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App in den Himmel - Interview mit einem User: Wir schreiben das Jahr 2032
App in den Himmel - Interview mit einem User: Wir schreiben das Jahr 2032
App in den Himmel - Interview mit einem User: Wir schreiben das Jahr 2032
eBook189 Seiten2 Stunden

App in den Himmel - Interview mit einem User: Wir schreiben das Jahr 2032

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Über dieses E-Book

Amelie ist eine echte Berufs-Wiedereinsteigerin. Vor mehr als zwanzig Jahren, hatte sie als Journalistin, bei einer Demonstration, einen Polizeiknüppel zu spüren bekommen. Die Platzwunde, die sie am Kopf davon getragen hatte, war aber nicht ausschlaggebend dafür, dass sie sich aus diesem Metier verabschiedet hatte, nein. Es war die grenzenlose Ungerechtigkeit, mit der sie sich nicht arrangieren konnte. Zwar hatte man den Polizisten ausfindig gemacht-, er konnte aber nicht zur Rechenschaft gezogen werden. Der Staat stellte ihm einen rabiaten, gewieften Anwalt zur Seite. Sie hatte keine Chance. Amelie beschloss Hausfrau und Mutter zu werden, und nebenher, als Kolumnistin bei einer Frauenzeitschrift, ein paar Euros dazuzuverdienen. Heute war die Ehe längst geschieden, der Sohn aus dem Haus, und Amelie wagte einen zweiten Anlauf. Diesmal aber ließ sie die Finger von der Politik. Dafür fühlte sie sich zu alt, um auf diesem Parkett noch einmal Fuß zu fassen. Sie rechnete zwar nicht damit, dass man sich um sie reißen würde, bekam aber den ausgeschriebenen Job bei einer kleinen Berliner Zeitung. Zwei Wochen ist sie erst in der Redaktion, und muss mit einem großen Satz ins kalte Wasser springen. Der Kollege, der das Interview mit diesem Spinner führen sollte, hatte einen Autounfall, und lag mit einer gebrochenen Schulter in der Charité. Die anderen Kollegen waren alle schon verplant, Amelie musste also ran, ob sie selbst wollte, oder nicht. Ein verwirrter Computerjunkie sollte interviewt werden. Und …, dummerweise war er der Sohn von einer sehr bekannten Politgröße aus der Regierung. Er erzählte Unfassbares. Perfides.
SpracheDeutsch
Herausgeberepubli
Erscheinungsdatum10. Sept. 2015
ISBN9783737564885
App in den Himmel - Interview mit einem User: Wir schreiben das Jahr 2032
Autor

Lele Frank

Die Autorin Lele Frank – sie selbst bezeichnet sich als Schreibwerkerin - wurde 1957 in Bad Kreuznach geboren, ist Bauingenieurin und hat über 35 Jahre in dieser Ellbogen-Branche gearbeitet. Ende 2012 gab sie Beruf und Firma aus persönlichen und gesundheitlichen (ausgebrannt) Gründen auf. Nach dem Ende einer dramatischen Beziehung entdeckte sie die Liebe und Leidenschaft Bücher zu schreiben. Mit ihrem ersten Buch „Tanz der Optimisten“, welches eigentlich nur einen therapeutischen Zweck erfüllen sollte, hat sie sich ins Leben zurückgeschrieben. Sie lebt an der Nordsee und bezeichnet ihre jetzige Tätigkeit als: „Das Leben genießen.“

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    Buchvorschau

    App in den Himmel - Interview mit einem User - Lele Frank

    Rezi, hieß er für alle aus der Branche. Rezi ist Redaktionschef, und ein unbeliebter Kolleriger, so, wie er im Buche stand. Im richtigen Leben hieß er allerdings Detlef. Er hasst diesen Namen wie Galle. Er duldete allein deswegen, diesen absurden Spitznamen, der ihn als Klugscheißer abstempelte. Detlef – also Rezi – rezensierte alles was er nur zu fassen bekommen konnte. Auch seine Mitarbeiter. Am allerliebsten hätte er auch noch ihre Gedanken rezensiert, aber er war ja nicht Gott, Gott sei Dank. Im Moment jedenfalls, tobte er wie ein Derwisch durch das Großraumbüro, und plärrte seinen Unmut hinaus. Schweißgebadet, und mit einer knallroten Birne, machte er dem verunfallten Kollegen, die übelsten Vorwürfe. Ein Idiot sei er, zu dumm zum Autofahren. Empathie war für ihn ein Begriff aus Böhmen. Empathie kannte er nicht, nie gehört. Jasmin – eine Kollegin, die für kommunale Angelegenheiten zuständig war – warf Amelie einen vielsagenden Blick zu, tippte sich an die Stirn. Sie flüsterte: „Es ist mal wieder soweit. Der Alte spinnt komplett. Seine Sommerloch-Paranoia, immer das Gleiche. Jedes Jahr. Nicht zum Aushalten. „Hast du uns was zu sagen, Prinzessin Jasmin?", plärrt Rezi, quer durch den Raum. Er hatte es mit-bekommen, dass die beiden Frauen leise flüsterten.

