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Eine seltsame Entführung: oder Crime darf not pay
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Eine seltsame Entführung: oder Crime darf not pay
eBook207 Seiten2 Stunden

Eine seltsame Entführung: oder Crime darf not pay

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Über dieses E-Book

Der dreißigjährige Joachim Dorfner ist ein Träumer. Er will die Menschheit aufrütteln und sie auf Armut und Not in der Welt aufmerksam machen. Um das zu erreichen, entführt er die schöne Carolin Bendtner, Tochter des Bankiers und Milliardärs Carl Friedrich Bendtner, denn Dorfner macht die Superreichen dieser Erde verantwortlich für das Elend von Milliarden Menschen. Er fordert ein Lösegeld von zwölf Millionen Euro, das zur Verblüffung der Kriminalpolizei auf ein privates Konto überwiesen werden soll. Als das erfolgt ist, verlangt er die Weiterleitung auf das Konto der Hilfsorganisation HELP. Danach komm die Geisel frei.
Dorfner gerät ins Visier von Kriminalhauptkommissar Manfred Schlemmer, kann aber ein scheinbar wasserdichtes Alibi nachweisen. Kommissar Schlemmer kommt mit den Ermittlungen ein Jahr lang nur wenig voran und hofft, der Entführer würde sich durch einen Fehler preisgeben. Und tatsächlich: Dorfner schreibt ein Buch über die Entführung, in dem sowohl Schlemmer als auch Carolin Bendtner Details finden, die der Öffentlichkeit unbekannt sind. Es beginnt ein Katz- und Mausspiel zwischen Carolin und der Polizei. Schlemmer will Dorfner, der untergetaucht ist, fassen, sie will Dorfner helfen, weil sie inzwischen von seinem edlen Motiv überzeugt und von ihrem Vater enttäuscht ist, der von der Organisation HELP Zinsen fordert für das gezahlte Lösegeld, das er als Darlehen bezeichnet.
Carolin findet Dorfner und verliebt sich in ihn. Schlemmer ist ihr auf den Fersen und überrascht beide in einem Restaurant in Berlin. Dorfner wird verhaftet und glaubt, Carolin habe ihn in eine Falle gelockt. Es kommt zum Prozess, in dem Carolin als Hauptzeugin Dorfner entlastet, er wird freigesprochen. Die beiden werden ein Liebespaar. Dorfner ist enttäuscht, dass die Öffentlichkeit sich nur für die Sensation interessiert, nicht für seinen Aufschrei. Er findet in der Geschichte des Bankhauses Bendtner dunkle Punkte aus der Zeit im Dritten Reich und veröffentlicht ein Buch darüber. Der Bankier Bendtner fürchtet um seinen guten Ruf und beordert seine Tochter Carolin zurück ins Elternhaus, wo sie vom willigen Hausarzt mit Medikamenten in den Zustand von Depression und Apathie versetzt wird.
Bankier Bendtner erwirkt eine Neuaufnahme des Prozesses, in dem eine beeidete Aussage Carolins zur Verurteilung von Dorfner führt, der nun endgültig überzeugt ist, dass Carolin ihn verraten hat. Carolin entdeckt, dass sie unter dem Einfluss von Medikamenten ihren Liebsten ins Gefängnis gebracht hat und erreicht mit Hilfe von Anwälten, die dem Bankhaus Bendtner Schaden zufügen wollen, die Wiederaufnahme des Prozesses, in dem Dorfner unwiderruflich freigesprochen wird. Nun sind die beiden endgültig vereint.
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum20. Juni 2019
ISBN9783748598107
Eine seltsame Entführung: oder Crime darf not pay

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    Buchvorschau

    Eine seltsame Entführung - Claus D. Grupp

    PROLOG

    „Entweder ist der Kerl unglaublich raffiniert, sagte Kriminalhauptkommissar Manfred Schlemmer, „oder er ist total bescheuert.

    „Und welche Variante präferieren Sie?, fragte Polizeidirektorin Martina Behring, die Schlemmer die Leitung der Sonderkommission „Caro übertragen hatte.

