Das Blinzeln der Venus: Eine Geschichte über Trauer und Glück
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Über dieses E-Book
Florian ist neun Jahre alt und plant gemeinsam mit seinem Opa eine magische Reise zur Venus. Kurz bevor es soweit ist, stirbt der Großvater unerwartet. Die
Erwachsenen sagen, Opa sei für immer fort. Das will Florian nicht glauben und macht sich auf die Suche. Dabei kommt er dem wilden König der Planeten Jupiter gefährlich nahe…
Aus einer Rezension
Wir haben den neunjährigen Florian kennen gelernt und ihn eine Weile begleitet.
Die Autorin befasst sich in diesem Buch mit dem Thema " Umgang mit dem Tod ".
Sehr einfühlsam und liebevoll wird in dieser Geschichte die Trauerbewältigung beschrieben. Gerade für Kinder wird alles sehr gut erklärt. Wir erlebten viele
bewegende und emotionale Momente. Meine Tochter war sehr gerührt und sie hat sich viele Gedanken gemacht. Aber auch mich hat es sehr zum Nachdenken angeregt. Wir hatten wirklich sehr wunderschöne Lesemomente. Und die wichtigste Botschaft war für
uns, dass der Zusammenhalt der Familie bei einem Trauerfall unheimlich wichtig ist. Und dass man Freunde hat, die einem in dieser schweren Zeit beistehen.
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Rezensionen für Das Blinzeln der Venus
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Buchvorschau
Das Blinzeln der Venus - Margarete Lamsbach
KAPITEL 1 - DIE SEHNSUCHT NACH DEN STERNEN
DICKE BACKEN UND DIE KLEINE SCHWESTER
„Flo, polterte Adrian Heilsam. „Schling' dein Abendessen nicht so runter. Das gibt schlechte Träume.
Florian warf seinem Vater einen verzweifelten Blick zu. Seine Backen waren dick aufgebläht. An jeder Seite klemmte ein großes Stück Brot fest, das nicht runtergeschluckt werden wollte.
Er versuchte, die Brotstücke mit den Zähnen zu zerkleinern. Das war gar nicht so einfach. Hätte er den Mund doch bloß nicht so voll gestopft.
Wenn er rechts kaute, schob sich das Brot in seiner linken Backe zwischen Ober- und Unterlippe nach außen. Wenn er links kaute, verkantete sich das Brotstück aus seiner rechten Backe so in seinem Mund, dass die eine Ecke ihn schmerzhaft in den Gaumen kniff. Alles gar nicht so einfach.
Mittlerweile schaute ihm die ganze Familie bei dem Versuch zu, die Brotstücke irgendwie in Richtung Speiseröhre zu transportieren.
Hanna Heilsam schüttelte den Kopf. Das war ein Zeichen dafür, dass ihr nicht gefiel, was sie da sah. Adrian Heilsam hatte die Stirn in Falten gelegt. Als Kinderarzt achtete er sehr auf gesunde Ernährungsgewohnheiten. Dazu gehörte eindeutig, seine Nahrung langsam zu sich zu nehmen und nicht runter zu schlingen. Unter seinem missbilligenden Blick wurde Florian immer aufgeregter. Und je aufgeregter er wurde, umso mehr verklemmten sich seine Brotstücke im Mund. An Sprechen war gar nicht zu denken.
Glücklicherweise kam Lilly ihm zu Hilfe. „Papa, Flo muss ganz schnell zu Opa rüber. Opa und Flo wollen zusammen Sterne gucken. Da ist ein Stern, den kann man nicht immer sehen!"
Florian hätte seine kleine Schwester in diesem Augenblick umarmen mögen. Sie hatte die Situation für ihn gerettet.
Adrian Heilsam hatte großes Verständnis für dieses Hobby seines Sohnes.
Als er selbst noch ein Kind war, war Sterne gucken das Höchste für ihn und er freute sich, dass sein Sohn die gleiche Freude dabei empfand.
Der Blick von Adrian Heilsam wurde weich und die Falten auf seiner Stirn glätteten sich. Welchen Stern denn?", fragte er. Dabei schaute er gespannt abwechselnd Florian und Lilly an.
Florian konnte immer noch nicht sprechen, auch wenn sich sein Mund nicht mehr ganz so voll anfühlte.
