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Suttler - Im Schatten der Halde
Suttler - Im Schatten der Halde
Suttler - Im Schatten der Halde
eBook228 Seiten2 Stunden

Suttler - Im Schatten der Halde

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Über dieses E-Book

Als Jule von der Ermordung ihres Schul- und Ex-Freundes erfährt, steigen unangenehme Erinnerungen an ihre Schulzeit in ihr auf.
Ihr Freund und Mentor drängt sie dazu, sich ihrer Vergangenheit zu stellen.
Sie überwindet ihr Trauma und beginnt in ihrem ehemaligen Freundeskreis zu ermitteln. Dadurch erregt sie die Aufmerksamkeit des Mörders, der versucht, ihre Ermittlungen zu verhindern. Dazu ist er zu allem bereit..
Einem Hinterhalt entkommt sie knapp, doch der Mörder gibt nicht auf.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum17. Okt. 2018
ISBN9783746949499
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    Buchvorschau

    Suttler - Im Schatten der Halde - Marco Rievel

    Prolog

    Martin Lammers harrte mittlerweile über eine Stunde zwischen den Büschen aus. Schwarze, tief hängende Wolkenfetzen drängten von Norden her bedrohlich auf ihn zu, schienen zu versuchen, den Hang, auf dem er hockte, in Finsternis zu hüllen. Die feuchte Luft ließ ihn frösteln. Obwohl es Anfang März war, sank die Temperatur in den Nächten immer noch weit in den einstelligen Bereich ab.

    Er griff in die Jackentasche der Belstaff Speedmaster und holte das Mobiltelefon heraus. Dreiundzwanzig Uhr sechzehn. Der Mann, auf den er wartete, verspätete sich. Verärgert steckte er das Handy weg. Es fiel ihm schwer, sich zu gedulden.

    Die Lichter im Gartencenter am Rande der Halde erloschen. Vereinzelt drang warmer Lichtschein aus den Gebäuden der Everslohstraße und verlor sich im düsteren Nachthimmel, wo der zunehmende Halbmond mattes Zwielicht verbreitete. Die kahlen Äste der Bäume in der Umgebung ragten mahnend in den Himmel.

    Die kalte Luft und die Verspätung mehrten den Groll, den er verspürte. Die Auseinandersetzung mit Jan Gernot drängte erneut in seine Gedanken.

    Mittlerweile hasste er seinen ehemaligen Freund. Er stellte eine Gefahr dar, die er nicht zu kontrollieren vermochte. Zu viele Reibereien hatten sie entzweit, zu wichtig, um die Differenzen durch eine sachliche Aussprache beizulegen.

    Er unterdrückte den aufkeimenden Zorn, versuchte stattdessen, sich auf die bevorstehende Unterredung zu konzentrieren. Um Jan konnte er sich zu gegebener Zeit kümmern.

    Er trat auf der Stelle, hauchte in die hohlen Hände und rieb sie aneinander. Doch die Kälte, die sich trotz der dicken gefütterten Jacke schleichend in ihm ausbreitete, vertrieb er damit nicht.

    »Wo bleibt der Alte?«, murmelte er fluchend. Er hasste es, untätig abzuwarten.

    Für einen kurzen Augenblick flammte in ihm die Befürchtung auf, sein Opfer habe es sich anders überlegt. Obwohl Martin sich das nicht vorstellen konnte. Die Summe, die er gefordert hatte, war für den Mann eine Kleinigkeit. Er würde sie vermutlich aus der Portokasse bezahlen. Warum sollte er also das Risiko eingehen, öffentlich gedemütigt zu werden?

    Für den ehemaligen Unternehmer stand sein Lebenswerk auf dem Spiel.

    Martin war fest entschlossen, ihn gesellschaftlich zu vernichten, tauchte er nicht innerhalb der nächsten viertel Stunde hier auf.

    Nahm er die Drohung nicht ernst? Glaubte er, die Vorwürfe durch überhebliche Ignoranz aus der Welt zu schaffen? Er sollte sich wundern.

