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INTRIGEN UM MISS SERENA
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eBook218 Seiten3 Stunden

INTRIGEN UM MISS SERENA

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Über dieses E-Book

In eine temperamentvolle Amazone in Männerkleidung, der er bei einem Ausritt zufällig begegnet, verliebt sich der weltgewandte James Stannard, Baron Wintersett, spontan. Doch dann entdeckt er, dass die hübsche Reiterin namens "William Blake" ausgerechnet die Frau ist, die er am meisten hasst: Serena Calvert! James ist fest davon überzeugt, dass sie einst auf der Insel St. Just seinen Bruder Tony verführt und dann in den Selbstmord getrieben hat. Die bezaubernde Serena ahnt zunächst nichts von den gefährlichen Intrigen, die sich um sie entwickeln und für die Tonys skrupellose Witwe Alanna verantwortlich ist. Erst als sie Serena kidnappen und unter Drogen setzen lässt, begreift Serena, dass diese gefährliche Frau sie nicht nur gesellschaftlich vernichten will. Doch warum ist auch James so sehr von Serenas Schuld überzeugt? Kann er nicht erkennen, dass er die falsche Frau zum Ziel seiner gnadenlosen Rache macht?

SpracheDeutsch
HerausgeberCORA Verlag
Erscheinungsdatum16. Dez. 2013
ISBN9783954467815
INTRIGEN UM MISS SERENA
Autor

Sylvia Andrew

Sylvia Andrew wollte eigentlich nie ein Buch verlegen lassen, bis sie Mills & Boon ihren ersten historischen Roman zukommen ließ. Als dieser sofort angenommen wurde, war sie überrascht, aber glücklich. "Perdita" erschien 1991, und sieben weitere Bücher folgten. Auch Sylvias eigene Liebesgeschichte ist sehr romantisch. Vereinfacht gesagt hat sie den Jungen aus dem Nachbarhaus geheiratet, weil seine Mutter es so wollte. Aber es ist etwas komplizierter: Ihre zukünftigen Schwiegereltern waren ihre Nachbarn und stellten den Kontakt zu ihrem Sohn her, als Sylvia einen Job in Cambridge annahm. Simon war dort Lektor. Er kümmerte sich ein wenig um sie, zeigte ihr die Stadt, und daraus wurde schließlich mehr … Heute – 40 Jahre später – leben sie mit Hund und Katze in Somerset. Ihre Tochter Catherine ist in London verheiratet. Simon ist im Stadtrat von Crewkerne aktiv und in der Gegend sehr bekannt, Sylvia dagegen ist gerne mal allein, weshalb sie ihr Mann mit dem Spitznamen "verkappte Einsiedlerin" aufzieht! Die beiden haben eben ihre Eigenheiten: Simon ist Rekordhalter, wenn es darum geht, möglichst schnell Unordnung zu schaffen, Sylvia wiederum kann keinem Schnäppchen widerstehen, ob nützlich oder nicht. Die beiden besitzen auch ein kleines Haus in der Normandie, wo sie so viel Zeit wie möglich verbringen. Sie erinnern sich gerne an Sylvias spitzen Schrei, als sie hier in einem Supermarkt das erste Mal eines ihrer Bücher entdeckte!

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    Buchvorschau

    INTRIGEN UM MISS SERENA - Sylvia Andrew

    1. KAPITEL

    Die Sonne stand jetzt so tief, dass ihre Strahlen mit blendender Helligkeit durch die offenen Verandafenster hereindrangen. Miss Serena Calvert erhob sich, um die Vorhänge zu schließen. Unwillkürlich seufzte sie auf. Es war ein heißer Tag, und der Wind, der von der See her wehte, hatte wenigstens ein bisschen kühle Luft gebracht.

    Miss Calvert ging zu ihrem Sessel zurück und schaute ihre Besucherin fragend an. „Was halten Sie von meinem Plan, Lady P?"

