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Schuld war nur die Mustertapete! Sagt Mutter!
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Schuld war nur die Mustertapete! Sagt Mutter!
eBook287 Seiten4 Stunden

Schuld war nur die Mustertapete! Sagt Mutter!

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Über dieses E-Book

Als 1967 an einem Dienstagmorgen um 9.05 Uhr jemand in mein Paradies brüllte, stellte ich mit Entsetzen fest, dass die Außenwände des warmen und weichen Beutels, in dem ich bis eben friedlich gelegen hatte, heftig gegen mich drückten. Erst hörte ich einen lauten Knall und dann wurde es rutschig. Von draußen schrie jemand so laut, dass mir die Ohren schallerten. Was machten die mit mir? Warum zwängte man mich in diesen engen, dunklen Tunnel, wo doch am Ende ein grausames Wesen auf mich wartete? Irgendjemand wurde heftig zusammengeschissen und ich war froh, dass es anscheinend nicht mir galt. Als ich in dieses grelle Licht rutschte, bekam ich die erste Ohrfeige meines Lebens und Hass auf diese Furie. Ein schimpfendes Monster packte mich und warf mich auf die Brust einer schwitzenden, liebevoll schauenden Person und dann hörte ich die Worte:
Datt Plag ist da!
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum17. Dez. 2014
ISBN9783738010640
Schuld war nur die Mustertapete! Sagt Mutter!

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    Buchvorschau

    Schuld war nur die Mustertapete! Sagt Mutter! - Carmen Immel

    Schuld war nur die Mustertapete!

    Sagt Mutter!

    Carmen Immel

    COPYRIGHT©Der Titel ist bei Lektoren.ch unter Hinweis auf § 5 Abs. 3 MarkenG in allen Schreibweisen und Darstellungsformen geschützt und im Online-Titelschutz-Anzeiger veröffentlicht worden. Das Manuskript, einschließlich all seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechts ist ohne Zustimmung des Verfassers unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikrovervielfältigungen und die Einspeicherung und/oder die Verarbeitung in elektronische Systeme. Copyright © Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil dieses Werkes darf in irgendeiner Form, durch Fotografie, Mikrofilm, Kopie oder ähnliche Verfahren, ohne schriftliche Genehmigung des Autors reproduziert, oder durch Verwendung elektronischer Systeme verbreitet, verarbeitet oder vervielfältigt werden.

    Erweitertes Impressum

    Copyright: © 2014 Carmen Immel

    Text&Gestaltung © Carmen Immel

    Titelfoto: ©Axel Linschmann

    Prolog

    Liebe Hobby-Lektoren und Hobby-Korrektoren! In diesem Buch sind absichtlich Rechtschreibfehler eingebaut. Selbst der kuriose Satzbau ist eine gute Übung für alle angehenden Lektoren und Korrektoren. Mein Schreibstil macht dieses Buch aus. Ohne diesen wäre dieses Buch, nicht das, was es ist. Sollte nun ein Leser diese Fehler finden und sie zusammenfügen, wird er das weltbeste Rezept einer gedeckten Apfeltorte nach Omas Art finden!

    Widmung

    Danke Mutti, für die schöne und wirklich anstrengende Kindheit. Wir haben es echt kompliziert veranstaltet! Woll? Danke allen Spielkameraden, mit denen ich damals die Gegend unsicher machen durfte! Sollte die Einleitung von der Person gelesen werden, die heftig an dieser beteiligt war, bin ich mir sicher, folgenden Satz zu hören:

    "Ruf den Bestatter und gib deine Maße durch!

