Der Dandy und seine Verwandten: Elegante Flaneure, vergnügte Provokateure, traurige Zeitdiagnostiker
Von Robert Hettlage
()
Über dieses E-Book
Ähnlich wie Der Dandy und seine Verwandten
Ähnliche E-Books
Die Sublimierung des Leonardo: und Mona Lisa lächelt Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWas ist deutsch?: Adornos verratenes Vermächtnis Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie großen Erfinder Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen100 Jahrhundert Wörter Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenIMPERIUM RHODANUM: Ein haarsträubender Trip durch das Reich der PERRY RHODAN-Fans der ersten Stunde! Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDes Menschen Seele im Sozialismus Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSoundtrack Deutschland: Wie Musik made in Germany unser Land prägt Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenHunnen und Hunen, Burgunder und Nibelungen: Im Spannungsfeld von Sage und Geschichte Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSeine rote Eminenz: Armand-Jean du Plessis de Richelieu Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDas Bildnis des Dorian Gray Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Das Science Fiction Jahr 2017 Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenHilde Domin: Dass ich sein kann, wie ich bin. Biografie Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMeditationes de prima philosophia: Zweisprachige Ausgabe Bewertung: 3 von 5 Sternen3/5Deutsche Theologie im Dienste der Kriegspropaganda: Umdeutung von Bibel, Gesangbuch und Liturgie 1914–1918 Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenLichtwolf Nr. 66 (Stumpf und Stil) Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDalís Medienspiele: Falsche Fährten und paranoische Selbstinszenierungen in den Künsten Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenPraktiken und Räume des Wissens: Expertenkulturen in Geschichte und Gegenwart Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAufklärung und Hofkultur in Dresden Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5Luftmenschen: Zur Geschichte einer Metapher Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenLichtungen 177 Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenÜber Deutschland Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Abfahrt weiß man, aber nicht die Ankunft: Romanhafte Biografie Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer verfasste Mann: Männlichkeiten in der Literatur und Kultur um 1900 Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAm Abend kamen die Schnecken: Kurzgeschichten Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenVision und Verfall: Deutsche Science Fiction in der DDR Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenÜber den Umgang mit Menschen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSpurensuche im All: Perry Rhodan Studies Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWir denken an .......: Literarische Essays Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWiderstand aus Loyalität: Zum Verständnis einer deutschen Freiheitsbewegung Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenÜber den Umgang mit Menschen (Enhanced, +Theaterstück) Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen
Sozialwissenschaften für Sie
Lieben lernen. Alles über Verbundenheit: New York Times-BESTSELLER | Folgeband der Autorin von TikTok-Liebling »All About Love« (»Alles über Liebe«) Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenFucking Germany: Das letzte Tabu oder mein Leben als Escort Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Wer schweigt, stimmt zu: Über den Zustand unserer Zeit. Und darüber, wie wir leben wollen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen200 Duas für Muslim Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5Die Erotik Bewertung: 2 von 5 Sternen2/5Resonanzen und Dissonanzen: Hartmut Rosas kritische Theorie in der Diskussion Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSand Talk: Das Wissen der Aborigines und die Krisen der modernen Welt Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5Die Zukunft der Arbeit: Digitalisierung, Automatisierung, KI Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEinspruch!: Verschwörungsmythen und Fake News kontern - in der Familie, im Freundeskreis und online Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAlles über Liebe. Neue Sichtweisen: New York Times-BESTSELLER | Deutsche Erstausgabe von TikTok-Liebling »All About Love« Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenBasiswissen Autismus und komplexe Beeinträchtigungen: Lehrbuch für die Heilerziehungspflege, Heilpädagogik und (Geistig-)Behindertenhilfe Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Welt der Commons: Muster gemeinsamen Handelns Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Zufall, das Universum und du: Die Wissenschaft des Glücks Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenRechte Esoterik: Wenn sich alternatives Denken und Extremismus gefährlich vermischen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDeutsches Freimaurerlexikon Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDas Unbehagen in der Kultur Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenVerlaufen in Berlin Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenZusammenfassung: Gefühle lesen: Wie Sie Emotionen erkennen und richtig interpretieren: Kernaussagen und Analyse des Buchs von Paul Ekman: Zusammenfassung Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenFleischmarkt: Weibliche Körper im Kapitalismus Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Was ist deutsch?: Elemente unserer Identität Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSystemische Fragetechniken für Fach- und Führungskräfte, Berater und Coaches: Die Bedeutung von Fragen im Beruf Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDas große Latrinum: Ich wollte schon immer Latein lernen. Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSchlagfertigkeitstechniken für Anfänger: Grundlagen und Techniken der Schlagfertigkeit lernen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenGregory Bateson - Eine Einführung in sein Denken Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Erfindung der Hausfrau – Geschichte einer Entwertung Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenNiklas Luhmann: "... stattdessen ...": Eine biografische Einführung Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWarum lernst du kein Deutsch ?! Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5Die Vagina-Monologe Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5