„Die Wie-Nuss", sprang Lilly für ihn ein.
„Die Venus, korrigierte Adrian Heilsam, „das ist kein Stern, sondern ein Planet. Planeten kreisen um andere Himmelskörper herum. Deshalb nennt man sie auch Wandelsterne - im Gegensatz zu Fixsternen, die wie der Name schon sagt, … naja, nicht so wichtig. Wann kommt sie denn vorbei, Flo?
Florian war es gelungen, das aufgeweichte Brotstück aus seiner linken Backentasche runter zu schlucken. Dadurch konnte er seinem Vater mäßig verständlich antworten. „Heute Abend kurz nach Sonnenuntergang. Morgen soll es wieder regnen und dann kann man sie nicht mehr sehen."
Rasch warf er einen Blick durch das Fenster nach draußen. Es dämmerte schon und durch die Bäume blinzelte die untergehende Sonne. Wenn er jetzt nicht bald raus kam, war es zu spät. Der Großvater wartete bestimmt schon auf ihn.
Herr Dr. Heilsam wandte sich nun ebenfalls um und folgte Florians Blick durch das Fenster in den Garten. Dann räusperte er sich und sagte: „Nun gut, angesichts der besonderen Bedeutung des Ereignisses will ich mal nicht so sein. Du darfst aufstehen."
Erleichtert sprang Florian auf. Sein Stuhl rumpelte über die Holzdielen und er lief mit großen Schritten zur Verandatür.
Lilly rief hinter ihm her: „Warte, Flo, ich will mit."
Auch das noch. Nichts wie weg hier.
Die Tür war kaum hinter ihm ins Schloss gefallen, da hörte er die trotzige Stimme seiner kleinen Schwester: „Ich will keine Geschichte. Ich will Sterne gucken."
EINE QUIETSCHGRÜNE JACKE UND FLIEGENPILZE
Florian lief zur Villa Sternenhimmel, um nach seinem Großvater zu sehen. Die Villa Sternenhimmel war das Elternhaus von Florians Vater Adrian und Onkel Ede.
„Hi", sagte er zu dem alten Haus, das ganz mit wildem Wein bewachsen war. Die Blätter des Weins funkelten zu dieser Jahreszeit feuerrot in der untergehenden Sonne. Ein leises Wispern hieß Florian willkommen.
Der Großvater kam gerade aus der Tür. Unter jedem seiner Arme klemmte ein Gartenstuhl.
Trotz des Dämmerlichts war er nicht zu übersehen. Zur Feier des Tages hatte er nämlich seine Lieblingssachen angezogen - seine knalllila Hose und dazu das neongelbe Hemd, das Florian ihm zu seinem Geburtstag geschenkt hatte. Darüber trug er die quietschgrüne Strickjacke, die er aus gutem Grund wie seinen Augapfel hütete.
Schon einmal hatte die Großmutter versucht, die Jacke heimlich dem Roten Kreuz mitzugeben.
Zum Glück konnte Opa das in letzter Minute verhindern. Er hatte ihr die Jacke empört aus der Hand gerissen. „Was machst du mit meiner Lieblingsjacke? Das gute Stück einfach wegwerfen!"
„So kannst du nicht rumlaufen. Mit Löchern in den Ärmeln. Die Nachbarn denken ja, wir hätten kein Geld, um dir eine neue Jacke zu kaufen", schimpfte die Großmutter.
„Was interessieren mich die Nachbarn, Trudi? So eine tolle Jacke finde ich nie wieder. Wenn dich die Löcher stören, flicke ich sie."
Der Großvater hatte die Jacke unter den Arm geklemmt und wollte damit in Richtung Schuppen verschwinden.
„Dass ich nicht lache! Du und flicken", kicherte die Großmutter.
Der Großvater erwiderte: „Weißt du, was dein Problem ist, Trudi? Du hast keine Fantasie. Im Schuppen habe ich prima grünen Blumendraht. Den nehme ich."
Irgendwann hatte die Großmutter dann endlich nachgegeben.
Nun gut, Heinrich. Gib sie her. Ich nähe dir Flicken drauf.