    Es gab nur wenige Menschen auf der Insel, die es sich erlauben durften, die Gattin des Gouverneurs so anzureden. Miss Serena Calvert, eine Cardoman Calvert of Anse Chatelet, gehörte zu ihnen. Sie kannte Lady Pendomer seit Jahren und konnte sich zu ihren engsten Freundinnen zählen.

    Lady Pendomer, die im Allgemeinen Fröhlichkeit und Optimismus ausstrahlte, wirkte ungewöhnlich ernst. „Sie werden Ihre Idee fallen lassen müssen, Serena, sagte sie mit fester Stimme. „Sie scheinen sich keine Vorstellung davon zu machen, wie teuer es ist, eine Saison in London zu verleben. Ich muss Ihnen gestehen, dass England selbst für uns beinahe unerschwinglich war. Es tut mir leid, so offen zu Ihnen sprechen zu müssen, doch ich weiß genau, dass Sie nicht über die notwendigen Mittel verfügen.

    Miss Calvert hob kampflustig das Kinn.

    „Bitte, Serena … Lady Pendomer lächelte. „Sehen Sie mich doch nicht so böse an. Es wäre nicht fair von mir, wenn ich Ihnen falsche Hoffnungen machte! Wenn Sie erreichen wollen, dass die gute Gesellschaft von Ihnen Notiz nimmt, dann müssen Sie ein Haus in einer der vornehmen Gegenden Londons mieten. Sie müssen eine umfangreiche, der neuesten Mode entsprechende Garderobe haben. Sie brauchen Bedienstete und natürlich auch eine Kutsche und Pferde. Wovon wollen Sie das alles bezahlen? Als wir mit Caroline nach England gingen, um sie in die Gesellschaft einzuführen, da konnten wir bei einem Cousin meines Gatten wohnen. Sie aber, Serena, haben, soweit ich weiß, keine Verwandten in London.

    „Das ist richtig. Und es stimmt natürlich, dass mein Vater mir nichts als Sorgen hinterlassen hat. Der Besitz ist hoch belastet. Dabei bringen die Ländereien gerade soviel ein, dass wir davon leben und jährlich einen geringen Teil der Schulden zurückzahlen können."

    „Sie denken doch sicher nicht daran, eine weitere Hypothek aufzunehmen?"

    „Nein. Ohne entsprechende Sicherheiten wäre wohl auch niemand bereit, mir Geld zu leihen …"

    „Was also haben Sie vor, Serena?"

    „Ich habe ein bisschen gespart. Und dann besitze ich auch noch einiges an Schmuck."

    „Liebste Serena, Ihren Schmuck dürfen Sie auf keinen Fall veräußern!, rief Lady Pendomer erregt aus. „Er stellt Ihre gesamte Mitgift da. Und wenn Sie nicht heiraten sollten, ist er sozusagen Ihre einzige Sicherheit für ein sorgenfreies Alter.

    „Ich will ja nicht alles verkaufen. Wahrscheinlich reicht es, wenn ich mich von dem Cardoman-Collier trenne."

    „Das Cardoman-Collier? Lady Pendomer schüttelte fassungslos den Kopf. „Sie wollen das Cardoman-Collier verkaufen?

    „Ja, warum nicht? Es ist nicht einmal besonders schön."

    „Aber es ist ein wertvolles Erbstück! Serena, ich habe wirklich den Eindruck, dass Sie heute nicht Sie selbst sind. Das Schmuckstück mag uns altmodisch erscheinen, schließlich ist es mehr als hundertfünfzig Jahre alt. Aber welche Familie kann schon von sich sagen, dass sie ein so ungewöhnliches Geschenk eines Königs zu ihrem Besitz zählt? Es heißt, dass König Charles Arabella Cardoman geheiratet hätte, wenn ihm das nur möglich gewesen wäre. Das Collier war ein Liebespfand! Sie dürfen es nicht hergeben!"