    2014, Elend lange Einleitung

    Geschafft! Der 47. Geburtstag stand an und ich lebte immer noch! Ich war seit einiger Zeit zu Hause, weil ich mich beruflich neu orientieren wollte. Das war schon lange geplant und ich hatte mich auf die Zeit gefreut, endlich morgens die Restwärme meines Bettes zu genießen. Zudem sprangen bei mir in letzter Zeit, ständig die Brustwirbel, vom Husten, der mich schon länger plagte, raus. Da ich quietschend und nach Luft japsend, kaum noch arbeiten konnte, beschloss ich das Leben zu Hause, endlich mal in vollen Zügen zu genießen. In der Zeit, in der ich noch arbeitete, gab es hier und da auch mal den Tag, an dem ich länger schlafen konnte. Und genau an solchen Tagen klingelte in der Frühe das Telefon, bis der Lautsprecher Quack machte. Wenn es wenigstens noch ein Bekannter gewesen wäre, oder die Firma, die einen Notruf ablassen wollte, wäre das noch in Ordnung gewesen. Aber es waren Werbefirmen, die genau dann mit ihrer geschulten Freundlichkeit nervten, wenn man selbst gerade im Land der Träume war. Es war so, als würden die Leute es riechen, wenn ich im Bett lag. Genau wie die Tatsache, dass der Mensch in der Lage ist, zu ahnen, wenn ich vom Geldautomaten kam und mal eben die Sterbeversicherung an der Haustür bezahlt werden musste. Der Schornsteinfeger schloss sich dem Vorkassierer an und verlangte das Anknacken des nächsten Fuffi und schließlich musste noch für den Nachbarn, den ich nicht leiden konnte, gesammelt werden, weil dem gerade einfiel zu sterben. Doch heute hatte ich Geburtstag und jeder war willkommen. Es durfte angerufen werden. Aber das Telefon klingelte nicht. Wo waren die nervigen Firmen, die mich fragen wollten, ob ich mit der Gesamtsituation meines Heißwasserspeichers zufrieden bin? Kein Auto fuhr vor und machte auf Überraschungsbesuch. Nicht mal das Rattern meines, sonst so nervigen Handys ließ auf lebende Wesen in meinem Umfeld hoffen. Ich war enttäuscht! Einige Bekannte hatten mir einen Tag zuvor gratuliert. Natürlich per Whats app. Also was machte ich? Ich rief die Leute selbst an und verlangte umgehend ein Geburtstagsständchen. Dann kam die Aussage:

    »Aber ich habe dir doch gestern gratuliert, oder hast du wirklich heute?« Ich beantwortete die Frage mit einem stöhnenden:

    »Jaa doch, heute!« Als ich nach dem Wie fragte, sollte ich doch bitte mal genau aufs Handy gucken. Ach ja, das Handy. Kommunikationspartner Nr.1. Nur warum blieb das Ding stumm? Der Akku war doch voll, ich hatte es extra, in großer Hoffnung aufgeladen. Genauer gucken lohnte sich denn doch, soviel hatte ich heute wieder gelernt. Es stand auf Ton aus. Der Ärger über mich selbst hielt nur kurz an. Tatsächlich sah ich bunt geblümte Nachrichten, von Bekannten und Verwandten. Etwas missmutig schaute ich in den Eisschrank. Die Flaschen Sekt lagen immer noch gut gekühlt an Ort und Stelle. Die hatte ich doch extra für unerwartete Gäste besorgt. Eigentlich wusste auch jeder aus meinem Umfeld, dass ich zu Hause war. Es klingelte aber immer noch keiner. Ich schaute wieder aufs Handy. Alle hatten nun über dieses verflixte Medium gratuliert. Dabei hatte ich mich gefreut, die dämlichste Frage des Tages, beantworten zu dürfen. Wie geht es dir, nun so ein Jahr älter? Hm? Blöd … echt. Also ging ich frustriert an den Eisschrank und ließ unauffällig Ploppen. Goss den Geburtstagssaft ins Glas und prostete mir am helllichten Tag selbst zu. Danach ließ ich mich vor dem PC nieder und loggte mich bei Facebook ein und dachte mir Scheiss auf Geheimhaltung und klickte mein Geburtstagsdatum auf öffentlich um. Trotz Intensivem hingucken, tat sich nichts. Folglich goss ich mir aus lauter Frust, den Rest des Glases Sekt in die Kehle und freute mich, als denn doch jemand klingelte. Geschenke! Hurra, da wollte jemand zu mir. Eine nahe Verwandte kam gerade vom Einkaufen und wollte mich drücken. Ohne Geschenk! Nur vorbeigucken. Egal, die kam ja wie gerufen. Ich nahm sie an die Hand, zog sie in die Küche und zündete zwei Kerzen an. Hach, was war das plötzlich so gemütlich. Beim ersten Glas wies sie noch auf ihr Fahrzeug vor dem Haus hin. Beim zweiten Glas, welches ich einschenken wollte, versperrte sie mit gespreizten Fingern die Öffnung vom Glas und ich schüttete zwischen die zarten Finger durch.

