Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Verhaltenstherapiemanual – Erwachsene
Verhaltenstherapiemanual – Erwachsene
Verhaltenstherapiemanual – Erwachsene
eBook1.629 Seiten13 Stunden

Verhaltenstherapiemanual – Erwachsene

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

In diesem Psychotherapiemanual finden Psychotherapeuten (1) allgemeine Grundlagen verhaltenstherapeutischen Arbeitens, (2) Einzelverfahren, Methoden und Behandlungspläne – detailliert und anwendungsbezogen, (3) Hilfen, um zu lernen, wie man Verhaltenstherapie konkret umsetzt, (4) Grundlagen für Supervision und Qualitätssicherung in der Verhaltenstherapie. Bewährt für den Einstieg und als Nachschlagewerk – praxisnäher geht es nicht! 

Geschrieben für Psychologische Psychotherapeuten, Ärztliche Psychotherapeuten, Psychiater, Psychosomatische Mediziner,  Aus- und Weiterbildungskandidaten, Studierende, allgemein Interessierte. 

Aus dem Inhalt: 

68 psycho- und verhaltenstherapeutische Methoden. 21 Einzel- und Gruppentherapieprogramme. 25 Behandlungsanleitungen für psychische und psychosomatische Störungen. Mit einheitlichem Kapitelaufbau. Indikationsstellung, technisches Vorgehen, Nebenwirkungen und Kontraindikationen, weiterführendeLiteratur. 

Die Herausgeber: 

Prof. Michael Linden, Charité Universitätsmedizin Berlin. Prof. Martin Hautzinger, Eberhard Karls Universität Tübingen.

SpracheDeutsch
HerausgeberSpringer
Erscheinungsdatum28. Okt. 2021
ISBN9783662622988
Verhaltenstherapiemanual – Erwachsene

Ähnlich wie Verhaltenstherapiemanual – Erwachsene

Ähnliche E-Books

Psychologie für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Rezensionen für Verhaltenstherapiemanual – Erwachsene

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Verhaltenstherapiemanual – Erwachsene - Michael Linden

    Teil IGrundlagen

    © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2022

    M. Linden, M. Hautzinger (Hrsg.)Verhaltenstherapiemanual – ErwachsenePsychotherapie: Praxishttps://doi.org/10.1007/978-3-662-62298-8_1

    1. Klinische und verhaltenstherapeutische Diagnostik

    Martin Hautzinger¹   und Michael Linden²  

    (1)

    Fachbereich Psychologie Klinische Psychologie und Psychotherapie, Universität Tübingen, Tübingen, Deutschland

    (2)

    Charité Universitätsmedizin Berlin, Forschungsgruppe Psychosomatische Rehabilitation, Berlin, Deutschland

    Martin Hautzinger (Korrespondenzautor)

    Email: hautzinger@uni-tuebingen.de

    Michael Linden

    Email: michael.linden@charite.de

    1.1 Allgemeine Beschreibung

    Ziel der Diagnostik ist die Sammlung von Informationen über einen Patienten und seine Lebensumstände, um zu klären, ob ein behandlungsbedürftiger Zustand vorliegt, welche Therapieansätze gegeben sind und wie der Therapieverlauf ist. Die Diagnostik psychischer Störungen orientiert sich an der „Internationalen Statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme (ICD) wie auch an der „Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF), entsprechend einem biopsychosozialen Krankheitskonzept. In der Verhaltenstherapie ist zusätzlich eine funktionale Diagnostik, indikationsorientierte Diagnostik, Verlaufs- und Prozessdiagnostik und evaluative Diagnostik durchzuführen.

    In jeder Therapiephase erfüllt die Diagnostik unterschiedliche Aufgaben:

    Vor Beginn der Therapie geht es um die Erfassung der Ausgangslage des Patienten, um die Beschreibung der Symptomatik, die differenzialdiagnostische Einordnung der vorliegenden Störung, die Erarbeitung von Modellen zur Genese und Aufrechterhaltung der Symptomatik (funktionale Analyse) und die therapeutische Fallkonzeptualisierung mit Auswahl der therapeutischen Problem- und Zielbereiche und Interventionsansätze sowie um die Abschätzung der Veränderbarkeit der Symptomatik und der Prognose der Therapie.

    Während der Behandlung dient die Diagnostik der Beschreibung der Entwicklung der Therapie und damit der Qualitäts- und Prozesskontrolle sowie der Therapiesteuerung. Von Bedeutung ist auch, dass die Psychodiagnostik immer auch eine therapeutische Funktion hat, indem der Patient in den diagnostischen Prozess mit einbezogen wird und sich dabei auch selbst besser verstehen lernt.

    Nach Abschluss der Behandlung dient die Diagnostik der Beurteilung des Erfolges und der Effektivität der Therapie.

    Neben diesen phasenspezifischen Aufgaben erfüllt die Diagnostik weitere Funktionen. Dazu gehören die Dokumentation des Behandlungsverlaufs, die Unterstützung der Supervision, die Kommunikation innerhalb und zwischen den Fachdisziplinen sowie die Planung der Nachbehandlungsphase.

    In der Diagnostik gilt grundsätzlich das Prinzip der Multimodalität. Zu berücksichtigen sind verschiedene

    Datenebenen (biologisch/somatisch, psychopathologisch/psychologisch, sozial, ökologisch),

    Datenquellen (befragte Person selbst, andere Personen, apparative Verfahren, Testdiagnostik, Leistungstest),

    Untersuchungsverfahren (Selbstbeobachtung, Fremdbeobachtung, Interview, Felderhebung, apparative Verfahren, inhaltsanalytische Verfahren).

    1.2 Indikation

    Verhaltenstherapie ist ohne ausführliche vorausgehende, fortlaufende und abschließende, zuverlässige und objektive Diagnostik undenkbar, unethisch, unverantwortlich und ein professionelles Fehlverhalten. In der Richtlinienpsychotherapie dienen die „probatorischen Sitzungen" der Eingangsdiagnostik mit biografischer Anamnese und auch Testuntersuchungen. Die Diagnostik ist jedoch kein einmaliger Akt, sondern erstreckt sich über den gesamten Verlauf der Psychotherapie.

    1.3 Nebenwirkungen und Kontraindikation

    Diagnostik ist grundsätzlich bei allen Störungen und über den gesamten Therapieverlauf indiziert. Eine unzureichende Diagnostik kann Probleme schaffen, indem daraus inadäquate therapeutische Konsequenzen abgeleitet werden oder erforderliche Maßnahmen unterbleiben (beispielsweise die Unterstützung bei Suizidalität).

    Je nach Art des diagnostischen Vorgehens kann es auch zu Problemen und Nebenwirkungen kommen:

    Patienten können sich examiniert, ausgehorcht, bedrängt und bloßgestellt fühlen.

    Die Analyse belastender Erfahrungen kann zu einem Wiedererleben traumatischer Situationen mit erheblicher psychischer Beeinträchtigung führen.

    Die theoriegeleitete Befragung nach Symptomen oder Lebenserfahrungen kann zur Problemaggravierung oder zur Induktion von „Paramnesien oder „false memories führen (man sieht die Beziehung zu den Eltern plötzlich in einem neuen und kritischen Licht, obwohl sich die Eltern ganz normal verhalten haben).

    1.4 Vorgehen und technische Durchführung

    1.4.1 Behandlungsanlass

    Als erstes ist nach dem Anlass zur Behandlungsaufnahme zu fragen. Patienten sagen, dass sie wegen Angstzuständen oder einer depressiven Verstimmung kommen. Dies ist jedoch keine ausreichende Antwort. Zu klären ist, warum der Patient vor vier Wochen zum Telefon gegriffen hat und nicht bereits vor einem Jahr oder in einigen Monaten. Patienten berichten dann situative Auslöser, die für die Fallbeurteilung von Bedeutung sind („Ich war beim Hausarzt, und der hat gesagt, ich soll hier anrufen, „Meine Frau hat gesagt, ich muss jetzt etwas tun, „Mir ging es im Januar so schlecht wie noch nie, weshalb ich dachte, etwas tun zu müssen"). Dies ist für das Verständnis des aktuellen Therapieauftrags von großer Bedeutung.

    1.4.2 Psychischer und psychopathologischer Befund

    Zu untersuchen ist, welche psychischen Auffälligkeiten und Funktionsstörungen nach ICF, d. h. welche Symptome vorliegen. Es gibt eine große Zahl von psychischen Beschwerden. Die folgende Übersicht listet die Gliederung des psychopathologischen Befundes auf, mit der Nennung von einigen ausgewählten dazugehörigen Symptomen. Ein Teil der Symptome ist vom Patienten zu erfragen, der größere Teil ist vom Untersucher durch Beobachtung festzustellen. In der Dokumentation des Befundes sollte daher immer geschrieben werden: „Der Patient sagt …, wir sehen …. Wenn ein Patient über schlechte oder depressive Stimmung klagt, dann ist es Aufgabe des Untersuchers, sich ein Urteil über die Emotionsqualität zu machen. Dies geschieht zum Einen, indem man den Patienten sein inneres Erleben schildern lässt, vor allem aber, indem man den Emotionsausdruck des Patienten beobachtet und beurteilt. Die Klage des Patienten, dass er „depressiv sei, kann sich dann in der Beurteilung des Untersuchers als „depressive Verstimmung erweisen, aber auch gegebenenfalls als Missmut, Trauer, Ärger, Unzufriedenheit, Niedergeschlagenheit, Lustlosigkeit, ausgeglichene Stimmung, gehobene Stimmung und vieles andere. Es gibt einige hundert Varianten schlechter Stimmung, die vom Patienten alle als „depressiv benannt und zusammengefasst werden können. Ein Psychotherapeut muss jedoch all diese Stimmungen und Stimmungsvarianten unterscheiden können, genauso wie ein Gärtner alle Blüten im Garten unterscheiden und benennen können muss.

    Psychopathologischer Befund

    Allgemeiner Eindruck/„first impression formation"

    (Individualstil, bizarr, verwahrlost, gepflegt usw.)

    Wachheit

    (Müdigkeit, Benommenheit, Sopor, Bewusstseinsverschiebung usw.)

    Orientierung

    (zeitliche, räumliche, personbezogene Orientierungsunschärfen)

    Gedächtnis

    (Störungen von Kurz- und Langzeitgedächtnis, Fehlerinnerungen, Intrusionen usw.)

    Konzentration

    (unfokussiert, verminderte Aufmerksamkeit, abschweifend usw.)

    Formales Denken

    (verlangsamt, beschleunigt, inkohärent, umständlich, Vorbeireden usw.)

    Inhaltliches Denken

    (Wahn, Wahneinfälle, automatische Gedanken, Schemata usw.)

    Ich-Störungen

    (Gedankeneingebung oder -ausbreitung, Depersonalisation usw.)

    Sinnestäuschungen

    (akustische, optische, haptische Halluzinationen, Derealisation, Flashback usw.)

    Zwänge und Befürchtungen

    (Sorgen, Angst, Phobie, Blaptophobie, Zwangshandlungen und -gedanken usw.)

    Affekt

    Affektmodulation: Affektlabilität, Affektinkontinenz, Affektinstabilität, Affekthyperexpressivität, Affekthypoexpressivität, Affektstarrheit, parathym usw.

    Affektqualitäten: (depressive Verstimmung, Vitalstörungen, schlechte Stimmung, Verzweiflung, Niedergeschlagenheit, Trauer, Missmut, Verbitterung, Hoffnungslosigkeit, und ca. 200 weitere Negativemotionen)

    Antrieb

    (gehemmt, verlangsamt, getrieben, unruhig usw.)

    Interaktionsverhalten

    (distanzlos, distanziert, zurückweisend, kooperativ usw.)

    Erleben

    (Krankheitsgefühl, Krankheitseinsicht, Lebensüberdruss und Suizidalität usw.)

    Psychophysiologische Störungen

    (vegetativ, muskulär, endokrin usw.)

