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FE PURA - Reiner Glauben: Roman
FE PURA - Reiner Glauben: Roman
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eBook369 Seiten4 Stunden

FE PURA - Reiner Glauben: Roman

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Über dieses E-Book

Waren Jesus und Maria Magdalena tatsächlich verheiratet, wie es im Philippusevangelium und etlichen gnostischen Schriften aus dem 4. Jahrhundert steht?

Welcher Zusammenhang gibt es zwischen der Dolmetscherin Hannah Seeler, den ermordeten Jugendlichen in einem Münchner Park und in Südfrankreich entdeck-ten Schriften mit den Prophezeiungen Maria Magdalenas?

Weshalb will die radikalchristliche Sekte "Fe Pura" mit allen Mitteln verhindern, dass diese Texte an die Öffentlichkeit gelangen?
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum11. Mai 2022
ISBN9783347639843
FE PURA - Reiner Glauben: Roman
Autor

Jürgen W. Roos

Jürgen W. Roos wurde in Dresden geboren und wuchs in Rees sowie Essen auf. Er ist verheiratet und hat zwei Töchter. Schon als Kind träumte er davon, Menschen aus anderen Ländern kennenzulernen. Die Romane von Mark Twain gehörten bereits damals zu seiner Lieblingslektüre. Nach der Schule lebte er für zwei Jahre in Marseille. Er jobbte als Hilfskraft auf einem der Ausflugsschiffe. Dort schrieb er seinen ersten Roman. Danach zog es ihn nach München. Er arbeitete viele Jahre als Werbefotograf und später als Geschäftsführer einer Weinhandlung. Zwischendurch reiste er durch zahlreiche Länder in Europa, Asien und Afrika. Nach einer langen Pause begann er erneut mit dem Schreiben. Seine Ideen findet er hauptsächlich in den politischen Nachrichten. Besonders die Hintergründe, über die kaum berichtet wird, interessieren ihn. Wieviel an Wahrheit wird verschwiegen? Er hat folgende Romane geschrieben:: Der Rosental Plan Malika oder ein Hauch von Safran, Ich will Deine Tränen sehen Türkischer Winter Fe Pura

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    Buchvorschau

    FE PURA - Reiner Glauben - Jürgen W. Roos

    1.

    Tief die frische Morgenluft einatmend, begann Julian Dregger mit der ersten seiner üblichen 3 Laufrunden. Wie fast immer lief er vom Parkplatz des Michaeligartens kommend durch den Blumengarten in Richtung Eissportzentrum und von da aus weiter den äußeren Weg entlang, zurück zum Ausgangspunkt.

    Zu dieser frühen Uhrzeit waren im Ostpark nur wenige Menschen unterwegs. Meist Personen, die vor der Arbeit schnell ihren Hund spazieren führten. Dazu vereinzelte Frauen und Männer, die wie er, im Park ihre Runden liefen.

    Die vier jungen dunkelhaarigen Burschen, die auf einer niedrigen Begrenzungsmauer saßen und sich unterhielten, waren ihm in der Vergangenheit mehrmals auf gefallen. Dem Aussehen nach konnten es Asylanten sein, die vorübergehend in der nahegelegenen Flüchtlingsunterkunft lebten.

    Am Ufer des kleinen Sees fütterte ein alter Mann mit Brot aus einer Plastiktüte die immer zahlreicher werdenden, laut schnatternden Enten. Etwas abseits von ihm stand eine Frau in langem, schwarzen Kleid und ebensolchem Kopftuch.

    Ein eher ungewöhnlicher Anblick waren die zwei Mönche. Sie saßen schweigend am Ende des Blumengartens auf einer der vielen Bänke. Die Gesichter waren unter den Kapuzen ihrer braunen Habite kaum zu erkennen. Sie schauten nur kurz auf, als er an ihnen vorbeilief.

    Etwas weiter davon entfernt durchsuchte ein Pärchen mittleren Alters den Inhalt eines Papierkorbes. Vielleicht Obdachlose, die nach leeren, weggeworfenen Pfandflaschen suchten. Die Frau trug einen schmutzigen, ehemals hellen Mantel. Die Haare hatte sie unordentlich zu einem Dutt zusammengebunden. Der gelbe, leuchtfarbene Anorak des Mannes war am Rücken eingerissen und mit einem grauen Klebestreifen notdürftig repariert worden.