    Die Gattin des Gouverneurs warf der jungen Frau einen nachdenklichen Blick zu. „Im Übrigen, fuhr sie fort, „bezweifele ich, dass Sie einen Käufer für das Schmuckstück finden würden.

    „Da täuschen Sie sich, Lady P, gab Miss Calvert zurück. „Ich habe bereits einen Käufer. Und was den ideellen Wert des Colliers betrifft … Es hat keinen Zweck, das Schmuckstück für die Familie zu erhalten. Cardomans gibt es schon lange nicht mehr. Und meine Nichte Lucy und ich sind die letzten, die den Namen Calvert tragen. Wenn wir heiraten – oder sterben – wird es keine Cardoman-Calverts mehr geben. Unter diesen Umständen erscheint es mir bedeutend wichtiger, Lucy die Chance auf eine glückliche Zukunft nicht zu verbauen. Das Mädchen soll nicht für immer auf dieser Insel gefangen sein.

    Miss Calvert trat erneut ans Fenster. Sie schob den Vorhang ein wenig beiseite und blickte hinaus. Von ihrem Standort aus konnte sie die Bucht sehen, nach der der Besitz der Calverts benannt worden war. Das Wasser glitzerte golden im Licht der tief stehenden Sonne.

    Die junge Frau wandte sich um. „Ich weiß, Lady P, dass Sie sich immer darüber gewundert haben, dass ich alle Heiratsanträge zurückwies. Aber sagen Sie einmal ehrlich: Wäre es Ihnen recht gewesen, wenn Ihre Tochter einen der sogenannten ‚angesehenen Junggesellen‘ von St. Just geheiratet hätte? Gewiss nicht! Deshalb sind Sie doch mit Caroline nach London gegangen. Dort hat sie Lord Dalcraig kennengelernt. Und nun sind die beiden ein glückliches Ehepaar."

    Lady Pendomer nickte. Und Miss Calvert fuhr fort: „Sie waren klug genug, auch dafür zu sorgen, dass Ihr Sohn die Insel rechtzeitig verließ. Ich bin sicher, dass Sie meine Meinung teilen: Das Klima hier auf St. Just bringt die schlechtesten Seiten im Wesen der Männer zum Vorschein. Die Herren der Schöpfung werden mit der Zeit entweder zu Schwächlingen, die jeden Unternehmungsgeist, ja, jeden eigenen Willen verlieren. Oder sie werden selbstsüchtig, rücksichtslos, böse. Es ist … Serena Calvert unterbrach sich und zuckte heftig die Schultern, so als wolle sie eine schreckliche Erinnerung abschütteln. „Lucy jedenfalls, sagte sie nach einer kurzen Pause, „ist ein bezauberndes Mädchen, klug, lebhaft und hübsch. Ich werde nicht zulassen, dass sie einen Mann heiratet, der sie zerbricht. Und ich werde auch verhindern, dass sie sich an jemanden bindet, den sie irgendwann zu verachten beginnt."

    „Gehen Sie nicht ein bisschen zu streng mit den Gentlemen auf unserer Insel ins Gericht?", meinte Lady Pendomer.

    „Durchaus nicht! Ich habe meine Erfahrungen gemacht …"

    Die Gattin des Gouverneurs seufzte. „Ich muss gestehen, dass ich begreife, warum es für Sie so wichtig ist, Lucy gut zu verheiraten. Dennoch muss ich Sie nochmals darauf hinweisen, dass es Ihnen an den Mitteln fehlt, eine Saison in London zu finanzieren. Die Kosten für Sie und Lucy …"

    „Aber ich werde nicht nach England gehen!", unterbrach Serena Calvert ihre Freundin.

    „Sie wollen Ihre Nichte nicht begleiten? Das verstehe ich nicht. Wer soll sich denn um Lucy kümmern?"

    „Sheba wird mit ihr reisen. Und in England wird meine Tante sie bei sich aufnehmen und sie in die Gesellschaft einführen."

