anderem hatte sie sich mit Fragen des Existenzialismus auseinandergesetzt, war auf Sartre, Camus und de Beauvoir gestoßen, deren Philosophie sie faszinierte. Grundsätzlich hatte sie damals nur schwarze Kleidung getragen, wie ihre Vorbilder. Und Jazz gehört. Auch färbte sie sich die Haare schwarz. Bei den meisten Gleichaltrigen, stieß sie auf Unverständnis. Die spöttischen Bemerkungen über ihr Äußeres ließ sie mit gespielter Gleichgültigkeit über sich ergehen und schwelgte in der tragischen Rolle des Andersseins.

    Die ganze Welt gehörte ihr, davon war sie überzeugt. Diese optimistische Einstellung, sollte in den kommenden Jahren leichte Risse bekommen. Aber daran will sie jetzt nicht denken.

    Sie ermahnt sich dazu, das Bett zu beziehen, bevor sie die Lust ganz verlässt. Eine gründliche Reinigung sollen die Reinigungsleute vornehmen, die Frank bestellt hat.

    Es wird dunkel, und sie lässt sich mit einem Teller Salat und einem Glas Rotwein auf der Holzbank vor der Tür nieder. Dies war für sie immer der schönste Augenblick des Tages gewesen, wenn das Licht am Himmel verblasste und ein Sternenhimmel hervortrat, den man so intensiv in der Stadt nicht sah.

    Was soll sie mit dem Haus machen? Es ist ein gutes Gefühl Hausbesitzerin und reich zu sein, es gibt Sicherheit. Sie

    gerät ins Träumen. Hier, fern vom Großstadtstress würden Frank und sie sich wieder näherkommen, indem sie mehr Zeit miteinander verbrächten. Sie könnten im See schwimmen, mit den mitgebrachten Rädern über die Dörfer fahren, in einfachen Gasthäusern essen, den Garten neu gestalten. Und vielleicht fände er Gefallen an der Natur, am Landleben. Im Haus wäre ausreichend Platz für ein Büro, ohne eine horrende Miete bezahlen zu müssen wie in Berlin. Und – dieser Gedanke schleicht sich jetzt ein – sie hätte ihn besser unter Kontrolle. Mit einem Mal überkommt sie das Verlangen, nahe bei ihm zu sein, sich an ihn zu schmiegen, zu spüren, wie er sie hält. Soll sie zu ihm gehen, ihren Stolz überwinden? Nein sie hat schon zu viele Zugeständnisse gemacht.

    Die Lampe über der Tür wirft einen matten Schein in den Innenhof, sie lauscht den Geräuschen der Nacht. Ein aufkommender Wind fährt in das Blätterwerk der Kastanie im Hof. In den Büschen, die die Backsteinmauern säumen, raschelt es. Nachttiere sind unterwegs und begeben sich auf die Jagd. Erst nach einer Weile dringt zu den Geräuschen im Hof eine gedämpfte Stimme aus dem Haus zu ihr herüber. Frank ist von seiner Joggingrunde zurückgekehrt und geht seiner Lieblingstätigkeit dem Telefonieren nach. Beim Näherkommen hört sie ihn durch die offene Terrassentür sagen:

    »Nein Sie stören nicht. Das ist ja wichtig. Komme zurück, so bald ich kann.« Danach senkt sich Stille über das Haus.

    Katrin seufzt. Mist. Da hat sie sich falsche Hoffnungen gemacht. Das hört sich nicht nach einem entspannten, gemeinsamen Urlaub an.

    Die Moskitos fallen jetzt mit aller Bosheit über sie her und sie erschlägt einige. Auch beginnt sie zu frösteln und beschließt schlafen zu gehen. In der Halle begegnet sie Frank.

    »Tut mir leid«, sagt er und legt beschwichtigend die Hand auf ihre Schulter. »Meine Sekretärin hat mich eben informiert. Wir haben Probleme mit der Bank und müssen schnell reagieren, spätestens übermorgen muss ich nach Berlin zurück.«

    »Das war nicht so geplant«, antwortet Kathrin. Sie ist so bitter enttäuscht, dass sie ihn am liebsten ohrfeigen würde. Es war schließlich seine Idee gewesen, sie zu begleiten und gemeinsam Urlaub zu machen. Brüsk dreht sie sich um und stampft die Treppe hoch, ohne sich noch einmal umzudrehen.

    In ihrem Zimmer angekommen, drückt sie auf den Lichtschalter. Das Licht leuchtet kurz auf und erlischt. Im Flur ist die Elektrizität ebenfalls unterbrochen. Schade, sie hätte gern noch die Räume im Obergeschoss begutachtet und danach etwas gelesen. Soll sie sich in der Dunkelheit die Treppe hinunter zum Sicherungskasten vorarbeiten? Durch das offene Fenster zum Hof dringt ein mattes Licht. Die Lampe über der Haustür scheint nicht vom Kurzschluss betroffen zu sein. Kathrin tastet die Wand entlang zum Fenster, lehnt sich hinaus und sieht in den sternenklaren Himmel. Kein Laut ist zu hören, nur das ferne Röhren eines Motorrads.