    Julian hatte vor gut einem Jahr mit seinen sportlichen Aktivitäten begonnen. Wenige Tage zuvor war er bei Freunden eingeladen und hatte sich dummerweise auf die zufällig im Badezimmer stehende Personenwaage gestellt. Das erste Mal seit langer Zeit.

    Er war regelrecht geschockt, als die Anzeige nur knapp die 100 kg verfehlte. Bei einer Körpergröße von 180 cm eindeutig zu viel, wie er fand. Das war der Moment, in dem ihm klar wurde, dass das Halten des Körpergewichts, mit seinen mittlerweile 47 Lebensjahren, nicht mehr so leicht war wie noch vor wenigen Jahren.

    Seitdem hatte er einen Teil seiner freien Zeit in verschiedene sportliche Aktivitäten investiert. Neben Schwimmen und Radfahren gehörte dazu das tägliche Joggen am Morgen vor dem Frühstück. Das alles aber nur, wenn das Wetter einigermaßen mitspielte. Immerhin war es ihm inzwischen gelungen, den störenden Bauchansatz loszuwerden.

    In seiner ehemaligen Firma hatte sich die von den neuen Eigentümern eingesetzte Geschäftsführerin ziemlich schnell in die für sie relativ neue Materie eingearbeitet. Zudem hatte er sich bei den Ver kaufs ver hand lungen dazu verpflichtet, ihr bei Bedarf in den kommenden 15 Monaten beratend zur Seite zu stehen. In zwei Tagen würde er deshalb mit ihr für etwa eine Woche nach Hamburg fliegen. Dabei ging es um Vertragsverhandlungen mit einem langjährigen, aber etwas schwierigen Kunden.

    Bald lag dieser Teil seines Lebens, der ihn noch an seine Firma band, endgültig hinter ihm. Von da an konnte er ein für alle Mal frei über seine Zeit entscheiden.

    Dann konnte er endlich die vielen Länder und Städte besuchen, die er bisher lediglich von Geschäftsreisen kannte. Außer Besprechungsräumen und Hotelzimmern hatte er dabei kaum etwas gesehen.

    Zuerst würde er mit der Transsibirischen Eisenbahn bis nach Peking fahren und anschließend in Hongkong einen längeren Stopp einlegen. Keinesfalls wollte er sich an einen bestimmten Zeitrahmen halten. Es sollte eine geruhsame Reise werden, die sich ruhig über Wochen oder sogar Monate hinziehen konnte. Davon hatte er schon in der Jugend geträumt. Damals hatte ihm dazu das notwendige Kleingeld gefehlt und später die Zeit.

    Vielleicht würde er sich wieder seiner früheren Leidenschaft, dem Fotografieren, widmen. Nach dem Abitur hatte er sogar mal vorgehabt, Hobby und Beruf zu verbinden. Zur Erleichterung seiner Eltern, die für diese Berufswahl kein Verständnis hatten, war dann alles anders gekommen.

    Während er abwechselnd einen Fuß vor den anderen setzte, schaute er immer mal zum Himmel. Die tief dunklen Wolken bereiteten ihm ein wenig Sorgen. Es sah nach Regen aus. Nass werden wollte er nur ungern. Er hoffte, dass es erst dann zu regnen begann, wenn er wieder im Auto saß. Gegebenenfalls würde er sich mit zwei oder nur einer Laufrunde zufriedengeben.

    Das Wetter war, den gesamten Spätsommer über, ungewöhnlich wechselhaft. Es gab Tage, da war es heiß, teilweise schwül wie im Hochsommer; an anderen dagegen kühl und regnerisch wie an einem trüben Novembertag. Selbst leichten Nebel hatte er bereits über dem See gesehen.

    Nachdem „Trimm-Dich Parcours", an dem er diesmal, ohne haltzumachen, vorbeilief, erreichte er die Grillzone der Parkanlage. An Wochenenden, bei schönem Wetter, fingen die Anwohner aus den umliegenden Wohngebieten bereits vormittags damit an, ihre Grillutensilien aufzubauen. Spätestens zur Mittagszeit hingen dann dichte Dunstwolken über dem gesamten Platz.

    Nach der Hundespielwiese hielt er kurz an, um nochmals die Regenwolken zu begutachten. Hier war für ihn die letzte Möglichkeit, die Laufrunde abzukürzen. Noch konnte er innerhalb weniger Minuten sein Auto erreichen.

    Erfolgreich bekämpfte Julian den inneren Schweinehund, der ihm eindringlich dazu riet, den kürzeren Weg zu nehmen. Zumindest diese eine Runde, vorbei am dicht bewachsenen Aussichtshügel, wollte er zu Ende laufen.

