Zeisi & Duke
Von Jörg Gschaider
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Über dieses E-Book
Zeisis Ausbildung hat ihn zum Besitz eines Betriebes geführt, welcher ihm Ansehen und Wohlstand eingebracht hat. Zeisi, nunmehr Doktor Zeiringer, wollte mit seiner Firma einen überregionalen Betrieb aufbauen. Die Wirtschaftskrise hat ihn aller Illusionen beraubt. Er fühlt sich in einer Tretmühle gefangen.
Duke hat seine Jugend lieber in Parks, mit Alkohol, Zigaretten und Mädchen verbracht. Nach einem Autounfall, bei dem sein Freund Werner ums Leben gekommen ist, hat ihn das Schicksal erst nach Thailand, und schließlich nach Frankfurt verschlagen. Er ist in Geheimdienstkreise geraten. Seine Gruppe "Stay Behind" wurde aufgelöst. Duke hat man laufen lassen.
Wieder in Österreich, verabredet er sich mit Zeisi, zum Besuch eines Eishockeymatches. In einer Drittelpause schlägt Duke seinem alten Freund einen Bankraub vor: Der Überfall, soll nach dem Muster des alten chinesischen Militärstrategen "Sun Tzu", minutiös geplant und ausgeführt werden. Das Risiko wäre geringer - und die Beute höher, als Doktor Zeiringers legale Geschäfte.
Zunächst ist Zeisi bestürzt, doch kann er nach einigen weiteren Treffen überredet, ja sogar begeistert werden.
Bis ins kleinste Detail werden Bank und Fluchtweg, erst von Zeisi, dann von Duke ausgekundschaftet - ein Schlachtplan entwickelt.
Der Raub gelingt. Die Täter flüchten, erst mit einer Straßenbahn, dann mit dem Auto, in entfernte Berge. In einer Almhütte wähnt sich Zeisi in Sicherheit. Was er nicht wissen kann, ist, dass der Banküberfall nur Teil eines viel weitläufigeren Planes ist: Duke soll die Freiheit gehören - und Zeisi die Welt.
Jörg Gschaider
Jörg Gschaider hat nach Volksschule, Hauptschule und PTS in Judenburg, einen technischen Weg eingeschlagen: Werkzeugmacherlehre, Kesselwärter - und Werkmeister Maschinenbau. Seine Brötchen verdient der Autor als Schichtarbeiter in einem steirischen Industriebetrieb. Er ist verheiratet und glücklicher Vater von vier Kindern. Schreiben zählt seit je her zu seinen liebsten Hobbies und ist schließlich zur Leidenschaft geworden. Seit einiger Zeit ist er Mitglied des Literaturkreises Judenburg. 2016 ist der Roman "Ch@t! Freundschaft!" erschienen. Schon in seiner Jugend hatte er die Idee, einen Roman zu verfassen, in dem verschiedene Charaktere, aus diversen Motiven, einen Bankraub verüben. Einige Jahrzehnte später ist aus dem Traum Wirklichkeit geworden und "Zeisi & Duke" ist entstanden.
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Buchvorschau
Zeisi & Duke - Jörg Gschaider
Zeisi & Duke
Titelblatt
Prolog
Die Hütte
Die Vorarbeit
Tagewerk
Nachtwerk
Epilog
Glossar
Titelblatt
cover.jpgProlog
Duke hatte den Zustand, zwischen Wachsein und Schlafen zutiefst genossen. Er liebte diese eigenartige Welt zwischen Diesseits und Jenseits bald noch mehr, als tiefen geruhsamen Schlaf. Irgendwann hatte er gelernt mit dem tranceartigen Zustand, der ihm immer wieder Visionen bescherte, umzugehen. Nach einiger Übung war er in der Lage sich in jenem Land zwischen Traum und Wirklichkeit bewusst zu bewegen, den Aufenthalt in die Länge zu ziehen, oder sich für eine der beiden Seiten zu entscheiden. Später konnte er sich, wann immer er wollte, zwischen die Welten begeben. Vielleicht war diese Kunst dem Alkohol und den verbotenen Substanzen zu danken, welche er zeit seines Lebens konsumiert hatte.
Das Gefühl, dass ihm sein Körper im Wege stand, überkam ihn immer öfter. Wie gut würde er erst fliegen können, wären durch ihn keine Grenzen mehr gesetzt.
Er hatte viel gesehen und gelernt.
Weise kann nur der sein, der versteht seine Zeit für Beobachtungen zu nützen; und weise ist nur jener, der die Vergänglichkeit zu seinem Vorteil zu nutzen vermag. Das hatte er mal irgendwo aufgeschnappt. Aber was bitte, was, konnte er jetzt mit seinem bisschen Weisheit anfangen?
