Sechzig Meilen bis zum Galgen: G.F. Barner 236 – Western
Von G.F. Barner
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Über dieses E-Book
G. F. Barner ist legendär wie kaum ein anderer. Seine Vita zeichnet einen imposanten Erfolgsweg, wie er nur selten beschritten wurde. Als Western-Autor wurde er eine Institution. G. F. Barner wurde als Naturtalent entdeckt und dann als Schriftsteller berühmt. Seine Leser schwärmen von Romanen wie "Torlans letzter Ritt", "Sturm über Montana" und ganz besonders "Revolver-Jane". Der Western war für ihn ein Lebenselixier, und doch besitzt er auch in anderen Genres bemerkenswerte Popularität.
Es würde ein leichtes Geschäft werden. Die Ranchmannschaften sind alle unterwegs nach Süden, um das Vieh zur Bahn zu treiben. Folglich wird kaum jemand zu Hause sein, wenn sie ihre Besuche machen. In der Mitte reitet Bruce, der Mann, der am besten denken kann, der die Befehle gibt und Pläne macht. Links neben Bruce hockt James im Sattel. Der Bursche sieht aus, als käme er gerade von einer Beerdigung. Er trägt seinen Revolver links und hat die Hand immer in der Nähe des Kolbens. Er ist ohne Zweifel der schnellste Mann dieses Rudels. Neben James, ganz außen, reitet Lispy. Er heißt eigentlich ganz anders, aber er lispelt und stottert. Darum hat er seinen Namen bekommen, seinen richtigen kennt er kaum noch. Lispy ist der Spaßvogel dieses Vereins. Rechts neben Bruce reitet Phil Dorrey. Er ist dick, nicht gerade klein, und wirkt die meiste Zeit mürrisch. Ganz rechts hängt Sid McDewey auf seinem Pferd und hat wie immer die Lippen zusammengekniffen. McDewey ist ein völlig egoistischer Bursche, finster und undurchschaubar. Sie haben noch dreißig Meilen zu reiten. Es ist Mittag. Vor dem späten Abend werden sie nicht an jenem Platz sein, an dem sie ein Geschäft machen wollen. Man könnte zu diesem Geschäft auch Überfall sagen, oder Raub, Diebstahl, aber sie reden immer nur von ihrem Geschäft.
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Sechzig Meilen bis zum Galgen - G.F. Barner
G.F. Barner
– 236 –
Sechzig Meilen bis zum Galgen
G.F. Barner
Es würde ein leichtes Geschäft werden. Die Ranchmannschaften sind alle unterwegs nach Süden, um das Vieh zur Bahn zu treiben. Folglich wird kaum jemand zu Hause sein, wenn sie ihre Besuche machen.
In der Mitte reitet Bruce, der Mann, der am besten denken kann, der die Befehle gibt und Pläne macht. Links neben Bruce hockt James im Sattel. Der Bursche sieht aus, als käme er gerade von einer Beerdigung. Er trägt seinen Revolver links und hat die Hand immer in der Nähe des Kolbens. Er ist ohne Zweifel der schnellste Mann dieses Rudels.
Neben James, ganz außen, reitet Lispy. Er heißt eigentlich ganz anders, aber er lispelt und stottert. Darum hat er seinen Namen bekommen, seinen richtigen kennt er kaum noch. Lispy ist der Spaßvogel dieses Vereins.
Rechts neben Bruce reitet Phil Dorrey. Er ist dick, nicht gerade klein, und wirkt die meiste Zeit mürrisch. Ganz rechts hängt Sid McDewey auf seinem Pferd und hat wie immer die Lippen zusammengekniffen. McDewey ist ein völlig egoistischer Bursche, finster und undurchschaubar.
Sie haben noch dreißig Meilen zu reiten. Es ist Mittag. Vor dem späten Abend werden sie nicht an jenem Platz sein, an dem sie ein Geschäft machen wollen. Man könnte zu diesem Geschäft auch Überfall sagen, oder Raub, Diebstahl, aber sie reden immer nur von ihrem Geschäft.
