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Digitale Transformation in der Unternehmenspraxis: Mindset – Leadership – Akteure – Technologien
Digitale Transformation in der Unternehmenspraxis: Mindset – Leadership – Akteure – Technologien
Digitale Transformation in der Unternehmenspraxis: Mindset – Leadership – Akteure – Technologien
eBook810 Seiten7 Stunden

Digitale Transformation in der Unternehmenspraxis: Mindset – Leadership – Akteure – Technologien

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Über dieses E-Book

So paradox dies auch klingen mag: Es geht bei der digitalen Transformation von Unternehmen nur vordergründig  um Digitalisierung. Praxis wie Wissenschaft kommen vielmehr zu dem Schluss: In Unternehmen, die die digitale Transformation erfolgreich bewältigen, sind das richtige Mind- und Skillset vorhanden, werden ein passender Führungsstil und eine Kultur der Offenheit und Veränderungswilligkeit gelebt, werden Rollen sinnvoll ausgefüllt, handeln Akteure adäquat und werden innovative Technologien und Tools genutzt. Zudem sollte Digitalisierung nicht als Trend-Erscheinung oder gar als Bedrohung gesehen werden, die früher oder später den eigenen Arbeitsplatz gefährdet. Die Digitalisierung bzw. der digitale Wandel ist gleichermaßen eine Chance für alle Beteiligten und eine Notwendigkeit, um im Wettbewerbsumfeld heute und zukünftig erfolgreich sein zu können.
Dieses Buch orientiert sich an diesen Erkenntnissen und gliedert sich entsprechend in vier Teile mitjeweils fünf Beiträgen. Darin berichten Praktiker über ihre persönlichen Erfahrungen und präsentieren Forscher die Ergebnisse ihrer empirischen Erhebungen. Am Ende jedes Beitrags erhält der Leser konkrete Handlungsempfehlungen. Das Buch richtet sich somit an Entscheidungsträger aus der Unternehmenspraxis, aber auch Wissenschaftler, Studierende und Dozierende lesen das Buch mit Gewinn.
SpracheDeutsch
HerausgeberSpringer Gabler
Erscheinungsdatum17. Aug. 2020
ISBN9783658285579
Digitale Transformation in der Unternehmenspraxis: Mindset – Leadership – Akteure – Technologien

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    Buchvorschau

    Digitale Transformation in der Unternehmenspraxis - Markus H. Dahm

    Hrsg.

    Markus H. Dahm und Stefan Thode

    Digitale Transformation in der Unternehmenspraxis

    Mindset – Leadership – Akteure – Technologien

    1. Aufl. 2020

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    Hrsg.

    Markus H. Dahm

    IBM Deutschland, Hamburg, Deutschland

    Stefan Thode

    FOM Hochschule für Oekonomie & Management, Hamburg, Deutschland

    ISBN 978-3-658-28556-2e-ISBN 978-3-658-28557-9

    https://doi.org/10.1007/978-3-658-28557-9

    © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020

    Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

    Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten.

    Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral.

    Springer Gabler ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH und ist ein Teil von Springer Nature.

    Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany

    Vorwort

    Wir alle – d. h. Bürger wie Konsumenten, Mitarbeiter in öffentlichen Institutionen wie auch in Unternehmen – leben in gleichermaßen herausfordernden wie spannenden Zeiten. Seitdem in den 1970er-Jahren die Computerisierung schrittweise unsere gesamte Lebenswirklichkeit erschlossen hat und nun mit zunehmendem Tempo gar zur digitalen Transformation wird, stellen sich uns allen gleichermaßen ungeahnte Chancen und Risiken.

    Wo einerseits Start-ups auf Basis neuer Geschäftsmodelle gegründet werden und rasend schnell Märkte erobern oder gar neue kreieren, laufen etablierte Unternehmen Gefahr, aufgrund von Schwerfälligkeit und Festhalten an tradierten Erfolgsmustern in Windeseile weggefegt zu werden – und ihren ganz persönlichen „Kodak-Moment zu erleben. In die von Clayton Christensen als „The Innovator’s Dilemma so anschaulich beschriebene Falle ist nicht nur der ehemalige US-amerikanische Hersteller für fotografische Ausrüstung getreten. Dutzende weitere Beispiele, unter anderem Blackberry und Nokia, ließen sich nennen. So manche Geschäftsmodelle, wie Airbnb, Amazon und Uber, sind gerade dabei, etablierte Player wie Hotelketten, Einzelhändler und Taxiunternehmen herauszufordern. Und laufend treten neue Start-ups an, um ihre ganz eigene Disruption herbeizuführen.

    Doch es gibt Hoffnung: Etablierte Unternehmen sind der digitalen Transformation keineswegs chancenlos ausgeliefert. Unternehmenspraxis wie empirische Wissenschaft generieren fortlaufend Erfolgsbeispiele, wie die digitale Transformation zum eigenen Vorteil genutzt werden kann: Axel Springer und Encyclopedia Britannica im bereits so früh und einschneidend betroffenen Mediensektor, Cewe Color in der Fotobranche und – die Zukunft wird es zeigen – eventuell auch VW mit MOIA.

    Organisationen stellen sich heute wiederholt die Frage: „Wie schafft unser Unternehmen den digitalen Wandel?" Viele Lösungsansätze, die versuchen, genau diese Frage zu beantworten, beschäftigen sich zumeist damit, Prozesse zu optimieren, neue Softwarelösungen oder Technologien (wie z. B. Cloud Computing) zu entwickeln und bereitzustellen oder externe Partner bzw. Leistungen einzukaufen. Sicherlich sind die technischen Voraussetzungen der Unternehmen ein wichtiger Schlüsselfaktor für einen erfolgreichen digitalen Wandel. Doch die beste IT-Infrastruktur ist letzten Endes nur so gut wie die Mitarbeiter und Führungskräfte, die diese bedienen, leben und gegenüber Kunden einsetzen und repräsentieren.

    Hieraus leiten sich zwei Erkenntnisse ab:

    Erstens: Es geht bei der digitalen Transformation von Unternehmen – so paradox dies klingen mag – primär gar nicht um Digitalisierung. Unternehmenspraktiker wie Wissenschaftler kommen zu ähnlichen Schlüssen: Bei der erfolgreichen Bewältigung der digitalen Transformation

    geht es zuvorderst um das richtige Mind- und Skillset,

    sind Leadership und Kultur erfolgsbestimmend,

    müssen Rollen sinnvoll ausgefüllt werden und Akteure adäquat handeln und – schließlich –

    müssen auch innovative Technologien und Tools genutzt werden.

    Und zweitens: Digitalisierung sollte nicht als Trend-Erscheinung gesehen werden oder gar als bedrohliche Macht, die früher oder später den eigenen Arbeitsplatz gefährdet. Die Digitalisierung bzw. der digitale Wandel ist eine Chance für alle Beteiligten, aber vor allem eine Notwendigkeit, um im Wettbewerbsumfeld heute und zukünftig erfolgreich sein zu können.

    Der vorliegende Herausgeberband orientiert sich an diesen beiden Erkenntnissen und gliedert sich entsprechend in vier Teile mit jeweils fünf Beiträgen. Darin berichten Praktiker über ihre persönlichen Erfahrungen und präsentieren Forscher die Ergebnisse ihrer empirischen Erhebungen. Jeder Beitrag endet mit konkreten Handlungsempfehlungen. Das Buch richtet sich somit gleichermaßen an Entscheidungsträger aus der Unternehmenspraxis, Wissenschaftler und Studierende.