    Selbst in seiner Hysterie, waren seine Ohren überall. Angst – das Gegenteil von Glauben – war seit geraumer Zeit, zu Rezis Steckenpferd geworden. Rezi, war ein Spielball seiner Angst. „Nee, Chef. Ich sagte nur zu Amelie, dass mir das mit Johannes Leid tut, er hatte sich so auf dieses Interview gefreut, und war super vorbereitet." Wutschnaubend schoss Rezi auf Jasmin zu, und stampfte sie mit seinem irren Blick, in den abgetreten Vinylboden. Zwischen den beiden Frauen stehend, flog sein Kopf hin und her. „Leid, Leid, Leid …, mir tut es auch Leid, weil ich jetzt auf der Stelle einen Ersatzmann brauche. Auf-der-Stelle, verdammte Scheiße. Wer von euch Flachpfeifen geht jetzt dahin, verdammte Axt. Du Josh …, was ist mir dir? –„Nee, sorry, hab` schon was vor, Termin im Bundestag, kann ich nicht absagen, verstehste. -„Wo ist eigentlich Ulf, diese Tran Suse. Kann der nicht einmal da sein, wenn man ihn braucht. Hat ihn jemand gesehen? Ich werde noch kirre, in diesem Irrenhaus. –„Der Ulf, diese Tran Suse ist hier Chef, sagte Ulf ganz gelassen, und nippte an seinem Kaffeebecher. Er kam um die Ecke geschlendert, und ließ sich durch nichts aus der Ruhe bringen. Jemand der ihn nicht kannte, hätte ihn für einen Penner gehalten. Alles andere als salonfähig, sah er aus. Seine verwaschene Jeans hing auf halb acht, seine struppige Haarpacht bis zu den Schultern. In seinem kantigen, schönen Gesicht wucherte ein ungepflegter Fünftagebart, sein Hemd war meistens zerknittert, und seine nackten Füße, lugten aus zerschlissenen Jesuslatschen. Zwischen seinen Zehen lag etwas Asche, die von seiner, lässig im Mundwinkel hängender Kippe, heruntergefallen war. Ulf hatte hier quasi Narrenfreiheit, weil er der einzige im ganzen Laden war, der sich in die Brennpunkte der Stadt wagte, und einen heißen Draht zur Polizei aufgebaut hatte. Man wusste nicht immer so genau, was er gerade trieb, und hinter vorgehaltener Hand wurde getuschelt, dass er für die Bullen, nebenher als Informant arbeitete. Mit rechten Dingen ging es jedenfalls nicht zu, wie er mit dem Auge des Gesetzes umging. Rezi, behandelte ihn mit Samthandschuhen, weil er genau wusste, wer sein bestes Pferd im Stall war. Deshalb schaltete er auch einen Gang runter, als er Ulf bat, diesen Termin wahrzunehmen. Belohnt wurde seine Schleimerei, mit einem süffisanten Lächeln, und einem Kopfschütteln. Ulf genoss es, ihn zu quälen, weil er Rezi eigentlich nicht ausstehen konnte. Er war ihm zu berechnend, und nicht einen Hauch authentisch. Es ging ihm nur um den Erfolg, und nicht um die Menschen, hatte er vor kurzem zu Amelie gesagt. Sie solle sich vor ihm – Rezi - in Acht nehmen, er sei eine Natter. Auf die Frage, warum er denn überhaupt für ihn arbeiten würde, antwortete er: „Hier habe ich die Freiheit, die ich brauche, um überhaupt zu funktionieren. Er lässt mich in Ruhe. Geld ist mir nicht so wichtig, Spaß muss es machen, und reinreden darf mir Keiner." Amelie musste nicht lange darüber nachdenken, um für sich selbst festzustellen, dass ihr diese Haltung gefiel. Da wollte sie auch hin.

