Erwarte das Unerwartete: 10 Lektionen zu Ehrlichkeit und positivem Denken
Von Anthony Fauci
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Buchvorschau
Erwarte das Unerwartete - Anthony Fauci
VOR ALLEM:
SEI
EINFÜHLSAM
ICH VERSUCHE IMMER,
DAS POSITIVE IM MENSCHEN ZU
SEHEN. DAS FUNKTIONIERT NICHT
BEI JEDEM, ABER EINES MEINER
LEITPRINZIPIEN IST EMPATHIE.
GIB DEN MENSCHEN VORRANG
Für einen Arzt ist es ebenso wichtig, das Wesen des Menschen zu kennen wie seine Physiologie. Das Wichtigste bei der Behandlung eines Patienten ist, sich um den Patienten zu kümmern. Man muss sich wirklich um ihn als Individuum kümmern – nicht als Nummer oder Rechnungsempfänger oder nur als einen von vielen Menschen.
ES GIBT KEINE ABSTUFUNG IN BEZUG AUF DEN WERT VERSCHIEDENER MENSCHEN.
FOKUSSIERE DICH AUF DAS MITGEFÜHL
Es ist wichtig, mit dem Patienten mitzufühlen und ihn zu verstehen. Als Arzt oder anderer Gesundheitsdienstleister muss man sich voll und ganz für diese Person einsetzen und eine Beziehung aufbauen, die auf Sensibilität, Trost, Anteilnahme, Beruhigung und Respekt beruht.
Anthony Fauci war fast fünf Jahre alt, als die Vereinigten Staaten 1945 über den japanischen Städten Hiroshima und Nagasaki Atombomben zündeten, die entsetzliche Schäden und Opfer zur Folge hatten und die Kapitulation Japans vor den Alliierten beschleunigten.
Es war ein denkwürdiger Augenblick, als ich meine Mutter die New York Daily News lesen sah, mit dem großen Bild von der Verwüstung in Hiroshima auf der Titelseite. Als Kind spielte ich Krieg, dabei waren die GIs die Guten und die Japaner die Bösen. Und als ich die Zerstörung in Japan sah, dachte ich: »Wow, hey, das ist großartig!«
Aber etwas an meiner Mutter irritierte mich – zuerst. Dann wurde mir klar, dass sie – ungeachtet der Tatsache, dass diese Leute »der Feind« waren – ein tiefes Mitgefühl hatte für das, was sie durchmachten.
Damals konnte ich das nicht verstehen. Ich dachte: »Es gibt Gute und Böse. Wie kann man bei den Bösen mitfühlen?« Aber es prägte sich mir tief ein, und noch viele Jahrzehnte später kann ich mich an diese Szene in unserem Wohnzimmer in Brooklyn erinnern. Ich sehe meine Mutter auf der Couch in die Zeitung blicken und schaue dabei über ihre Knie. Sie war wirklich traurig.
Das war ein entscheidender Moment: Ich verstand, dass man für Menschen Mitgefühl empfinden kann, die ganz anders sind als man selbst – sogar für Leute, die offiziell Feinde sein mögen, die versuchen, dich zu töten, oder du sie. Ich sah, dass man ihnen gegenüber immer noch Menschlichkeit bewahren kann.
UM EIN GUTER ARZT ZU SEIN, MUSS MAN NATÜRLICH WISSEN, WAS MAN TUT. MAN MUSS EINE GUTE AUSBILDUNG UND EIN GEWISSES TALENT HABEN. MAN DARF KEIN TROTTEL SEIN. MAN SOLLTE SO DEMÜTIG UND AUCH BESCHEIDEN SEIN, UM ZU WISSEN, DASS MAN IMMER WEITERLERNEN UND IN SEINEM FACH AUF DEM LAUFENDEN BLEIBEN MUSS. MAN BRAUCHT EIN GUTES URTEILSVERMÖGEN.
SEI TOLERANT
Als Aids ausbrach, war Homophobie allgegenwärtig. Da ich die meiste Zeit mit kranken schwulen Männern verbrachte, sah ich die Homophobie in der Gesellschaft und – weil ich als ihr Arzt mit ihnen verbunden war – stand auf der