    „Wenn ich das wüsste, sagte Schlemmer, „aber die Tendenz geht zur Diagnose bescheuert, ersatzweise auch durchgeknallt oder schlicht und einfach verrückt.

    „Das sind die schwierigsten Fälle", sagte Behring.

    „Sie sagen es. Wir wissen nicht, wie die ticken, wozu sie fähig sind, diese verrückten Typen. Wie will der Kerl denn an das Geld kommen?"

    „Der Mensch ist das Tier, das sich Unmögliches ausdenken kann", sagte Behring.

    Schlemmer sah seine Chefin an. Sie war fast zwanzig Jahre jünger als er, sie hatte studiert, er hatte Erfahrung.

    „Fragen Sie sich nicht auch, was das Ganze soll? Schlemmer war ratlos. „Wenn die Tochter freikommt, muss die Bank das Geld doch an den Vater zurückzahlen, oder nicht?

    „Theoretisch ja, aber... Wir wissen nicht, was dahintersteckt", sagte Behring.

    „Sie meinen, das Ganze..., denken Sie, es könnte inszeniert sein?"

    „Wir müssen alle Möglichkeiten prüfen, sagte Behring, „also gehen Sie die Sache energisch an, aber auch behutsam, verstehen Sie? Es ist eine heikle Sache. Noch Fragen?

    „Danke, nein", sagte Schlemmer und verließ das Zimmer der Polizeidirektorin.

    1

    Der Mann fand nicht zur Ruhe. Immer wieder ging er jeden Schritt durch, übte mechanisch die Handgriffe, doch die Gedanken gerieten auf Abwege. Das Bild, das am Tag noch so klar und deutlich gewesen war, wurde ver­wirrend und verwirrt. Und immer stärker zerrten die auf Irrwegen wandernden Gedanken an den Nerven.

    Er stand auf, ging, ohne Licht anzumachen, von der Couch über den Flur zur Küche, widerstand mit Mühe der Versu­chung, ein beruhigendes Bier zu trinken, denn eine Flasche würde nicht ausreichend sein. Er musste am Morgen einen klaren Kopf haben, das Denken musste präzise funktionieren wie ein Uhrwerk.

    Es war kurz vor zwei Uhr. Die Müdigkeit nahm mit jeder Minute zu. Er legte sich wieder hin in der Hoffnung, Ruhe zu fin­den. Eine Erinnerung drängte sich ins Bewusstsein. Irgendwann hatte er die Aussage eines Feldherrn aus alten Zeiten gelesen, todmüde Krieger seien die tapfersten in der Schlacht, deshalb ließ der historische Haudegen seine Soldaten in der Nacht vor dem entscheidenden Kampf marschieren und exerzieren und nur nicht zur Ruhe kommen.

    Der Mann wälzte sich auf den Bauch, drückte das Kissen mit beiden Händen auf den Kopf, aber statt erhoffter Stille vernahm er ein Rauschen, pulsierend, als hörte er sein Blut durch die Adern fließen. Er warf das Kissen von sich, drehte sich auf den Rücken, stand wieder auf und ging zum Fenster. Einige Minuten lang fand er Abwechslung beim Betrachten der vom Wind bewegten Zweige und Äste der Kastanienbäume vor dem Haus, auf die das schwache Licht der Straßenlaterne fiel. Um diese Zeit begegnete man niemandem in diesem Teil der kleinen Stadt im Süden Deutschlands, um halb fünf wird die Zeitungsfrau kommen, um halb sechs machen die ersten Pendler sich auf den Weg zur Arbeit, auch heute wird es nicht anders sein, dachte er. Dann holte die Unruhe ihn wieder ein. Es war zwanzig nach zwei. Er ging zum Kleiderschrank und prüfte, ob vollständig sei, was er in wenigen Stunden anziehen musste, er zählte die Gerätschaften ab, die mitzunehmen waren, erschrak, weil er glaubte, irgendetwas fehlte, fand dann doch alles und schloss den Schrank.