    Irgendwo hatte er mal aufgeschnappt, dass der Hügel aus dem Geröllschutt bestand, der beim Bau dieses Münchner Stadtteils und der U- Bahn angefallen war.

    Der Wettergott stand nicht auf seiner Seite. Die ersten Regentropfen fielen, nachdem er den leichten Anstieg hinter sich gebracht hatte. Automatisch beschleunigte er das Tempo.

    Der Anblick eines Unterschenkels, lediglich mit einem roten Schuh bekleidet, ließ ihn abrupt stehen bleiben. Er ragte aus einem der Büsche, halbwegs verdeckt durch hohes Gras. Fast wäre er daran vorbeigelaufen.

    Möglicherweise das Bein einer Schaufensterpuppe, überlegte er.

    Nur ein paar Schritte trennten ihn von dem Gebilde. Neugierig geworden näherte er sich.

    Ein dicht belaubter Zweig versperrte ihm die weitere Sicht. Mit einem unguten Gefühl im Magen schob er ihn zur Seite.

    Beim genaueren Hinsehen sah er neben dem Bein die sanfte Wölbung eines Handrückens. Der gehörte keinesfalls zu einer Schaufensterpuppe. Dann erst sah er den Rest des Körpers.

    Unwillkürlich stöhnte er auf und wandte sich sofort ab. Etwas Scheußlicheres hatte er noch nie gesehen. Unversehens wurde ihm schwindlig und es würgte ihn. Mühsam unterdrückte er den Drang, einfach davonzulaufen.

    Schließlich zwang er sich dazu, nochmals hinzuschauen. Unterschenkel und Handrücken gehörten zu einem Kind oder jungen Mädchen mit welligen, schwarzen Haaren, lang und glänzend. Ihre offenen, trüben Augen starrten ihn anklagend an.

    Die Tote mochte zwölf, vielleicht dreizehn Jahre alt sein. Sie war nackt, der Hals fast völlig durchtrennt. Für ihn sah es so aus, als würden nur wenige Zentimeter zu einer vollständigen Enthauptung fehlen.

    Oberkörper und Gesicht sahen unversehrt aus. Zwischen den winzigen Brüsten lag eine dünne goldfarbene Halskette. Jemand, vielleicht der Mörder, musste sie dort abgelegt haben. Der Anhänger mit den drei Zacken sah aus wie ein durchbrochener Davidstern.

    Den Unterleib hatte der Täter unterhalb der Rippen aufgeschlitzt. Teile der Innereien quollen aus der Wunde. Die Schamgegend bestand aus einem unkenntlichen rotbraunen Klumpen. Die dünnen Beine waren ebenfalls unversehrt. Lediglich der zweite Schuh fehlte. Auf den Fußrücken war mit roter Farbe oder Blut ein Kreuz gemalt worden.

    Es dauerte eine Weile, bis Julian wieder einigermaßen klar denken konnte. Immer noch geschockt wählte er den Notruf der Polizei. Stockend berichtete er, was er wo gefunden hatte.

    Die Anweisungen, die er bekam, waren klar und unmissverständlich. Von der Toten sollte er Abstand halten, keinesfalls etwas an ihr oder der Umgebung verändern sowie in unmittelbarer Nähe auf das Eintreffen des Streifenwagens warten.

    Ausgerechnet jetzt wurde der Regen stärker. Schutzsuchend stellte Julian sich unter einen der Bäume auf der anderen Seite des Weges; absichtlich etwas weiter entfernt von dem Leichnam. Von da aus war selbst das Bein des getöteten Mädchens nicht mehr zu sehen. Mit leichten Sprüngen und Armbewegungen versuchte er, sich einigermaßen warmzuhalten. Glücklicherweise vergingen nur wenige Minuten, bis er aus Richtung des zum Park gehörenden Biergartens Motorengeräusch vernahm. Unmittelbar darauf sah er einen der typischen blau-silbernen Streifenwagen auftauchen. Er musste lediglich einmal kurz winken, um von den Polizisten gesehen zu werden.

    Bei der Fahrerin handelte es sich um eine junge, blonde Frau mit halblangem, strähnigen Pferdeschwanz. Ihr Kollege war älter und vermutlich der Erfahrenere von ihnen.

    Julian vermied es, die beiden zu der Leiche zu führen. Er blieb unter dem Baum stehen und deutete lediglich mit einer Hand in die ungefähre Richtung.