    Neben der Beurteilung der Qualität der Symptome ist auch ein Urteil über die Schwere erforderlich, d. h., ab wann von einem krankheitswertigen Symptom zu sprechen ist. Wenn jemand berichtet, dass ihm das Gedränge im Kaufhaus unangenehm ist und ein Engegefühl verursacht, dann ist es Aufgabe des Untersuchers zu klären, ob dies bereits als pathologische Angstausprägung zu verstehen ist.

    Die syndromale Diagnostik kann ergänzt werden durch standardisierte Instrumente. Zur Erfassung der Ausprägung (Schweregrad) von Symptomen und Syndromen können standardisierte Selbst- und Fremdbeurteilungsverfahren eingesetzt werden. Es liegen zahlreiche bewährte und normierte störungsübergreifende oder störungsspezifische Instrumente vor (Hautzinger 2001; Grosse-Holtforth et al. 2009). Solche Syndromskalen listen in der Regel mehr oder weniger unspezifische Symptome auf. Ein vielverwendetes Instrument ist die „Symptom-Checkliste 90 (SCL-90)", die es auch in einer 10-Item-Version gibt. Diese Skalen erlauben eine Abschätzung der Schwere der aktuellen Störung, jedoch keine differenzialdiagnostische Entscheidung.

    1.4.3 Somatischer Befund

    Bei jeder psychischen Störung bedarf es immer auch einer Abklärung somatischer Faktoren (zentralnervöse, endokrinologische, immunologische, vegetative Indikatoren). Dies erfordert eine konsiliarische Zusammenarbeit mit dem Hausarzt bzw. Fachärzten und ggf. den Einsatz von labormedizinischen oder apparativen Verfahren.

    Psychotherapeuten sind mit verantwortlich dafür, dass diese Abklärung störungsspezifisch und fachgerecht durchgeführt wird. Wenn der Patient über Luftnot und Enge in der Brust klagt, dann muss ggf. eine kardiologische Abklärung erfolgen, wenn er über Hitzewallungen oder innere Unruhe berichtet, möglicherweise eine endokrinologische Untersuchung. Approbierte Therapeuten sind auch dann für die fachgerechte Diagnostik verantwortlich, wenn sie diese selbst nicht durchführen können oder dürfen. Aufträge zur konsiliarischen Klärung bedürfen also eines konkretisierten Untersuchungsauftrags, weil ansonsten der Psychotherapeut bei unzureichender Abklärung haftbar gemacht werden kann.

    1.4.4 Biografische Anamnese, spezielle Anamnese und Makroanalyse

    Es ist die Lebensgeschichte, d. h. die biografische Anamnese zu erheben. Wie sah die individuelle Entwicklung über die Lebensspanne aus? Dies beinhaltet, die Biografie seit der Geburt, über die frühe Kindheit, Schulzeit, Freunde, Verwandte bis zum aktuellen Zeitpunkt nachzuzeichnen. Patienten tun sich gelegentlich schwer, ihre Lebensgeschichte umfassend darzustellen, und beschränken sich in ihrem Bericht vielmehr auf bedeutsame oder kritische Lebensereignisse und Lebensphasen. Es ist eine Aufgabe des Untersuchers, sicherzustellen, dass er nicht nur einen Bericht über schwierige Zeiten bekommt, sondern auch über die sonstigen Lebenszeiten.

    Zur biografischen Anamnese gehören auch Informationen zum „sozialen Netz". Partner oder Freunde können erhebliche Belastungen mit sich bringen, aber auch soziale Unterstützung geben, im Sinne des Erlebens, geliebt, geachtet, anerkannt, umsorgt zu werden und Teil einer sozialen Gruppen zu sein. Das soziale Netz wird definiert als Anzahl der (regelmäßigen) sozialen (familiären, selbst erworbenen) Kontakte wie auch der Sozialkontakte, die bei Bedarf aktiviert werden können (z. B. Eltern, die man selten sieht, die aber in der Not zu Hilfe kommen).

    Viele biografische Gegebenheiten haben gleichzeitig negative wie positive Valenzen (s. Partner). Bei der Diagnostik sind sowohl Belastungen als immer auch Ressourcen zu beachten, d. h. Faktoren, die sich positiv auf den Patienten und seine Lebensführung auswirken.

    Wichtiger als die biografische Anamnese ist die spezielle Anamnese. Nachdem in der Befunderhebung geklärt wurde, unter welchen Symptomen und Beschwerden der Patient aktuell leidet, stellt sich die Frage, wann im Lebensverlauf zum ersten Mal psychische Auffälligkeiten erkennbar wurden, wann zum ersten Mal Hilfe gesucht und welche diagnostischen Schlussfolgerungen gezogen wurden, welche Therapien mit welchem Erfolg durchgeführt wurden. Es geht um eine Beschwerdenbeschreibung über die Lebensspanne hin. Dabei ist auch auf Änderungen der Symptomatik zu achten, sei es ein Symptomwechsel oder auch „freie Intervalle", in denen der Patient psychisch beschwerdefrei und unauffällig war. Zur speziellen Anamnese gehört auch die Familienanamnese , d. h. die Frage nach einschlägigen Erkrankungen bei Angehörigen ersten oder zweiten Grades.

    Im dritten Schritt erfolgt eine Verknüpfung von biografischen Ereignisse und psychischen Auffälligkeiten in der Makroanalyse . Lassen sich Muster erkennen, dass bestimmte psychische Auffälligkeiten im Kontext bestimmter biografischer Ereignisse aufgetreten sind? Belastende Ereignisse lassen sich hinsichtlich der Valenz, des Anpassungsaufwandes, der Intensität, der Vorhersehbarkeit, der Normativität und der Unabhängigkeit der Ereignisse unterscheiden. Belastende Lebensereignisse (z. B. Trennung, Verluste, Pflege von Angehörigen, Arbeitslosigkeit) können sowohl kurz- wie längerfristige Ereignisse sein, die eine erhebliche Neuorganisation im Verhalten und Erleben der Person erfordern und im Individuum emotionale Reaktionen hervorrufen. Traumata sind Lebensereignisse, in deren Folge ein Mensch kurzfristig von einem Moment zum anderen von einem gesunden zu einem kranken Zustand wechselt. Dies kann ein Unfallerleben oder eine Beleidigung sein. Die Qualität von Ereignissen definiert nicht, was ein Trauma ist (so ist ein Unfall nicht per se ein Trauma, auch dann nicht, wenn akute Lebensgefahr bestand).

    Bei der Erhebung der Anamnese muss der Untersucher sich stets des Problems der zustandsabhängigen Erinnerungsverfälschung („state-dependent memory, kognitive Triade usw.) bewusst sein. Gedächtnis ist immer ein Produkt des aktuellen psychischen Zustands. Wenn jemand positiver Stimmung ist, erinnert er sich leichter an Positives, und in schlechter Stimmung vorrangig an schlechte Erfahrungen. Dabei wird auch Negatives grundsätzlich besser erinnert als Positives. Dieses psychologische Grundparadigma der Gedächtnispsychologie gilt auch in der Psychotherapie. So wird die Biografie im Licht der aktuellen Befindlichkeit erinnert und gedeutet. Wer depressiv ist, wird seine Berufswahl negativ konnotieren, während derselbe Mensch in guten Zeiten mit seiner Berufswahl hoch zufrieden ist. Die Psychologie der kognitiven Triade oder des „state-dependent memory bedeutet für die Anamneseerhebung, dass Therapeuten sich bewusst sein müssen, dass alles, was Patienten historisch berichten, mehr über ihre aktuelle Befindlichkeit als über ihre Lebenserfahrungen sagt und daher im Licht ihres aktuellen Zustandes mit gebotener therapeutischer Distanz hinterfragt und geprüft werden muss.

    1.4.5 Fähigkeits- und Partizipationsdiagnostik

    Krankheitsfolgen betreffen nicht nur die unmittelbare Symptomatik, sondern auch Fähigkeiten , die für die Lebensbewältigung benötigt werden, und damit auch die Teilhabe am sozialen oder beruflichen Leben. In der Verhaltenstherapie spricht man von „Copingfähigkeiten. Diese ganzheitliche oder biopsychosoziale Erfassung von Krankheiten entspricht den Vorgaben der „Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF). Fähigkeiten, die insbesondere durch psychische Störungen beeinträchtigt werden können, werden landläufig als „Soft Skills" bezeichnet. In der folgenden Übersicht sind die Fähigkeitsgruppen aufgelistet, die bei der Diagnostik psychischer Störungen systematisch zu erfassen sind.

    Fähigkeitsdimensionen, die bei psychischen Störungen beeinträchtigt sein können (Mini-ICF-APP)

    Anpassung an Regeln und Routinen

    Planung und Strukturierung von Aufgaben

    Flexibilität und Umstellungsfähigkeit

    Kompetenz- und Wissensanwendung

    Entscheidungs- und Urteilsfähigkeit

    Proaktivität und Spontanaktivitäten

    Widerstands- und Durchhaltefähigkeit

    Selbstbehauptungsfähigkeit

    Konversation und Kontaktfähigkeit zu Dritten

    Gruppenfähigkeit

    Fähigkeit zu engen dyadischen Beziehungen

    Fähigkeit zur Selbstpflege und Selbstversorgung

    Mobilität und Verkehrsfähigkeit

    Im nächsten Schritt ist dann nach der „Partizipation oder „Teilhabe bzw. nach der „sozialen Anpassung zu fragen. Dazu ist nach den Vorgaben der ICF zunächst der Kontext zu bestimmen, in dem bestimmte Fähigkeiten benötigt werden. In der Schule oder im Berufsleben ist das eine Selbstverständlichkeit. Wenn die Rechenfähigkeit eines Schülers hinreicht, um mit Stolpern bis 100 zu zählen, dann ist das in der ersten Klasse eine unbeeinträchtigte, wenn nicht gar hervorragende Rechenfähigkeit, während es in der zwölften Klasse Hinweis auf eine schwere Dyskalkulie wäre. Analog gilt, dass die Anforderungen an die soziale Kompetenz bei einem Maurer völlig anders sind als bei einem Lehrer. Es geht um den „Personen-Environment-Fit. Von einer unbeeinträchtigten Fähigkeit ist auszugehen, wenn die Person alle in einem bestimmten Kontext geforderten Aktivitäten problemlos ausüben kann. Eine geringe Einschränkung liegt vor, wenn dies nicht ganz optimal gelingt, eine deutliche Einschränkung, wenn der Betroffene deshalb in Probleme gerät, eine ausgeprägte Einschränkung, wenn er Hilfe benötigt, und eine schwere Einschränkung, wenn eine Aktivitätsausübung nicht mehr möglich ist. Ein Instrument zur Erfassung von kontextadjustierten Fähigkeitsbeeinträchtigungen ist das Mini-ICF-APP (Linden et al. 2014).

    Die Diagnostik darf sich nicht nur auf negative Aspekte beschränken, sondern muss auch Fähigkeitsstärken mit berücksichtigen, d. h. Ressourcen. So ist es wichtig, nicht nur festzustellen, dass jemand Probleme in der sozialen Kompetenz hat, sondern auch, dass er ein verlässlicher und sorgfältiger Mensch ist. Man spricht vom „positiven Leistungsbild".

    1.4.6 Mikroanalyse

    Eine unverzichtbare Voraussetzung für die Behandlungsplanung in der Verhaltenstherapie ist die Entwicklung eines Störungsmodells bzw. einer Fallkonzeption. Dies beinhaltet die Erarbeitung eines individuellen Erklärungsmodells zur Entstehung und Aufrechterhaltung der vorliegenden Störung, woraus das therapeutische Vorgehen (Ziele, Interventionen) abgeleitet wird. Die vorbeschriebene Makro-Verhaltensanalyse erarbeitet Hypothesen zu funktionalen Zusammenhängen des Problemverhaltens.