    Die Luft im Raum war zum Schneiden dick. Jene uralten Fenster der langen Glasfront des fabrikähnlichen Raumes, waren allesamt fest verschlossen, und mit Jalousien abgedunkelt, weil man es sonst nicht ausgehalten hätte. Unerträglich war die Hitze. Der strenge Sommer hatte die Absicht, die arbeitende Bevölkerung, in gut durchgegarten Tafelspitz zu verwandeln, was aber nicht heißen soll, dass alle Menschen Rindviehcher waren. Beinahe vierzig Grad waren es draußen, mitten in der Stadt, mitten in Charlottenburg, abseits, in einem Hinterhof, und Jahre schon in diesem alten Bürogebäude, mit einfachverglasen Stahlfenstern, weil der Eigentümer nichts investieren wollte. Dafür musste man im Winter heizen, als gäbe es kein Morgen, sonst hätten alle Mitarbeiter, kleine Eiswürfel gehustet. Der eigentliche Verleger, dem, war es schnurzegal, was er letztlich dafür an Unterhaltskosten berappen musste. Er schwamm förmlich im Geld, und genoss seinen Wohlstand, irgendwo, in den einsamen Wäldern des Hunsrücks, dort, wo schon vor langer Zeit eine regelrechte Entvölkerung stattgefunden hatte, weil jeder in eine Stadt wollte. Für ihn war dieser kleine Verlag sowieso nur eine reine Image-Angelegenheit. Ihm war es nur wichtig, auch in der Regierungshauptstadt eine Zeitung herauszugeben, in deren Impressum eine Berliner Geschäftsadresse zu lesen war, um seine flächendeckende, prestigeträchtige Macht, lückenlos zu vervollständigen. Der Gottvater des Verlagswesens, machte sich nicht einmal mehr die Mühe, persönlich hier zu erscheinen. Nicht im Zeitalter von Skype VI, das man allerdings nicht mehr mit den Möglichkeiten der Jahre, um 2027 vergleichen konnte, denn heutzutage hatte man das Gefühl, derjenige stünde direkt neben dir. Und selbst dafür hatte er seine ergebenen Sklaven, obwohl er seine Skype fähige Multifunktionsuhr, so gut wie fast niemals ablegte. Diese Uhr war eine Art Kommando- und Kontrollzentrale, und längst Alltag. Und rauchen …ja, rauchen war hier in diesem kahlen Raum, selbstverständlich erlaubt, sonst hätte Rezi keine guten Mitarbeiter gefunden. Journalismus-, und diese, von der Öffentlichkeit diskriminierte Sucht, gehörten offensichtlich unzertrennbar zusammen, wie Hänsel und Gretel, die vor vielen Jahren Geschichte geschrieben hatten. Rauchen, war ebenso ein sentimentales Überbleibsel aus der guten, alten Zeit, wie die Printausgabe einer Zeitung. Nötig war sie längst nicht mehr, diese Printausgabe, aber schön. Amelie hatte auch wieder mit dieser verbotenen Raucherei angefangen, nachdem sie vom gemeinsamen Haus-, draußen in Dahlem, hierher, mitten in die Stadt gezogen war. Rauchen durfte man eigentlich nur noch in seinen eigenen vier Wänden. Und das nur dann, wenn die Wohnungstür keine Gerüche durch ließ. Aus Amelies früheren, knappen, bescheidenen dreihundert Quadratmetern, waren nun großzügige fünfzig Quadratmeter geworden. Diese Veränderung hatte aber etwas unbestreitbar Positives. Die Sklaverei einer Haushälterin, Putzfrau, Gärtnerin, Köchin, Aufräumerin, Krankenpflegerin, Einkäuferin, und Rückenfreihalterin, hatte mit einem finalen Schlag ein Ende. Ihr Mann hatte sie durch ein jüngeres, beweglicheres, faltenfreieres, und devoteres Modell ersetzt, welches die Masche mit der grenzenlosen Bewunderung, aus dem „ff" beherrschte. So, wie es Frauen aus Russland immer noch gewohnt sind, weil das dortige System, wieder einmal mit aller Macht, die Rechte der Frauen am Boden hielt. Fragt sich nur wie lange. Wie lange würde es dauern, bis es damit vorbei wäre, und aus Bewunderung würde Alltag, weil sie – diese Frau – sich vollständig hier, akklimatisiert hatte. Das war nicht mehr ihr-, Amelies Problem. Sie hatte lange genug aus Bequemlichkeit weggesehen, und nach außen hin so getan, als wäre ihre Ehe, eine schöne, heile Welt. Jetzt war sie frei.