    Dennoch wuchs Martins Nervosität mit jeder Sekunde, die verstrich, ohne dass er jemanden auf dem Haldenweg entdeckte. Immer wieder verschwand die Mondsichel für kurze Zeit hinter den Wolkenfetzen. In der vorherrschenden Dunkelheit konnte er kaum den Weg wahrnehmen, der unter ihm serpentinenartig zu ihm hinaufführte.

    Plötzlich bemerkte er eine Bewegung auf dem unebenen, von den Regenfällen der letzten Wochen zerfurchten Schotterweg. Genau in diesem Augenblick schob sich eine Wolke vor die Sichel des Mondes. Die Halde versank in Finsternis. Er kniff die Augen zusammen. Hatte er sich getäuscht?

    »Verdammt«, entfuhr es ihm wütend. Seine Blicke versuchten, die Schwärze zu durchdringen. Es dauerte eine Weile, ehe die Mondsichel erneut hervortrat und die Umgebung in spärliches Halbdunkel tauchte. Nein, er hatte sich nicht getäuscht. Zum Glück.

    Die Gestalt erklomm schwerfällig, beinahe bedächtig, den steilen, gewundenen Weg zur Haldenspitze hinauf. Zu langsam fand er, doch er zügelte seine Ungeduld. Angespannt beobachtete er jeden Schritt des Alten auf dem unebenen Pfad.

    Dieser hatte den Hut tief in die Stirn gezogen, als wolle er das Gesicht verbergen, das Lammers in dem Dämmerlicht ohnehin nicht hätte erkennen können. Mehrmals pausierte er auf den Gehstock gestützt und verschnaufte offenbar einen Augenblick, bevor er sich erneut in Bewegung setzte.

    Aufseufzend übte Martin sich in Geduld, hielt es in dem unbequemen Unterschlupf allerdings nicht lange aus. Zum wiederholten Male überprüfte er den Pfad, der zur Halde heraufführte, ohne eine zweite Person auszumachen. Der Mann hatte sich anscheinend an die Anweisung gehalten und war alleine gekommen.

    Trotzdem ließ er das Opfer nicht aus den Augen. Die Gestalt tauchte hinter einigen höheren Büschen unter, verschwand für einen Moment aus seinem Blickfeld.

    Martin verließ sein Versteck und stellte sich an den Rand des Weges, neben den Stamm einer Weide. Dort wartete er, bis der Greis die nächste Biegung erreichte. Noch einmal versicherte Martin sich, dass er von niemandem begleitet wurde, dann verhüllte er das Gesicht mit einem Schal und betrat den Pfad.

    Der Alte verharrte, als er ihn entdeckte. Schwer atmend blieb er auf den Stock gestützt stehen. Die Finger, die den Gehstock umklammerten, steckten in einem dicken Handschuh, die andere Hand verbarg er in der Manteltasche.

    Martin spannte die Muskeln an. Was hielt er vor ihm versteckt? Sein Gegenüber schien das kurze Zögern bemerkt zu haben. Der Alte zog langsam die Hand aus der Tasche. Ein Bündel Geldscheine kam zum Vorschein.

    Martin schlenderte lässig auf den Alten zu. Er hatte alles im Griff, und in wenigen Minuten wäre er um einige tausend Euro reicher. Verflogen war die Wut, die er während des Ausharrens verspürt hatte.

    »Haben Sie die Summe beisammen?«, fragte er und holte ein Kuvert unter der Jacke hervor, um zu zeigen, dass er die Dokumente bei sich führte.

    Der Mann nickte.

    Martin atmete innerlich auf. Jetzt wollte er die Übergabe so schnell wie möglich abschließen.

    Er trat einen Schritt auf den Alten zu. Hielt ihm den Umschlag ein Stück weit entgegen. Gebannt starrte er auf die Hand des Fremden, die das Geldbündel fest umklammerte.

    Der Alte riss den Stock in die Höhe, peilte Martins Kopf an.

    Martin ahnte die Gefahr mehr, als dass er sie sah. Er drehte den Oberkörper und hechtete zur Seite. Dennoch erwischte ihn der Spazierstock mit voller Wucht an der Schulter.

    Er schrie schmerzerfüllt auf.

    Martin wandte sich um und wollte losrennen, doch dabei rutschte ein Bein auf dem lockeren Schotter unter ihm weg. Er strauchelte und stürzte zu Boden.