    Er ging ins Bad, nahm ein Medikament aus der Schublade eines Schränkchens, zog den Beipackzettel heraus, las die Wirkungen und Nebenwirkungen ab, entschied sich dann doch für Verzicht, ließ die Schachtel aber außen. Er drehte den Wasserhahn am Waschbecken auf, wartete, bis das Wasser eiskalt floss und schüttete sich eine Handvoll davon ins Gesicht, füllte die Doppelhand erneut, goss sich das Wasser übers Haar und ließ die Nässe über Gesicht und Hals laufen. Er ging wieder ins Zimmer, blickte auf die Straße und die Bäume, deren Blätter sich immer noch im leichten Wind bewegten. Er schaltete den CD-Spieler ein, Brahms bremste die Erregung der Nerven ein wenig, er legte sich wieder hin, hörte wie von fern das Doppelkonzert, fast symbolisch, dachte er, ein Doppel ... in Moll ... – und wurde vom schrillenden Wecker aus dem Schlaf gerissen. Er war doch tatsächlich noch eingeschlafen. Es war vier Uhr zwanzig.

    Er stand auf, blickte aus dem Fenster, die Zeitungsfrau war noch nicht zu sehen, ging ins Badezimmer, wusch sich ausgiebig mit kaltem Wasser und parfümfreier Seife, prüfte, ob er sich rasieren müsste, putzte sich sorgfältig die Zähne – auch nicht der Hauch von Mundgeruch sollte ihn heute verraten. Er leerte Darm und Blase, zog sich sorgfältig an, aß nichts und trank nichts, um völlig nüchtern zu bleiben – ganz schrecklich war die Vorstellung, im entscheidenden Augenblick würde die Blase herrisch auf Entleerung drängen.

    Er holte die Stofftasche aus dem Schrank, die sorgfältig gefüllt und mehrmals überprüft worden war, er widerstand der Versuchung, den Inhalt noch einmal auf Vollständigkeit zu durchsuchen, warf von der Wohnungstür aus einen letzten wachsamen Blick zurück in den Flur, fand nichts Auffälliges, atmete einmal tief durch und war von dem Gedanken überrascht, um gutes Gelingen zu bitten oder zu beten. Er riss entschlossen die Tür auf und trat in den Hausgang. Der erste Schritt zur Tat war getan. Es war vier Uhr dreiundfünfzig. Der Gedanke, dass er in den nächsten Stunden noch ausreichend Gelegenheit haben würde, seine Absicht zu ändern, beruhigte ihn und beunruhigte ihn zugleich. Nur jetzt nicht zurückweichen.

    Er trat vors Haus, sah keinen Menschen auf der Straße oder hinter einem Fenster, ging rasch die zweihundert Meter zum Parkplatz, auf dem mehrere Fahrzeuge standen, stieg in den Kleintransporter, startete und fuhr los. Der mausgraue Wagen war in der Morgendämmerung nur mit Mühe und gutem Auge zu erkennen. Nach einer halben Stunde Fahrt lenkte er den Kleintransporter auf einen Autobahnparkplatz, der durch dichtes Gebüsch in drei Reihen geteilt war. Nur ganz vorn, am nächsten zur Autobahn, parkten an diesem frühen Morgen drei Lastwagen und zwei Pkws. Er fuhr den Wagen zur hintersten Reihe, wo ein Drahtzaun den Zutritt zum Wald verwehrte, blieb einige Minuten ruhig sitzen und beobachtete den Platz zwischen sich und der Autobahn. Es war hell geworden. Nichts bewegte sich, offensichtlich war niemand aus den parkenden Fahrzeugen im Freien zum Pinkeln oder um die Füße zu vertreten.

    Er stieg gemächlich aus, als wollte er eine kurze Fahrtpause einlegen, schlenderte zur Hecktür des Wagens, öffnete und holte zwei Kfz-Kennzeichen heraus, deren Buchstaben SRB auf einen Ort weit im Norden Deutschlands hinwiesen. Er presste die mit Klebstreifen versehenen Schilder ohne Hast und mit ständig zum Parkplatz gerichtetem Blick auf die alten Schilder, prüfte ihren festen Sitz und stieg wieder ein. Nach kurzem Warten startete er und verließ den Parkplatz. An der siebten Ausfahrt bog er von der Autobahn ab, fuhr etwa dreißig Kilometer auf einer Bundesstraße, wechselte dann auf eine Kreisstraße und fuhr zügig, aber jede Vorschrift für den Verkehr peinlich genau beachtend, zu einem Waldparkplatz, der von der Straße aus nicht eingesehen werden konnte. Der Weg zum Parkplatz war trocken, der Wagen hinterließ keine erkennbaren Spuren.