Sie kommen nun aus dem Buschgelände, halten auf den Fluss zu und reden wenig. Nur Lispy, der leicht schwitzt und bei der Hitze dieses Maitages geradezu austrocknet, sagt stotternd und lispelnd: »Bruce, la – lass uns ma – mal zum Fluss – Fluss reiten. Ich mu – muss mein He – Hemd wa – waschen.«
»Warum musst du verdammter Narr auch nur eins mitnehmen!«, zischt Dorrey, dem die Hitze ebenfalls zu schaffen macht. »Du bist ein fauler Hund. Wenn Faulheit stinken würde, dann könnte es keiner von uns neben dir aushalten. Nimmt nur ein Hemd mit, weil er zu faul gewesen ist, seine dreckigen Sachen zu waschen.«
»Zu fli – flicken«, erwidert Lispy. »Alle haben Lö – Löcher.«
James, der seine Augen überall hat, obwohl er immer zu schlafen scheint, sagt kurz und knapp: »Da ist ein Pferd ohne Reiter, Bruce. Links von uns.«
Dicht an der Schlucht stehen ein paar Büsche, hinter ihnen sehen sie nun das Pferd und halten verwundert an. In dieser Wildnis, in die sich höchstens ein Jäger verirrt, steht ein gesatteltes Pferd. Das Gewehr ragt mit dem Kolben über den Sattel, hinter dem ein dicker Packen aufgeschnallt ist.
»Was ist denn das?«, fragt McDewey überrascht. »He, wie kommt hier ein Gaul her? Ich werde verrückt. Liegt da einer neben dem Pferd?«
»Ich sehe keinen«, antwortet James. »Da links ist eine Spur. Der Gaul ist angebunden.«
»Siehst du das wirklich?«, fragt der ewig misstrauische Dorrey staunend. »Aber wo ist sein Reiter, he?«
»Das werden wir gleich wissen«, sagt Bruce und winkt Lispy heran. »Lispy, komm, wir wollen mal nachsehen.«
Das Gras dämpft den Hufschlag, als sie weiterreiten. Die anderen Drei kommen ein Stück nach, halten dann und sehen Bruce und Lispy absteigen.
Lispy schielt auf den dicken Packen, sieht Bruce an und fragt stotternd: »Wa – was mag wo – wohl da drin sein, Bruce?«
»Weiß ich das?«, knurrt Bruce.
»Und we – wenn er Geld ha – hat.«
»Hör mal, was hast du wieder für krumme Gedanken?«
»Krumm – krumme nicht, aber – ob er ei – ein Hemd ha – hat?«
»Lispy, lass die Finger davon. Vielleicht liegt der da oben auf den Felsen vor der Biegung und schießt, wenn er dich an den Packen gehen sieht.«
»Wi – will ja blo – bloß mal na – nachsehen.«
»Lass es, sage ich!«
Lispy zuckt zusammen, bleibt stehen und hebt die Hand. Links neben dem Pferd dicht am Rand der Schlucht, durch die der Fluss braust, liegen Stiefel, eine Hose, ein Hemd, ein Hut und Socken.
Als Bruce die Sachen dort liegen sieht, winkt er mit der Hand Lispy zu, sich zu ducken. Er sagt nichts, bückt sich und legt sich schließlich dicht vor der Kante hin. So schiebt er sich auf die Kante zu, linst durch das Gras nach unten und sieht Lispy wie einen Schatten neben sich auftauchen.
Im nächsten Moment, das Plätschern der Wellen ist zu hören, sehen sie den Mann unten. Er hat blondes Haar, mag so groß wie Lispy sein, und schwimmt gerade auf das jenseitige Ufer des Flusses zu. Anschließend hat er überhaupt nicht damit gerechnet, dass ihn jemand beobachten könnte, denn er hat nichts an.
»Der ba – badet«, sagt Lispy stotternd. »Sch – schämt der si – sich nicht? Er ba – badet ohne Hose, Bruce?«
»Was willst du?«, fragt Bruce und rutscht zurück, denn der Mann kann nicht vor fünf Minuten wieder hier sein, selbst wenn er in diesem Augenblick umdrehen würde. Die Strömung ist scharf, der Fluss beinahe 100 Yards breit und der Hang steil. Er muss wohl gedacht haben, dass hinter der Biegung noch mehr Felsen kämen und ein Abstieg dort unmöglich sei.