    Sofort attackierte sein Gegner ihn. Er warf den Stock zur Seite und stürzte sich auf ihn. Martin schaffe es nicht, sich unter dem Mann herauszuwinden. Es handelte sich keineswegs um einen betagten Greis, wie er vermutet hatte. Der Hut fiel dem Mann vom Kopf, und Martin blickte überrascht in ein ihm nur zu bekanntes Gesicht. Das war nicht die Person, die er erwartet hatte.

    Ungläubig schaute er in die hasserfüllte Fratze über ihm. Es war unmöglich. Woher wusste er davon?

    Ein Messer blitzte in der Hand des Widersachers auf. Entsetzen breitete sich in Martin aus. Mit einem Mal verspürte er Todesangst. Sein Herz raste, er spannte seine Muskeln an, versuchte, den Angreifer abzuschütteln. Doch der stemmte sich mit aller Kraft dagegen. Und gewann.

    Ein stechender Schmerz in der Seite ließ Martin aufschreien. Er schleuderte dem Mann einige Steine und Dreck ins Gesicht, versuchte, dessen kurzzeitige Verwirrung auszunutzen, um sich aus der misslichen Lage zu befreien.

    Kapitel 1

    Jule Suttler strich eine widerspenstige Haarsträhne aus der Stirn. Skeptisch betrachtete sie ihr Arrangement. Etwas störte die harmonische Einheit des Bildes. Das bunte Farbspiel der Sommerblumen vor den dunkelgrünen, glänzenden Blättern der Kirschlorbeerhecke, die den Garten vom angrenzenden Waldstück trennte, stach durch die Sonnenstrahlen deutlich hervor.

    Sie veränderte ihre Position und ließ ihren Blick erneut über die Szenerie gleiten. Schließlich entdeckte sie den Fauxpas.

    Im Hintergrund, inmitten der kräftigen, roten Blütendolden der Geranie, reckte eine Primel majestätisch ihre Blütenblätter in den Frühjahrshimmel. Die strahlende, gelbe Blüte zog die Aufmerksamkeit eines jeden Betrachters auf sich und zerstörte die Illusion des Hochsommers, den Jule mit ihrer Kamera einfangen wollte.

    Sie trat einige Schritte vor, begann zum wiederholten Male, die Pflanzen und Gartenaccessoires neu zu platzieren.

    Den verblichenen Strohhut ihrer Oma befestigte sie an der Lehne der gusseisernen Gartenbank und stellte die ausladende Petunienampel, von der sie die Aufhänger beseitigt hatte, daneben. Eine der Ranken drapierte sie am Hutrand entlang. Sie liebte den Farbkontrast zwischen dem hellen blassgelb des Hutes und den dunkelvioletten Blüten.

    Erneut überprüfte sie die Anordnung. Jetzt war das Bild perfekt. Die Kopfbedeckung und die Petunie verbargen die Primel im hinteren Teil des Beetes. Sie lächelte zufrieden.

    Jule schritt zur Terrasse, holte ihre Kamera, eine Nikon D750, vom Tisch. Behutsam entfernte sie den Gehäusedeckel. Ihr ganzer Stolz. Obwohl die Spiegelreflexkamera ihr seit zwei Jahren gehörte und Jule sie regelmäßig benutzte, sah sie neuwertig aus. Jule pflegte sie penibel, handelte es sich doch um das letzte Geschenk, das sie von ihrer Oma bekommen hatte.

    Sie betrat den Garten und fotografierte ihre sommerliche Impression aus verschiedenen Blickwinkeln. Das beste Foto könnte sie später am Computer heraussuchen.

    Nachdem sich etliche Fotos auf ihrer Speicherkarte befanden, ließ sie sich auf der Gartenbank nieder und genoss die Sonnenstrahlen, wozu es in diesem Frühjahr viel zu selten Gelegenheit gab.

    Für einen Moment schloss sie die Augen, sog genussvoll die Luft durch die Nase. Hoffte, einen Hauch von Frühling wahrzunehmen. Doch wie im Vorjahr wollte die Natur nicht aus ihrem Winterschlaf erwachen. Allerorts erblickte man lediglich einige zaghafte Versuche winterharter Stauden, sich zu entfalten.