    Aufbau des Buches

    Teil I des Buches betrachtet Aspekte des für eine erfolgreiche digitale Transformation erforderlichen Mindsets & Skillsets. Den Anfang machen Michael Höbig und Cindy Kubsch. Auf Basis einer Interviewserie in deutschen Großunternehmen identifizieren sie vier Grundelemente eines agilen Mindsets (Leadership, organisatorische Rahmenbedingungen, Vernetzung und Selbstwirksamkeit) und zeigen auf, wie sich die Elemente gegenseitig beeinflussen und verstärken.

    Anschließend schöpft Marco Nink von Gallup aus den Studienergebnissen des Forschungs- und Beratungsinstituts und wirft einen vertiefenden Blick auf Agilität. Er verdeutlicht, welches Mindset Unternehmen entwickeln müssen und welche entscheidende Rolle Führungskräfte und die Unternehmenskultur bei den Veränderungen im Unternehmen spielen. Dabei stellt sich auch in Zeiten der Digitalisierung heraus: Es kommt auf den Menschen an.

    Julian Knorr verdeutlicht, dass es besonderer Soft Skills und damit eines Digital Mindsets bedarf, um die Herausforderungen der Digitalisierung zu bewältigen. Am Beispiel eines Projektes bei Lufthansa zeigt er auf, wie sich eine Digital Mindset Awareness entwickeln kann.

    Christian Hättenschwiler verdeutlicht mit seinem Beitrag, dass die Wichtigkeit sozialer, kommunikativer und kreativer Kompetenzen zugenommen hat. Er beschreibt die zehn wichtigsten Soft Skills und zeigt, dass diese aufgrund des durch die Digitalisierung verursachten Wandels der Arbeit für die Arbeitskraft der Zukunft entscheidend sind.

    Sonja Hollerbach und Clemens Kreimeier sprechen das Umfeld und die Schnittstelle zwischen Talent-Management und künstlicher Intelligenz an und liefern zahlreiche konkrete Beispiele, wie sich die neuen Technologien nutzen lassen.

    Teil II geht auf Leadership & Kultur in der digitalen Transformation ein. Zu Beginn präsentieren Helen Dombrowski und Nicolas Bogs das Konzept des Digital-Leadership-Index, der das Konstrukt Digital Leadership für die Praxis verständlich, anschaulich und anwendbar macht. Mithilfe des Digital-Leadership-Index, der die Ausprägung verschiedener Kompetenzen widerspiegelt, arbeiten sie vier unterschiedliche digitale Führungspersönlichkeiten heraus: Technik-Experte, Digitaler Beginner, Digitaler Visionär und Digitaler Leader.

    Markus H. Dahm, Clemens Holst und Lisa-Marie Schmitz zeigen ein Konzept zur zielgerichteten Transformation der Unternehmenskultur in deutschen Traditionsunternehmen auf – hin zu neuem Denken. Von der Bestandsaufnahme über die Bestimmung der Zielkultur bis hin zum Change-Prozess. In jeder der einzelnen Phase stellen die Autoren verschiedene Methoden und Werkzeuge vor.

    Jens Heuer zeigt in seinem Beitrag auf, wie Software-Produkte zur Steuerung der Kernprozesse eines Unternehmens heutzutage entwickelt werden, und beschreibt anhand eines konkreten Beispiels, wo die Chancen liegen und welche Hindernisse aus dem Weg geräumt werden müssen.

    Antje Kruse-Schomaker und Wibke Huber-Saffer erläutern, wie das globale Technologieunternehmen IBM Kundenerfahrung und Nutzererfahrung wieder in den Mittelpunkt gestellt hat und neue Arbeitsweisen im Unternehmen etabliert wurden. Im Beitrag wird das IBM-Design-Programm mit seinen Komponenten People, Places und Practices vorgestellt. Eine Schlüsselrolle nimmt dabei Enterprise Design Thinking ein, ein nutzerzentriertes Vorgehensmodell, das IBM nicht nur zur Entwicklung eigener Produkte und Dienstleistungen anwendet, sondern auch als unternehmensweiten Standard in der Zusammenarbeit interdisziplinärer Teams etabliert hat.

    Michael von Kutzschenbach verbindet die Digitalisierung mit dem zweiten bedeutenden Veränderungsbeschleuniger der kommenden Jahre: der Nachhaltigkeit. Er zeigt auf, wie die aktive Gestaltung der digitalen Transformation als offener Such- und Lernprozess Unternehmen dabei unterstützt, digitale Technologien und nachhaltigkeitsorientierte Praktiken in innovativen Geschäftsmodellen zusammenzuführen.

    Teil III stellt spezifische Rollen & Akteure der digitalen Transformation in den Mittelpunkt. Markus H. Dahm und Clemens Holst stellen anhand verschiedener Unternehmensbereiche dar, wie sich diese in den kommenden Jahren grundlegend verändern werden. Neben der Implementierung neuer Technologien und digitaler Fähigkeiten bedarf es auch einer auf die zunehmende Digitalisierung ausgerichteten Unternehmenskultur. Um vorhandene Organisationsstrukturen und Formen der Zusammenarbeit aufzubrechen, Wissensverbreitung zu fördern und die Innovationskraft im Unternehmen zu stärken, sind die Erhöhung der Mitarbeitereigenverantwortung und die Einführung selbstorganisierter Teams empfehlenswert, sagen die Autoren.

    Michael Höbig und Sebastian Leonhard widmen ihren Beitrag der Tatsache, dass es innerhalb der von der digitalen Transformation betroffenen Unternehmen einer treibenden Kraft bedarf, die den digitalen Wandel steuert und verantwortet. Zunehmend etabliert sich in Unternehmen die Position eines Chief Digital Officers (CDO). Sie beleuchten die zahlreichen Herausforderungen, die sich im Spannungsfeld von Aufgabenvielfalt, internen Machtkämpfen und unzähligen externen Einflüssen für den CDO ergeben, und werfen einen Blick auf seine zukünftige Rolle.

    Nils-Carsten Huber proklamiert, dass ein CFO gebraucht wird, der im Sparring mit dem CEO neue, erweiterte Ambitionen für das Unternehmen ermöglicht sowie ein neutrales Verständnis von Unternehmensrisikomanagement hat, das Chancen den gleichen Platz einräumt wie Bedrohungen. Unternehmenseigner und Aufsichtsräte fangen bereits an, ihre Anforderungsbeschreibungen der Rolle des Finanzvorstands/CFO oder kaufmännischen Geschäftsführers zu überdenken, ist sich der Autor sicher.

    Barbara Rybol und Jan Pika stellen in ihrem Beitrag ihre Erfahrungen in einem fiktiven Coaching-Dialog mit der Persona „Charlie", einer überzeugten agilen Convincerin, zusammen. Dabei begleiten sie Charlie im Sinne einer User Journey in Phase eins der agilen Transformation. Sie teilen Beobachtungen und methodische Empfehlungen, wie agile Transformer in einer nur mittelmäßig überzeugten Organisation erfolgreich agieren können. Die Einbeziehung von Mainstream-Ansätzen wird ebenso thematisiert wie eigene erfolgreich erprobte trojanische Lösungen aus den Bereichen Design Thinking, Scrum, Changemanagement und systemischer Arbeit.

    Insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen stellt die Digitalisierung eine große Herausforderung dar und erfordert eine engere Zusammenarbeit der Unternehmen, sind sich Maren Gierlich, Malte Volkwein und Ronny Schüritz sicher. Durch die stärker werdende Integration von KMUs in Ökosystemen können Hürden der Digitalisierung überwunden und höhere Digitalisierungslevel erreicht werden. Aus dem Zusammenspiel der Positionierung der Unternehmen im Ökosystem und den sich daraus ergebenden Digitalisierungsstrategien leiten die Autoren skalierbare Handlungsempfehlungen für KMUs ab.

    Teil IV präsentiert ausgewählte Technologien & Tools, die in der digitalen Transformation wichtig sind. Markus H. Dahm und Benjamin Constantine behandeln in ihrem Beitrag das Thema Machine Learning aus der Perspektive mittelständischer Betriebe. Nach einer kurzen Einführung in die Thematik kommen die Autoren zum Kern des Beitrages: der Zusammenfassung einer Studie, an der elf mittelständische Unternehmen aus Deutschland und der Schweiz teilgenommen haben. Drei ausgewählte Fallstudien werden etwas ausführlicher herausgestellt und dienen der Erarbeitung von Ansätzen und Erfolgsfaktoren.

    Neben dem Machine Learning kommt der Kommunikation und Kollaboration eine Schlüsselfunktion in der digitalen Transformation zu. Julian Kupfer und Melanie Neeven schildern, wie die Beiersdorf AG in einem Initialprojekt ihr Intranet und ihre Kollaborationsplattform durch die Einführung und Nutzung von Microsoft Office 365 modernisiert und mit „younited" ein neues digitales Zuhause für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geschaffen hat. Sie stellen dar, wie es neben dem technologischen Wandel auch zu einem Wandel in der Arbeits- und Kommunikationskultur kommt.

    Der Beitrag von Carolin Joseph zeigt, dass Technikakzeptanz und Veränderungsbereitschaft eine essenzielle Rolle dabei spielen, den digitalen Wandel erfolgreich zu gestalten. Organisationen, die wissen, wie veränderungsbereit ihre Mitarbeiter sind, können besser verstehen, wie eine technische Neuerung akzeptiert wird. Einflussfaktoren wie die wahrgenommene Nützlichkeit oder die wahrgenommene Leichtigkeit in der Benutzung einer neuen Technik lassen sich bewusst beeinflussen, ist sich die Autorin sicher.

    Manuel Guttenberger und Peter Vatter beginnen ihren Beitrag ausgehend von der Tatsache, dass es vielen etablierten Unternehmen in der digitalisierten Welt im Gegensatz zu Start-ups an einem umfassenden Verständnis für dynamische Innovationsprozesse, die notwendige Arbeitskultur und passende Innovationsformate mangelt. Die Autoren stellen Ansätze vor, wie disruptive Innovationen vorangetrieben werden können. Sie fokussieren das Open Innovation Model, das den Austausch mit internen und externen Know-how-Trägern beschreibt, und stellen darauf aufbauend das Konzept des Makeathons vor, bei dem Mitarbeiter für begrenzte Zeit gezielt aus der Linienstruktur herausgelöst werden und die Möglichkeit erhalten, eine Innovation frei von den formalen Zwängen des Alltagsgeschäfts voranzutreiben.

    Das Buch schließen Tobias Schütz und Stephan W. Schusser. Sie stellen ein Framework vor, das Bauzulieferern dabei hilft, ihr digitales Zielbild mit seinen Werttreibern systematisch aus dem Kundennutzen abzuleiten. Das Framework berücksichtigt die Besonderheiten der Bauzulieferindustrie, kann aber mit leichten Anpassungen auch auf andere Branchen angewendet werden.

    Danksagung

    Die vorliegende Herausgeberschaft wäre nicht möglich gewesen ohne das Engagement und die Unterstützung zahlreicher Menschen. Wir danken den Autorinnen und Autoren für das Teilen ihrer Erfahrungen, ihre Zuverlässigkeit und den menschlich angenehmen Austausch. Angela Meffert vom Springer Gabler Verlag danken wir für die – gewohnt! – konstruktive Zusammenarbeit, das Lektorat und das frühe Signal, nach unserem ersten Buch „Strategie und Transformation im digitalen Zeitalter" direkt eine weitere Herausgeberschaft folgen zu lassen. Und schließlich: Alles, was uns privat wie beruflich gelingt und Freude bereitet, wäre unmöglich ohne die positive Energie und liebevolle Unterstützung unserer Familien. Ihnen widmen wir dieses Buch.

    Prof. Dr. Markus H. Dahm

    Prof. Dr. Stefan Thode

    Hamburg, im Sommer 2020

    Inhaltsverzeichnis

    Teil I Mindset und Skills

    1 Die Entwicklung eines agilen Mindsets in Unternehmen als Basis für organisationale Agilität 3

    Michael Höbig und Cindy Kubsch

    2 Auf den Menschen kommt es an! – Die Bedeutung weicher Faktoren in der digitalen Transformation 27

    Marco Nink

    3 Digital Mindset zur Steigerung der Wettbewerbsfähig​keit von Unternehmen 45

    Julian Knorr

    4 Die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Arbeit und die benötigten Soft Skills der Arbeitenden 61

    Christian Hättenschwiler

    5 Künstliche Intelligenz im Talent-Management – die richtigen Hebel zur Chancenrealisier​ung 83

    Sonja Hollerbach und Clemens Kreimeier

    Teil II Leadership und Kultur

    6 Digital-Leadership-Index – Führung im digitalen Umfeld anschaulich und messbar machen 103

    Helen Dombrowski und Nicolas Bogs

    7 Die digitale Transformation von Unternehmen – Unternehmenskult​ur im Fokus 127

    Markus H. Dahm, Clemens Holst und Lisa-Marie Schmitz

    8 Designtransforma​tion trifft Realität 153

    Jens Heuer

    9 Running up the Hills – Die Designtransforma​tion der IBM 177

    Antje Kruse-Schomaker und Wibke Huber-Saffer

    10 Die Interdependenz von Digitalisierung und Nachhaltigkeit als Chance der unternehmerische​n Transformation 201

    Michael von Kutzschenbach

    Teil III Rollen und Akteure

    11 Auswirkungen der Digitalisierung auf die Wertschöpfungsak​teure 221

    Markus H. Dahm und Clemens Holst

    12 Wer steuert die Digitale Transformation im Unternehmen und wie?​ – Herausforderunge​n des Chief Digital Officer 249

    Christian Heinrich und Sebastian Leonhard

    13 Cost-Cutter, Steuersparer oder Enabler?​ 263

    Nils-C. Huber

    14 Anstiftung zur Disruption – Die Rolle von Agile-Coaches in der digitalen Transformation 281

    Barbara Rybol und Kai Jan Pika

    15 Die Rolle von KMUs in digitalen Ökosystemen – Wie sich KMUs in einer zunehmend digitalisierten Welt positionieren 303

    Maren Gierlich, Ronny Schüritz und Malte Volkwein

    Teil IV Technologien und Tools

    16 Machine Learning für den Mittelstand 327

    Markus H. Dahm und Benjamin Constantine

    17 younited – Wie das digitale Zuhause von Beiersdorf eine neue Kommunikationsku​ltur fördert 345

    Melanie Neeven und Julian Kupfer

    18 Technikakzeptanz​ und Veränderungsbere​itschaft im digitalen Wandel 363

    Carolin Joseph

    19 Innovate like Start-ups – Das Innovationsforma​t Makeathon als Basis für die Entwicklung disruptiver Innovationen 379

    Manuel Guttenberger und Peter Vatter

    20 Digitalisierung in der Bauzulieferbranc​he – Ein Strategieframewo​rk 397

    Tobias Schütz und Stephan W. Schusser

    Über die Herausgeber

    Markus H. Dahm

    ../images/482572_1_De_BookFrontmatter_Figb_HTML.jpg

    (MBA) ist Organisationsentwicklungsexperte und Führungskraft im Bereich „Digital Change & Transformation" bei der IBM Deutschland GmbH. Ferner lehrt und forscht er als Honorarprofessor an der FOM Hochschule für Oekonomie & Management in den Themenfeldern Digital Management, Business Consulting und agile Organisationsgestaltung. Er publiziert regelmäßig zu aktuellen Management- und Leadership-Fragestellungen in wissenschaftlichen Fachmagazinen, Blogs und Online-Magazinen sowie der Wirtschaftspresse. Als Digital Transformation Thought Leader ist er auf Konferenzen und Symposien als Speaker gefragt. Er ist Autor und Herausgeber zahlreicher Bücher. Mit seiner Familie lebt er in Hamburg.