    „Sie liegt dort in dem Gebüsch. Ein schrecklicher Anblick."

    Die junge Polizistin schien derselben Meinung zu sein. Er hörte ihren erschreckten Schrei, bevor sie ziemlich bleich zurückkam und sich mit gesenktem Kopf an dem Streifenwagen abstützte. Wenig später kehrte auch der ältere Polizist zurück.

    „Sie hatten Recht. Das tote Mädchen ist wirklich kein angenehmer Anblick. Jetzt sind die Kollegen von der Kriminalpolizei gefordert. Bis die kommen, müssen sie hier warten. Die werden Fragen an sie haben. Weiterhin sehr blass schaute seine Kollegin zu Julian: „Sie brauchen nicht im Regen stehen zu bleiben. Kommen sie zu uns ins Auto.

    Ihr Kollege nickte nur, bevor er sich selber auf den Beifahrersitz setzte und über das Telefon einen knappen Bericht durchgab.

    „Eindeutig ein Kapitalverbrechen," hörte Julian ihn sagen. Darauf folgte eine kurze Schilderung, wie sie die Tote vorgefunden hatten.

    Die Polizistin wollte von ihm wissen, was er so früh in diesem abgelegenen Teil des Ostparks gewollt hatte und wie es zu dem Fund der Leiche gekommen war.

    „Der Weg liegt auf meiner täglichen Joggingrunde. Zuerst habe ich das Bein gesehen."

    Julian hörte auf zu erzählen, als er merkte, dass die beiden Uniformierten kein wirkliches Interesse an seiner Schilderung zeigten. Möglicherweise wollten sie den Fragen der Kripo nicht zuvorkommen.

    „Es wird etwas dauern, bis die zuständigen Kollegen hier auftauchen. Die Polizistin zeigte auf eine Thermoskanne neben ihrem Sitz. „Ich kann ihnen einen Becher Kaffee anbieten?

    Dankbar nahm Julian das Angebot an. Es verging fast eine halbe Stunde, bis die Kriminalpolizei kam.

    „Kommissar Harms", stellte sich der Beamte mit festem Händedruck vor.

    Er war klein, mit unübersehbarem Bauchansatz, freundlichem Gesicht und angegrauten Haaren. Keinesfalls hätte man ihn für jemanden gehalten, der sich beruflich mit so schrecklichen Dingen wie Mordfällen beschäftigte.

    Er deutete auf seine Kollegin, die nach ihm aus dem grauen BMW gestiegen war. „Das ist Kommissarin Lange."

    Im Gegensatz zu ihm besaß sie eine schlanke, fast hagere Figur. Den Uniformierten und Julian nickte sie zur Begrüßung lediglich kurz zu.

    Etwas verbissen und mit gerümpfter Nase betrachtete sie die Umgebung. Wohl in der Hoffnung, dass es aufhören würde zu regnen, schaute sie zwischendurch immer wieder zum Himmel.

    Ihren Kollegen schien der Regen weniger zu stören. Unbekümmert nickte er ihr zu: „Dann werden wir uns zuallererst mal selber ein Bild von der Lage machen."

    Bereits nach kurzer Zeit kehrte er allein zurück. Die Freundlichkeit war aus seinem Gesicht verschwunden. Er wandte sich direkt an Julian.

    „Wie haben sie die Tote entdeckt? In dem Gebüsch ist sie fast nicht zu sehen."

    „Beim Joggen ist mir zuerst das Bein aufgefallen. Dann habe ich eine Hand im Gras gesehen und bin neugierig geworden."

    „Was haben sie danach am Fundort gemacht?"

    Julian zuckte mit den Schultern. „Ich habe einen Ast zur Seite geschoben und sie entdeckt. Spätestens da habe ich meine Neugierde verflucht."

    Der Kommissar unterbrach die Befragung und wandte sich an die Uniformierten: „Es ist besser, wenn ihr den Fundort großflächig absperrt. Möglichst gleich am Anfang und Ende des Weges. Trotz des Sauwetters könnten noch mehr Menschen unterwegs sein. Die Spurensicherung wird hoffentlich bald hier eintreffen."

    Julian sah aus der Entfernung zu, wie die Kommissarin erste Fotos von der Leiche machte. Harms wandte sich erneut an ihn.

    „Das Kind ist vermutlich nicht allzu lange tot. Haben sie hier in unmittelbarer Nähe jemanden gesehen?"