    Als sie sich umwenden will, nähert sich ein Auto und hält auf der anderen Straßenseite. Während der Motor weiter läuft, steigt jemand aus. Unmittelbar danach springt der Bewegungsmelder an. Die Silhouette eines Mannes zeichnet sich ab. Minutenlang bleibt er am Tor stehen, hält die Gitterstäbe fest umklammert und starrt auf das Haus.

    Kapitel 2

    Mitten in der Nacht wacht sie auf. Ein greller Schmerz durchfährt die linke Seite ihres Kopfes. Sie presst die Hand an die pochende Schläfe, stöhnt auf. Blitze zucken vor ihren Augen. Ihr Mund fühlt sich trocken an, wie nach einem tagelangen Marsch durch die Wüste. Kathrin drückt auf den Schalter der Nachttischlampe und schwingt die Beine aus dem Bett. Dabei stößt sie mit dem Fuß auf die am Boden liegende Rotweinflasche, die schwungvoll über die Dielen rollt. Verdammt. Sie hatte sich geschworen, nur noch in Gesellschaft zu trinken und dann höchstens zwei Gläser. Sie weiß doch, dass Rotwein Migräne bei ihr auslöst. Mit zwanzig war das in Ordnung gewesen, mehr zu trinken. Aber jetzt konnte sie den Kater nicht mehr so leicht abschütteln. Jetzt muss sie für ihre Unvernunft büßen. Ihre Handtasche mit den Tabletten liegt auf dem Stuhl. Sie erhebt sich schwankend, ihr wird schwindlig und sie hält sich am Bettpfosten fest. Jede Bewegung kostet Mühe und steigert das Pochen in ihren Schläfen. Sie wühlt in ihrer Handtasche, findet die Packung. Dann greift sie nach der Mineralwasserflasche auf der Kommode und spült drei Tabletten hinunter.

    Aus ihren Erfahrungen mit Migräneanfällen weiß sie, dass sie das Tageslicht unerträglich blenden wird. Als sie sich aus dem Fenster lehnt, um die Fensterläden zu schließen, nimmt sie eine Bewegung in der Hecke am Zaun wahr. Sie meint ein Rascheln zu hören, sieht genauer hin. Aber nichts bewegt sich, sie muss sich getäuscht haben.

    Das Dröhnen in ihrem Kopf verstärkt sich. Wenn der Schmerz doch endlich aufhören würde! Sie will ihn wegschlafen und rollt sich auf ihr Bett.

    »Schläfst du noch?«

    Kathrin schlägt die Augen auf, Frank beugt sich über sie.

    »Die Leute von der Reinigungsfirma können jeden Moment kommen.«

    Sie hält sich die Ohren zu. »Schrei bitte nicht so, ich hab Migräne.« Kathrin ist froh, dass sie noch in der Nacht daran gedacht hat, die Rotweinflasche zu verstecken. Frank würde sonst einen längeren Vortrag über ihre Unbelehrbarkeit, ihre Unvernunft halten. Nachdem sich ihre Augen an das Halbdunkel gewöhnt haben, sieht sie seinen prüfenden Blick.

    »Kannst du dich um die Leute kümmern? Mir ist so schlecht. Ich bleib noch liegen. Und bitte bring mir Wasser.«

    Frank verlässt geräuschlos den Raum, schließt behutsam die Tür hinter sich und sie schläft sofort ein.

    Später weckt sie das Geräusch eines Rasenmähers auf. Sie klettert aus dem Bett, öffnet die Fensterläden und sieht einen Mann, der den Rasenmäher vor sich herschiebt. Der schaut plötzlich zu ihr hoch. Sein Blick bleibt an ihr haften. Er starrt sie so hasserfüllt an, dass sie vom Fenster zurückstolpert. Wer ist das? Hat sie ihn schon mal gesehen? Und vor allem: Was hat sie ihm getan?

    Sie zieht sich in ihr Bett zurück und zittert am ganzen Körper. Ach was, beruhigt sie sich. Ich reagiere überempfindlich wegen der Migräne. Das ungute Gefühl will aber nicht von ihr weichen. Sie wird so lange im Bett bleiben, bis die Reinigungskräfte gegangen sind.

    Da klopft es. Frank bringt ihr eine Schale mit Gemüsesuppe und Tee.

    »Geht̛ s besser?« fragt er. Seine Stimme klingt besorgt. »Du solltest aufstehen und an die frische Luft gehen.«

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