    Stefan Thode

    ../images/482572_1_De_BookFrontmatter_Figc_HTML.jpg

    hat in den vergangenen 20 Jahren als Manager in Deutschland, England und den USA sowie als Berater, Coach und Trainer zahlreiche komplexe Transformationsprozesse im nationalen und internationalen Umfeld begleitet. Zudem lehrt und forscht er als ordentlicher Professor für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre an der FOM Hochschule in Hamburg zu den Themenfeldern Agiles Management, Change Management, Digitale Transformation, Leadership, New Work und Strategie. Lehr- und Forschungsaufenthalte führten ihn an Universitäten in Istanbul, Kiew, Murcia, New York und Sydney. Stefan Thode wird als Keynote Speaker und Moderator zu Konferenzen und Firmenevents eingeladen. Er lebt mit seiner Frau und seinen drei Kindern in Hamburg.

    Teil IMindset und Skills

    © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020

    M. H. Dahm, S. Thode (Hrsg.)Digitale Transformation in der Unternehmenspraxishttps://doi.org/10.1007/978-3-658-28557-9_1

    1. Die Entwicklung eines agilen Mindsets in Unternehmen als Basis für organisationale Agilität

    Michael Höbig¹   und Cindy Kubsch¹  

    (1)

    Hamburg School of Business Administration gGmbH und MOIIN GmbH, Deutschland

    Michael Höbig (Korrespondenzautor)

    Email: michael.hoebig@hsba.de

    Cindy Kubsch

    Email: cindy.kubsch@hsba.de

    1.1 Bedeutung der organisationalen Agilität für die digitale Transformation

    1.2 Vier Elemente zur Entwicklung eines agilen Mindsets

    1.2.1 Charakteristika des agilen Mindsets

    1.2.2 Empirische Untersuchung

    1.2.3 Interviewergebnisse: Vier Elemente eines agilen Mindsets

    1.3 Agilität und das menschliche Gehirn

    1.3.1 Neurowissenschaftliche Grundlagen des menschlichen Verhaltens

    1.3.2 Das menschliche Gehirn und das Element „Vernetzung"

    1.3.3 Das menschliche Gehirn und das Element „Selbstwirksamkeit"

    1.4 Zusammenfassung und Fazit

    Literatur

    Schlüsselwörter

    Agiles MindsetOrganisationale AgilitätVernetzungSelbstwirksamkeitNeurowissenschaft

    Michael Höbig

    ../images/482572_1_De_1_Chapter/482572_1_De_1_Figa_HTML.jpg ist Professor für Supply Chain Management an der HSBA Hamburg School of Business Administration. An der HSBA leitet Professor Höbig das Digital Innovation Lab (DI-Lab), in dem Themen zu Digitalisierung und Corporate Innovation untersucht werden. Als akademischer Leiter verantwortet er die Programme MBA Corporate Management und MSc Digital Transformation & Sustainability. Michael Höbig war langjährig geschäftsführender Gesellschafter bei der Pleyma GmbH in Hamburg. Im Anschluss war er als Head of Strategy SCM bei Siemens Wind Power in Dänemark beschäftigt. Anschließend war er bei Ramboll in Hamburg im Management Consulting tätig. Zurzeit ist er parallel zur Hochschultätigkeit als geschäftsführender Gesellschafter bei der MOIIN GmbH in der digitalen Transformation von Unternehmen beratend tätig.

    Cindy Kubsch

    ../images/482572_1_De_1_Chapter/482572_1_De_1_Figb_HTML.jpg (MBA) arbeitet als Innovation Coach im Digital Innovation Lab der HSBA-Hamburg School of Business Administration. Parallel ist sie geschäftsführende Gesellschafterin bei der MOIIN GmbH. Ihr Fokus liegt auf der Moderation und inhaltlichen Prozessbegleitung von Projekten im Bereich der digitalen Transformation von Unternehmen. Dabei geht es vor allem um die Themen Innovation, Geschäftsmodell- und Organisationsentwicklung. Sie hält einen MBA mit Schwerpunkt im strategischen Management. Ihr spezielles Fachgebiet sind organisationale Agilität und Entwicklung eines agilen Mindsets.

    Lesernutzen

    Die Einführung von Agilität stellt selbst Großunternehmen, die mit der digitalen Transformation bereits Erfahrungen gemacht haben, vor vielfältige Herausforderungen. Die Aspekte, die hierbei zu berücksichtigen sind, können in die vier Bereiche Leadership, organisatorische Rahmenbedingungen, Vernetzung und Selbstwirksamkeit gegliedert werden. Welche Insights diese Unternehmen in den letzten Jahren in der organisationalen Agilität gesammelt haben, wird in diesem Beitrag prägnant zusammengefasst und mit Handlungsempfehlungen versehen. Ein besonderer Schwerpunkt wird auf die Eigenheiten des menschlichen Gehirns gelegt. Dabei wird aufgezeigt, wie bestehende Denk- und Verhaltensmuster einer Transformation häufig im Wege stehen. Durch Best-Practice-Beispiele wird beschrieben, wie das Aufbrechen dieser Strukturen durch eigenes Erleben agiler Prinzipien im gesicherten Umfeld erfolgen kann.

    1.1 Bedeutung der organisationalen Agilität für die digitale Transformation

    52 % der Unternehmen, die im Jahr 2000 zu den Fortune-500-Unternehmen gehörten, sind in der Zwischenzeit aufgrund von Zusammenschlüssen, Aufkäufen, Bankrott oder Umsatzrückgang aus dieser Liste herausgefallen (Wang 2015, S. 2). Auslöser für einige dieser Veränderungen ist das Aufkommen digitaler Produkte und Services. Auch wenn die Veränderungen der Unternehmenslandschaft in Deutschland nicht so gravierend erscheinen mögen, zeigt doch das Beispiel der Ablösung der Commerzbank durch Wirecard im DAX 30 deutlich, dass die digitale Wirtschaft auch hierzulande mehr und mehr Einzug hält (Dörner et al. 2018). Was führt zu solchen gravierenden Veränderungen und warum sind Unternehmen teilweise schlecht in der Lage, damit umzugehen?

    Märkte und Konsumentenverhalten entwickeln sich mit hoher Dynamik und oft unvorhersehbar sowie mit teilweise widersprüchlichen Trends. Unternehmen agieren so zunehmend in einem Umfeld, das als komplex bis chaotisch klassifiziert wird. Dieses Marktumfeld wird häufig auch als VUCA-Welt (Volatilität, Unsicherheit, Komplexität/Complexity, Ambiguität/Mehrdeutigkeit) bezeichnet (Bendel 2019).