»Bruce – ich ha – hab doch kei – kein Hemd, Mann!«
»Kommt nicht infrage. Wir wollen ein Geschäft machen, da können wir uns so was nicht leisten, ist dir das nicht klar? Wenn der uns folgt, was dann, he?«
»Kommt uns ni – nicht nach, Bru – Bruce. Ka – kann er au – auch so tun, wa – was? Sieht er un – unsere Fährte, dann wird er viel – vielleicht neu – neugierig, was?«
»Das ist gar nicht so verkehrt gedacht«, erwidert Bruce und richtet sich auf. »Also gut, sehen wir mal nach. Kein schlechtes Pferd, was?«
Er geht zum Pferd, schnallt den Packen ab, macht ihn auf und sieht etwas Proviant, zwei graue Hosen aus Cordstoff und vier rote Hemden.
»Alles ro – rote Hemden«, stellt Lispy fest. »Zwei sind sau – sauber. Die neh – nehme ich mir.«
Der Gaul, denkt Bruce und betrachtet das Pferd genauer, sieht nur gut aus, viel wert ist er nicht. Der Gaul taugt nichts, das ist ein Blender.
Lispy kichert, als er einen Geldbeutel findet. »Lei – Leichtsinn mu – muss be – bestraft werden«, stellt er kichernd fest. »Wer lä – lässt denn sei – sein Geld liegen, he? Bruce – sieh ma – mal her!«
»Mensch, das sind ja über dreißig Dollar«, sagt Bruce und streckt die Hand aus. »Gib her, Lispy.«
»Wa – was? Und ich?«
»Wir teilen, Lispy. Los, mach schon, lass ihm seinen Packen da. Klemm dir die beiden Hemden unter den Arm und wirf sein Gewehr hin.«
»Wo – wollte sie ja nu – nur mal a – ansehen«, sagt Lispy maulend. »Schön – schöne Uhr, ist wa – wahr. So – da liegt sie.«
Er legt sie hin, seufzt abgrundtief und bedauert, dass sie nur halbe Arbeit machen. Kaum aber hat er die Hemden und das Gewehr zu den anderen Sachen gelegt, führen sie das Pferd weg, als er daran denken muss, was er sagen würde, wenn er nach einem Bad heraufkäme und sein Gaul verschwunden wär.
»A – armer Hu – Hund«, sagt er vor sich hin. »Aber, wa – warum bist du lei – leichtsinnig, he? Dei – deine eigene Schuld, d-du Tro – Trottel.«
Er schwingt sich in den Sattel, stopft ein Hemd in seine Satteltasche, zieht sein durchschwitztes Hemd aus und das neue an.
Sie reiten mit dem Gaul jenes Fremden zu den anderen zurück.
»Da«, sagt Bruce knapp und hebt den Beutel hoch. »Über dreißig Dollar hat er gehabt.«
James, der nie viel sagt und manchmal für einen Dieb und Gauner seltsame Ansichten äußert, sieht ihn an und runzelt seine Stirn. Jetzt wirkt er noch düsterer. Er sieht aus, als käme er von seiner eigenen Beerdigung.
»Bruce, lass ihm wenigstens zehn Dollar.«
»Was, bist du verrückt?«, fragt Bruce verstört. »Weshalb denn? Wenn er so dumm ist und lässt alles oben liegen, dann muss er dafür bestraft werden. Noch mal lässt der seine Sachen nicht zurück, wetten?«
»Hör mal, Bruce, er hat kein Pferd und kein Geld mehr. Nimm ihm doch wenigstens nicht alles Geld weg.«
»Sieh mal an«, stichelt McDewey spitzzüngig. »Er hat es wieder mal mit der Moral, der gute James. Was denkst du? Würde dir das passiert sein, machte sich auch keiner Gedanken um dein Geld, sondern steckte es schön ein.«
»Halt die Klappe, Sid!«, knurrt James scharf. »Ich will das nicht, fertig. Bruce, sei mal anständig. Ich verzichte auf meinen Anteil von zehn Dollar an unserem Geschäft, klar?«
»Du hast Vögel unter dem Hut, was?«, sagt Dorrey. »Wegen eines Fremden