    Die Hälfte ihrer zahlreichen Klamotten war bereits wieder zurück, in eine der vielen, neuen Altkleider-Recycling-Fabriken gewandert, oder sie fanden in einem der unzählbaren Second-Hand-Shops, vorläufig ein neues zu Hause. Schuhe und Taschen ließen sich hervorragend verticken, stellte sie fest. Die Rohstoffknappheit trieb die Preise für getragene Garderobe und Accessoires, in schwindelerregende Höhen. Und was sie noch feststellte, war die Tatsache, dass es ungeheuren Spaß machte, den ganzen Krempel loszuwerden. Wenn aus ihrem neuen Job, ein sicherer Arbeitsplatz geworden wäre, wollte sie ihren SUV auch zu Geld machen, denn einen Parkplatz in der Stadt zu finden, glich einem Sechser im Lotto. Sie bevorzugte die mittlerweile komfortable U-Bahn, mit all ihren Vorzügen. Der Service dieser-, früher eher unbeliebten Art sich fortzubewegen, glich heutzutage eher einem First-class-Flug. Randale in U-Bahnen-, so wie es früher der Fall gewesen war, den gab es heute nicht mehr. Kameras und Sicherheitskräfte waren allgegenwärtig. Wer Dreck am Stecken hatte, mied diese eleganten Massentransportmittel wie die Pest. Elektronische Geruchs-Detektoren-, flächendeckend installiert, meldeten jede noch so kleine Drogenmenge, außer Cannabis. Das war seit dem Erlass des neuen Gesetzes aus dem Jahre 2026, zum Eigenverbrauch, legalisiert worden. Allerdings rationiert, und nur in staatlichen Apotheken erhältlich. Mogeleien waren ausgeschlossen, das System war dicht. Amelie überlegte, dass es ein kleiner Stadtwagen auch tun würde, um zu Terminen zu fahren, die außerhalb dieses Netzes stattfanden. Eine Familienkutsche war längst nicht mehr erforderlich, und viel zu groß. Amelie konnte in nur fünfzehn Minuten in die Redaktion laufen, ihr Wagen hätte sowieso kaum noch etwas zu tun. Nicht gut, für so einen großvolumigen Motor. Mikael, ihr Sohn, hatte seit vier Jahren einen eigenen Wagen, und ließ sich ohnehin nur noch sehen-, wenn er Geld brauchte, oder Liebeskummer hatte. Im November zog er nach Hamburg, um als Anwalt ins Berufsleben einzusteigen. Er hatte auch weiß Gott lange genug studiert, und sich sämtliche Titel einverleibt, die man in diesem trockenen Metier, überhaupt ergattern konnte. Schon bald würde er sein eigenes Geld verdienen, und seine Besuche würden sicherlich zur Seltenheit. Der Lauf der Dinge, ging auch an ihr nicht vorbei, und verschonte sie nicht. Deshalb hatte Amelie sich auch für diese kleine Wohnung entschieden. Sie reichte aus. Platz genug für eine Person. Das Geld, aus dem Verkauf ihres Elternhauses im Spreewald, und aus der problemlosen Scheidung, lag immer noch unangetastet auf ihrem Konto. Die Bedürfnisse, durch unsinnige Einkäufe, vorhandene Defizite zu übertünchen, waren nach dem Umzug in die kleine Wohnung, komplett verschwunden. Keine Klamotten mehr, die noch mit dem Preisschild, ungetragen im Kleiderschrank dahin vegetierten. Das war vorbei. Ihr Geld hätte ausgereicht, um sich eine kleine Eigentumswohnung anzuschaffen, aber sie wollte nichts mehr besitzen, damit sie mehr Zeit zum Leben hätte. Ihre Honorare als Kolumnistin, dienten dazu, um Dinge zu kaufen, die sie nicht von ihrem Mann geschenkt haben wollte, was ihn immer ziemlich ärgerlich gemacht hatte, weil sie so, nicht vollkommen abhängig von ihm war. Das …, so beschloss Amelie, das würde sie jederzeit wieder so machen. Aber es würde kein Jederzeit mehr geben, schwor sie sich. Solange wie möglich, würde Amelie für dieses anspruchslose Frauenmagazin noch weiterschreiben. So lange, bis endgültig feststand, dass sie sich richtig entschieden hatte, wieder als Journalistin zu arbeiten. Drei Monate, hatte Amelie sich Zeit gegeben, dann müsste es raus sein, ob sie den Anschluss komplett verloren hatte, oder vielleicht doch nicht. Wenn sie sich nicht rundherum wohlfühlen würde-, das hatte Amelie sich fest vorgenommen, dann würde sie sich neu orientieren.