    Einer der zentralen Begriffe im aktuellen Wirtschaftsumfeld ist die Komplexität. Häufig werden die Herausforderungen, denen die Unternehmen sich gegenübersehen, auf die wachsende Komplexität zurückgeführt. Warum das für Unternehmen problematisch ist, verdeutlicht ein kurzer Blick auf die Komplexität an sich, die häufig mit Kompliziertheit verwechselt wird. Während es allerdings in komplizierten Systemen vor allem eine hohe Anzahl an Elementen und Beziehungen gibt, kommt unter komplexen Rahmenbedingungen meist noch hohe Dynamik hinzu. Zudem ist es schwierig, komplexe Systeme einfach zu beschreiben (Vieweg 2015, S. 16). Daher ist das Verhalten des Systems schwer nachvollziehbar und im Vorwege durchgeführte Planungen, die naturgemäß nicht alle Optionen beinhalten können, werden zumindest teilweise obsolet. Kurzgefasst gibt es für komplexe Situationen also keine einfach zu beschreibende bzw. lineare Lösung.

    Externe Komplexität, die sich auf das Umfeld eines Unternehmens bezieht, kann als

    Nachfragekomplexität (zunehmend fragmentierte Mikromärkte mit divergierenden und sich schnell verändernden Bedürfnissen),

    Wettbewerbskomplexität (Anstieg der Wettbewerbsdynamik, vor allem in digitalen Märkten starke Globalisierung und Senkung der Eintrittsbarrieren) sowie

    technologische Komplexität (neu aufkommende sowie stärker kombinierte und integrierte Technologien und kürzer werdende Produktzyklen)

    verstanden werden (Bliss 2000, S. 5). Gerade im digitalisierten Umfeld existieren diese Entwicklungen häufig parallel. Bestehende Wettbewerbsvorteile werden so von allen Seiten attackiert und die Wettbewerbsfähigkeit kann in relativ kurzer Zeit stark reduziert werden. So können beispielsweise Märkte entstehen, in denen bisher kostenpflichtige Leistungen verschenkt werden. Aufgrund der Reduzierung von Transaktionskosten durch automatisierte Prozesse und die gleichzeitige Ausweitung der potenziellen Anzahl von Kunden durch Globalisierung greifen Skaleneffekte doppelt. In der Ära der Plattformen können dabei Unternehmensgewinne auch durch Monopolisierung ergänzender Leistungen entstehen. Wichtige Basisleistungen können somit durch Quersubventionierung kostenlos werden oder bleiben (Anderson 2009, S. 30).

    Vor allem kleinere Unternehmen in Deutschland scheint gerade die technologische Entwicklung beim Einsatz digitaler Technologien vor große Herausforderungen zu stellen. Ein Beispiel hierzu zeigt die vergleichsweise geringe Anzahl von Digitalisierungsprojekten vor allem in kleineren Unternehmen (Abb. 1.1).

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    Abb. 1.1

    Anteil der Digitalisierer in deutschen Unternehmen. (Quelle: KfW Research 2018, S. 2)

    Zusätzlich zur externen Komplexität liegt häufig in großen bzw. etablierten Unternehmen eine hohe innere Komplexität vor. Diese wird beispielsweise durch die Anzahl der Produkte oder die Organisationseinheiten beeinflusst. Durch die verbreitete Strategie, ein digitales Geschäftsmodell mit konventionellen Produkten zunächst durch digitale Services zu ergänzen, steigt die Komplexität meist weiter an. Erst durch eine radikale Ablösung des bestehenden Portfolios durch komplett digitale Entwicklungen kann die innere Komplexität dann wieder (z. B. durch Baukastenprinzipien) reduziert werden. In solchen Szenarien der Unternehmensentwicklung greifen unter anderem Mechanismen, die Christensen (1997, S. 225–230) als Innovator’s Dilemma bezeichnet: Unternehmen halten an den Produkten fest, die bereits gut sind, und verbessern diese weit über den eigentlichen Kundennutzen hinaus – mit entsprechenden Folgen für die Kosten. Dabei ignorieren sie neue, disruptive Entwicklungen, da die Märkte dafür noch zu klein, die Planung schwierig und der Return unsicher sind. Ergänzend dazu befragen sie ihre Bestandskunden und treffen aufgrund von Risikovermeidung Entscheidungen, die eher bisherige Investitionen in bestehende Ressourcen rechtfertigen, statt diese infrage zu stellen.

    Wirtschaftssysteme und hierin vor allem Unternehmen streben zu großen Teilen nach Effizienz und sind von daher nicht gewohnt, mit Komplexität angemessen umzugehen. Zurückzuführen ist dies unter anderem auf die Ausbildung der handelnden Personen und die vorhandenen Rahmenbedingungen. Zum Beispiel legen die wenigsten Studiengänge oder betrieblichen Ausbildungen Wert auf das Verständnis von Systemen und Systemdynamik. Häufig sind betriebliche Prozesse nicht auf Veränderungsmöglichkeiten ausgerichtet, sondern auf die möglichst effiziente Durchführung von Aufgaben. Schließlich gibt es keine Belohnung für Handeln, das vom Plan abweicht; Ziele sind eher kurzfristig ausgerichtet (Sherf et al. 2019, S. 8). Eine aktuelle Studie aus dem Bereich des Handels zeigt auf, dass Komplexität in Unternehmen in gleichem Maße auf interne Treiber wie auf externe Verursacher zurückgeführt werden kann. Komplexität wird so unter anderem durch die Organisationsstruktur wie auch durch Aufgabenvielfalt der Mitarbeiter erzeugt (Bischoff und Rudolph 2019, S. 52).

    Netzwerke werden in jüngster Zeit als Hilfsmittel erkannt, um zu lernen, mit der steigenden Komplexität umzugehen. Allerdings befinden sich die Erkenntnisse hierzu im Anfangsstadium und es gibt noch keine ausreichenden Untersuchungen dazu, wie Netzwerkprinzipien bei dem Management komplexer Systeme wirklich helfen können. Thurner (in Lotter 2019, S. 37) weist folgendermaßen darauf hin: „Wir fangen jetzt erst an, Netzwerke zu verstehen. Und damit zu begreifen, wie man mit Komplexität umgehen soll." Neuere Strömungen in der Organisationsentwicklung unterstützen dies mit der Formulierung stärkerer Selbstorganisation bis hin zu extremen Ansätzen wie Holocracy.

    Unternehmen müssen daher Organisationsstrukturen schaffen, die es ihnen ermöglichen, die interne sowie die externe Komplexität zu bewältigen. Dies bedeutet, die sich ändernden Kundenbedürfnisse zu erfassen und adäquat in hoher Geschwindigkeit zu beantworten (Mack und Khare 2016, S. 5–11). Nur so können sie flexibel auf die externen Veränderungen reagieren und schnelle Entscheidungen treffen. Um weiterhin am Markt bestehen zu bleiben oder ihren Wettbewerbsvorteil in komplexem Umfeld ausbauen zu können, wird daher häufig gefordert, dass Unternehmen agiler werden müssen.