    „Ihre Tante? Ach ja …"

    „Lady Dorothy Spurston. Sie erinnern sich, Lady P? Miss Calvert lächelte. „Sie wird für Lucy sorgen. Ich selbst kann St. Just doch gar nicht verlassen. Wer sollte sich um den Besitz kümmern? Sie wissen, wie viel ich zu tun habe. Ich muss hier bleiben auf Anse Chatelet.

    „Unsinn, liebes Kind! Wenn Lucy tatsächlich nach London geht, dann ist es unumgänglich, dass Sie sie begleiten! Das ist im Übrigen auch in Ihrem eigenen Interesse."

    „In meinem Interesse? Es dauerte einen Moment, ehe Miss Calvert begriff, was Lady Pendomer meinte. Sie begann zu lachen. „Ich bitte Sie, Lady P! Wer sollte sich denn für mich interessieren? Ich bin eine hässliche alte Jungfer, die nicht einmal über eine anständige Mitgift verfügt.

    „Serena, manchmal machen Sie mich wirklich zornig! Sie sind keine alte Jungfer, Sie sind gerade sechsundzwanzig. Und Sie sind auch nicht hässlich, höchstens ein bisschen zu schlank und zu stark von der Sonne gebräunt. Wenn Sie sich etwas mehr um Ihr Aussehen und Ihre Kleidung bemühen würden, dann könnten Sie durchaus attraktiv sein. An Ihrem Charakter ist schließlich nichts auszusetzen. Welch ein Glück, dass die Befürchtungen, die ich hegte, als Sie noch ein Kind waren, sich nicht bewahrheitet haben."

    Miss Calvert hob die Augenbrauen. „Müssten Sie nicht eher von Missbilligung als von Befürchtungen sprechen, Lady P?"

    „Nun, all das, was man Ihnen damals hätte vorwerfen können – dass Sie wild, eigensinnig und unbeherrscht seien –, hatte seinen Grund schließlich darin, dass sich niemand für Ihre Erziehung verantwortlich fühlte. Ihre Mutter war tot. Und Ihr Vater hatte nur Augen für Ihren Bruder Richard. Seltsam, dass Ihr Papa so völlig blind für die Fehler seines Sohnes war. Dass Sie, Serena, Richard so kritiklos bewunderten, kann ich ja noch verstehen. Er war schließlich bedeutend älter als Sie. Ein gut aussehender Bursche und intelligent dazu. Schade, dass er … Lady Pendomer unterbrach sich, als sie Miss Calverts gequälten Gesichtsausdruck bemerkte. „Verzeihen Sie mir, sagte sie rasch. „Wir wollen jetzt nicht von der Vergangenheit reden. Was zählt, ist die Zukunft. Und ich bin davon überzeugt, dass auch Sie einen guten Ehemann finden könnten. Sie sollten Ihre Anziehungskraft nicht unterschätzen."

    „Oh, das tue ich nicht! Serena Calverts Augen blitzten auf. „Ich weiß, um meine Stärken, und ich bin stolz auf das, was ich erreicht habe. Ich habe um Anse Chatelet gekämpft, und ich habe den Besitz gerettet. Allerdings habe ich dafür den größten Teil meiner Jugend opfern müssen. So unbeschwert wie Lucy habe ich nie leben können.

    „Sie hätten nach England zu Ihrer Tante gehen können, Serena. Ich erinnere mich, dass die alte Dame Sie schon vor Jahren eingeladen hat."

    „Das stimmt. Ich bin Tante Dorothy sehr dankbar dafür. Natürlich konnte ich die Einladung nicht annehmen. Ich musste mich um Lucy kümmern und später, als Papa nicht mehr dazu in der Lage war, auch um Anse Chatelet. Meiner Meinung nach habe ich meine Sache sehr gut gemacht. Es hat viel Kraft gekostet. Doch andererseits weiß ich meine Unabhängigkeit zu schätzen. Ich wäre nicht bereit, sie für einen Gatten aufzugeben, zu dem ich nicht voller Achtung aufschauen könnte. Wo aber sollte ich einen solchen Gemahl finden? Ein Gentleman, der über alle von mir geforderten Qualitäten verfügt, hätte gewiss kein Interesse daran, sich mit einer unansehnlichen, hoch verschuldeten Dame von den Westindischen Inseln zu vermählen."