Alt wird man, wenn der Entdeckergeist schwindet, so glaubte er. Er hatte keine Lust mehr, auch nur irgendetwas Neues zu suchen und zu finden.
Der Raum zwischen Sein und Nichtsein hatte ihm, einmal mehr, eine Vision gebracht und diesmal würde er sie umsetzen, nicht kneifen, wie damals, als er die Tür, die ihm erschienen war, nicht zu öffnen gewagt hatte.
Die Hütte
Die Hütte
1
Duke lebte im Gegensatz zu Zeisi alleine. Wo und mit wem er sich herumtrieb, drüber war er niemandem Rechenschaft schuldig. Manchmal beneidete ihn Zeisi darum.
***
Er hatte Zeisi veranlasst, Larissa zu sagen, dass er das Wochenende mit einem Freund in den Bergen verbringen würde. Im Prinzip verhielt es sich ja auch genau so. Zeisi hätte erzählen können, dass er mit den Angestellten einen Ausflug unternehmen würde. Dann und wann pflegte er nämlich seine Mitarbeiter einzuladen. Nach einem besonders erfolgreichen Auftrag, oder zum Betriebsausflug zum Beispiel. Was aber, wenn seine Frau zufällig jemand von seinem Personal in der Kleinstadt begegnen würde? Zudem war er zwar ein guter Denker, aber ein schlechter Lügner. Duke hatte recht. Es war klüger nicht vor ihr zu verheimlichen, dass er das Wochenende mit einem Freund verbringen würde. Er müsste ja nicht verraten mit wem. Mit einem Freund aus alten Zeiten halt.
Zeisi war, seit er Larissa geheiratet hatte, noch nie ohne einen besonderen Grund über Nacht weggeblieben. Zudem hatte ihn die Natur, egal ob Berge oder Seen, auch noch nie interessiert. Firma und Familie sind alles, was für ihn zählt. Er hat keine Hobbys und seine Freunde waren, sofern man sie als solche bezeichnen konnte, allesamt Geschäftsfreunde. Bis jetzt.
Larissa hatte sich natürlich Gedanken gemacht: Wer, um Himmels Willen, hatte ihren Gemahl zu einem Ausflug in die Berge bewegen können?
Es ist ihr nicht verborgen geblieben, dass sich Duke wieder im Lande befindet. In letzter Zeit hatte sie ihn ab und zu gesehen, den fürchterlichsten aller Zeitgenossen. Umgehend hatte sie ein mulmiges Gefühl beschlichen. Sofort hatte sie die Straßenseite gewechselt. Auch im Supermarkt war er ihr untergekommen. Er hatte am anderen Ende eines Regals das Sortiment studiert. Sie tat so, als ob sie ihn nicht gesehen hätte und hoffte inständig, dass sie nicht bemerkt worden war.
Zeisi versuchte zwar, seine gelegentlichen Treffen mit ihm vor ihr zu vertuschen, doch kann sie als Gattin eins und eins gut zusammenzählen. Seine Termine waren plötzlich zu ganz außergewöhnlichen Zeitpunkten, außerhalb seines eingefahrenen Schemas platziert. Wenn er das Haus verließ, musste seine Kleidung nicht mehr ganz so perfekt sitzen, sowie insgesamt sein Ordnungssinn etwas an Präzision verloren zu haben scheint.
Außerdem roch er ab und zu nach Alkohol. Sie tut aber, als wäre ihr nichts Ungewöhnliches aufgefallen, macht gute Miene zum bösen Spiel. Welch böses Spiel tatsächlich in Gange ist, kann sie unmöglich erahnen, sich nicht einmal in ihren kühnsten Träumen ausmalen.
Duke also! Das darf nicht wahr sein!
Zeisis neuer, alter Freund ist für sie alles andere, denn ein unbeschriebenes Blatt. Allein der Gedanke an ihn bewirkt aufgestellte Nackenhaare. Sein ihm vorauseilender Ruf und gemeinsame Erlebnisse, nämlich in der Studienzeit, lassen sie noch heute erschaudern. Der Kerl ist ihr seit je als Gespenst aus einem anderen Universum erschienen.