    Die tatsächlich verhaltenssteuernden Prozesse werden in der Mikro-Verhaltensanalyse erarbeitet und geprüft. Die Erinnerung an elterliches Erziehungsverhalten oder Regeln kann nicht sagen, ob das heute noch verhaltenssteuernd ist. Entscheidend sind z. B. aktuelle automatische Gedanken mit daran geknüpften beobachtbaren, motorischen, interaktiven, physiologischen, affektiven und kognitiven Prozessen, eingebettet in Antezedenzien und Konsequenzen (Abb. 1.1). Das aus dieser Analyse abgeleitete Erklärungsmodell kann dann in Verhaltensexperimenten auf seine Vorhersagekraft überprüft werden. Darauf aufbauend wird dann der Behandlungsplan entwickelt.

    ../images/7951_9_De_1_Chapter/7951_9_De_1_Fig1_HTML.png

    Abb. 1.1

    Mikroanalyse

    1.4.7 Differenzialdiagnostik

    Psychotherapie ist eine „Therapie" und daher abzugrenzen von psychologischen Hilfen sonstiger Art wie Paar- oder Erziehungsberatung, Selbstsicherheitstraining und Coaching im Beruf oder Interventionen zur Selbstfindung und -verwirklichung. Psychotherapie ist zudem nebenwirkungsbelastet und daher nur bei Vorliegen einer Krankheit ethisch erlaubt. Hinzu kommt, dass die Krankenversicherungen nur Krankenbehandlungen und keine Lebenshilfe bezahlen wollen.

    Gesundes Leiden

    Der erste Schritt der Differenzialdiagnostik muss daher sein zu klären, ob von einer krankheitswertigen Störung ausgegangen werden kann. Es gibt guten Grund zu der Annahme, dass in der Routinepsychotherapie etwa 10 % der Vorsprechenden nicht krank sind. Ein Kind mit Schulproblemen ist nicht krank, auch wenn die akademischen Eltern darüber verzweifelt sind und das Kind zum Psychotherapeuten bringen. Schlafstörungen und schlechte Stimmung bei Ehekrisen sind nicht krank, auch wenn sie sich länger hinziehen. Belastende Sorgen um das Wohlergehen der Kinder sind keine Generalisierte Angststörung. Trauer nach einem Todesfall ist normal. Man spricht von „gesundem Leiden". Das ist ein unabwendbarer Teil der menschlichen Existenz. Ansonsten müssten bei jedem Familienanwalt, Beerdigungsinstitut oder onkologischen Behandlungszentrum gleich mehrere Psychotherapeuten installiert werden.

    Es besteht die Gefahr, dass hilfesuchende gesunde Menschen aus Abrechnungsgründen mit einer Diagnose „gelabelt werden. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass falsche Diagnosen erhebliche Nebenwirkungen haben können. Es werden auf dieser Basis dann unnötige und ggf. schädliche Therapiemaßnahmen durchgeführt. Diagnosen können zu einer Aggravierung von Lebensproblemen führen, wenn aus einer Ehekrise eine „Depression wird. Sie unterminieren Selbsthilfekräfte und führen zu einer Unterwerfung unter „Experten. Wer mit Liebeskummer Hilfe bei einem Psychotherapeuten sucht und die Diagnose Depression „angehängt bekommt, muss mit Problemen beim Abschluss von Versicherungen oder bei einer Verbeamtung rechnen, da Diagnosenummern nie mehr aus dem Computer verschwinden.

    Psychotherapeuten müssen daher Menschen mit gesundem Leiden vor unangebrachten Diagnosen schützen. So wie es diagnostische Kriterien für Krankheiten gibt, so gibt es auch diagnostische Kriterien für die „Diagnose Gesundheit" (s. folgende Übersicht).

    Diagnostische Kriterien für die Diagnose „Gesundheit"

    Fehlen psychopathologischer Symptome

    Lustlosigkeit ist keine Krankheit.

    Steuerbarkeit

    Trauer kann jederzeit durch Lächeln gegenüber einem Kind unterbrochen werden.

    Dauer

    Gute Stimmung, wenn man bei guten Freunden ist, und schlechte Stimmung bei der Arbeit ist keine Krankheit.

    Kontextbezug

    Wer nachts nicht durch dunkle Straßen geht, hat keine Angststörung.

    Angemessenheit der Art und Intensität der Reaktion

    Verzweiflung oder Einschlafstörungen bei Eheproblemen sind keine Krankheit.

    Individualnorm und Anspruchsniveau

    Wenn ein weniger intelligentes Kind trotz der Wünsche der Eltern auf dem Gymnasium versagt, ist das keine Krankheit.

    Gesellschaftliche Norm

    „Hysterische" Ausbrüche von Menschen aus dem Nahen Osten bei einer Beerdigung sind keine Krankheit.

    Ich-Syntonie (statt Ich-Dystonie bzw. Objekthaftigkeit)

    Wiederholter Schuhkauf oder Kaufhausdiebstahl sind Besitzgier und keine Krankheit.

    Leistungsfähigkeit

    Minderleistung bei Lustlosigkeit und fehlende „Willensanspannung" sind keine Krankheit.

    Es ist legitim, dass Menschen mit Belastungen und Lebensproblemen professionelle Hilfe suchen. Die probatorischen Sitzungen vor Einleitung einer Psychotherapie ermöglichen eine Abklärung. Als Abrechnungscodes stehen die „Z-Ziffern" aus der ICD zu Verfügung. Sie bieten Codes für schulische und berufliche Probleme, Wohnungsprobleme, Dissonanzen in der sozialen Umgebung, Schwierigkeiten in der Lebensbewältigung und sogar für negative Kindheitserlebnisse. Es ist ein Kunstfehler und eine Schädigung des Ratsuchenden, dafür Diagnosenummern aus dem F-Kapitel zu verwenden, wie z. B. Anpassungsstörung, Depression, Angststörung oder Persönlichkeitsstörung.

    Krankheitsalgorithmen

    Ziel der klassifikatorischen und kategorialen Diagnostik ist es, die Vielfalt der Erscheinungsformen psychischer Auffälligkeiten anhand markanter, wissenschaftlich bestätigter Merkmale zu ordnen und überschaubarer zu machen. Die ICD kann nicht als Diagnoseinstrument dienen, da sie zur statistikbasierten Krankheitsberichterstattung verfasst wurde. Sie nennt nur Krankheitsbezeichnungen und dazu eine Nummer für die computerbasierte Weiterverarbeitung (z. B. benigne Hypertonie = I10.0; seronegative chronische Polyarthritis = M06.0). Die ICD sagt nicht, wann eine Hypertonie oder Polyarthritis wie zu diagnostizieren ist. Das ist eine Aufgabe der Fachwissenschaften und Klinik. Im F-Kapitel zu den psychischen Störungen werden diagnostische Kriterien genannt, die aber nur Schwellenkriterien sind. Bevor man von einer krankheitswertigen depressiven Störung sprechen darf, sollten mindestens vier Symptome vorliegen, die mit Ausnahme der depressiven Verstimmung aber alle unspezifisch sind, wie z. B. Energielosigkeit, Konzentrationsstörungen oder Schuldgefühle. Nach dem ICD-Prinzip könnte man nicht einmal Männer von Frauen oder einen Tisch von einem Stuhl unterscheiden. Die Diagnostik psychischer Störungen erfolgt nicht über das Auszählen von Einzelsymptomen, sondern folgt im Sinne einer gestaltpsychologischen Mustererkennung dem Prinzip der „prototypischen Diagnostik" (Westen 2012). Erfahrene Diagnostiker können innerhalb von Minuten mit hoher Reliabilität diagnostische Einschätzungen zur vorliegenden diagnoserelevanten Leitsymptomatik abgeben, so wie es gestaltpsychologisch auch kein Problem ist, mit hoher Sicherheit eine Frau von einem Mann zu unterscheiden. Die Diagnostik psychischer Erkrankungen verlangt zunächst das Vorliegen psychopathologischer Symptome im o. g. Sinn mit beeinträchtigender Intensität und zusätzlich ein kennzeichnendes Symptommuster, d. h. krankheitstypische Syndrome. Hinzu kommen Verlaufs- und Kontextinformationen. Ein depressives Syndrom kann vorkommen bei einem Hirntumor, einer Demenz oder Schizophrenie, alles keine depressive Erkrankungen. Wenn anamnestisch manische Phasen gesichert werden können, dann liegt eine bipolare Störung vor. Wenn durchgehend eine blande depressive Verstimmung vorliegt, dann ist von einer Dysthymie auszugehen. Die diagnostischen Algorithmen unterscheiden sich von Krankheit zu Krankheit.

    Es gibt eine Reihe standardisierter diagnostischer Interviews und Checklisten. Manche Verfahren decken das ganze Spektrum psychischer Störungen ab (z. B. SKID, MINI), während andere nur bestimmte Bereiche oder bestimmte Zielgruppen berücksichtigen (z. B. SKID-II). In strukturierten Interviews werden systematisch alle Diagnosebereiche mit vorformulierten Fragen erfasst. Die Reihenfolge der Fragen sowie die Sprungregeln und Antwortkategorien sind vorgegeben, aber die Fragen selbst können bei Verständnisproblemen umformuliert, erklärt oder ergänzt werden. Der Interviewer sollte auch wissen, was mit den einzelnen Items psychopathologisch gemeint ist (z. B. Differenzierung zwischen depressiver und schlechter Stimmung). Derartige Diagnoseinstrumente sind primär für wissenschaftliche Populationsbeschreibungen gedacht, jedoch nicht geeignet, um im Individualfall eine klinisch verlässliche Diagnose zu stellen.

    1.4.8 Therapiebegleitende Diagnostik

    Die therapiebegleitende Diagnostik umfasst Prozess- und Verlaufsdiagnostik, um den Therapiefortschritt und evtl. problematische Entwicklungen erkennen zu können. Die Ergebnisse der therapiebegleitenden Diagnostik sind Bestandteil der Qualitätssicherung und können auch für die Supervision genutzt werden.

    Neben der freien Dokumentation der Therapiesitzungen empfiehlt sich der Einsatz standardisierter Verfahren zur Symptom- bzw. Belastungsbeurteilung (Patient) und ggf. zur Beziehungsbeurteilung (Patient und Therapeut) über den Therapieverlauf hinweg. Es empfiehlt sich, einmal im Quartal eine Selbstbeurteilung von dem Patienten zu erbitten. Dies kann am Computer mit der Möglichkeit des Ausdrucks anschaulicher Kurvenverläufe umgesetzt werden.

    Es empfiehlt sich auch, routinemäßig eine Bandaufnahme zu machen, die ggf. in der Therapie, in der Supervision und auch zum Selbstschutz des Therapeuten bei Patientenvorwürfen genutzt werden kann.

    1.4.9 Evaluative Diagnostik

    Mit Recht interessiert Patienten und Angehörige, doch auch Überweiser, Mitbehandler, Kostenträger und Therapeuten die Wirksamkeit einer Therapie. Dazu sollten objektive und zuverlässige diagnostische Methoden (z. B. Interviews, Fremd- und Selbstbeurteilungen, Verhaltensbeobachtung, physiologische Indikatoren), die bereits bei der Eingangsuntersuchung zur Anwendung kamen, eingesetzt werden. Diese direkte, idealerweise unabhängige Erfolgsmessung lässt sich auch an den Patienten rückmelden und im Behandlungsbericht darstellen. Zielerreichungsskalierungen als Erfolgsmaß zeichnen sich durch die große Nähe zum therapeutischen Geschehen aus, doch sind sie weniger objektiv. Dabei sind gerade die auf den individuellen Fall zugeschnittenen Zielformulierungen und deren Erreichung aussagekräftiger und für die Aufrechterhaltung des Erreichten durch die Patienten motivierender als allein ein Differenzwert auf einer Skala. Besonders relevant für die Bewertung des Therapieerfolges ist die Stabilität der Effekte über das Therapieende hinaus. Katamnesen im Abstand von sechs Monaten sollten eingeplant und durchgeführt werden.