    Erinnerungen an ihre Großmutter drängten in ihre Gedanken. Mit ihr hatte sie im letzten Jahr noch gemeinsam auf der Bank gesessen. Die warmherzige, hilfsbereite Frau hatte sich nach dem Tod der Eltern um sie gekümmert. War jederzeit für sie da gewesen. Vor etwas über einem halben Jahr war sie friedlich eingeschlafen. Sie hinterließ Jule das Grundstück mit dem Haus. Aber das Erbe linderte den Schmerz kaum. Zu sehr vermisste sie die alte Dame, mit der sie oft stundenlang philosophierend im Garten geredet hatte.

    Etwas berührte sie am Bein. Kater Socke rieb seinen Kopf an ihrer Wade, setzte sich auf die Hinterpfoten und starrte sie an. Er miaute. Automatisch glitt Jules Hand zu ihm hinunter und kraulte ihn am Hinterkopf. Wohlwissend, dass das nicht alles war, was er wollte. Vorerst genügte es ihm jedoch.

    Er schritt majestätisch weiter, sprang mit einem Satz auf den Sitzplatz neben ihr und rollte sich in der Sonne gemütlich zusammen. Schnurrend schloss er die Augen. Schien, ebenso wie sie, den bisher wärmsten Tag des Jahres zu genießen.

    Nach einer Weile seufzte sie auf, ergriff die Kamera. Zufrieden betrachtete sie die Fotos im Display. Bestimmt gefielen sie Claudia ebenfalls. Sie hatte ihr den Auftrag verschafft, um die Bilder in einer Gartenzeitschrift zu veröffentlichen. Es war nicht der erste Job, den Jule ihrer Freundin verdankte. Sie beschloss, sie auf einen Kaffee einzuladen, wenn sie sich das nächste Mal trafen. Das Geld für die Aufnahmen kam gerade rechtzeitig, um die Steuerforderung des Finanzamts zu bezahlen.

    Es klingelte. Jule runzelte die Stirn und erhob sich. Sie erwartete keinen Besuch an diesem Wochenende. Hatte Chris eine neue Aufgabe für sie? Obwohl er sich in der Regel telefonisch meldete, um einen Termin zu vereinbaren.

    Sie ging zur Terrasse, legte die Nikon auf den Gartentisch und betrat durch den Fliegengittervorhang das Haus.

    Kater Socke verschwand, den buschigen Schwanz hoch aufgerichtet, zwischen den Sträuchern. Er hasste Fremde.

    Hoffentlich handelt es sich nicht um einen jener Zeitungsverkäufer, die momentan in Königshardt unterwegs sind, überlegte sie, während sie die Diele durchquerte. Sie hielt einen Moment inne, holte tief Luft, dann griff sie nach der Türklinke.

    Die Besucherin mit dem blonden Pferdeschwanz begutachtete den Vorgarten und drehte sich lächelnd zu Jule um, als diese die Tür öffnete.

    Zumindest sieht sie nicht wie eine Zeitschriftenverkäuferin aus, dachte Jule beruhigt.

    »Guten Tag. Hauptkommissarin Vollmer«, stellte sie sich vor und zeigte ihr einen Dienstausweis. »Ich würde gerne Juliane Suttler sprechen?«

    So hatte sie schon lange niemand mehr angesprochen.

    »Das bin ich. Ist was passiert?«, fragte sie neugierig. Beunruhigt ließ sie ihren Blick über die Umgebung schweifen. Auf der Kirchhellener Straße war nichts Ungewöhnliches zu entdecken.

    Ging es etwa um eine ihrer Überwachungen? Hatte einer der überführten Ehemänner sie angezeigt? Wegen Verletzung der Privatsphäre? Bei dem Gedanken verzog sich ihr Mund zu einem feinen Grinsen. Der letzte Ehepartner, den sie ertappt hatte, war ihr hinterhergerannt, hatte mit herunterrutschender Hose jedoch keine Chance gehabt. Aber deshalb suchte sie an einem Samstagnachmittag wohl kaum eine Kommissarin auf.