    Nun ist das zunächst einmal eine undifferenzierte Sicht, denn die Einführung agiler Methoden sollte kein Selbstzweck sein. Daher stellen Unternehmen unter anderem fest, dass agiles Vorgehen per se noch keine Verbesserungen bewirkt, sondern auch durchaus zu neuen Herausforderungen führt. Dennoch wird in Agilität scheinbar ein Allheilmittel für jegliche Art von Problemen gesehen, welche im Zusammenhang mit digitaler Transformation und neuen Geschäftsmodellen stehen (Hölscher 2017, S. 108). Aus der Tätigkeit der Autoren im Digital Innovation Lab der HSBA (DI-Lab@HSBA) lassen sich ebenfalls zahlreiche Belege für diese These finden. Dass es allerdings nur eine begrenzte Notwendigkeit für die Anwendung von agilen Methoden gibt, stellt die Stacey-Matrix anschaulich dar (siehe Abb. 1.2).

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    Abb. 1.2

    Stacey-Matrix. (Quelle: Komus und Schmidt 2018)

    Die Darstellung in der Matrix spannt über zwei Dimensionen die Frage auf, ob eine Aufgabenstellung als simpel, kompliziert, komplex oder chaotisch bezeichnet werden kann. Dazu werden die Aufgaben danach klassifiziert, wie klar sie zu beschreiben sind (Achse „Anforderungen") und inwiefern die Vorgehensweise zur Erfüllung dieser Anforderungen bekannt ist. Dabei zeigt sich, dass eine durchaus große Anzahl an Aufgaben in Kategorien fällt, die an sich keine hohe Komplexität aufweisen und somit gut mit klassischen Methoden zu lösen sind. Agile Vorgehensweisen werden in den meisten Fällen zur Bearbeitung von komplexen Aufgabenstellungen als geeignet angesehen.

    Das Konzept der Agilität geht allerdings auch deutlich über das hinaus, was häufig darunter verstanden wird. Oft werden lediglich einzelne Methoden verwendet oder es wird gar mit Scrum gleichgesetzt. Dabei ist Agilität mehr als eine Sammlung von Regeln und Vorschriften, es ist ein Mindset. Dafür bedarf es auch Mitarbeiter, die agil denken und handeln und ein sogenanntes agiles Mindset besitzen. Dieses Mindset ist charakterisiert durch offene Kommunikation, Transparenz, Kollaboration und Feedback (Scheller 2017, S. 4, 371–372). Die Wiege der organisationalen Agilität liegt in der Softwareentwicklung. 2001 wurde das „Agile Manifest von 17 Vertretern aus Programmierung, Softwareentwicklung und Scrum gemeinschaftlich unterzeichnet. Dieses Manifest besteht aus vier Kernwerten und zwölf Prinzipien für die Softwareentwicklung und liefert gleichzeitig relevante Ableitungen für das wirtschaftliche und organisationale Umfeld von Unternehmen (Beck et al. 2001). Demnach bedeutet „Agilität, anpassungsfähig zu sein, flexibel auf Veränderungen zu reagieren, eine inkrementelle und iterative Arbeitsmethode mit einem starken Kundenfokus anzuwenden und Projekte in einem crossfunktionalem Team in Kollaboration durchzuführen (Cohen et al. 2004, S. 12).

    Aus diesem Ansatz ergibt sich die Frage, wie Organisationen Agilität als Mindset einführen und fördern können und wie organisationale Agilität gemessen werden kann. In der aktuellen Forschung existiert kein Modell, welches Hinweise und Maßnahmen zur Entwicklung eines agilen Mindsets im unternehmerischen Kontext liefert. Die Frage, die sich daraus ergibt, lautet demzufolge: „Wie können Individuen/Angestellte ein agiles Mindset entwickeln und wie kann folglich organisationale Agilität in Unternehmen eingeführt werden?"

    1.2 Vier Elemente zur Entwicklung eines agilen Mindsets

    1.2.1 Charakteristika des agilen Mindsets

    In der Literatur existieren verschiedenste Definitionen für Mindset, die wiederum unterschiedliche Merkmale hervorheben. Meist wird jedoch erklärt, dass es sich bei einem Mindset um Überzeugungen oder eine Ansammlung von Gedanken handelt, die eine mentale Einstellung bilden und zum Verhalten einer Person beitragen (Hofert 2018, S. 4–5). Ein agiles Mindset beinhaltet agiles Denken. Koutstaal definiert agiles Denken wie folgt:

    „Agiles Denken beinhaltet Möglichkeiten, Informationen und Wissen darzustellen und zu verarbeiten (zu nutzen), die flexibel, kreativ und an veränderte Umstände und Ziele angepasst [Hervorh. d. Verf.] sind. Es ist das Denken, das in der Lage ist, langfristige und vorläufige Pläne und Projekte angesichts eines dynamischen und stabileren Umfelds inmitten von Unsicherheiten und Unklarheiten sowie realer Risiken und Chancen zu fördern und aufrechtzuerhalten" (Koutstaal 2011, S. 3; Übers. d. Verf.). Die kognitive Neurowissenschaft bietet verschiedene Konzepte zum Verständnis des flexibel anpassungsfähigen Denkens, während Koutstaal darauf hinweist, dass agiles Denken ein umfassendes Paradigma darstellt und als höhere Abstraktionsebene angesehen werden kann, wie in Abb. 1.3 dargestellt.

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    Abb. 1.3

    Mentale Agilität. (Quelle: Koutstaal 2011, S. 5)

    Es ist das flexible und anpassungsfähige menschliche Gehirn, das letztendlich agiles Denken ermöglicht. An dieser Stelle scheint es wichtig zu betonen, dass agiles Denken nicht kreatives Denken bedeutet. Es stellt ein umfassenderes Konzept dar, dessen Grundlage ein agiler Geist bildet. Daher gibt es Strategien zur Entwicklung einer veränderten und agilen Denkweise. Indem wir das menschliche Gehirn in seiner Funktionsweise analysieren und verstehen, wie innere Prozesse beeinflusst werden, ist es möglich, Mindsets und Einstellungen zu verändern (Koutstaal 2011, S. 4–5). Grundsätzlich ist ein agiler Geist „[…] geprägt von dem, was und wie wir erforschen, einschließlich der Situationen und Ideen und Probleme, mit denen wir uns beschäftigen, kämpfen und spielen […]" (Koutstaal 2011, S. 26; Übers. d. Verf.). Wie die Ergebnisse der neurowissenschaftlichen Forschung eine agile Denkweise fördern können, wird in Abschn. 1.3 dargestellt. Dweck (2017, S. 7, 223–226) hat die Theorie eines festen, statischen (fixed) und wachsenden, dynamischen (growth) Mindset entwickelt. Das sogenannte Growth-Mindset ist inkrementell, entwickelt sich ständig weiter und aktualisiert sich selbst. Dies ist die Kernvoraussetzung, um agil zu sein.

    Neben neurowissenschaftlichen und psychologischen Theorien über Mindsets und die Grundlagen des agilen Denkens, hat das agile Mindset verschiedene Charakteristika. Es zeichnet sich durch offene Kommunikation, Transparenz, Zusammenarbeit und Feedback aus. Die Etablierung eines agilen Mindsets bei Mitarbeitern zieht somit auch einen kulturellen Wandel in Unternehmen nach sich. Die Bestrebung, eine agile Organisation zu erschaffen, steht und fällt mit dem Mindset und dem Commitment des Führungsteams (Gloger und Rösner 2017, S. 53).

    Darüber hinaus muss eine agile Kultur auf folgenden Grundsteinen aufgebaut werden (Scheller 2017, S. 116, 386):

    Motivation,

    Vertrauen und Verantwortung,

    Offenheit, Respekt, Mut sowie

    selbstorganisierte Gruppen und Teams.