    1.5 Grad der empirischen Absicherung und persönliche Bewertung

    Die Qualität der Psychodiagnostik bestimmt sich allein durch die Qualität der Messungen und die Multimodalität der Erhebungen. Eine gute und angemessene Psychodiagnostik im Rahmen der Verhaltenstherapie verwendet möglichst objektive und reliable Instrumente. Dies gilt für Interviews ebenso wie für Selbst- und Fremdbeurteilungen, Tests und Verhaltensbeobachtungen.

    Im Rahmen einer psychotherapeutischen Praxis oder einer Klinik sollte zumindest folgende minimale Psychodiagnostik stattfinden:

    Eingangsuntersuchung und Indikationsstellung: Biografie und spezielle Anamnese, störungsübergreifende oder störungsspezifische Selbstbeurteilungen, Beurteilung von Fähigkeiten und Teilhabe, Verhaltensanalyse (Mikro- und Makroanalyse), Therapieziele vereinbaren;

    fakultativ: Persönlichkeits-, Intelligenz- und neuropsychologische Funktionstests;

    Verlaufsdokumentation: störungsspezifisches Verlaufsmaß;

    Evaluation und Enderhebung: Wiederholung der störungsübergreifenden oder störungsspezifischen Eingangsdiagnostik (Selbst- und Fremdbeurteilung), Beurteilung des sozialen Funktionsniveaus, Beurteilung der Zielerreichung.

    Literatur

    Grosse-Holtforth, M., Lutz, W., & Grawe, K. (2009). Interventionsbezogene Diagnostik. In M. Hautzinger & P. Pauli (Hrsg.), Psychotherapeutische Methoden. Enzyklopädie der Psychologie. Göttingen: Hogrefe.

    Hautzinger, M. (2001). Diagnostik in der Psychotherapie. In R. D. Stieglitz, U. Baumann, & H. J. Freyberger (Hrsg.), Psychodiagnostik in der Klinischen Psychologie, Psychiatrie und Psychotherapie (2. Aufl.). Stuttgart: Thieme.

    Linden, M., Baron, S., Muschalla, B., & Ostholt-Corsten, M. (2014). Fähigkeitsbeeinträchtigungen bei psychischen Erkrankungen. Diagnostik, Therapie und sozialmedizinische Beurteilung in Anlehnung an das Mini-ICF-APP (S. 222). Bern: Huber.

    Westen, D. (2012). Prototype diagnosis of psychiatric syndromes. World Psychiatry, 11, 16–22.Crossref

    © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2022

    M. Linden, M. Hautzinger (Hrsg.)Verhaltenstherapiemanual – ErwachsenePsychotherapie: Praxishttps://doi.org/10.1007/978-3-662-62298-8_2

    2. Strukturierung des Therapieablaufs

    Nicolas Hoffmann¹  

    (1)

    Berlin, Deutschland

    2.1 Allgemeine Beschreibung

    Eine unmittelbare positive Wirkung jeder Psychotherapie besteht darin, dass die Auseinandersetzung des Patienten mit seinen Problemen und Schwierigkeiten einen geordneten Rahmen erhält. Während er bislang unter Umständen viele ungeordnete Versuche unternommen hat, um seine Probleme in den Griff zu bekommen, wobei eigene Lösungsversuche sich mit der Hilfe anderer abwechselten, kommt es bei Beginn einer Psychotherapie zu einer Koordination all dieser Bemühungen. Er findet im Therapeuten einen Gesprächspartner, von dem er zu festen Terminen und unter gleichbleibenden Bedingungen (Ort, Honorar etc.) Hilfe erwarten kann. Dieser Effekt, zusammen mit dem Erleben der Kompetenz und der Empathie (Kap. 17) des Therapeuten, bewirkt sicherlich die oft eintretende positive Veränderung, die als „positive therapeutische Reaktion" bezeichnet wird.

    Allerdings ergeben sich daraus auch Erwartungen des Patienten an die Therapiesituation und damit an den Therapeuten, die die positive Reaktion erlöschen oder in ihr Gegenteil umschlagen lassen, wenn sie nicht einigermaßen erfüllt werden. Die wichtigsten Erwartungen sind:

    Gewähr, dass der Therapeut die Probleme erfasst hat und die richtigen Mittel anwendet,

    Gewissheit über die Ziele, die jeweils im Vordergrund der Arbeit stehen,

    Rückmeldung seitens des Therapeuten, ob der Patient durch sein Verhalten zum Gelingen der Therapie beiträgt,

    Wahrnehmung von Fortschritten in Bezug auf die Problemlösung.

    Viele Therapien bleiben über lange Strecken erfolglos oder scheitern letztlich daran, dass der Patient immer wieder hinsichtlich dieser Erwartungen enttäuscht wird.

    Ein Patient, der über längere Strecken der Therapie nicht weiß, worum es überhaupt geht, warum der Therapeut gerade das und nichts anderes tut, oder sich nicht sicher ist, ob die Sache überhaupt vorangeht, wird sein Vertrauen in den Therapeuten verlieren, mit einer Verschlechterung seines Zustandes reagieren oder die Therapie abbrechen. Ist der Therapieverlauf optimal strukturiert, d. h. werden die vorher genannten Erwartungen zu jedem Zeitpunkt möglichst befriedigt, kann mit einer förderlichen Patient-Therapeut-Beziehung (Kap. 4), einer hohen Patientenmotivation sowie einer für den Verlauf der Therapie sehr günstigen kognitiven Organisation beim Patienten gerechnet werden. Lazarus (1971) hat als erster die Bedeutung von „graded structure" für die Therapie hervorgehoben und die Vermutung geäußert, dass sie per se positive therapeutische Effekte haben könnte.

    In der Tat kann die Strukturiertheit vieler Techniken in der (kognitiven) Verhaltenstherapie als Erklärung herangezogen werden; sie zeichnen sich dadurch aus, dass sie beim Patienten den Eindruck eines übersichtlichen und stringent aufgebauten Programms erwecken, das ihm erlaubt, immer mehr seiner Schwierigkeiten in den Griff zu bekommen. In diesem Sinne gibt es deutliche Analogien zum programmierten Lernen.

    2.2 Indikationen

    Eine optimale Strukturierung der therapeutischen Vorgehensweise ist bei jeder Form der Verhaltenstherapie und der kognitiven Therapie von großer Bedeutung. In folgenden Fällen ist sie allerdings besonders wichtig:

    Bei Patienten, deren Zustand durch starke Angst oder Depression gekennzeichnet ist, ist eine geradezu straffe Organisation des Therapieablaufs von entscheidender Bedeutung. Unsicherheit in Bezug auf das eigene Verhalten oder Antriebs- und Hilflosigkeit verlangen Vorgehensweisen, bei denen der Patient zumindest am Anfang der Therapie ständig Anregungen, präzise Instruktionen und kurzfristige Rückmeldungen erhält. Darüber hinaus ist es bei Störungen, die das tägliche Leben des Patienten stark in Mitleidenschaft ziehen, besonders wichtig, positive Ansätze hervorzuheben und zu verstärken.

    Eine genaue Kenntnis der Phasen und ein durchschaubarer Verlauf scheinen auch besonders bei solchen Patienten förderlich zu sein, die bereits negative Erfahrungen mit abgebrochenen oder negativ verlaufenen Therapien haben. Sie unternehmen oft mit großem Skeptizismus, bisweilen mit Voreingenommenheit, einen letzten Versuch und sind dadurch zu ermuntern und zu motivieren, dass sie einen ausführlichen Überblick darüber erhalten, was der Therapeut vorhat und wie der jeweilige Stand der Therapie ist.

    Bedeutsam ist Strukturierung auch bei Patienten, die besonders positiv auf eine aktionsnahe Form der Therapie reagieren, mit genauen Instruktionen, kurzfristigen Rückmeldungen und ohne viel „Psychologisieren".

    Eine Strukturierung sowohl der Einzelsitzung wie auch über den Therapieverlauf hin ist auch wegen der zeitlichen Rahmenbedingungen von Psychotherapie erforderlich. Eine Sitzung dauert in der Regel 50 Minuten und danach wartet bereits der nächste Patient. Die Krankenkassen bewilligen z. B. 60 Sitzungen und danach ist die Therapie zu beenden. Es muss also für die einzelne Sitzung wie für den gesamten Verlauf die Therapie von Beginn an so geplant und gesteuert werden, dass nicht in der letzten Minute der Einzelsitzung oder der letzten Sitzungen der Therapie der Patient mit den eigentlich bedrängenden Themen kommt.

    2.3 Kontraindikationen

    Unter folgenden Bedingungen kann eine zu starke Strukturierung gegenindiziert sein:

    In der ersten Phase der Therapie (besonders beim Erstgespräch) kann eine falsch verstandene Strukturierung sich nachteilig auf den Patienten auswirken, wenn er glaubt, nicht die Inhalte äußern zu dürfen, die er für wichtig hält, oder wenn er auf Anhieb mit einem fertigen Programm konfrontiert wird, sodass er sich überfahren fühlt. Strukturierung heißt übrigens nicht, dass der Therapeut die Inhalte allein bestimmt; in einer Phase kann er dem Patienten explizit die Entscheidung über einen bestimmten Gesprächsinhalt oder bestimmte Verhaltensweisen übertragen.

    In der letzten Phase der Therapie werden Eigeninitiative, Eigenverantwortung und Loslösung vom Therapeuten zu wichtigen Therapiezielen. Daher ist zu diesem Zeitpunkt (zuerst vielleicht versuchsweise) dem Patienten immer mehr Raum auch in Bezug auf das, was in der Therapie geschieht, zu überlassen. Er soll auch in zunehmendem Maße von kurzfristiger Rückmeldung des Therapeuten unabhängig werden, sich seine eigenen weiteren Ziele selbst setzen. Aber auch dieser Abschnitt des therapeutischen Vorgehens soll explizit angekündigt werden, damit der Patient den Therapeuten nicht als indifferent empfindet und sich allein gelassen fühlt.

    2.4 Technische Durchführung

    In Bezug auf die Strukturierung des Therapieablaufs lassen sich zwei Aspekte unterscheiden:

    Strukturierung des Gesamttherapieablaufs und

    Strukturierung jeder Einzelsitzung.

    Strukturierung des Gesamttherapieablaufs

    Ein Therapiebeginn stellt aus der Sicht des Patienten oft ein bedeutsames Ereignis dar, das am Anfang eines neuen Lebensabschnittes stehen kann. Oft hat er sich nach langem Zögern oder unter Druck einer sich verschlimmernden Lebenssituation mühsam zu dem Entschluss durchgerungen, Hilfe in Anspruch zu nehmen. Er mag die Entscheidung wie eine Bankrotterklärung seiner Bemühungen, selbst mit dem Problem fertig zu werden, erleben und sich der Situation mit Scham oder Schuldgefühlen und mit großer Angst vor einer Beurteilung durch andere stellen. Sehr oft sieht er in der Zukunft kaum eine Perspektive für sich. Die erste wichtige Aufgabe des Therapeuten besteht darin, zusammen mit dem Patienten eine Reihe von Zielen zu erarbeiten, die in Anbetracht der Probleme eine beträchtliche Verbesserung für den Patienten bedeuten würden. Da diese Zielvorstellungen erst langfristig erreichbar scheinen, ist so früh wie möglich eine Graduierung der Ziele vorzunehmen. Hierbei muss zwischen unmittelbar anzustrebenden, mittel- und längerfristigen Zielen zu unterscheiden sein. Auf jeden Fall sollen einige Ziele definiert werden, die der Patient in allernächster Zeit erreichen kann, damit eine Perspektive und somit eine Motivation für die nächste Zukunft etabliert werden kann.

    Bei der Besprechung der Therapieziele ist es u. U. nötig, ausführlich auf ihre Bedeutung für das weitere Leben des Patienten hinzuweisen und ihn die positiven Veränderungen, die ihr Erreichen bewirken würde, plastisch erleben zu lassen. Dazu können Verfahren wie die Zeitprojektion (Kap. 50) eingesetzt werden.