    „Hallo …, jemand zu Hause, beffte Rezi, und verpasste Amelie einen Stoß an die Schulter, dass sie erschrocken zu ihm hochblickte. „Ich …, was denn …, wie bitte? Ähm …, um was geht es? –„Na du machst mir Spaß, Amelie. Hörst du überhaupt zu, um was es hier geht? Wir sitzen in der Klemme, und das vom Feinsten. Und du gehst mit deinen Gedanken spazieren …, was? Josh kann seinen Termin nicht verschieben, er ist bereits unterwegs, Jasmin muss zum Verdi-Arschloch, und Ulf hat einen Termin bei der Volksverwaltung. Und was ist mit dir? Hältst du hier deinen Stuhl warm, oder was machst du hier gerade? Darf man daran teilhaben, Gnädigste? Muss ich dir eine Einladung schicken, damit du uns deine günstige Gunst schenkst?" Amelie wetzte ihre inneren Messer, und ließ die Rollladen herunter, um keinen taktischen Fehler zu machen. Das könnte schnell ins Auge gehen, denn sie wollte diesen Job unbedingt. „Was ist mit dir jetzt? Hättest du vielleicht die Güte, für Johannes einzuspringen, nachdem sonst niemand mehr da ist, ja? Wie du siehst, siehst du nichts. Das ganze Büro ist leer, ta, taaa …, toll was? Som-mer-ur-laub, You now? Amelie glaubte sich verhört zu haben. Ihr Spezialgebiet war: alles rund um die Gesundheit, Glauben, Selbstfindung, Spiritualität, neue Rezepte, Mode, Kosmetik, Frauenthemen eben. Alles was man so mit knapp sechzig Jahren, eben einigermaßen auf die Reihe kriegen kann. „Iiich …? Iiich soll einen Computer-junkie interviewen? Ich bin froh, wenn ich in der Frühe die Redaktion finde, und weiß wo das Klo ist. Davon-, eingearbeitet zu sein, ist noch lange nicht die Rede, Rezi. Das kann nicht wirklich dein ernst sein. –„Ist es aber. Mir bleibt leider keine andere Wahl, als unser Käseblatt in deine zarten Hände zu legen, und damit eine grenzenlose Blamage zu riskieren. Ich würde selbst einspringen, kann aber wohl kaum einen Termin mit dem Bürgermeister höchst Selbst, platzen lassen, nachdem ich monatelang dafür an seiner Tür gekratzt habe. Das leuchtet euer Gnaden doch ein, ja?" Amelie war den Tränen nahe, weil sie begriff, dass Rezi, dass tatsächlich im ernst meinte, was er da sagte. „Ich sterbe, bei dem was du da von mir verlangst. Das ist wahrhaft ein Thema, mit dem ich mich überhaupt nicht auskenne. Ich bin froh, dass ich weiß, wo der Schalter ist, um dem Ding Leben einzuhauchen. Ich kann damit arbeiten, mehr auch nicht. Ich kann das nicht, Rezi. Wirklich. –„Nix da …, im Sommer wird nicht gestorben. Im Sommer werden Löcher gefüllt. Löcher …, verstehst du. Damit unsere Leser etwas zu lesen haben. Das hat eine Zeitung nun mal so an sich, dass man sie liest. Leere Seiten machen sich nicht gut, die Konkurrenz liest mit. Und jetzt heb` deinen Arsch von diesem Stuhl hoch, und fahre in die Charité` um dir die Unterlagen von Johannes geben zu lassen. Er wird es dir erklären, worauf es bei dem Interview ankommt, und was du fragen musst. Du hast genau dreieinhalb Stunden Zeit, dann sitzt du mit diesem Gaga-Typen im Studio, und fragst ihn mit weiblichem Charme an die Wand, und Löcher in seinen verhungerten Bauch. Ich will das Sommerloch in seinem Bauch, nicht in unserer Zeitung, ist das klar? Ich erwarte von dir, dass du dich in einen Reinhold Messner der Karriereleiter verwandelst. Auf der Stelle. Hopp, hopp. Und mach ein schlaues Gesicht dabei, das wirst du doch wohl noch hinkriegen. –„Oh, oh …, was meinst du mit „Studio, wenn ich kurz nachfragen darf. „Du meinst doch nicht ein Fernsehstudio, oder doch? –„Genau das meine ich, Amelie. Genau das. Das ganze Interview wird aufgezeichnet, damit man in entsprechenden Sendungen, ein kleines Stückchen, nur ein Ausschnittchen davon, senden kann, weil die ganze Welt sich brennend für dieses Thema interessiert. Außer dir, kann nämlich die ganze Welt mit einem Computer umgehen, verstehst du? So jemand wie du, der gehört in den Zoo, am besten hinter Glas, das gibt es doch auf

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