Obwohl stets lässig und locker in seiner Art, scheint er eine gewisse innere Spannung zu besitzen, die ihr in höchstem Maße, heute mehr denn je, unangenehm ist. Seine Augen, sein Blick, der sie zugleich einzufangen und abzustoßen scheint, der im selben Moment heiter und bösartig, jedenfalls durchdringend ist, waren ihr schon immer unheimlich gewesen. Er hatte ihr damals schon das Gefühl vermittelt sie anzufassen, ohne sie jemals tatsächlich berührt zu haben. Vor diesem Gesicht, diesem stahlblauen Augenpaar, konnte es kein Entrinnen geben und schon der kurze Eindruck von Weitem, im Supermarkt, gab ihr die Empfindung, dass seine Ausstrahlung eher noch schlimmer geworden war. Sein Auftreten hatte schon damals ihr Missfallen erregt: Ein unansehnlicher Bart, und lange, meist fettige, strähnige Haare, hatten ihn ungepflegt wirken lassen. Daran hatte sich nichts geändert, im Gegenteil: Jetzt, wo der Mann ergraut ist, erscheint sein Stil nicht nur abstoßend, sondern obendrein lächerlich. „Wie alt mag er inzwischen geworden sein?", sinnierte Larissa. Er ist ein bisschen älter als sie, also müsste er so um die fünfzig Lenze zählen. Jedenfalls wirkt er, als ob er die Zeit übersehen hätte und sich noch immer in seiner wilden Jugend wähnt. Darüber hinaus, so erahnt Larissa, würde er noch immer nichts weiter, als ein Paar Levis, einige T-Shirts vielleicht, den Parka und eine alte Rostlaube besitzen.
Sie hat ihn nach all den Jahren sofort wiedererkannt.
Ob er sie auch gesehen, sogar erkannt hat?
„Welch Glück, dass Zeisi ein wesentlich mondänerer Zeitgenosse ist, dachte Larissa. Schon in der Studienzeit hatte er, Larissa und seinen Eltern sei Dank, höchsten Wert auf Stil gelegt und das ist glücklicherweise bis heute so geblieben. „Wenn er auch nicht immer Anzüge trägt, sieht man auf den ersten Blick wer er ist. Seine gediegenen Umgangsformen sind das Tüpfelchen auf dem I seiner Erscheinung. Die Markenbrille und die Lange & Söhne am Handgelenk, sowie der Jaguar in der Garage tun ihr Übriges. Mein Gemahl!
, seufzte Larissa mit gewissem Stolz.
***
Duke hatte nichts gegen Luxus, hatte nie etwas dagegen gehabt. Schlichte Eleganz, den Ausdruck von Schönheit und Gediegenheit, bewundert er noch immer. Zeisis Raubkatze zum Beispiel: Wie hässlich dagegen die buckligen Ungetüme wirken, die da vor sich hin nageln. Das Schnurren des Sechszylinders, nimmt sich im Vergleich wie ein perfekt gestimmtes Musikinstrument aus, kommt einem Ohrenschmaus gleich. Feinstes Leder und poliertes Holz im Inneren runden das Gesamtbild des Fortbewegungsmittels ab. Den Jaguar könnte man getrost als Synonym für Zeisis Gesamtausdruck sehen. Die Erscheinung spricht für sich – eigentlich für Larissas Geschmack. Zeisi ist inzwischen zur Firma Zeiringer geworden, sonst nichts – und sollte er jemals Zerstreuung suchen, würde er sie im Spielcasino suchen.
Duke hatte öfter als einmal über Larissa sinniert: „Welch bescheidenes Ego muss die Dame haben, dass sie sich nur mit einem derart herausgeputzten Geck an ihrer Seite wohlfühlt? Andererseits: Hatte er in Thailand nicht auch zu den Wohlhabenden gezählt – und hatte er es nicht auch genossen anzugeben? Seine „Familie" mochte ihn trotzdem.
***
Im Vergleich zu Zeisi scheint Duke eine Art Reinkarnation Rasputins zu sein: Nach all seinen Unfällen und Krankheiten, der Menge Whisky und dem vielen Gift das er verschluckt und geraucht hatte, hätte er inzwischen längst tot sein müssen. Ganz im Gegenteil, wirkte er fit wie ein Turnschuh; seine rustikale Erscheinung dazu … Larissa war aber nie Zarin Alexandra, obwohl sie es höchstwahrscheinlich liebend gerne gewesen wäre. Zarin am russischen Hofe, das würde zu ihr passen!