    Verneinend schüttelte Julian den Kopf. „Nein, zuvor sind mir im Park lediglich andere Jogger entgegengekommen. Außerdem waren da die üblichen Frühaufsteher, die vor der Arbeit ihren Hund ausführen und ein alter Mann samt Frau. Er hat die Enten im See gefüttert."

    „Also nichts Außer gewöhnliches?"

    „Vielleicht doch. Auf einer Bank im Blumengarten, gleich am Anfang meiner Laufrunde, saßen zwei Mönche. Sie unterhielten sich. Die sind mir hier im Park noch nie begegnet. Ansonsten waren da ein Mann und eine Frau. Sie haben in den Papierkörben nach etwas Verwertbarem gesucht. Vielleicht Obdachlose. Er trug einen auffälligen, orangefarbenen Anorak. Mehr fällt mir zu ihnen nicht ein. Außerdem saßen auf einer Mauer vor dem Blumengarten ein paar junge Kerle. Die sind öfter im Park. Dem Aussehen nach könnten sie aus der Asylantenunterkunft neben dem Ostpark kommen. Vermutlich ist es ihnen in den Baracken zu langweilig geworden."

    Inzwischen war die Kollegin des Kommissars dazugekommen: „Wissen sie noch, wie viele junge Burschen es waren?"

    „Heute waren es vier. Ich habe sie nicht weiter beachtet."

    „Können sie uns zu den Mönchen mehr sagen? Welche Farbe hatte ihr Habit? Hielten sie einen Rosenkranzkranz in der Hand?"

    „So genau habe ich sie mir nicht angesehen. Sie trugen braune Kutten mit Kapuze. Auf mehr habe ich nicht geachtet. Für mich sehen alle Mönche ziemlich gleich aus. Ich weiß nicht einmal, ob sie groß oder klein gewesen sind. Julian musste grinsen. „Seltsamerweise sind mir ihre klobigen braunen Sandalen aufgefallen. Die haben recht urig ausgeschaut. Kommissar Harms nickte verständnisvoll. Offenbar war er an solche ungenauen Aussagen gewöhnt.

    „Vermutlich hätte ich auf deren Kleidung auch nicht geachtet. Ist ihnen das tote Mädchen schon mal aufgefallen? Immer vorausgesetzt, dass sie da ebenfalls hier im Park ihre Runden gedreht haben."

    Julian nickte und versuchte, sich zu erinnern.

    „Zumindest in den letzten drei Tagen bin ich so ziemlich genau zu dieser Uhrzeit hier gelaufen. Es ist möglich, dass sie zu den Kids gehörte, die gestern früh an einem der Tische des ansonsten geschlossenen Biergartens saßen. An die Tote speziell kann ich mich nicht erinnern."

    „Was haben die Jugendlichen hier gewollt?"

    Julian konnte erneut nur die Schultern zucken: „Das habe ich sie nicht gefragt. Sie sind zu dritt gewesen. Zwei Mädchen und ein Junge. Alle etwa 12 - 14 Jahre alt. Sie haben sich unterhalten. Möglicherweise sind sie ebenfalls aus der Flüchtlingsunterkunft."

    Diesmal war der Kriminalbeamte mit Julians Aussage sichtlich unzufrieden.

    „Haben sie sich nicht gewundert, dass um diese Zeit Jugendliche hier herumsitzen?"

    „Irgendwie schon. Doch ich habe, ehrlich gesagt, nicht weiter darüber nachgedacht und es hat mich auch nicht interessiert."

    „Schade, dass sie uns nicht mehr zu ihnen sagen können. An seine Kollegin gewandt fügte er hinzu: „Bei dem Sauwetter heute haben wir kaum eine Chance, etwaige andere Zeugen zu finden.

    „Fragen sie doch mal die Angestellten im Restaurant, das zum Biergarten gehört, schlug Julian vor. „Um die Zeit sind da immer mal wieder Lieferanten. Also muss auch jemand vom Personal da sein. Vielleicht können die ihnen weiterhelfen.

    Harms nickte: „Das ist eine Möglichkeit. An sie haben wir momentan keine weiteren Fragen. Aber ich möchte sie heute am Nachmittag oder morgen auf unserer Dienststelle sehen. Wir müssen ihre Aussage protokollieren."

    „In der Ettstraße?"