    Bei unmittelbaren Zielen oder Zwischenzielen ist es wichtig, sie in einen für den Patienten sinnvollen Zusammenhang mit den eigentlichen Therapiezielen zu bringen: So ist es unzureichend, einem ängstlich-depressiven Patienten lediglich das Ziel vorzugeben, er möge üben, einen neutralen Telefonanruf zu tätigen, ohne ihm zu sagen, dass das unentbehrlich ist, um soziale Kontakte zu knüpfen, befriedigende Beziehungen aufzubauen usw.

    Bei den therapeutischen Techniken muss man dem Patienten genau erläutern, zu welchem Zweck sie eingesetzt werden. Ebenso sind ihm in einer für ihn verständlichen Form die wichtigsten Prinzipien zu erklären, nach denen diese Techniken funktionieren. Dabei muss man ihm gerade so viel sagen, wie zum Gelingen dieser speziellen Phase notwendig ist, d. h. der Patient soll exakt über das Verhalten informiert sein, das der Therapeut von ihm erwartet. Wurde dies dem Patienten verdeutlicht, soll er auch ständig Rückmeldung über sein Verhalten bekommen. So ist es z. B. nicht nur unsinnig, sondern ausgesprochen schädlich, dem Patienten eine Aufgabe für die nächste Sitzung zu geben und dann nicht mehr darauf zurückzukommen.

    Die Erfolgskriterien für die einzelnen Phasen oder Techniken sollen auch dem Patienten explizit bekannt sein, sodass er die erfolgreiche Bewältigung jedes Abschnittes selbst überprüfen kann. So müssen auch Teilerfolge für den Patienten klar erkennbar sein und ihm als Voraussetzung für den nächsten Abschnitt deutlich werden.

    Der Therapeut soll nicht versäumen, den Patienten immer wieder für positive Ansätze und Erfolge zu verstärken und ihm den eben bewältigten Schritt als Zwischenstufe zu den eigentlichen Therapiezielen aufzuzeigen.

    Es sollte mehrmals innerhalb des Therapieablaufs ein Fazit über den vorangegangenen Abschnitt gezogen werden, wobei das bisher Erreichte noch einmal zusammengefasst und gleichzeitig die Perspektive für den nächsten Abschnitt aufgezeigt und besprochen wird.

    Strukturierung der Einzelsitzung

    Zu Anfang soll der Therapeut die wichtigsten Themen und Aufgaben für die jeweilige Sitzung kurz erläutern. Das kann mit der Frage an den Patienten verbunden sein, ob er einverstanden ist. Dadurch erhält er die Möglichkeit, selbst wichtige Anliegen zur Sprache zu bringen.

    Am Ende der Sitzung soll der Therapeut den Patienten zusammenfassen lassen, was aus seiner Sicht die wichtigsten Ergebnisse der Sitzung sind. Überhaupt wird in der Psychotherapieforschung viel zu großer Wert auf Details der Interaktion gelegt, von denen niemand weiß, ob sie sich überhaupt auf den Patienten auswirken, und viel zu wenig darauf geachtet, was der Patient begriffen hat, d. h. in verbalisierter Form „mit nach Hause" nimmt. Systematisches Abfragen (oder Registrierenlassen) der Ergebnisse jeder Sitzung für den Patienten erlaubt nicht nur, sich ein Bild darüber zu machen, was ihm in den einzelnen Therapiephasen hilfreich und bedeutsam erscheint, sondern hilft ihm auch dabei, Erkenntnisse in eine übersichtliche und erinnerbare Form zu bringen. Darüber hinaus können auf diese Art mancherlei Missverständnisse und Fehlinterpretationen des Patienten frühzeitig erkannt und korrigiert werden.

    Zusätzlich kann der Therapeut die Ergebnisse am Ende der Sitzung aus seiner Sicht zusammenfassen und einen Ausblick auf die nächste Sitzung geben.

    2.5 Erfolgskriterien

    Das Erfolgskriterium für eine günstige Strukturierung des Therapieablaufs besteht darin, dass beim Patienten angemessene Erwartungen geweckt werden, die dann auch befriedigend erfüllt werden können.

    So soll sich der Therapeut häufig rückversichern, ob der Patient weiß, welche Ziele jeweils im Vordergrund stehen, warum welche therapeutische Operation durchgeführt wird und ob er im Fortgang der Therapie Fortschritte bei seinen Problemen erkennt. Das ist durch direkte Befragung oder mit Hilfe eines einfachen Fragebogens (z. B. Zielerreichungsskalierung) möglich, der dem Patienten von Zeit zu Zeit vorgelegt wird.

    2.6 Grad der empirischen Absicherung und persönliche Bewertung

    In einer empirischen Untersuchung konnte Lazarus (1971) zeigen, dass eine Strukturierung des Ablaufes, ursprünglich als „Placebotherapie" gedacht, annähernd dieselben positiven Ergebnisse bringt wie eine Behandlung, bei der spezifische verhaltenstherapeutische Techniken angewandt werden. Die persönliche Erfahrung des Autors kann das nur bestätigen. Er hält eine Strukturierung der Vorgehensweise, wie oben beschrieben, für eines der wichtigsten Elemente des therapeutischen Basisverhaltens überhaupt, dessen Implikationen noch immer viel zu wenig untersucht werden.

    Literatur

    Lazarus, A. (1971). Behavior therapy and beyond. New York: McGraw-Hill.

    © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2022

    M. Linden, M. Hautzinger (Hrsg.)Verhaltenstherapiemanual – ErwachsenePsychotherapie: Praxishttps://doi.org/10.1007/978-3-662-62298-8_3

    3. Supervision

    Dirk Zimmer¹  

    (1)

    TAVT – Tübinger Akademie für Verhaltenstherapie, Tübingen, Deutschland

    Dirk Zimmer

    Email: dirk.zimmer@tavt.de

    3.1 Allgemeine Beschreibung

    Supervision dient der Qualitätssicherung. Die meisten Fachverbände verpflichten zur lebenslangen Supervision, da der Beruf des Psychotherapeuten hohe Ansprüche an die Kompetenz, aber auch an die persönliche Belastbarkeit und Integrität stellt. Supervision kann unter Kollegen als „Intervision" oder durch ausgewiesene Supervisoren durchgeführt werden und im Einzel- oder Gruppenrahmen stattfinden. Sie kann sich auf Behandlungen oder die Zusammenarbeit eines Teams in einer Einrichtung beziehen.

    Besondere Bedeutung hat Supervision in der Ausbildung. Ein Supervisor als Leiter einer Ausbildungspraxis oder -ambulanz ist für die Behandlung verantwortlich (Weisungsbefugnis). Kommt ein externer Supervisor in eine solche Einrichtung (konsiliarische Supervision), muss geregelt sein, wer als Fachaufsicht im Krisenfall intervenieren kann.

    Der doppelte Charakter der Supervision liegt sowohl in der Unterstützung junger Kollegen und zugleich in deren Kontrolle zum Schutze des Patienten. Da bei Ausbildungsteilnehmern nur in der Praxis, also Supervision, sichtbar wird, ob sie das in Seminaren und Selbsterfahrung Gelernte adäquat anwenden können, erstreckt sich die Verantwortung von Supervisoren nicht nur auf den aktuellen Fall, sondern auch auf die Frage, ob einzelne Ausbildungsteilnehmer wirklich für den Beruf geeignet sind.

    3.2 Indikation und Kriterien der Supervision

    Die Regeln für die Durchführung von Supervision in der Aus- bzw. Weiterbildung werden durch Ausbildungs- und Prüfungsverordnungen der Landesprüfungsämter und Kammern festgelegt, spezifiziert durch die Ausbildungsinstitute und Kliniken.

    Supervisor können approbierte Therapeuten werden, wenn sie nach Abschluss der Ausbildung mindestens fünf Jahre halbtags psychotherapeutisch tätig waren, drei Jahre Lehrerfahrung in Verhaltenstherapie haben und von einem anerkannten Ausbildungsinstitut für fachlich und persönlich geeignet befunden werden.

    Supervisanden sind verpflichtet, Supervisoren über alle Aspekte zu informieren, die für die Einschätzung des Patienten, der Therapeut-Patient-Beziehung und des Therapieverlaufs von Bedeutung sind. Nur so kann bei Krisen rechtzeitig eingegriffen werden. Zu dieser Informationspflicht gehören Verlaufsdokumentationen und Aufzeichnungen (Video oder Audio). Nötig ist die Bereitschaft, nicht nur eigene Erfolge zu präsentieren, sondern gerade Probleme, Unsicherheiten und offene Fragen zu thematisieren.

    Natürlich unterstützen Supervisoren fachliche und persönliche Lernprozesse bei den Supervisanden. Noch wichtiger aber ist die Sicherung einer fachgerechten Behandlung des Patienten. Von primärem Interesse sind also nicht Wohlbefinden und Entwicklung der Therapeuten, sondern die Optimierung der Therapiedurchführung zum Wohle des Patienten. Sollte dies anders nicht erreicht werden, kann auch ein Wechsel des Behandlers notwendig sein.

    Das Gelingen der Supervision setzt wie in einer Therapie Offenheit, Vertrauen, Diskretion und einen Stil voraus, der es erlaubt, Fehler und Defizite anzusprechen. Dies gelingt bei positiver emotionaler Wertschätzung leichter, auch wenn dies keine zwingende Voraussetzung ist.

    Supervision in einem beruflichen Abhängigkeitsverhältnis, etwa durch Vorgesetzte, gefährdet diese Bereitschaft, Probleme zu thematisieren und ggf. den eigenen Vertrag zu riskieren. Sie sollte daher Ausnahme und nicht Regelfall sein.

    Interessenkonflikte zwischen Klinikleitung, Therapeuten und Patienten sollten früh bedacht und geklärt werden.

    3.3 Kontraindikationen

    Supervision und Selbsterfahrung sollten nicht zur selben Zeit beim selben Supervisor absolviert werden. Dies liegt an der unterschiedlichen Gewichtung der Ziele: In der Supervision ist das primäre Anliegen die adäquate Versorgung des Patienten. In der Selbsterfahrung dagegen muss ein sanktionsfreier Rahmen für die Auseinandersetzung mit eigenen Themen und für die persönliche Weiterentwicklung bestehen.

    Natürlich werden in Therapie und Supervision auch persönliche Schemata und Reaktionsmuster von Therapeuten sichtbar. Im Sinne von Reflexion, Rückmeldung, Anregungen usw. finden hier entscheidende Lernprozesse statt. Es wäre in meinen Augen aber eine inakzeptable Reduktion, Selbsterfahrung auf diese Rückmeldung zu reduzieren. Es braucht den Freiraum vom Druck der Patientenversorgung, sich mit biografisch bedingten Schemata, Einschränkungen und existenziellen Themen intensiv auseinanderzusetzen.

    Supervision und Selbsterfahrung sind also trotz dieser Überlappung sinnvollerweise getrennte Teile einer Ausbildung.

    3.4 Technische Durchführung und Inhalte der Supervision

    Der Brückenschlag zwischen Wissenschaft und Praxis bzw. zwischen allgemeinen Prinzipien (Leitlinien) und dem Einzelfall ist essenziell für eine wissenschaftlich fundierte Ausbildung. Aus diesem Grunde müssen Supervisoren sowohl über fundierte wissenschaftliche Kenntnisse als auch über umfangreiche Praxiserfahrungen verfügen.

    Supervision kann alle Fragen der Psychotherapiedurchführung aufgreifen, also

    Diagnostik (Klassifikation, Problemanalyse),

    Indikation,

    Kooperation mit anderen Professionen/Einrichtungen (etwa für psychiatrische Begleitbehandlungen),

    Therapieplanung (Ansatzpunkte, Reihenfolge, therapeutische Prinzipien und Umsetzung konkreter Verfahren; Setting wie Einzel-, Paar- oder Gruppentherapie),

    Analyse und Gestaltung der therapeutischen Arbeitsbeziehung,

    Analyse von Kooperation, Änderungsmotivation und Widerstand,

    Antragstellung, Verlaufsdokumentation und Abschlussberichte.