Für Duke ist sie trotz ihrer Eigenheiten ein flotter Hase. Steif und hochnäsig zwar, eine eingebildete Ziege, doch wäre er an Zeisis Stelle, hätte er ihr die Flausen längst ausgetrieben und am Ende wäre ein niedliches Kätzchen geblieben. Nein, nein, sie ist gerade wegen ihrer Macken ein dermaßen aufreizendes Geschöpf, dass er sich des Öfteren gefragt hatte, wie es einem Zauderer wie Zeisi gelingen konnte, so einen steilen Zahn anzubohren. In gewissem Sinne trug sie sogar zu Dukes Selbtreflexion bei – und wenn er ganz, ganz ehrlich zu sich ist, muss er sich eingestehen, dass er sie doch – wenigstens ein ganz kleines bisschen – mochte.
***
Larissa und Zeisi waren seit den Studienzeiten ein Paar. Sie studierten in derselben Stadt – und Zeisi besaß glücklicherweise bereits damals ein Auto. Oft genug setzte er sie vor ihrer Wohnung in der Universitätsstadt ab, ehe er ins Studentenwohnheim weiterfuhr.
Sie wohnte mit zwei Kolleginnen in einer Kommune. Das Mädel durfte sein Studentenleben in einer Wohngemeinschaft verbringen. Ihr war damit die Möglichkeit gegeben, angefangen vom Zusammenraufen mit ihren Zimmergenossinnen, dem Bereiten der Mahlzeiten, übers Reinemachen, bis hin zum Stellen des Weckers, ihre eigenen Erfahrungen machen zu dürfen. Wie gerne hätte auch er in so einer Gemeinschaft gewohnt. Seine Eltern, vornehmlich sein Vater, hatten sich stattdessen für ein ziemlich streng geführtes Heim entschieden.
Wochentags war die Führung der Studenten nahezu militärisch. Ein Weckruf erschallte durch die Gänge, die Bügelfalte im Anzug musste sitzen, die Schuhe mussten glänzen und die Zimmer hatten aufgeräumt zu sein. Dafür brauchte sich der junge Herr Zeiringer weder um Studierzeiten, noch um seine Mahlzeiten zu kümmern. Er konnte sich ganz und gar auf sein Studium konzentrieren.
Larissas Ehrgeiz und der von seiner Familie auferlegte Zwang zur Leistung hatten sich gefunden.
Nur an den Wochenenden, wenn das mit der Aufsicht befasste Personal dünn gesät war, war das Leben entspannter. An Tagen, an denen er beschlossen hatte von Freitag bis Sonntag im Heim zu bleiben, war hin und wieder auch Duke aufgetaucht. Er quartierte sich kurzerhand in sein Zimmer ein. Unter den verbliebenen Studenten war es dann eher Zeisi denn Duke, der auffallen musste. Gerade an diesen freien Tagen sahen die meisten Studenten ziemlich verwegen aus. Sie mussten nicht gekämmt und rasiert sein und löchrige Jeans, oder Schlabberklamotten waren en vogue. Zudem durfte auch Alkohol genossen – und zu wilder Musik abgetanzt werden und das Aufsichtspersonal ließ sie, bis zu einem gewissen Grad, gewähren. Nur Zeisi verzichtete weder auf Bügelfalten, noch seine Krawatte. Womöglich besaß er keine abgefahrenen Sachen?
Wenn auch Larissa in der Stadt geblieben war, gingen die beiden gemeinsam aus. An Larissas Seite hatte Zeisi ohnehin geschniegelt und gestriegelt zu sein.
Wenn Duke auftauchte, war aus dem Duo unversehens ein Trio geworden.
Zeisi wusste nur zu genau, wie sehr Duke das feministische Getue Larissas auf die Nerven ging, besonders wenn sie pausenlos quasselte.
Die junge Dame wiederum war am Explodieren, wenn sich Duke nur einen Trinkhalm, anstatt eines Getränkes bestellt hatte. Mit diesem Trinkhalm pflegte er genüsslich, mit einer zur Schau gestellten Selbstverständlichkeit, von Zeisis Bier zu trinken.
Endgültig hatte er dem Fass mit seiner Erklärung der Welt den Boden ausgeschlagen: „Der Mond kreist um die Erde, das ist ja allgemein bekannt, hatte er eine Geschichte zu erzählen begonnen, mit den Händen einen Ball formend, mit den Armen und Fäusten die Flugbahn nachahmend. Richtig unheimlich sah er aus, mit seiner langen, wirren Haarpracht und seinem Bart, mit seinen großen blauen Augen, voll auf seine Erklärung konzentriert. „Seine Anziehungskraft wirkt auf unsere Mutter Erde und ist so stark, dass sie sogar Gezeiten bewirkt.
Sowohl Larissa, als auch Zeisi sahen ihn gespannt an. Beide hatten nicht die leiseste Ahnung, worauf er hinauswollte.