    Der Kommissar gab ihm eine Visitenkarte: „Nein, sie finden uns im Kommissariat in der Hansastraße. Fragen sie an der Pforte nach mir oder meiner Kollegin. Wir holen sie dort ab. Falls ihnen die Flaschensammler oder Mönche nochmals über den Weg laufen, geben sie uns bitte Bescheid. Möglicherweise haben die etwas Auffälliges bemerkt."

    Weder Julian noch die Polizisten sahen den alten Mann, der sich etwa 50 Meter über ihnen hinter einem dichten Holunderstrauch verbarg und alles beobachtete.

    2.

    In den darauffolgenden Stunden gingen Julian die Bilder des toten Mädchens nicht aus dem Kopf. Er konnte sich nicht daran erinnern, jemals etwas Entsetzlicheres gesehen zu haben. Schon deshalb entschloss er sich, seine Aussage gleich am selben Tag protokollieren zu lassen. Er hoffte, die furchtbaren Bilder danach schneller aus dem Kopf zu bekommen.

    Das Kommissariat war in einem schmucklosen Neubau untergebracht. Von dem Uniformierten an der Pforte hinter der Glasscheibe wurde er ausgiebig gemustert, bevor dieser zum Telefon griff, um ihn anzumelden. „Kommissar Harms kommt gleich, um sie abzuholen", bekam er schließlich gesagt.

    Außer ihm warteten, ein paar Meter entfernt, zwei weitere Frauen. Die ältere der beiden, eine ungepflegte grauhaarige Person mit übergroßer Handtasche, musterte ihn ziemlich ungeniert. Sie schien nicht abgeneigt, ihn in ein Gespräch zu verwickeln. Demonstrativ schaute er in eine andere Richtung.

    Bei der Zweiten handelte es sich um eine junge Frau mit schulterlangen, dunklen Haaren. Der schwarze Hosenanzug betonte perfekt ihre schmalen, fast mädchenhaften Hüften und die langen Beine.

    Da sie mit dem Rücken zu ihm stand und in der Handtasche etwas suchte, konnte er das Gesicht nicht erkennen.

    Als Harms die Treppe herunterkam, gab sie die Suche auf. Freundlich lächelnd nickte sie dem Kommissar zu. Offenbar kannten sich die beiden. Ganz so jung, wie Julian vorher angenommen hatte, war die Frau nicht. Anfang bis Mitte dreißig, schätzte er. Zuvor hatte er sich von ihrer mädchenhaften Figur täuschen lassen.

    Und sie war verdammt hübsch. Das lag nicht nur an ihren ebenmäßigen Gesichtszügen mit den nicht zu vollen Lippen. Mehr noch faszinierte ihn das warme Leuchten der auffallend, blauen Augen mit den langen Wimpern, die ihm durch ihren dunklen Teint besonders auffielen. Keinesfalls ließ sie sich unter den langweiligen Schönheiten einordnen, die ihm sonst gelegentlich über den Weg liefen. Es fiel ihm schwer, nicht dauernd zu ihr hinzuschauen.

    Sie schien gemerkt zu haben, dass er sie beobachtete. Abweisend, fast etwas hochmütig und trotzdem nicht unfreundlich, schaute sie kurz zu ihm, bevor sie sich erneut dem Kommissar zuwandte.

    Julian kannte dieses Mienenspiel von Frauen aus Spanien, Nordafrika oder auch Südamerika. Damit versuchten sie, sich vor auf drin glichen Verehrern zu schützen. Ihm gefiel es.

    „Hallo Frau Seeler, sie wollen zu meinem Kollegen, wurde sie von Harms begrüßt. „Er hat mich gebeten, sie zu ihm ins Büro zu bringen. Sobald sie dort fertig sind, hätte ich ebenfalls eine kleine Bitte an sie. Vielleicht können sie anschließend kurz bei mir vorbeischauen.

    „Gerne, aber nur, wenn sie mich nicht zu lange aufhalten. Ich habe später eine Verabredung, zu der ich unbedingt pünktlich kommen muss."

    Ihre Stimme klang angenehm sanft, weich fand Julian. Was mochte sie mit der Kriminalpolizei zu schaffen haben?

    Er kam nicht dazu, weiter darüber nachzudenken. Der Kommissar wandte sich ihm zu. „Schön, dass sie es so schnell einrichten konnten, herzukommen, Herr Dregger. Wir werden sie nicht allzu lange aufhalten." In der ersten Etage verschwand die hübsche Frau, ohne sich nochmals umzudrehen, in einem der zahlreichen Büros. Augenscheinlich kannte sie sich hier aus.