Der Großvater hatte die Großmutter misstrauisch angesehen und sagte dann: „Die suchen Florian und ich aus. Schließlich müssen die zur Jacke passen."
Die Großmutter gab sich geschlagen. „Wenn es unbedingt sein muss. Fahren wir ins Kaufhaus. Da haben sie die beste Auswahl."
Das war ein wirklich lustiger Einkauf gewesen.
Mit der Rolltreppe fuhren sie in den zweiten Stock. Dort lockte die Kurzwarenabteilung mit einem Riesensortiment an Stoff- und Lederflicken in den schönsten und buntesten Formen und Farben.
Florian war hin- und hergerissen zwischen fliegenden Untertassen mit Marsmännchen, brüllenden Löwen und Flugzeugen.
„Nun, wollte der Großvater wissen. „Welche empfiehlst du mir?
Florian wollte gerade sagen: Nimm die fliegenden Untertassen!
, als sein Blick auf einen Schriftzug fiel: VORSICHT GIFT! Darüber stand schwarz und drohend ein Totenkopf.
Das gefiel Florian sehr. Er hob das Päckchen auf und hielt es dem Großvater hin.
Die Großmutter erhob Einspruch. „Das sieht man an den Ellbogen doch gar nicht."
Florian durchschaute sie. Sie wollte nur nicht, dass der Großvater mit Totenkopf rumlief.
Opa grinste und griff noch einmal in das Regal. Er hielt zwei Flicken mit Fliegenpilzen hoch und sagte: „Die sind für die Ärmel. Da kannst du dich jetzt aber wirklich nicht beschweren, Trudi. Die Giftwarnung kommt auf den Rücken. Meistens sitze ich ja. Dann sieht man den Totenkopf gar nicht. Passt doch."
Florian nickte glücklich und die Großmutter war überstimmt.
Seitdem lief der Großvater zu besonderen Gelegenheiten mit einer quietschgrünen Strickjacke mit leuchtenden Fliegenpilzen an den Ärmeln und einer Giftwarnung auf dem Rücken rum. Besondere Gelegenheiten waren seiner Meinung nach der Sonntagsgottesdienst, Hochzeiten und Geburtstage (das gab jedes Mal Ärger mit der Großmutter) und natürlich Verabredungen mit seinem Enkel zur Beobachtung des Sternenhimmels…
Der Großvater hatte Florian bemerkt und hob den rechten Arm mitsamt dem Gartenstuhl zur Begrüßung hoch. Er lachte ebenso wie der Fliegenpilz an seinem Ellbogen.
PFIRSICHBOWLE UND GÖTTER ZWEITER ORDNUNG
„Hallo Flo, gut, dass du da bist. Du kannst mir helfen."
Die Großmutter stand auf der Terrasse.
In ihren Händen hielt sie ein Tablett mit zwei Gläsern, die gefüllt waren mit sonnengelbem Kribbelsaft. Saftige Pfirsichhälften tanzten in den Gläsern auf und ab. In jede Pfirsichhälfte hatte Oma Trudi einen Piekser gesteckt. Die Piekser hatten Köpfe, die die Sonne oder den Mond darstellten.
Die gab es, seit Oma Trudi beobachtet hatte, wie der dreijährige Florian mit seinen kleinen Händchen nach den glitschigen Pfirsichhälften gefischt hatte. Die Früchte flutschten durch seine Fingerchen und landeten auf dem Boden.
„Super, Oma Trudi, Pfirsichbowle."
Florian strahlte und nahm der Großmutter das Tablett ab. Vorsichtig trug er es zum Großvater.
Opa hatte die Stühle auf den Rasen gestellt mit Blickrichtung zur Sonne.
Kleine Wolkenschwaden verdeckten die ersten Sterne am frühen Abendhimmel. Auch von der Sonne war nur noch ein klitzekleines Zipfelchen zu sehen.
Florian ließ sich mit einem Plumpser auf den zweiten Stuhl fallen.
Um ein Haar wäre er mit samt Stuhl und Tablett nach hinten gekippt. Der Großvater konnte ihn gerade noch festhalten.
Lediglich die Pfirsiche hüpften gefährlich hoch. Mit ihnen schwappten Wellen von Saftbowle über den Glasrand.
„Hoppla", schmunzelte der Großvater.