Das Mädchen von Treppi
Von Paul Heyse
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Über dieses E-Book
Die Novelle wurde ins Italienische (La franciulla di Treppi, 1863), Dänische (Pigen fra Treppi, 1873), Englische (The Maid of Treppi, 1891) und Holländische (1964) übertragen.
Politische Gegner hatten den Advokaten Filippo Mannini aus Florenz vertrieben. Sein weiteres politisches Wirken von Bologna aus war dem Gegner ein Dorn im Auge geblieben. Bei seiner Ehre gepackt, hatte sich Filippo zu einem Duell – ausgerechnet mit einem Meisterschützen – in Pistoja hinreißen lassen. Schmuggler hatten den Advokaten zunächst von Poretta aus in das schwer zugängliche toskanische Bergdorf Treppi gebracht.
Der schwierige Abstieg vom Apennin nach Pistoja stand für den nächsten Morgen bevor.
In Treppi übernachtet Filippo im Haus der 22-jährigen Jungfrau Fenice Cattaneo. Beide sind überrascht. Sieben Jahre zuvor hatte Filippo das Hirtendorf aufgesucht und dabei Fenice kennen- und lieben gelernt.
Während Filippo nur sein politisches Ränkespiel im Kopf hat, also von Frauen nichts wissen will, hat Fenice jahrelang auf Filippo gewartet und allen Freiern einen Korb gegeben. Als Fenice von dem bevorstehenden Duell unten in Pistoja erfährt und Filippo sich ostentativ von ihr abwendet, schreitet die Lebensretterin zur Tat. Während Filippos Nachtruhe entlohnt sie die Schmuggler und schickt diese fort.
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Buchvorschau
Das Mädchen von Treppi - Paul Heyse
Novelle
(1855)
Auf der Höhe des Apennin, wo er sich zwischen Toskana und dem nördlichen Teil des Kirchenstaats hinzieht, liegt ein einsames Hirtendorf, Treppi genannt. Die Pfade, die hinaufführen, sind für Wagen unzugänglich. Viele Stunden weiter nach Süden in großem Umweg überschreitet die Straße der Posten und Vetturine* das Gebirge. Treppi vorüber ziehen nur Bauern, die mit den Hirten zu handeln haben, selten ein Maler oder ein landstraßenscheuer Fußwanderer, und in den Nächten die Schmuggler mit ihren Saumtieren, die das öde Dorf, wo sie kurze Rast machen, auf noch viel rauheren Felswegen zu erreichen wissen, als alle andern.
{ed. * Wagen}
Es war erst gegen die Mitte Oktobers, eine Zeit, wo die Nächte in dieser Höhe noch von großer Klarheit zu sein pflegen. Heute aber hatte sich nach dem sonnenheißen Tage ein feiner Nebel aus den Schluchten heraufgewälzt und breitete sich langsam über die edelgeformten nackten Felszüge des Hochlandes. Es mochte gegen neun Uhr abends sein. In den zerstreuten niedrigen Steinhütten, die über Tag nur von den ältesten Weibern und jüngsten Kindern bewacht werden, glommen nur noch schwache Feuerscheine. Um die Herde, über denen die großen Kessel wankten, lagen die Hirten mit ihren Familien und schliefen; die Hunde hatten sich in die Asche gestreckt; eine schlaflose Großmutter saß wohl noch auf einem Haufen Felle und bewegte mechanisch die Spindel hin und her, Gebete murmelnd, oder ein unruhig schlafendes Kind im Korbe schaukelnd. Die Nachtluft zog feucht und herbstlich durch die handgroßen Lücken in der Mauer, und der Rauch der ruhig ausbrennenden Herdflamme, der jetzt vom Nebel gedrängt wurde, schlug schwerfällig zurück und floß an der Decke der Hütte hin, ohne daß es der Alten beschwerlich ward. Hernach schlief auch sie mit offenen Augen, soviel sie konnte.
Nur in einem Hause war noch Bewegung. Es hatte auch nur ein Stockwerk wie die andern; aber die Steine waren besser gefugt, die Tür breiter und höher, und an das weite Viereck, das die eigentliche Wohnung ausmachte, lehnten sich mancherlei Schuppen, angebaute Kammern, Ställe und ein gut gemauerter Backofen. Vor der Haustür stand ein Trupp beladener Pferde, denen ein Bursch eben die geleerten Krippen wegriß, während sechs bis sieben bewaffnete Männer aus dem Hause traten, in den Nebel hinaus, und eilig ihre Tiere rüsteten. Ein uralter Hund, der neben der Tür lag, bewegte nur leicht den Schweif, als sie aufbrachen. Dann erhob er sich müde von der Erde und ging langsam in das Innere der Hütte, wo das Feuer noch hell brannte. Am Herde stand seine Herrin, dem Feuer zugewendet, die stattliche Gestalt regungslos, die Arme an den Hüften herabhangend. Als der Hund mit der Schnauze sanft gegen ihre Hand rührte, wandte sie sich, als schrecke sie aus Träumen auf. Fuoco
, sagte sie, mein armes Tier, geh schlafen, du bist krank!
—Der Hund winselte und bewegte den Schweif dankbar. Dann kroch er auf ein altes Fell neben dem Herd und streckte sich hustend und winselnd nieder.
Indessen waren auch einige Knechte hereingekommen und hatten sich um den großen Tisch an die Schüssel gesetzt, welche die abziehenden Schmuggler soeben verlassen hatten. Eine alte Magd füllte sie aus dem großen Kessel von neuem mit Polenta, und setzte sich nun ebenfalls mit ihrem Löffel zu den andern. Während sie aßen, wurde kein Wort laut; die Flamme knisterte, der Hund stöhnte heiser aus dem Schlaf, das ernsthafte Mädchen saß auf den Steinplatten des Herdes, ließ das Schüsselchen mit der Polenta, das ihr die Magd besonders hingestellt hatte, unberührt und sah in der Halle umher, ohne Gedanken in sich versunken. Vor der Tür stand der Nebel jetzt schon wie eine weiße Wand. Aber zugleich ging der halbe Mond eben hinter dem Rand des Felsens in die Höhe.
Da kam es wie Hufschlag und Menschentritte die Straße herauf.—Pietro!
rief die junge Hausherrin mit ruhig erinnerndem Ton. Ein langer Bursch stand augenblicklich vom Tisch auf und verschwand im Nebel.
Man hörte jetzt die Schritte und Stimmen näher, endlich hielt das Pferd am Hause. Noch eine Weile, dann erschienen drei Männer unter der Tür und traten