    Harms dirigierte Julian in einen großen, hellen Raum mit Blick auf die Straße. Von einem der Schreibtische blickte ihm seine Kollegin entgegen. Wie bereits in der Früh nickte sie ihm auch diesmal zur Begrüßung lediglich kurz zu. Von der Verständigung durch viele Worte schien sie nichts zu halten. Ebenfalls wortlos deutete sie auf die Kaffeemaschine und schaute den Besucher dabei fragend an.

    Julian nickte ihr dankbar zu.

    „Haben sie schon herausgefunden, wer das arme Mädchen so zugerichtet hat?", wollte er von dem Kommissar wissen.

    „Noch nicht, aber wir arbeiten mit Hochdruck daran. Erst vor ein paar Tagen haben wir, ebenfalls im Ostpark, eine weitere Tote gefunden. Sie haben davon gehört oder gelesen?"

    Julian schüttelte den Kopf: „Nein, das ist mir neu. In der Regel überfliege ich die Lokalnachrichten der Tageszeitungen nur. Ist sie auch ermordet worden?"

    „Bedauerlicherweise ja. Wenigstens wissen wir, wer sie ist. Bei ihr handelt es sich um eine junge Syrerin aus der neben dem Ostpark gelegenen Asylantenunterkunft. Sie ist allein mit ihren zwei kleinen Kindern nach Deutschland gekommen. Ich erzähle ihnen das nur, weil es möglicherweise einen Zusammenhang zu der Toten gibt, die sie heute gefunden haben. „Wurde die Syrerin ebenfalls so grausam verstümmelt?

    Harms schüttelte den Kopf: „Nein, aber das hat nicht unbedingt etwas zu bedeuten. Sie wurde vergewaltigt und lag nackt im Schilf unmittelbar neben dem kleinen See. Zuvor hat man sie mit zahlreichen Schlägen ganz übel zugerichtet. Das Gesicht war kaum noch zu erkennen. Nachdem sie fast täglich dort ihre Runden drehen, hatte ich gehofft, dass sie irgendetwas bemerkt haben."

    „Nein, an keinem der vergangenen Tage ist mir etwas Besonderes aufgefallen."

    Zum ersten Mal, seitdem er den Raum betreten hatte, wandte sich die Kollegin des Kommissars dann doch mit einer Frage an ihn: „Was ist mit den jungen Kerlen, die heute im Blumengarten saßen? Sie haben gesagt, dass sie schon öfter dort waren. Wann haben sie die Männer zuletzt gesehen? Julian musste erst nachdenken. „Gestern waren sie nicht da. Da sind mir nur die Kids im Biergarten in Erinnerung geblieben. Aber einige Tage zuvor saßen sie schon mal im Blumengarten und haben sich unterhalten. Dass zu dieser Uhrzeit junge Leute im Park auf einer Bank sitzen, ist eher selten. Ein paar Stunden später wären sie mir vermutlich gar nicht aufgefallen.

    Harms zuckte bedauernd mit den Schultern: „Schade, aber es hätte ja sein können, dass irgendetwas ihre Aufmerksamkeit erregt hat. Würden sie die Männer wiedererkennen, wenn sie ihnen begegnen?"

    „Vermutlich schon, aber mit Bestimmtheit kann ich es nicht sagen. Was hat es mit der Halskette auf sich, die auf dem Mädchen lag? Bei dem Anhänger könnte es sich um so etwas wie einen Davidstern handeln, bei dem man die unteren drei Zacken abgebrochen hat."

    „Ja, das haben meine Kollegin und ich uns auch gedacht. Allerdings haben wir bisher keine Erklärung dafür gefunden, warum man es dem Mädchen auf die Brust gelegt hat. Der ganze Davidstern mit seinen 6 Zacken gilt heute vor allem als Symbol des Volkes Israel und des Judentums. Möglicherweise kann uns die israelitische Kultusgemeinde darüber Auskunft geben. Ebenso zu der Toten. Jemand vom dortigen Gemeindesekretariat will heute oder morgen hier vorbeikommen."

    „Und was die roten Kreuze auf den Fußrücken des Mädchens zu bedeuten haben, wissen sie bis jetzt auch nicht?"

    Harms schüttelte lediglich den Kopf und überflog nochmals das Protokoll. Nachdem Julian es unterschrieben hatte, kam der Kommissar erneut auf die jungen Männer aus dem Park zu sprechen.

    „Ich möchte die Burschen, die sie gesehen haben, gerne befragen. Ebenso wie die Kids vom Vortag. Möglicherweise haben die etwas bemerkt oder waren sogar an der Tat beteiligt."