    Lady Pendomer seufzte. „Serena, meinte sie drängend, „seien Sie doch nicht so dickköpfig. Gewiss gibt es irgendwo einen Gentleman, den Sie achten und lieben können und der Ihre Gefühle erwidert.

    Miss Calvert schüttelte nur den Kopf.

    „Ich bin davon überzeugt, dass Sie sich gut verheiraten könnten! Ich würde Ihnen sogar behilflich sein, wenn Sie wirklich mit Lucy nach London gehen. Glauben Sie nicht, dass Sie Anse Chatelet eine Zeit lang Ihrem Verwalter überlassen können? Will Norret ist ein fähiger Mann, und mein Gatte würde gewiss ein Auge auf ihn haben. Ich selbst könnte Maria bitten, ein paar Kleider für Sie und Lucy zu nähen. Dadurch würden Sie eine Menge Geld sparen."

    Lady Pendomers letzte Worte ließen Serenas Augen aufleuchten. Maria, die Zofe der Gouverneursgattin, hatte eine Zeit lang für eine bekannte Schneiderin in London gearbeitet. Da sie sich noch immer über die neuesten Modeströmungen informierte und die Nähnadel mit beachtlichem Geschick zu handhaben wusste, würde sie bei der Zusammenstellung von Lucys Garderobe von großem Nutzen sein.

    „Übrigens, sagte Lady Pendomer in diesem Moment, „kann ich mir nicht vorstellen, dass Lucy bereit ist, ohne Sie nach England zu reisen.

    „Sheba wäre ja bei ihr."

    „Eine Sklavin!"

    „Ich habe Sheba schon vor Jahren die Freiheit geschenkt. Wir haben keine Sklaven hier auf Anse Chatelet."

    „Schon gut, Serena. Aber das ändert nichts an der Tatsache, dass Sheba sich in England nicht besser auskennt als Lucy. Eine Negerin ist gewiss nicht die richtige Begleitung für Ihre Nichte. Lucy braucht Sie, Serena. Wenn Sie das Mädchen zwingen, allein zu reisen, dann sind Sie meiner Meinung nach unnötig grausam zu ihm. Ich werde ein solches Vorhaben nicht unterstützen."

    Nachdem Lady Pendomer sich verabschiedet hatte, fühlte Miss Calvert sich seltsam verunsichert.

    Seit Jahren schon war sie daran gewöhnt, alle Entscheidungen allein zutreffen. Ihr kürzlich verstorbener Vater war zwar offiziell das Haupt der Familie gewesen, doch infolge seiner langen schweren Krankheit, hatte die gesamte Verantwortung für den Besitz auf Serena gelastet. Es war ihr manchmal nicht leicht gefallen, in wichtigen Angelegenheiten den richtigen Entschluss zu fassen. Doch stets war es ihr gelungen, schließlich den richtigen Weg einzuschlagen.

    Heute jedoch schien alles anders zu sein. Lady Pendomers Worte hatten Serena Calvert in einen tiefen Gewissenskonflikt gestürzt. Einerseits sah die junge Frau es als ihre Pflicht an, Anse Chatelet nicht zu verlassen. Denn jede kleinste Nachlässigkeit konnte dazu führen, dass der Besitz den Gläubigern zufiel. Andererseits war es von größter Bedeutung, dass Lucy nach London ging. War es da nicht tatsächlich Serenas Pflicht, das Mädchen zu begleiten? Würde Lucy sich – so wie die Gattin des Gouverneurs annahm – womöglich sogar weigern, ohne ihre Tante nach England zu reisen?