    Diese Schlüsselaspekte der agilen Kultur weisen eine hohe Überschneidung mit den vier Elementen auf, die laut Pink (2011, S. 47, 62) erforderlich sind, damit Menschen motiviert sind:

    Autonomie: Die Freiheit, das zu tun, was man für richtig und wichtig hält,

    Perfektionierung: dies dann auch mindestens gut zu können und zu beherrschen,

    Sinnerfüllung: zu wissen, wozu man dies tut,

    Zusammenarbeit: mit anderen gemeinsam an einer Aufgabe arbeiten.

    Indem neurowissenschaftliche Erkenntnisse über das menschliche Gehirn und aktuelle Mindset-Studien mit den Konzepten von Agilität und agiler Kultur, einschließlich der Motivationselemente, kombiniert werden, kann der erste Meilenstein auf dem Weg zur Erfassung agiler Organisationen erreicht werden (Mack und Khare 2016, S. 14).

    Für Organisationen besteht daher die Herausforderung darin, eine Organisationsstruktur für sich zu finden, die diese Elemente enthält, um effektiv arbeiten zu können. In der Literatur wie auch in der Praxis existieren verschiedene Ansätze zum Thema Agilität – diese reichen von Schwarmorganisationen bis hin zu Holocracy-Ansätzen. Es ist jedoch ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass es keine einheitliche Lösung für alle Unternehmen gibt. Auch in den von den Autoren durchgeführten Interviews mit Unternehmensvertretern (siehe Abschn. 1.2.3) hat sich gezeigt, dass weder Methoden noch Strukturen in Reinform Anwendung finden. Es muss immer individuell nach Unternehmen, Abteilung, Team bis hin zum jeweiligen Projekt bewertet werden, inwieweit Agilität in der Organisation hilfreich ist.

    Jedoch müssen vor allem traditionelle, hierarchische Organisationen mit einer Command-and-Control-Struktur ihre Strukturen gemäß den agilen Werten und Prinzipien neu organisieren. Nur so kann eine funktionsübergreifende Teamzusammenarbeit ermöglicht werden, in der Teams befähigt sind, Entscheidungen zu treffen und kundenorientiert zu handeln (Wise und Daniel 2015, S. 119; Denning 2017, S. 11). Organisationsstrukturkonzepte, die mit Command-and-Control verbunden sind, eignen sich nicht für eine agile Umgebung.

    Organisationskultur ist einer der Schlüsselfaktoren in jedem strategischen Transformationsprozess. Nach Larmans Gesetz muss zuerst die Organisationsstruktur angepasst und verändert werden, bevor die Organisationskultur sich verändern kann. Unternehmenskultur ist das Produkt des Verhaltens der Menschen innerhalb der Organisation (Scheller 2017, S. 349).

    Kurzum: Das agile Mindset der Mitarbeiter ist das Produkt aus der Veränderung der Organisationsstruktur und dem dadurch angestoßenen kulturellen Wandel. Das Konzept einer agilen Organisation wird erst dann erfassbar und erlebbar, wenn die Mitarbeiter und das Führungsteam verstanden haben, was Agilität bedeutet, und wie die agilen Werte und Prinzipien gelebt und praktiziert werden.

    1.2.2 Empirische Untersuchung

    Das im Folgenden vorgestellte Modell zur Entwicklung eines agilen Mindsets basiert auf den Erkenntnissen einer eigens zu diesem Thema durchgeführten Studie. Es wurden 13 qualitative Interviews in zwölf deutschen Großunternehmen geführt. Alle befragten Unternehmen befinden sich bereits seit mehreren Jahren auf dem Weg zu einer agilen Organisation und haben bereits verschiedene Veränderungsprozesse angestoßen.

    Im Fokus dieser Befragung standen (Abb. 1.4):

    das konkrete Vorgehen sowie Erleben der Einführung von Agilität in die Organisation,

    Erfahrungswerte/Lessons Learned und Best-Practice-Beispiele,

    Beispiele für die Umsetzung von Agilität im operativen Tagesgeschäft sowie

    Handlungsempfehlungen für andere Unternehmen.

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    Abb. 1.4

    Übersicht über die durchgeführten Interviews

    Basierend auf den Erkenntnissen und Resultaten war es möglich, in einem theoriebildenden Verfahren die wiederkehrenden Themen zu Clustern und in vier Elemente einzuteilen. Dieser Prozess wurde auch durch andere, in der Literatur vorgefundene Modelle und Theorien beeinflusst sowie durch Forschungsergebnisse in verwandten Disziplinen wie Psychologie, Neurowissenschaften, Sozialwissenschaften oder Change-Management angereichert.

    Um als Unternehmen agil zu sein, müssen die Mitarbeiter agil denken und handeln. Wie bereits beschrieben, stellt dies eine besondere Herausforderung dar. Das Mindset der Mitarbeiter lässt sich nicht von heute auf morgen verändern, hier bedarf es verschiedenster Rahmenbedingungen. Daher kann jedes Element für sich allein nur wenig Veränderung bewirken. Die Elemente bedingen und verstärken einander und müssen als System verstanden werden.

    Es ergaben sich folgende vier Hauptelemente, die bei der Entwicklung eines agilen Mindsets relevant sind: Leadership, organisatorische Rahmenbedingungen, Vernetzung und Selbstwirksamkeit. Das Modell zeigt, wie alle vier Elemente sich gegenseitig beeinflussen und verstärken (siehe Abb. 1.5).

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    Abb. 1.5

    Agiles Mindset Entwicklungsmodell. (Quelle: Basierend auf den qualitativen Interviews)

    Bevor auf jedes einzelne dieser Elemente eingegangen wird, sollen zunächst grundsätzliche Erkenntnisse zum Thema Agilität skizziert werden.

    Bei der Frage, was die jeweiligen Experten unter „Agilität" verstanden, wiesen sechs der 13 Befragten nachdrücklich darauf hin, dass Agilität ein klar definierter Prozess mit unterschiedlichen Rollen, Verantwortlichkeiten, Prozessen und Routinen ist. Fünf Befragte erwähnten explizit, dass Agilität nichts mit Chaos zu tun hat, sondern eine andere Herangehensweise an die Bearbeitung von Aufgaben ist und zur Bewältigung von Komplexität dient.

    Darüber hinaus ist erwähnenswert, dass Agilität als eine Haltung und nicht als eine Reihe von Werkzeugen angesehen wird. Einige der Befragten wiesen sofort folgendermaßen darauf hin: „Agilität ist nicht Scrum!. Weiterhin wurde übereinstimmend gesagt, dass „Agilität in den letzten Jahren als Modewort in den Unternehmen kursiert und allein deshalb auf Widerstand in der Belegschaft stößt. Einige rieten daher sogar dazu, das Wort „agil" nicht zu verwenden und das Konzept der Agilität durch einfachere Sprache, Visualisierungen und Geschichten einzuführen.

    Überdies betrachteten die Befragten die Einführung von Agilität als Teil eines umfassenden Transformationsprozesses, der in den Unternehmen häufig als „digitale Transformation" bezeichnet wird. Begleitet wird der neue Arbeitsansatz von Innovationsprogrammen, beispielsweise Think-Tanks, Start-up-Kooperationen sowie neuen Strategieplänen, neu integrierten Technologien oder neuen Geschäftsmodellen. Die häufigsten Beweggründe für Unternehmen, Agilität anzustreben, sind: anpassungsfähiger, schneller und kundenorientierter werden, den Wettbewerbsvorteil steigern, die Unwirksamkeit traditioneller Arbeitsmethoden (hier insbesondere die Definierung von Lastenheften) sowie die Nachfrage der Kunden im Business-to-Business-Bereich und eine höhere Flexibilität bei der Durchführung von Projekten erreichen.