    Er stieg aus, überprüfte noch einmal das Innere des Wagens, war zufrieden, nahm die Stofftasche vom Sitz, verschloss den Wagen und ging in den Wald hinein. Nach wenigen Minuten verließ er den Weg und ging in weitem Bogen zwischen den Bäumen zum Waldrand zurück, dabei sorgfältig alle Geräusche vermeidend, indem er jedem Zweig auf dem Boden auswich und die Füße hob, um das Rascheln im trockenen Laub zu vermeiden.

    Als er die alte Bank am Wegrand wieder sah, machte er sich im Gebüsch, das bis an die Rückseite der Bank reichte, unsichtbar und wartete. Er hatte sich den Lagerplatz schon vor Wochen ausgesucht, hatte dafür gesorgt, dass von dort bis zur Bank keine trockenen Zweige auf dem Boden lagen, die ein verräterisches Knacken verursachen könnten, hatte Laub beiseite geräumt und darauf geachtet, dass kein dorniger Strauch ihn unversehens behindern konnte. Nun machte er es sich im dichten Gebüsch so bequem wie möglich, legte die Flasche mit dem Betäubungsmittel so auf den Boden, dass er sie geräuschlos aufnehmen und öffnen konnte, wenn es soweit war. Dann wartete er.

    Nach seinen Vorausplanungen aufgrund wochenlanger Beobachtungen musste die junge Frau in sieben Minuten von ihrem Dauerlauf zurückkommen. Er wusste, dass sie auf genaue, fast rituelle Einhaltung der Förmlichkeiten Wert legte, sie würde pünktlich sein. Er spürte seinen raschen Pulsschlag in den Händen, im Kopf und im Bauch und zwang sich zu ruhigem und tiefem Atmen. Mittlerweile war es warm geworden.

    Noch vier Minuten. Aufmerksam blickte er zum Waldrand. In den Wochen der Vorbereitung, in denen er mehrmals mit dem Zug zum vier Kilometer von hier entfernten Bahnhof gefahren war und zu Fuß den Wald durchquert hatte, war nie jemand unverhofft aufgetaucht. Warum sollte ausgerechnet heute ein Mensch auf die Idee kommen, hierher zu fahren oder zu laufen? Aber solche Zufälle gibt es halt. Die Aufregung nahm zu.

    Noch zwei Minuten. Bald musste er die Geräusche vernehmen, die beim Dauerlauf auf Waldwegen unvermeidlich entstehen. Er lauschte angestrengt in die Richtung, aus der sein Opfer erscheinen musste. Hoffentlich hatte sie sich nicht ausgerechnet heute den Fuß verstaucht oder war über einen Stein gestolpert und gestürzt. Shit happens. Nur jetzt ruhig bleiben. Es war an der Zeit, die Maske übers Gesicht zu ziehen. Er war der Ansicht, das müsse er aus Rücksicht auf das Opfer tun. Heutzutage weiß jeder, dass ein Entführungsopfer geringe Chancen hat zu überleben, wenn es das Gesicht des Entführers erkennen konnte. Diese Angst sollte das Opfer nicht noch zusätzlich erleiden.

    2

    Wie herrlich: Aufwachen ohne Wecker, Aufstehen ohne Eile, der Blick auf die Uhr ohne Bedeutung. Sie schlüpfte in den weißen Morgenmantel aus Kaschmir und Seide, streckte die Arme zur Zimmerdecke, gähnte ausgiebig und genoss das Vergnügen, die Hand nicht vor den Mund nehmen zu müssen.