    „Falls sie mir nochmals über den Weg laufen, kann ich sie anrufen."

    „Bis wir da sind, könnten sie längst wieder weg sein. Wenn es ihnen nichts ausmacht, würde ich sie bitten, sich in der Asylantenunterkunft dort am Park umzuschauen. Möglicherweise erkennen sie jemanden wieder."

    „Was soll ich dem Lagerleiter oder Sicherheitsleuten sagen, wenn sie mich fragen, was ich dort will?"

    Der Kommissar schien sein freundliches Lächeln selten zu verlieren. „Danke. Ich hatte darauf gehofft, dass sie uns bei der Suche nach dem Täter helfen. Das war auch der Grund, warum ich Frau Seeler gebeten habe, kurz bei mir vorbeizuschauen. Sie arbeitet gelegentlich als Dolmetscherin für unsere Dienststelle. Mir war bekannt, dass sie morgen dort in der Unterkunft benötigt wird. Sie kommt mit einem Kollegen, für den sie übersetzen muss. Denen können sie sich anschließen. Ich gehe davon aus, dass die beiden keine Einwände haben. Und im Heim werden sie annehmen, dass sie dazugehören. Falls sie jemanden erkennen, sagen sie es dem Beamten. Das ist schon alles."

    Nur widerwillig stimmte Julian zu. Der Gedanke an die hübsche Frau half ihm dabei.

    „Wenn sie glauben, dass es ihnen bei der Aufklärung hilft, geht das in Ordnung. Morgen habe ich nichts Wichtiges vor."

    „Vielen Dank. Wir müssen einfach jede Möglichkeit nutzen, um den Mörder zu finden. Frau Seeler wird gleich hier sein. Dann können sie miteinander ausmachen, wann und wo sie sich treffen."

    Harms grinste bei diesen Worten stärker als sonst. Fast so, als wüsste er, weshalb der Zeuge letztlich zu gestimmt hatte.

    „Und falls ihnen in den kommenden Tagen nochmals die Flaschensammler oder die Mönche über den Weg laufen, rufen sie uns an. Möglicherweise haben die etwas gesehen. Diese Leute werden sie in der Flüchtlingsunterkunft wohl eher nicht treffen."

    Hannah Seeler hatte die letzten Sätze des Kommissars noch gehört. Entschuldigen sie, dass ich hier einfach so eintrete. Aber mir pressierts und auf mein Klopfen haben sie nicht reagiert."

    Mit einem leichten Stirnrunzeln und wie nebenbei registrierte sie Julians Anwesenheit. Den Kaffee, den der Kommissar ihr anbot, lehnte sie mit einem entschiedenen Lächeln ab.

    „Selbst dafür habe ich heute keine Zeit, aber gerne beim nächsten Besuch. Mein Verleger erwartet mich zu einer Besprechung und ich bin schon spät dran. Was kann ich für sie tun?"

    Mit wenigen Worten erklärte ihr der Kommissar, was er von ihr wollte.

    „Nachdem sie morgen sowieso in der Unterkunft sind, wäre es mir sehr recht, wenn sie Herrn Dregger als zusätzliche Begleitung akzeptieren würden. Meinem Kollegen, der mit den Asylanten sprechen soll, sage ich Bescheid."

    Zum ersten Mal sah sie ihn direkt an. Dabei vertieften sich die kleinen Fältchen unter ihren Augenwinkeln. Rechts und links neben ihrem Mund zeigten sich winzige Grübchen. Diesmal schien seine offen gezeigte Bewunderung weniger Ablehnung bei ihr hervorzurufen. Fast etwas verwundert strich sie sich eine vorwitzige Haarsträhne aus der Stirn. Schließlich nickte sie und wandte sich wieder Harms zu: „Von meiner Seite aus gibt es da keine Probleme. Ich habe mit ihrem Kollegen vereinbart, mich morgen um 10 Uhr mit ihm zu treffen."

    Erneut schaute sie zu Julian. Diesmal glaubte er, neben dem reizenden Lächeln, zusätzlich etwas wie Erstaunen in den großen, blauen Augen zu sehen.

    „Wenn ihnen das passt, können sie sich gerne anschließen. Es wird niemanden besonders verwundern, wenn mich gleich zwei Polizisten begleiten. Falls doch, müssen wir uns eben eine Ausrede einfallen lassen."

    „Ich werde pünktlich da sein."

    Mit

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