    Besprechungsthemen ergeben sich aus den Fragen der Supervisanden, sollten aber auch von Supervisoren mitbestimmt werden – aufgrund des Therapieverlaufes und der Kenntnisse zum Ausbildungsstand des Therapeuten. Typische Methoden der Supervision werden im Folgenden erläutert.

    Absprachen

    Erwartungen und Regeln sollten zu Beginn geklärt werden:

    Was wollen Therapeuten erreichen, welche Bescheinigung benötigen sie (Ausbildungsziel vs. konkrete Hilfe bei einem Fall)?

    Welche Richtlinien sind hierfür zu beachten (z. B. Supervisionsdichte, Gruppengröße)?

    Welche Art von Protokoll ist anzufertigen?

    Was ist die Datenbasis der Supervision (s. unten)?

    Wer bezahlt den Supervisor (Klinikleitung vs. Therapeut, Bezahlungsmodus)? Wem ist er verpflichtet?

    Supervisionsdichte

    Da der Beginn von so großer Bedeutung ist, sollte Supervision nach der ersten Therapiestunde beginnen. In der Ausbildung muss dann im Durchschnitt auf jede dritte bis vierte Therapiestunde eine Supervisionssitzung folgen. Bei fortgeschrittenen Behandlungen und relativ unproblematischen Verläufen kann aber auch mehr als ein Patient pro Sitzung besprochen werden. Bei krisenhaften Zuspitzungen und interaktionell schwierigen Behandlungen kann es notwendig sein, Supervision häufiger in Anspruch zu nehmen.

    Datenbasis der Supervision

    Als Datenquellen dienen

    Berichte,

    emotionale Eindrücke, Fantasien und Handlungsimpulse der Therapeuten,

    Video- und Audioaufzeichnungen,

    Beobachtungsbögen, Protokolle, Fragebogen usw.

    Frühe Verhaltenstherapeuten haben den eigenen emotionalen Reaktionen auf Patienten und der eigenen Intuition zu wenig Beachtung geschenkt. Je besser aber Therapeuten ihre eigenen Schemata kennen und je mehr sie eigene Reaktionen auf Patienten und Lebensthemen reflektiert haben, desto eher können sie ihre Reaktionen auf Patienten als Hinweisreiz und Quelle für Hypothesen nehmen. Es ist eine wichtige Aufgabe der Supervision mit jungen Verhaltenstherapeuten, die Wahrnehmung der Supervisanden zu sensibilisieren, ihre emotionalen Reaktionen zu reflektieren und ihre Intuition zu trainieren. Deshalb lohnt es sich, gerade die ersten Eindrücke vom Patienten zu besprechen.

    Videoaufzeichnungen geben unmittelbare und wertvolle Eindrücke vom Patienten und von der Art, wie die betreffenden Therapeuten mit ihnen umgehen. Sie können auch Anregungen geben für Rollenspiele zur Gesprächsführung.

    Gute Eindrücke können Supervisoren auch bekommen, wenn sie im Rollenspiel die Therapeutenrolle übernehmen und die Therapeuten ihre Patienten spielen.

    Klärung/Problemverständnis

    Ein Schwerpunkt der Supervision liegt in der Reflexion des Problemverständnisses und damit in der Gewichtung der Informationen. Junge Therapeuten legen sich häufig zu schnell fest, was sie als Problem definieren, nehmen die erste präsentierte Symptomatik als Hauptproblem. Sie fühlen sich schnell unter Druck zu intervenieren und halten oft nicht aus, dass Hilfe Geduld und ein gutes gemeinsames Problemverständnis voraussetzt. Interventionen sollten unterbleiben, wenn Patienten sich noch nicht für die Therapie und eine Übernahme der Patientenrolle entscheiden konnten.

    Je schwieriger Patienten sind, desto eher zeigen sich deren Probleme in der Beziehung zum Therapeuten: Sie werden versuchen, den Prozess zu kontrollieren, Fragen zu erschweren oder bestimmtes Therapeutenverhalten einfordern. Therapeuten müssen die Freiheit behalten, zu entscheiden, wo sie früh auf Bedürfnisse von Patienten eingehen (etwa nach Verantwortungsabgabe und Entlastung) und wo sie Sorge tragen müssen, die Kontrolle über den Prozess nicht zu sehr aus der Hand zu geben. Hier werden Supervisoren vom Handlungsdruck entlasten und helfen, dass Therapeuten ihre Alternativen in Ruhe reflektieren.

    Anregungen des Supervisors

    Anregungen (und ggf. Auflagen) des Supervisors können sich auf die Therapieplanung, auf die Interaktion oder auf Maßnahmen zur Abwendung einer akuten Krise beziehen. Darüber hinaus sind Anstöße für Lektüre, Seminarteilnahme oder Selbsterfahrung denkbar, wenn deutlich wird, dass die fachlichen und persönlichen Kompetenzen nicht ausreichen. Anregungen und Erfahrungsberichte von Supervisoren sind insbesondere dann hilfreich, wenn Therapeuten lernen sollten, eigene Emotionen (Ärger, Freude) zu nutzen, mit den eigenen Grenzen zu arbeiten, oder wenn es nötig erscheint, dass Therapeuten Wünsche von Patienten (etwa nach Therapieverlängerung) frustrieren, wenn also Modelle vom allzeit warmherzigen Therapeuten fehl am Platze sind.

    Rollenspiele

    In Einzel- und Gruppensupervision lassen sich Ideen für ein alternatives Vorgehen in Rollenspielen testen. Die Wirkung unterschiedlicher Stile wird so erlebbar. Die Übernahme der Patientenrolle kann dem Therapeuten helfen, die Perspektive des Patienten und die Wirkung des Therapeutenverhaltens besser zu verstehen.

    3.5 Erfolgskriterien

    Insofern Supervision helfen soll, Patienten gut zu versorgen, gelten hier die Erfolgskriterien wie in der Therapie. Andererseits garantiert natürlich gute Arbeit nicht immer gute Erfolge. Noch ist nicht ganz klar, welche Lernprozesse in der Ausbildung tatsächlich zu besserer Therapiequalität führen. Sicherlich aber sind Kenntnisse und praktische Fertigkeiten, interpersonelle Fertigkeiten und Flexibilität im Kontakt mit verschiedenartigen Patienten notwendig. Auch die Kenntnis eigener Stärken und Schwächen und der Möglichkeiten anderer Institutionen sollte in Therapie und Supervision sichtbar werden.

    3.6 Grad der empirischen Absicherung und persönliche Bewertung

    Bislang gibt es wenig Forschung zur Supervision. Festhalten lässt sich: Ausbildungsteilnehmer erleben Supervision als sehr hilfreich. Sie dient der Entwicklung fachlicher und persönlicher Kompetenzen sowie der Identitätsbildung als Verhaltenstherapeut. Gruppensupervision wird stärker für methodische Fragen genutzt. Einzelsupervision wird noch positiver bewertet und erscheint besonders geeignet, eigene Stärken und Schwächen als Therapeut zu besprechen.

    © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2022

    M. Linden, M. Hautzinger (Hrsg.)Verhaltenstherapiemanual – ErwachsenePsychotherapie: Praxishttps://doi.org/10.1007/978-3-662-62298-8_4

    4. Therapeut-Patient-Beziehung

    Dirk Zimmer¹  

    (1)

    TAVT – Tübinger Akademie für Verhaltenstherapie, Tübingen, Deutschland

    Dirk Zimmer

    Email: dirk.zimmer@tavt.de

    Email: diwozi@icloud.com

    4.1 Allgemeine Beschreibung

    Die Bedeutung einer guten therapeutischen Arbeitsbeziehung ist für alle wissenschaftlich anerkannten Therapieschulen nachgewiesen (Hermer und Röhrle 2008). Dies gilt seit Ende der 1970er-Jahre auch für die Verhaltenstherapie. Die ersten Forschungsarbeiten von Autoren wie Bandura oder Kanfer Anfang der 1960er-Jahre galten bereits Fragen der Interaktion von Therapeut und Patient. Dennoch wurde Verhaltenstherapie lange primär als Sammlung von Verfahren und Techniken verstanden.

    Die meisten klinischen Symptome hängen eng mit mangelnder Bewältigung zwischenmenschlicher Konflikte zusammen. Entsprechend wichtig sind die kognitiv-emotionalen und interaktionellen Schemata auch für die therapeutische Interaktion. Therapeuten beobachten das Verhalten der Patienten in der Therapie und nutzen ihre eigenen Reaktionen als Hinweisreize für zwischenmenschliche Bedürfnisse bzw. Befürchtungen. Die Nutzung solcher Beobachtungen führt zu Arbeitshypothesen für die Fallkonzeption. Diese bedürfen natürlich kritischer Prüfung.

    Lange Zeit gab es allerdings eine große Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis: Die Theorien in der frühen Verhaltenstherapie haben der Therapeut-Patient-Beziehung zu wenig Bedeutung beigemessen. Im Kontrast dazu fanden Beobachtungsstudien aber bei den praktizierenden Verhaltenstherapeuten hohe Kompetenzen der Beziehungsgestaltung (Zimmer 1983) :

    eine große Flexibilität darin, sich auf verschiedene Patienten und ihr Beziehungsangebot einzustellen,

    viel Warmherzigkeit,

    Strukturierungsfähigkeit,

    Unterstützung,

    ein hohes Ausmaß an Offenheit auch in der Mitteilung eigener Erfahrung.

    Seit Vertreter der verschiedenen Therapierichtungen zu erklären versuchten, weshalb die jeweils anderen Therapieschulen auch wirksam seien, wurde die Hypothese populär, dass es die gemeinsamen Faktoren seien, die diese Effektivität erklären könnten. So wurde postuliert, dass Verhaltenstherapie wirksam sei, weil Verhaltenstherapeuten kompetent und flexibel in der Gestaltung der therapeutischen Beziehung seien. Allerdings ist eine Alternativhypothese, für die es einige empirische Belege gibt, dass der Zusammenhang zwischen guter Therapeut-Patient-Beziehung und gutem Therapieergebnis weniger durch das Therapeutenverhalten bestimmt ist als dadurch, dass gute Patienten eine gute Beziehung ermöglichen und eine gute Prognose haben.

    Da alles, was wirksam ist, auch schädlich sein kann, sollte man vorsichtig sein bei der Suche nach universellen Gütekriterien für „gutes Therapeutenverhalten. So hat die Forschung zu Ängsten und Zwängen gezeigt, dass „empathisches Verhalten, das üblicherweise als therapeutische Tugend betrachtet wird, die Ergebnisse verschlechtern kann – wenn z. B. zu viel Verständnis für Vermeidungswünsche geäußert wird.

    Psychotherapie ist ein staatlich anerkannter und geregelter Beruf. Therapie setzt idealerweise die freiwillige Entscheidung des Patienten voraus, seine eigenen „krankheitswertigen" seelischen Probleme mit einem Therapeuten zu bearbeiten. Allerdings bedürfen viele Patienten gerade auch dann therapeutischer Hilfe, wenn sie krankheitsbedingt Therapie eher ablehnen und unkooperativ sind, wie z. B. bei Alkoholerkrankungen, schizophrenen Erkrankungen oder Verbitterungsreaktionen. Die Aufgabe der Therapeuten ist, Fachwissen (in dem von ihnen ausgeübten wissenschaftlich anerkannten Verfahren) und persönliches Engagement einzubringen, zu versuchen, die Probleme zu verstehen, einzuordnen und Patienten bei den nötigen Änderungsschritten zu helfen.

    Für die Tätigkeit von Therapeuten gibt es eine Reihe von berufsrechtlichen und ethischen Regeln (s. Berufsordnungen der Landespsychotherapeutenkammern). Weitere Regelwerke zur stationären und zur ambulanten Behandlung im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherungen (Psychotherapierichtlinien und -vereinbarungen) beeinflussen die Therapeut-Patient-Beziehung.