    Sie schob die bodenlangen Gardinen zur Seite und blickte in den Park. Ziemlich weit entfernt entdeckte sie Walter, den Gärtner, der sich an der Hecke zu schaffen machte. Den Pool hatte er schon vom nächtlich fallenden Laub befreit, das blaue Wasser lud zu einem beherzten Sprung ins Kühle ein. Nein, heute nicht, heute war Donnerstag, und der Donnerstag musste immer mit einem Lauf im Wald beginnen.

    Wie herrlich: Das Internat in der Schweiz mit dem halbwegs geglückten Abitur lag nun schon viele Wochen hinter ihr, nun lag ein Leben voller Möglichkeiten vor ihr. Noch musste sie sich nicht entscheiden, welches Studienfach sie wählen sollte, das hatte Zeit. Ihr Vater hatte zwar schon sanft gedrängt und zu Jura geraten, aber sie fühlte sich zur Kunst hingezogen. Im Ausland studieren? Wozu denn! In den Ferien war sie schon in Kalifornien gewesen, in Kanada, in Australien und Neuseeland, in London, in Kapstadt. Sie wollte nach Berlin.

    Maria, die treue Seele in Küche und Haushalt, hatte, wie an jedem Donnerstag, die Schokolade vorbereitet und unter dicker Haube vor dem Auskühlen bewahrt. Die junge Frau grüßte mit der fürs Personal angemessenen Freundlichkeit, dankte für die Schokolade mit den gleichen Worten wie immer, trank einige Schlucke und verließ den Frühstückssalon, um in den für sie reservierten Teil des Hauses zurückzukehren. Sie zog sich freizeitlässig an und nahm die Sporttasche, die Sebastian, der für Haus und Fuhrpark zuständige Österreicher, ihr wie an jedem Donnerstag mit frischen Sportsachen gepackt hatte. Sie ging zu ihrem elektrobetriebenen Sportrad, das Sebastian bereits aus der Garage geschoben hatte, belud es mit der Tasche, schwang sich in den Sattel und fuhr los in Richtung zum Wald.

    Nach 3,74 Kilometern, abzulesen auf dem technisch hochwertigen und vielseitigen Tachometer, band sie das Rad an den Stamm einer Buche am Wegrand und stellte die Tasche auf die nahe Bank. Sie liebte diesen wie eine Skulptur am Wegrand auf sie wartenden ruhenden Pol, der den Anfang und das Ende ihrer Laufstrecke kennzeichnete. Sie streifte ihre bunt gemusterten Leggings ab, unter denen sie eine kurze Sporthose von weltbekannter Marke trug, entledigte sich des Kaschmirpullovers, unter dem ein kurzärmeliges Seidenpolohemd zum Vorschein kam, nahm die sündhaft teuren, ausgiebig gelüfteten und von Sebastian mit Deodorant eingesprühten Sportschuhe aus der weichledernen Tasche, zog die leichten Radfahrerschuhe aus, streifte die Laufschuhe über die nackten, wohlpedikürten Füße, machte einige Übungen, um Gelenke und Sehnen auf das Laufen vorzubereiten, machte noch drei, vier Rumpfbeugen, kreiselte die Arme wie die Flügel einer Windmühle durch die Luft, stellte die Platinuhr am Handgelenk auf null für Zeit und Weglänge und begann ihren Lauf, der an jedem Donnerstag genau fünfzig Minuten dauerte.

    Ihre Laufstrecke führte vorbei am Parkplatz für Wanderer, auf dem nie ein Auto stand, führte in den Wald aus Buchen, Eichen, Fichten und Kiefern, die einen schützenden Schattenschirm boten. Der Weg war in der Mitte von einem grün bewachsenen Streifen in zwei Hälften geteilt, es war eine ideale Laufstrecke, die leicht ansteigend immer tiefer in den Wald hineinführte. Nach exakt achtundzwanzig Minuten zeigte ein Summton der Uhr an, dass es Zeit zur Umkehr war. Auf der nun leicht abschüssigen Strecke konnte sie bei zunehmendem Lauftempo in zweiundzwanzig Minuten zur Bank zurückkehren.

    Sie

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