    »Können wir uns im Haus unterhalten? Es geht um ihren Bekannten, Herrn Lammer«, kam Vollmer ohne Umschweife auf den Grund des Besuches zu sprechen. Sie deutete mit der Hand Richtung Tür.

    Jule verdrehte die Augen. Martin, der Idiot. Was hatte er nun wieder angestellt? Hätte sie sich doch nie auf ihn eingelassen! Erst vorgestern hatten sie zum wiederholten Male heftig gestritten. Hatte er sie denunziert? Oder sie gar in eines seiner merkwürdigen Geschäfte verwickelt? Die Wut, die sie bereits bei dem Telefonat verspürt hatte, stieg wieder in ihr auf.

    Benötigte er etwa ein Alibi und ging allen Ernstes davon aus, sie würde für ihn lügen? Für so dumm hielt sie ihn wirklich nicht.

    Verstimmt trat sie beiseite und bat die Frau herein.

    Sie führte die Besucherin auf die Terrasse, wo sie ihr einen Platz anbot.

    »Möchten Sie etwas trinken?«, fragte sie und legte die Kamera auf einen Stuhl.

    »Ein Wasser gerne, danke«, antwortete Vollmer, lehnte sich zurück. Ihr Blick wanderte durch den Garten.

    Jule verschwand in der Küche. Sie dachte darüber nach, was Martin wohl angestellt haben könnte. Sie vermutete schon immer, dass er sein Geld nicht auf legale Art und Weise verdiente. Soweit sie sich erinnerte, war er nie einer geregelten Tätigkeit nachgegangen.

    Ebenso wie ich, schoss es Jule durch den Kopf. Doch er besaß, im Gegensatz zu ihr, jederzeit über ausreichend Kapital. Sie stellte zwei Gläser sowie eine Flasche Mineralwasser auf das Tablett neben der Spüle und ging damit zu ihrem Gast.

    Sie schenkte der Kommissarin ein, dann setzte sie sich an den Tisch.

    »Schön haben Sie es hier.«

    »Es ist viel Arbeit«, erwiderte Jule knapp.

    »Die sich offenbar lohnt. Auf meiner Terrasse hat der Sommer noch keinen Einzug gehalten.« Sie betrachtete lächelnd die Sommerblumen auf der Gartenbank.

    »Bei mir auch nicht«, antwortete Jule, »ist alles nur für einen Auftrag vorgetäuscht, den ich erhalten habe.«

    Sie wandte sich der Kommissarin zu, um den Small Talk zu beenden.

    »Also, was hat Martin ausgefressen? Falls er ein Alibi benötigt, stehe ich nicht zur Verfügung.«

    »Sind sie gut befreundet?« Die Gegenfrage irritierte Jule einen Augenblick, schließlich zuckte sie mit den Schultern. »Wir haben gemeinsam die Schulbank gedrückt.« Sie zögerte einen Moment. Spielte die kurze Liaison der beiden im letzten Jahr eine Rolle? Jule beschloss, dass es die Polizei nichts anging, mit wem sie sich mehr oder weniger vergnügte. Das war allein ihre Entscheidung, zumal sie nicht einmal wusste, was man Martin vorwarf.

    »Seitdem sehen wir uns eher selten«, fuhr sie fort, »meistens zufällig. Als Freundschaft bezeichne ich das nicht. Bekanntschaft ist treffender.«

    »Sie haben vorgestern mit ihm telefoniert?«

    Jule stutzte. Das stimmte. Doch warum interessierte sich die Kommissarin dafür? Die eigene Unwissenheit verunsicherte Jule. Sollte Martin sie in irgendetwas hineingezogen haben, würde er sein blaues Wunder erleben.

    »Ja«, antwortete sie. »Es ging um das Klassentreffen am kommenden Samstag«, fügte sie erklärend hinzu. Vollmer machte sich eine Notiz.

    »Wann haben Sie ihn zuletzt gesehen?«

    Jule schnaufte. War das ein Verhör?

    »Ist schon etliche Wochen her. Ich weiß es nicht mehr so genau.« Das Blut schoss ihr ins Gesicht. Nur zu gut

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