    Traditionelle und große Unternehmen kämpfen mit ihren komplexen und hierarchischen Strukturen. Aufgrund der traditionellen Denkweise des Managements werden veraltete Berichtslinien und Prozesse weiter eingehalten und so kommt es zu Konflikten an Schnittstellen zwischen der alten und der neuen, agilen Welt (Ambiguität). Solche Phänomene können durch den differenzierenden Sozialisierungsprozess erklärt werden, bei dem der Status durch ein Aufsteigen in der Hierarchie definiert wird und durch das Kontrollieren von Kommunikationslinien (Command-and-Control).

    In Bezug auf das Agile Manifest gab die Mehrheit der Befragten an, dass sie diesem eine geringe Relevanz beimessen oder gar nicht darauf verweisen. Einige zogen es vor, Agilität mit gesundem Menschenverstand, Unternehmenswerten, Teamwerten oder persönlichen Maximen in Verbindung zu bringen. Dagegen sprachen die in IT-Abteilungen tätigen Befragten dem Agilen Manifest eine hohe Relevanz und Sichtbarkeit zu.

    1.2.3 Interviewergebnisse: Vier Elemente eines agilen Mindsets

    Neben den Beobachtungen zur organisatorischen Agilität im Allgemeinen werden im Folgenden die einzelnen Elemente des Modells zur Entwicklung eines agilen Mindsets detaillierter dargestellt:

    Leadership

    Alle Interviewpartner über alle Branchen hinweg beschrieben „Agile Leadership" als Voraussetzung für den agilen Kulturwandel. Commitment und Rückhalt der Geschäftsführung bzw. des Vorstandes ist für einen langfristigen Erfolg daher unerlässlich. Dies verweist auf die Notwendigkeit für das Management, sich für das Konzept der Agilität einzusetzen und diejenigen Teams, die in Pilotprojekten agile Methoden anwenden, ständig zu unterstützen. Dies wurde auch als Erfolgsfaktor für die Implementierung von organisationsweiter Agilität bezeichnet.

    Zusammenfassend ist die Erfolgsquote der Entwicklung einer agilen Denkweise im Unternehmen stark von der Denkweise des Führungsteams abhängig. Die Führung muss ihr Verhalten an die Anforderungen der Agilität anpassen und ausrichten. Das Bekenntnis der Führungskräfte zu den agilen Werten und Prinzipien ebnet den Weg zum organisatorischen Wandel.

    Organisatorischer Rahmen

    Diese Kategorie wird in hohem Maße von der Verpflichtung der Unternehmensleitung beeinflusst, Organisationsstrukturen anzupassen. Diese sollen agile Arbeitsmethoden in neuen Arbeitsbereichen ermöglichen, die kreatives und kollaboratives Arbeiten in funktionsübergreifenden Teams sowie flexible Arbeitszeitregelungen unterstützen. Offene Kommunikation und Transparenz sind daher weitere Voraussetzungen. Die Befragten betonten, dass Agilität neue Teamrollen und Verantwortlichkeiten erfordert. Ebenso wird Verständnis dafür gefordert, dass es im Bereich der Agilität nicht „one size fits all" gibt, d. h., dass jedes Unternehmen für sich bewerten muss, wo und wie Agilität innerhalb der Organisation sinnvoll ist. Nicht alle Abteilungen, Teams und Projekte müssen agil sein. Eine Voraussetzung für die Anwendung agiler Arbeitsmethoden ist die Umsetzbarkeit und Flexibilität der Projekte der einzelnen Abteilungen.

    Vernetzung

    Dieses Element ist in zwei Teile unterteilt. Ein Teil ist die Organisation als Netzwerk, in dem die interne und externe Kommunikation stattfindet. Die Befragten berichteten von internen Communities sowie vom Wissensaustausch mit anderen Unternehmen, um Inputs zu erhalten und gemeinsam zu lernen und zu wachsen. Der andere Teil repräsentiert den Verhaltens- und Teamaspekt. Es geht darum, die agilen Werte und Prinzipien (Offenheit, Kommunikation etc.) zu leben, Retrospektiven in Teams durchzuführen und – häufig erwähnt – insgesamt eine Feedback-Kultur zu implementieren. Aus der Analyse ergab sich das Element Team-Fokus als eine weitere Hauptkategorie. Neben agilen Begriffen wie Selbstorganisation, Befähigung von Teams und funktionsübergreifenden Teams standen Themen wie Teamarbeit, Teamgeist und Zugehörigkeitsgefühl im Vordergrund.

    Selbstwirksamkeit

    Dieses Element konzentriert sich auf den einzelnen Mitarbeiter. Selbstwirksamkeit besteht aus eigenen Erfolgserlebnissen, dem Beobachten von erfolgreichen Modellpersonen, dem Einfluss sozialer Gruppen sowie verbaler Überzeugung und emotionaler Erregung (Bandura 1977, S. 195). Eine der Hauptkategorien, die sich aus allen Interviews ableiten, ist das, was hier auch als „Kernverhalten" bezeichnet wird. Insbesondere ständige Weiterentwicklung, intrinsische Motivation, Selbstreflexion, Neugier und Mut wurden häufig erwähnt. Zwölf Befragte betonten, wie wichtig es ist, in persönlichen Experimenten eine agile Denkweise zu entwickeln. Solche Versuche erfordern einen sicheren Ort, an dem Menschen die neuen Arbeitsmethoden ausprobieren können. Einige starteten Pilotprojekte oder spielen agile Spiele, um aufzuzeigen, was Agilität bedeutet, und um zu verdeutlichen, dass Zusammenarbeit, Iterationen sowie Feedback und Selbstreflexion ihre Ergebnisse verbessern können. Durch das Erleben von Verbesserungen durch Spiele und Interaktion wird auf die Mastery Experience (Erfolgserlebnisse) von Bandura Bezug genommen und die Selbstwirksamkeit des Einzelnen unterstützt. Die Erfahrung der Autoren in Workshops und Projekten im DI-Lab@HSBA hat gezeigt, dass Unternehmensvertreter oftmals vor dem Begriff „Spiel zurückschrecken. Daher empfiehlt es sich, sogenannte agile Spiele bzw. Serious Games auch als „Simulationen zu bezeichnen. Grundsätzlich ermöglichen solche Simulationen in Workshops, den Team- und Arbeitsprozess zu unterstützen. Auch die Interviewpartner berichteten, dass Agilität mithilfe von Pilotprojekten, einfacher Sprache und dem Erzählen von Geschichten (Storytelling) im Unternehmen eingeführt wurde.

    Das Element Selbstwirksamkeit ist entscheidend für die Entwicklung eines agilen Mindsets. Aus diesem Grund wird im nächsten Abschnitt untersucht, wie sich agiles Denken entwickeln lässt. Dabei werden Erkenntnisse aus der neurowissenschaftlichen Forschung über die Rolle des menschlichen Gehirns bei der Entwicklung eines agilen Mindsets ebenso berücksichtigt wie Ansätze, die ihren Nutzen in der Praxis gezeigt haben.

    1.3 Agilität und das menschliche Gehirn

    In diesem Abschnitt wird die Rolle der Neurowissenschaften bei der Entwicklung eines agilen Mindsets untersucht. Grundlage dieser Untersuchung ist das vorgestellte Modell für die Entwicklung eines agilen Mindsets. Die Elemente

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