    Als basale ethische Grundlagen dieser Arbeit werden folgende Prinzipien betrachtet:

    Nichtschädigung des Patienten,

    Achtung seiner Autonomie,

    Fürsorge und

    prinzipielle Gleichheit bzw. Gleichwertigkeit der Menschen.

    Mögliche Konflikte zwischen diesen Prinzipien, etwa bei vorliegender Selbst- oder Fremdgefährdung, sind mit der entsprechenden Sorgfalt und ggf. Intervision zu handhaben.

    Hieraus leitet sich berufsrechtlich auch die Forderung nach einer Behandlung auf dem Stand aktueller Forschung (Leitlinien) ab, was die Verpflichtung zur Kooperation mit anderen, insbesondere ärztlichen Berufsvertretern beinhalten kann, die zur Abklärung oder Behandlung ggf. notwendige Beiträge leisten können. Geregelt sind auch Schweigepflicht des Therapeuten bzw. der Datenschutz und die Abstinenz, d. h. die Verpflichtung, die Abhängigkeit von Patienten nicht zu wie auch immer gearteten Eigenvorteilen auszunutzen. Private oder intime/erotische Beziehungen zu Patienten werden auf dieser Basis als inakzeptabel angesehen.

    4.2 Beziehungsverhalten und Durchführung

    Eine basale Kompetenz von Therapeuten ist Empathie . Sie ist die Voraussetzung für gelungene Kommunikation. Aber es ist wichtig, hier verschiedene Aspekte zu unterscheiden: Unter emotionaler Empathie versteht man ein gefühlsmäßiges Mitschwingen mit dem Gegenüber bzw. die Fähigkeit, die Emotionen des Gegenübers selbst auch zu erleben. Dies ist die Basis für Mitleid und den Wunsch zu helfen. Das Risiko besteht im Ansteckungseffekt, der v. a. im Umgang mit depressiven Patienten existiert. Ohne Distanz enden beide in Hoffnungslosigkeit und Leid. Auch gilt es durch Selbsterfahrung und Supervision der Gefahr zu begegnen, dass Therapeuten eigene Gefühle auf den Patienten projizieren oder sich zu schnell sicher sind, wie der Patient sich fühlen könnte oder müsste.

    Davon abzugrenzen ist die professionelle Empathie im Sinne der Fähigkeit, die Welt aus der Sicht des Patienten sehen zu können, d. h. kognitiv wie emotional, ohne diese Sicht zu bewerten oder gar zu übernehmen. Als Therapeut muss man sich bewusst sein, dass man oft einseitige, verzerrte Informationen bekommt. Ein Therapeut sollte in der Lage sein, die Welt verzerrt durch die Augen seiner Patienten zu sehen. Zur professionellen Empathie gehört auch eine Rückmeldung an den Patienten, dass man seine Sicht der Dinge vollumfänglich verstanden hat, so dass der Patient sicher sein kann, verstanden worden zu sein, und keine Notwendigkeit mehr besteht, nochmals die eigene Sicht zu verdeutlichen oder sich rechtfertigen zu müssen. Andererseits wird es oft wichtig sein, im Laufe der Therapie auch korrigierende Informationen von Partnern und Angehörigen zu bekommen. Professionelle Empathie ist das Ergebnis der Verhaltensanalyse und auch abzugrenzen von freundlicher, warmherziger und wertschätzender Zuwendung.

    Erfahrene Verhaltenstherapeuten zeigen ein sehr flexibles Beziehungsverhalten und stellen sich auf den einzelnen Patienten ein. Entscheidend ist dabei die funktionale Überlegung, ob das Beziehungsverhalten des Therapeuten hilfreiche Erfahrungen auf Seiten des Patienten ermöglicht oder erschwert. Die folgenden gegensätzlichen Prinzipien können jeweils hilfreich, notwendig oder auch falsch sein: Geduld vs. klare Kontingenzen für Aufgabenerledigung; Akzeptanz vs. Konfrontation; den Wünschen des Patienten folgen vs. Grenzen setzen etc.

    Flexibilität und funktionale Überlegungen sind übergreifende Gütekriterien (Zimmer 2013). Woran aber kann man sich dabei orientieren? Drei Zugänge können hilfreich sein: (a) Orientierung am Krankheitsbild, (b) interaktionelle und emotionale Muster des Patienten und (c) Therapie-Prozess bzw. -Phase.

    Störungsbild und therapeutische Beziehung

    Manche Störungsbilder sind mit besonderen Herausforderungen an die therapeutische Beziehung verbunden: Hier können nur exemplarische Hinweise gegeben werden. Aber es leuchtet ein, dass man z. B. mit akut suizidalen Patienten anders sprechen muss als mit Suchtpatienten.

    So bringen z. B. Patienten mit Depressionen häufig ihre Hoffnungslosigkeit mit, können nicht an den Erfolg glauben und sind entsprechend schwer zu aktivieren. Therapeuten müssen sich vor der Ansteckungsgefahr schützen, weil depressives Denken oft so plausibel wirkt. Behutsame Selbstbeobachtungsaufgaben können der Beginn einer Überprüfung negativer Prophezeiungen sein und der Beginn einer „empirischen Kooperation". Therapeuten leiten zur Beobachtung an, machen neugierig, aber die Erfahrungen der Patienten liefern die weiterführenden Daten.

    Patienten mit Phobien oder Zwängen suchen häufig Verständnis für ihre Kognition „Ich kann das nicht aushalten und vermitteln damit oft „Verlange nichts von mir!. Hier ist die Mehrdeutigkeit von „Empathie" von Bedeutung: Wirkliches Nachvollziehen der beteiligten Prozesse (Vermeidung, Hilfesuchverhalten, Vegetativum, Drama-Kognitionen) ist eine notwendige Basis für Psychoedukation und für die spätere Entscheidung von Patienten, z. B. Expositionen durchzuführen. Nur emotionale Empathie führt bei Therapeuten leicht dazu, zu viel Verständnis für den Vermeidungswunsch zu haben und aus langen Vermeidungsgesprächen nicht mehr herauszufinden.

    Interaktionelle Schemata und therapeutische Beziehung

    Patienten bringen ihre Muster der Interaktion mit in die Therapie. Therapeuten spüren, wie sie an bestimmten Fragen oder Interventionen gehindert werden, oder fühlen sich zu Anderem gedrängt. Hier können relevante Themen und Bedürfnisse erschlossen werden, etwa nach Wahrgenommen-werden, Akzeptanz, Bindung, Sicherheit, Schutz, Unterstützung, Respekt oder Autonomie und Kontrolle. Solche impliziten Ziele sind meist nicht bewusst, können aber erschlossen und später auch in Schemaanalysen sprachfähig werden. Zu Beginn sind sie insbesondere bei Patienten mit Persönlichkeitsstörungen nicht einfach benennbar. Verletzte Grundbedürfnisse, alte starke Ängste und Grundannahmen sind verbunden mit einem Bewältigungsverhalten, das oft als „problemverschärfende Problemlösestrategie" wirkt, also kurzfristig Ziele zu erreichen scheint (z. B. Aufmerksamkeit), mittelfristig aber genau zu dem führt, was vermieden werden sollte (z. B. Ablehnung, Einsamkeit).

    Eine zu schnelle und direkte Konfrontation ist riskant. Spiegelungen und Interpretationen seitens des Therapeuten wirken leicht als Strafreize. Patienten spüren ja in der Regel nur die negativen Auswirkungen ihres Verhaltens und hören meist sehr ungern, dass sie diese Effekte maßgeblich mit verursachen. Der Akzeptanzbereich für solche diskrepanten Informationen ist sehr gering.

    Was kann hier helfen?

    Verletzte Grundbedürfnisse und implizite Motive (z. B. nach Kontrolle) können durch Therapeuten in frühen Phasen der Therapie erspürt und berücksichtigt bzw. befriedigt werden („komplementäre" Beziehungsgestaltung nach Klaus Grawe).

    Verhaltensanalysen alltäglicher Belastungen lassen solche Muster deutlich werden. Auch hier sollten Motive, Ziele bzw. Bedürfnisse herausgearbeitet werden. Ähnlichkeiten zwischen den Mustern im Alltag und denen in der Therapiebeziehung sind oft zu finden und helfen Patienten, diese Schemata besser wahrzunehmen.

    Besonders wichtig: Erleben Patienten eine hohe Wertschätzung ihrer enttäuschten Bedürfnisse, können sie die Konfrontation ertragen, dass ihr Verhalten zur Erreichung dieser Ziele nicht wirklich geeignet ist.

    Diese Mustererkennung ist Ausgangspunkt für die Frage, welche schemainkongruenten Erfahrungen notwendig wären, um bessere praktische Alternativen für die problematischen Lösungsversuche zu erarbeiten. Vor dem Erleben solch positiver Perspektiven steht hier meist eine hohe Hürde: die Angst vor dem Risiko, alte Muster zu verlassen. Neue Erfahrungen müssen letztlich in den relevanten Schlüsselsituationen des Alltags gesucht werden. Auf dem Weg dorthin sind neue, korrigierende Beziehungserfahrungen im Kontakt zwischen Patient und Therapeut enorm hilfreich.

    Als Grundmuster hat sich hier bewährt, geduldig und behutsam die Muster gemeinsam zu erarbeiten, das unbefriedigte zwischenmenschliche Bedürfnis zu erschließen und sich mit ihm zu verbünden. Auch die oft starken Ängste sollten validiert und zunächst akzeptiert werden. Vor diesem Hintergrund kann häufig rekonstruiert werden, welche früheren Beziehungserfahrungen das inadäquate Problemlöseverhalten erklären, um dann Patienten auch zu frustrieren und zu konfrontieren.

    In dieser Arbeit wird die Therapeut-Patient-Beziehung nicht selten Tests unterworfen. Mikro-Verhaltensanalysen müssen die Basis für die Reaktion des Therapeuten darstellen, damit die Grundbedürfnisse von Patienten nicht verletzt werden, das ggf. problematische Verhalten aber korrigiert werden kann.

    Unvermeidlich fühlen sich Therapeuten immer wieder verstrickt und ringen um Klarheit und Struktur. Ohne die Verstrickungen wären Schemaanalysen oft nicht möglich; ohne die Fähigkeit, hier auszusteigen und zu einer konstruktiven Arbeitsbeziehung zurückzukehren, sind Änderungen manchmal nicht zu erzielen. Dann heißt Hilfe nicht nur Verständnis, sondern auch die Bereitschaft, Wünsche zu frustrieren und Bedingungen für die Weiterarbeit zu formulieren.

    Therapiephasen und therapeutische Beziehung

    Bereits in den 1970er-Jahren gab es empirische Befunde, dass z. B. sozial ängstliche Patienten in verschiedenen Therapiephasen unterschiedliches Verhalten bei Therapeuten wertschätzen: Während zu Beginn Sicherheit gebendes, strukturierendes und wertschätzendes Verhalten gesucht wurde, waren während der Durchführungsphase Klarheit, Anleitung und Rückmeldung erwünscht. In der letzten Phase schätzten Patienten eher Zurückhaltung und Begleitung der Therapeuten beim eigenständigen Sammeln von Erfahrungen. Jede Therapiephase hat andere Aufgaben und Ziele (Kanfer et al. 2006; Zimmer 1983) und erfordert andere Schwerpunkte der therapeutischen Beziehungsgestaltung.

    Anfangsphase

    Das erste Ziel dieser Phase ist eine Entscheidung für (oder gegen) die Therapie, sowohl beim Patienten als auch beim Therapeuten und beim Kostenträger. Der Patient: Fühle ich mich von diesem Therapeuten in dieser Einrichtung angenommen und verstanden, halte ich ihn für kompetent genug für die Behandlung meiner Probleme? Der Patient sollte die Rahmenbedingungen kennen (Behandlungsvertrag) und eine erste Idee haben, was Psychotherapie sein kann, und dann entscheiden, ob er sich auf die Patientenrolle einlassen möchte.