Rezensionen für Der Dandy und seine Verwandten
0 Bewertungen0 Rezensionen
Buchvorschau
Der Dandy und seine Verwandten - Robert Hettlage
© Springer Fachmedien Wiesbaden 2014
Robert HettlageDer Dandy und seine Verwandtenessentials10.1007/978-3-658-06143-2_1
1. Der Prototyp des Dandys: George B. Brummell
Robert Hettlage¹
(1)
Basel, Switzerland
Robert Hettlage
Email: robert.hettlage@gmx.ch
1.1 Die historische Figur
1.2 Die Brummelliana
1.1 Die historische Figur
Auffällig ist, dass die meisten Autoren das Phänomen des Dandyismus als Erscheinung des frühen 19. Jahrhunderts begreifen und an die historische Figur des George Bryan Brummell („Beau Brummell) (1778–1840) binden. Brummell, selbst nicht von adligem Stand, wurde der Salon-Dandy der britischen aristokratischen Gesellschaft (Erbe 2009, S. 18). Immerhin Student in Eton und Oxford, war er seit einer gemeinsamen militärischen Ausbildung vor allem ein Freund des Prince of Wales, des späteren Königs George IV. Durch diese Verbindung, aber auch dank seines eleganten, geistreichen und provokatorischen Benehmens hatte er es erreicht, auf die „besseren Kreise
einen außerordentlichen Einfluss auszuüben. Im Militär hatte er es zum Hauptmann gebracht, dann 1798 die Armee quittiert und es schließlich geschafft, als Mitglied eines exklusiven Clubs aufgenommen zu werden. Einer festen Tätigkeit ging er danach nur noch kurzzeitig als Konsul in Caen (1830) nach. Seine finanzielle Absicherung war offenbar unproblematisch. 18 Jahre dauerte seine „Herrschaft" über die Londoner Salons und Clubs. Manchen, wie Lord George Byron (Freund von Brummell und selbst ein einflussreicher Dandy), galt er für diese kurze Spanne als so bedeutsam wie Napoleon (!), der von 1796 bis 1815 Europa militärisch beherrschte und mit dem er fast gleichzeitig unterging. Nur hatte Napoleon bei Waterloo die entscheidende Schlacht verloren und war 1815 nach St. Helena verbannt worden, während Brummell 1816 wegen Spielschulden aus London floh, sich in Calais/Frankreich niederließ, dort 1835 ins Schuldgefängnis kam und später im Armenhaus an Syphilis starb (1840). Der eine war ein politischer, der andere ein gesellschaftlicher Draufgänger. Ebenbürtige Nachfolger könnte man sich in beiden Fällen nicht vorstellen.
Beau Brummell führte in Mode und Auftreten auf paradoxe Weise die Tradition der französischen „incroyables des späten 18. Jahrhunderts weiter. Während diese sich nämlich höchst auffällig, extravagant und selbstgefällig schmückten, gab sich Brummell zwar exquisit, aber eher kontrolliert einfach. Er war auch von der Physiognomie her kein „beau
. Dennoch hatte er offenbar alles, was eine Identifikationsfigur benötigte. Bald galt er im ganzen Land als der „arbiter elegantiarum. Er behauptete von sich, alles zur Mode erheben zu können, und sei es das Gegenteil! Sein Auftreten wurde von vielen in der „upper class
nachgeahmt, ja, für die „bessere Gesellschaft der Jahrhundertwende zum 19. Jahrhundert galt er schlechthin als stilgebend. Auf ihn soll zurückzuführen sein, dass das Perückentragen abgeschafft wurde und der moderne Anzug sich durchsetzte. Er war der „König der Dandys
(Barbey d’Aurevilly II, S. 673) und gilt in dieser Hinsicht bis heute als unerreicht.
Das ist höchst erstaunlich. Aber vielleicht kommen wir dem Phänomen näher, wenn wir beachten, dass es weniger seine Kleidung war, die ihm einen solchen Ruf einbrachte, als die Bemühung, sein Leben als „Gesamtkunstwerk (Pückler-Muskau 1830) in Szene zu setzen. In allem war er darauf aus, „sich dank seines verfeinerten Geschmacks und seiner gepflegten Erscheinung sowie mittels eines geistreich-zynischen Konversationstons und einer gleichgültig-arroganten Haltung über das Alltägliche, ‚Mittelmäßige‘ und ‚Vulgäre‘ der bürgerlichen Existenz hinwegzusetzen
(Rossbach 2002, S. 14).
Dabei hatte er „nichts außer sich selbst (Barbey) vorzuweisen: Er war weder von Adel, noch war er mit gesellschaftlichen Privilegien gesegnet. Er konnte sich auf keine formelle Machtstellung stützen und hatte wohl auch nicht genügend Geld (wie sich später herausstellen sollte), um längerfristig unabhängig zu sein. Dennoch rief er als Bürgerlicher den Adligen in der Zeit der industriellen Revolution ins Gedächtnis, dass Adel etwas mit Distinktion zu tun habe. Als Nicht-Adliger gab er dem Adel gegen das gesellschaftlich mächtig werdende Bürgertum wenigstens eine „façon de parler
, vielleicht sogar auch eine spielerisch vorgetragene „raison d’agir" vor: Als Adliger darf man sich von den Verhältnissen nicht unterkriegen lassen. Man muss immer, auch in Zeiten des gesellschaftlichen Niedergangs (décadence), Haltung und Stil bewahren. Man darf sich durch nichts aus der Ruhe bringen lassen. Mag die bisherige Welt in ihren Grundfesten erschüttert werden und zu Gefühlen der Verängstigung und des Unbehagens Anlass geben, so muss man doch den Kopf immer hoch tragen und sich – im Wissen um die eigene, innere Überlegenheit, sei sie auch noch so aufgesetzt – unerschütterlich, distanziert und desengagiert, ja gelangweilt