„Das ist aber noch lange nicht alles, fuhr er mit seinen Ausführungen fort: „Da ist auch noch die Erde selbst! Sie hält mit ihrer Anziehungskraft den Mond in seiner Bahn und doch erzeugt sie durch ihre Eigenrotation enorme Fliehkräfte.
Duke legte eine bedeutungsvolle Pause ein, in welcher er in seinen Armbewegungen innehaltend, erst Zeisi und dann Larissa mit starrem Blick prüfte. Er wollte offenbar die Bereitschaft der Zuhörer erkunden, seinen Gedanken weiter folgen zu wollen - und eine Gelegenheit erzeugen, seine Ausführungen auf das Publikum einwirken zu lassen, ehe er fortfuhr: „Das ist aber noch immer nicht alles: Der Planet mit seinem Trabanten kreist auch noch um die Sonne, was wiederum Kräfte unvorstellbaren Ausmaßes bedarf!"
„Worauf wollte er bloß hinaus?, hatten sich Larissa und Zeisi zum wiederholten Male gefragt. Eine weitere Pause, die eine Spannung erzeugte, welche die beiden Zuhörer in seinen Bann zog. Schließlich kam Duke auf den Punkt: „Und all die Kräfte wirken auch auf Frauen, wo sie doch bekanntermaßen das schwache Geschlecht sind.
Zeisi hatte sich ein lautes Auflachen verbeißen müssen, als er Larissas Blick bemerkte, aus dem augenblicklich ein Blitz zu entfahren schien, der Duke töten hätte können.
2
Duke hatte sich zeit seines Lebens für alte Kulturen interessiert, unter anderem auch für Wikinger. Sie waren in der Schule mit keinem Sterbenswörtchen erwähnt worden. Deshalb vielleicht? Könnte sein. Jedenfalls hatte ihn allein das Wort Wikinger, das aus dem Altnordischen vikingr übersetzt „Seekrieger, der sich auf langer Fahrt von der Heimat entfernt" bedeutet, magisch angezogen.
Ein Vers der Ynglinga Saga, den er wer weiß wo aufgeschnappt hatte, tat sein Übriges:
„Da gab es viele Seekönige, die über große Heere geboten, aber kein Land besaßen. Den allein erkannte man mit Fug als einen richtigen Seekönig an, der nie unter rußigem Hausdach schlief und nie im Herdwinkel beim Trunke saß".
Er würde zwar niemals zur See fahren, doch so ein König wollte er sein. Frei wie der Wind selbst; und obwohl er es sich bis vor kurzem nicht vorstellen hatte können, sollten bald, jetzt wo er alt und grau geworden war, Zeisi und dazu vielleicht Susi oder Dorli sein kleines, aber feines Heer sein.
Nach Asgard, auf die Burg Gladsheim, wohin Odin die Tapfersten im Kampfe gefallenen Krieger einlud, dorthin wollte auch er.
Krieger, von Odin persönlich handverlesen, sollten schließlich noch eine letzte, endzeitliche Schlacht in der Wigrid-Ebene schlagen. Bis zu diesem Ende aller Tage aber würde der Met, von der Ziege Heidrun gegeben, reichlich fließen und der Eber Saehrimnir täglich aufs Neue verspeist werden.
***
In schwierigen Verhandlungen hat Zeisi oft an Duke gedacht. Er hatte ihn als Kämpfer, in sich gefestigt, durch nichts und niemand aus dem Gleichgewicht zu bringen in Erinnerung. Er schien immer zu wissen was zu tun sei und niemals zu zweifeln. Er schüttelte Schicksalsschläge ab, wie ein nasser Hund das Wasser aus seinem Fell. Allein durch sein alles beherrschendes Auftreten hatte seine Meinung Gewicht. Dafür bewunderte ihn Zeisi, der sich manchmal in banalsten Problemchen verzettelte, unsicher war und sich auch die kleinsten Rückschläge zutiefst zu Herzen nahm.
Zeisi hatte als halbwüchsiger junger Mann, so oft es ihm möglich war, Dukes Nähe gesucht. Dessen Freunde hatten ihn hingegen mit Verachtung gestraft. Duke aber hatte ihn aber so angenommen, wie er eben war. Wahrscheinlich war es eine Art soziales Gewissen, das ihm gebot, sich um das arme Geschöpf im goldenen Käfig zu kümmern. Zudem hatten Zeisis Bildung und die gehobene Umgebung, in der er lebte, in der er aufgewachsen war, anziehend auf ihn gewirkt.
Zeisi war seinerzeit der Umgang mit