    Miss Calvert wusste nicht, was sie tun sollte. Unruhig schritt sie im Raum auf und ab. Ihre Nichte Lucy war beinahe achtzehn. Lange konnte die Fahrt nach London also nicht mehr aufgeschoben werden. Es war so wichtig, dass das Mädchen einen passenden Gatten fand!

    In diesem Moment stürzte Lucy ins Zimmer. „Tante Renie, rief sie, „Joshua und seine Freunde veranstalten am Strand einen Wettkampf. Den solltest du dir unbedingt anschauen. Komm schnell! Ungeduldig fasste das Mädchen nach Miss Calverts Hand.

    „Nicht so wild, Lucy! So warte doch! Ich habe etwas Wichtiges mit dir zu besprechen. Und wie oft soll ich dir noch sagen, dass du mich …"

    „Tante Serena nennen sollst!", vollendete Lucy den Satz.

    Miss Calvert runzelte vorwurfsvoll die Stirn. Aber das Mädchen lachte nur. „Ich möchte wetten, dass Lady Pendomer dich besucht hat, Tante Renie."

    „Ja. Und es wäre schön gewesen, wenn du die Zeit gefunden hättest, sie zu begrüßen."

    „Ich wusste ja nichts von ihrem Besuch. Sag mal, warum bist du eigentlich immer so ernst, wenn sie hier war? Komm, vergiss sie einfach und begleite mich zum Strand …"

    „Lucy, fiel Serena Calvert ihrer Nichte ins Wort, „du benimmst dich wie ein Kind! In deinem Alter könntest du wirklich ein bisschen vernünftiger sein. Ich habe mich immer bemüht, das zu tun, was das Beste für dich ist, und …

    „Liebe Tante Renie! Das Mädchen schloss Miss Calvert in die Arme. „Was machst du denn für ein Gesicht? Hat Lady Pendomer dich irgendwie gekränkt?

    „Natürlich nicht! Außerdem geht es jetzt nicht um mich, sondern um dich. Es ist an der Zeit, ernsthaft über deine Zukunft nachzudenken. Ich bin der Ansicht, dass du nach London gehen solltest, um dort in die Gesellschaft eingeführt zu werden."

    Lucy ließ sich auf den nächstbesten Stuhl sinken. „Nach London?, stammelte sie. „Das können wir uns doch gar nicht leisten …

    „Doch, vorausgesetzt, dass wir das Cardoman-Collier verkaufen."

    „Du willst das Collier verkaufen? Es ist doch ein Familienerbstück!"

    Miss Calverts Stimme klang unschuldig, als sie sagte: „Pardon, Lucy, ich hatte angenommen, das Schmuckstück gefiele dir nicht. Aber wenn du es behalten möchtest, dann werde ich es selbstverständlich …"

    „Mir liegt nichts an dem hässlichen Ding!, rief Lucy aus. „Aber es befindet sich seit über einhundertfünfzig Jahren im Familienbesitz.

    „Viel zu lange, findest du nicht?, meinte Serena Calvert mit einem Lächeln. „Dein Großvater trug sich mit dem Gedanken, es zu veräußern. Aber er starb, ehe er seinen Plan in die Tat umsetzen konnte. Das Collier könnte uns eine hübsche Summe einbringen, eine Summe, die beinahe ausreichen würde, um deine Saison in London zu finanzieren.

    Das Mädchen hatte nachdenklich die Stirn gerunzelt. „Der Schmuck gehört dir. Es erscheint mir nicht richtig, dass du ihn meinetwegen verkaufst."

    „Unsinn, Lucy. Das Collier hat mir nie etwas bedeutet. Es macht mir nichts aus, mich von ihm zu trennen, zumal wenn der Erlös für eine gute Sache verwandt wird." Liebevoll lächelte Miss Calvert ihre Nichte an.

    Einen Moment noch zögerte Lucy. Dann fiel sie ihrer Tante um den Hals. „Wie lieb du bist, Tante Renie! England, oh

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