    Ein Behandlungsangebot ist deshalb erst dann sinnvoll, wenn der Patient das Gefühl hat, dass der Therapeut sein aktuell drückendstes Problem verstanden hat.

    Auch Therapeuten dürfen sich entscheiden und haben die Freiheit, ggf. zu überweisen, aber auch, Bedingungen zu formulieren und eigene Grenzen zu respektieren. Sie müssen natürlich auch klären, ob die Bedingungen für einen Antrag auf Kostenübernahme bei der Kasse erfüllt sind.

    Therapiedurchführung

    Die Basis einer guten Verhaltenstherapie sind eine Fallkonzeption und ein Therapieplan (Kap. 28 und 29). Dennoch laufen Therapien nicht wie geplant. Das ist verständlich, weil der Plan auf der Basis unvollständiger Informationen entstand. Therapie ist also ein adaptiver Prozess. Das gilt für die Systematik der Verfahren wie für die Gestaltung der Therapeut-Patient-Beziehung. Wird diese als „empirische Kooperation" gefasst, ringen beide aufgrund der Erfahrungen des Patienten und des Expertenwissens um den jeweils günstigen nächsten Schritt. Patentrezepte gibt es hier nicht, wohl aber die Reflexion spannender Gegensätze:

    Anpassen des Vorgehens aufgrund neuer Informationen vs. Aufrechterhalten der Grundstrategie und Vermeidung von Vermeidung;

    Unterstützung der Autonomie des Patienten bei erkundendem Lernen vs. Nutzen der Erfahrung des Therapeuten bei der Wahl des nächsten Schrittes.

    Probleme der Kooperation und Irritationen in der Zusammenarbeit sollten nicht übersprungen, sondern gemeinsam geklärt werden. Vermeidung und Widerstand sind häufige Phänomene, wenn Lernprozesse ängstigend sind. Therapeuten sollten nicht gekränkt oder sanktionierend reagieren, sondern die Vorgänge zu einem vertieften gemeinsamen Verständnis nutzen.

    Bei einigen Patienten wird die Klärung der immer wieder verstrickten Therapeut-Patient-Beziehung einen großen Teil der Therapie ausmachen.

    Therapiebeendigung

    An das Ende sollte man von Anfang an denken. Zwischenbilanzen helfen, Anfangs- und derzeitiges Symptombild bzw. die Annäherung an Ziele einzuschätzen. Dabei ist die Begrenztheit der Therapie ein Grund, die Zeit gut zu nutzen und zu klären, wie lange Therapie noch notwendig ist (Zimmer 2000). Auch wenn Patienten Fortschritte gemacht haben, wenn sie dies sogar wissen und optimalerweise internal attribuieren, also auf eigene Anstrengungen zurückführen: Der Abschied muss meist bearbeitet werden. Er bleibt ein Verlust, der auch manche früheren Verluste in Erinnerung ruft. Der Abschied setzt voraus, dass der Patient gelernt hat, einen Teil dessen, was eine gute Therapeut-Patient-Beziehung ausmacht – Verständnis und Unterstützung –, auch außerhalb der Therapie zu finden.

    4.3 Erfolgskriterien und persönliche Bewertung

    Einige Ergebnisse der Therapieforschung gelten auch für Verhaltenstherapie (Norcross 2002). Folgende Merkmale der Therapeut-Patient-Beziehung sind wichtig:

    Empathie/Verständnis: Vor allem die Einschätzung des Patienten, dass er sich vom Therapeuten verstanden fühlt und dessen Bemühung um Klärung fühlt, hat eine positive prognostische Bedeutung. Die Einschätzung des Patienten ist wichtiger als die von Therapeuten oder von unabhängigen Beobachtern.

    Therapeutische Allianz: Allein die Entwicklung eines therapeutischen Arbeitsbündnisses, das auf Freiwilligkeit und Vertrauen aufbaut und zur Formulierung gemeinsamer Anliegen bzw. Ziele führt, hat positive Effekte. Wenn innerhalb der ersten acht Stunden eine kooperative Kommunikation entsteht, in der der Therapeut das Gespräch auch strukturieren darf, und wenn Patienten sich für die Therapie entscheiden und emotional engagieren, ist dies Anlass für eine günstige Prognose.

    Ebenfalls gut bestätigt, wenngleich mit widersprüchlichen Befunden, sind folgende Aspekte:

    Wertschätzung: Auch hier ist nur die Einschätzung des Patienten wichtig. Möglicherweise wirkt hier eine kognitive Dissonanzreduktion: Ein Patient, der sich selbst ablehnt, begegnet einem von ihm geschätzten Therapeuten, der ihm Wertschätzung entgegenbringt. Die Dissonanz kann aufgelöst werden durch Erhöhung der Selbstakzeptanz (oder Ablehnung des Therapeuten).

    Kongruenz und Echtheit: In Vergleichsstudien zeigten Verhaltenstherapeuten ausgesprochen hohe Werte in diesen Variablen. Vielleicht helfen hier Modelleffekte den Patienten, sich offener zu zeigen (Kap. 34).

    Rückmeldung: Es gibt leider wenige Gelegenheiten, wo Rückmeldung so konstruktiv erfahren werden kann wie in einer Therapie. Das kann beinhalten:

    Validierung: Viele Patienten benötigen eine Bestätigung dafür, dass ihr Denken und Fühlen nachvollziehbar und verständlich ist (und manchmal gar nicht pathologisch). So können frühere Erfahrungen von Entwertung und Invalidierung von Gefühlen korrigiert werden.

    Anerkennung von Bemühung: Verhaltenstherapeuten werden Verstärkung nicht erst bei Erreichen des Zieles geben, sondern bei Patienten das Ringen um Veränderung und erste Teilerfolge würdigen. Für die Entwicklung von Selbstwirksamkeitsüberzeugung („self-efficacy" nach Bandura) ist es wichtig, zwischen Kompetenz und realem Erfolg zu unterscheiden. So lernen Patienten, bei sich selbst anzuerkennen, wenn sie sich kompetent verhalten haben, auch wenn kompetentes Verhalten leider nicht immer zum erwünschten Ergebnis führt.

    SubtileVerstärkungsprozesse: In Experimenten haben Kanfer et al. (2006) nachgewiesen, dass die Interaktion von Therapeut und Patient durch Verstärkungsprozesse beeinflusst wird, die beiden Teilen nicht bewusst sind („verbal conditioning"). Durch selektive Aufmerksamkeit und subtile nonverbale Signale werden wechselseitig Äußerungen verstärkt und damit Einstellungen und Problemlösungsstrategien. Patienten übernehmen so zahlreiche Einstellungen und Vorlieben von Therapeuten, ohne dass dies explizit Gegenstand der Therapie gewesen wäre. Dies ist ein Grund, weshalb angehende Therapeuten in der Selbsterfahrung eigene Einstellungen, kognitiv-emotionale Schemata und präferierte Strategien der Problemlösung kennenlernen müssen, damit sie diese nicht unreflektiert auf Patienten übertragen.

    Angstreduktion: Psychotherapie kann als besonderer Raum gelten, in dem straffrei über Themen gesprochen werden kann, die andernorts Scham und Ängste auslösen würden.

    Neues Konzept und neue Sprache: Viele Patienten können ihre Probleme nicht klar einordnen. Durch die Exploration, das Interesse an Details, das Sortieren von Ebenen und die Verwendung neuer Begriffe lernen Patienten, ihre Probleme mit einer neuen Sprache zu fassen. So werden aus nebulösen Klagen konkrete Probleme, für die sich leichter neue Perspektiven entwickeln lassen.

    4.4 Nebenwirkungen, Schwierigkeiten und Gefahren

    Psychotherapie ist eine besondere Beziehung. Sie unterscheidet sich z. B. von Freundschaft durch

    ihre zeitliche Begrenzung und

    durch mangelnde Reziprozität.

    Der Therapeut ist ganz für seinen Patienten und seine Probleme da, nicht umgekehrt. Hier soll nicht in Abrede gestellt werden, dass auch Therapeuten persönlichen Nutzen und Lerngewinn in Therapien erleben. Dies ist ein Nebeneffekt, nicht aber das primäre Ziel der Therapie.

    Durch die erwähnte Asymmetrie ist eine mögliche Verwöhnungssituation geschaffen, die durch die Zielsetzung gerechtfertigt ist, die aber auch eine Versuchung zu ungerechtfertigten Verlängerungen darstellt. Das wäre z. B. der Fall, wenn einsame Patienten Zuwendung und Verständnis nur in der Therapie erfahren. Um zu vermeiden, dass Patienten von dieser besonderen abhängig werden, kann es helfen, das Bedürfnis nach Zuwendung und Kontakt wertzuschätzen und dennoch die prinzipielle zeitliche Begrenztheit im Bewusstsein der Patienten zu halten. Dadurch erst kann zum Thema werden, welche Lernprozesse notwendig wären, damit die sozialen Bedürfnisse auch nach Beendigung der Therapie eine Chance haben.

    Viele Patienten können Psychotherapie nicht gut von anderen helfenden Beziehungen – etwa medizinischer Hilfe – unterscheiden. Eine informierte Entscheidung für eine Therapie kann eine andere Sicht und eine Rollenklärung nötig machen: Verhaltenstherapeuten werden hier betonen, dass für erfolgreiche Entwicklungen eine bestimmte Form der Arbeitsbeziehung notwendig ist. Dabei wird die Rolle des Therapeuten charakterisiert als die eines wohlwollenden Fachmannes, der neben seinem persönlichen Engagement sein Wissen, d. h. die Systematik dessen, was Psychotherapieforschung und Erfahrungswissen ausmacht, einbringt. Dabei ist er auf „empirische Kooperation" angewiesen, d. h. auf Informationen des Patienten über dessen Erleben und Handeln und auf dessen Bereitschaft, Erfahrungen zu sammeln und offen zu berichten. Denn eines kann kein Therapeut seinen Patienten abnehmen: Er kann nicht an ihrer Stelle Erfahrungen sammeln.

    Literatur

    Hermer, M., & Röhrle, B. (2008). Therapeutische Beziehungen: Geschichte, Entwicklungen und Befunde. In M. Hermer & B. Röhrle (Hrsg.), Handbuch der therapeutischen Beziehung (Bd. 1, S. 15–108). Tübingen: dgvt.

    Kanfer, F. H., Reinecker, H., & Schmelzer, D. (2006). Selbstmanagement-Therapie (4. Aufl.). Berlin: Springer.

    Norcross, J. C. (2002). Psychotherapy relationships that work: Therapists contributions and responsiveness to patients needs. New York: Oxford University Press.

    Zimmer, D. (1983). Die therapeutische Beziehung. Konzepte, empirische Befunde und Prinzipien ihrer Gestaltung. Weinheim: Edition Psychologie.

    Zimmer, D. (2013). Gesprächsführung in der Verhaltenstherapie. In A. Batra, R. Wassmann, & G. Buchkremer (Hrsg.), Verhaltenstherapie (S. 74–82). Stuttgart: Enke.

    Zimmer, D. (2000). Therapiebeendigung. Verhaltensmodifikation und Verhaltensmedizin, 4, 469–480.

    © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2022

    M. Linden, M. Hautzinger (Hrsg.)Verhaltenstherapiemanual – ErwachsenePsychotherapie: Praxishttps://doi.org/10.1007/978-3-662-62298-8_5

    5. Therapeutische Kompetenz und Adhärenz

    Michael Linden¹   und Martin Hautzinger²  

    (1)

    Charité Universitätsmedizin Berlin, Forschungsgruppe Psychosomatische Rehabilitation, Berlin, Deutschland

    (2)

    Fachbereich Psychologie Klinische Psychologie und Psychotherapie, Universität Tübingen, Tübingen, Deutschland

    Michael Linden (Korrespondenzautor)

    Email: michael.linden@charite.de

    Martin Hautzinger

    Email: hautzinger@uni-tuebingen.de

    5.1 Allgemeine Beschreibung

    Es lassen sich im Rahmen einer Psychotherapie verschiedene

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1