    »Noch nix gegessen«, war ein Satz von ihr. Beim dritten Glas gingen ihre Kippen aus und dann rauchte sie Kette von Meinen. Während sie ihren Lebenslauf von Geburt an erzählte, sah ich den ständig zeigenden Finger auf die Öffnung ihres Glases. Mit dem Hinweis:

    »Eye abber muu noch faaan unn nix essen in Bauch«. Die Verwandte sprach jetzt, als hätte sie Migrantenhintergrund. Plötzlich war der Sekt leer. Was nun? Wow, ich hatte doch noch den guten, roten, schweren Tropfen von Madeira. Dann klickte bei der Verwandten ein Schalter um und nun hatte sie den Kampf gegen mich verloren.

    »Wei ein aaf Bieer, daff laff schein … äh … Glass lääääh, Glaaas lääääh« Ich folgte prompt dieser Aufforderung. Ich füllte sie restlos ab. Nach zwei Flaschen Sekt und einer Pulle, bestem Rotwein geleitete ich sie auf unsere sanitäre Anlage. Dort sang sie Ständchen in die Kanalisation. Ich hatte richtig Spaß und lachte mir einen Schaden. War doch nicht meine Schuld, dass sie vorher nichts gegessen hatte? Auf dem Weg zur Latrine rief ich noch, ob sie von meinem Geburtstagskuchen naschen wollte. Verneint wurde dies mit einem Uuuuaaarg!, welches sich nicht gesund anhörte. Jaaa, diese Frage gab wahrlich Auftrieb in ihrer Speiseröhre. Während die Verwandte das Rohr zur Unterwelt befüllte, bestaunte ich torkelnd, am Fenster, das Leben, draußen auf der Straße. Kein Mensch zu sehen! So war es also am helllichten Tag zu Hause. Ich kannte meine Heimat durch die letzte Arbeitsstelle, ja nur von Dunkel zu Dunkel. Äh, lass ich so stehen! Dann verließ ein Geist unsere Latrine mit den Worten:

    »Errette mich und du wirst gerettet werden«, unsere Latrine und bat mich um Verbesserung, ihres Zustandes, den ich mit lautem Lachen begutachtete. Ich versuchte jemanden zu erreichen, der diesen unnatürlichen Zustand halb grinsend, halb würgend, in sein Paradies zurückbegleitete. Ich nahm das bisher immer noch stille Handy in die Hand und tippte Leute an, die auf der Liste hatte und mir irgendwie fremd waren. Ach die Zahlen und Gesichter drehten sich, deshalb erkannte ich diese Personen zuerst nicht. Natürlich erreichte ich nur per Whats app, eine Person, die ebenfalls mit der Verwandten, verwandt war. Ich rief dem Geist zu, dass ich jemanden außerhalb unserer Raumstation erreicht hatte. Der Geist war froh, dass es Wopp päpp gab. Ich brüllte, obwohl der Geist nur zwei Meter von mir entfernt stand:

    »Matsch isch über Woooop päpp« Mein Geist nickte, hob dabei die Augenbrauen und dann endlich hatte ich Anschluss. Verstand ich zwar nicht, weil ich über Whats app? Großes Fragezeichen, ich hatte doch die Nummer gewählt? Nun gut. Eine fremde Stimme am anderen Ende ertönte. Aber anstatt aller Soforthilfemaßnahmen einzuleiten, musste ich erst noch den Zustand des Geistes in meinem Haus erklären und versuchte die dämliche Diskussion schnell zu beenden. Der andere Telefonteilnehmer brachte denn auch endlich mein Handy zu ungeahnten Aktivitäten, die ich den ganzen Tag vermisst hatte. Es erwachte zum Leben! Eigentlich kam ich aus dem Lachen nicht heraus und hatte immensen Spaß daran, zu erklären, dass wir zwei gerade die Erdumlaufbahn verlassen wollten. Aber derjenige am anderen Ende der Leitung entpuppte sich als aufgebrachtes, alleingelassenes Wesen und fing mit kurzen Sätzen anzufragen. Ich vernahm folgenden Wortlaut zwischen meinen stockenden Antworten:

    Warum strunzend voll? Welcher Grad ist erreicht? Warum jenseits von Gut und Böse? Geburtstag? Ach deshalb hab ich nix zu fressen auf dem Tisch? Ach deshalb leidet der Hund an Blasenüberflutung? Ach deshalb hängt die Wäsche immer noch im Keller? Ich blies angestrengt durch die Backen. Mann, das war ja schwieriger als in der Mathematikstunde von 1974. Ich kam überhaupt nicht zum Antworten und verstand nur die Hälfte von den Vorwürfen. Bei meiner Suche im Raum, nach einem Schuldigen, sah ich die Verwandte gegen die Wand gelehnt stehen. Ich meinte, ich würde den Aufschlag des Handys auf der anderen Seite, der Leitung, an der Wand hören. Ich rief noch mal verzweifelt ins Handy:

    »Fräsche, Fräschenett«

    Der andere hatte aber aufgelegt. Hätte mir ja wenigstens gratulieren können. Jetzt gab es auch noch Ärger. Das lag alles nur am Herrn Fräschenett. Der war schuld. Mein Blick auf den Geist ließ mich wieder aufquieken, weil das Elend an der Wand so lustig aussah. Ich hatte soeben das Leben einer handelsüblichen Hausfrau in ihren Grundfesten für die nächsten 24 Stunden zerstört. Der Geist wurde dann endlich gerettet und ich stand in meiner Küche und guckte mich um. Ich hatte es also geschafft, aus meinem Geburtstag eine two-Women-Freak-Show zu veranstalten. Komisch? Die Bodenfliesen hingen nun unter der Decke. Die Deckenvertäfelung klebte an den Wänden. Das Raumschiff hatte wohl Schieflage? Der Geist wurde gen Haustür geschoben, äh abgeschleppt und ich könnte schwören, dass der Bestatter mit dem Maßband neben ihr herging und mahnend zu mir zurück sah. Oh, die Sache mit dem Bestatter wurde ich wohl nie los, jetzt fehlte nur noch der Buhmann, nach dem ich angestrengt im Raum suchte, wurde aber vom Handy, das dröhnend surrte, abgelenkt. Wow. Das Postfach bei Facebook war voller lieber Nachrichten und in der Chronik die besten Wünsche. Experiment gelungen! Ich fing an nachzudenken. Wir schrieben das Jahr 2014. Ab jetzt gab es menschliche Kontakte nur noch als Mitglied einer Telefongesellschaft oder als Figur im äußerst sozialen Netzwerk! Das würde meine Pannenserie stark einschränken und so hoffte ich auf weniger negative Ereignisse. Gut, ich konnte zu Hause die Treppe herunterfallen. Aber nicht mehr vor den Zug laufen! Meine Denkerbse fing an zu glühen. Was war alles bis hierher passiert? Außer das Ich voll, wie eine Haubitze war? Da war die Wespe, die mich im letzten Sommer in den Fuß stach und mein Körpergewicht um satte 4 Kilo anhob. Da war der Hund vor einigen Jahren, der mich fast verschlungen hatte. Im Inneren eines Hundes ist es wirklich interessant! Da war die Hauptverkehrsstraße! 4-spurig. Ich lief rüber und schaffte es ohne Zusammenstoß mit den vielen Autos, diese zu überqueren! Bis ich auf der gegenüberliegenden Seite mit dem Gesicht bremste. Da war die dicke schwarze Spinne, die mit lautem Huch von der Decke, genau neben mir, auf dem weißen Ledersofa aufschlug. Nachdem wir uns in die Augen schauten, unterdrückte ich den Schrei (weil es mitten in der Nacht war) und sprang selbst zur Decke. Ich schlug unter die Dachschräge. Ich ging haarscharf am Genickbruch vorbei, was ich von der Spinne nicht behaupten konnte. Sie erlitt einen Schädelbasisbruch, weil ich im Affekt handelte. Ich sah ja beim Hochspringen zur Dachschräge noch im Flug, dass sie eine 8-fache Bänderdehnung erlitten hatte und sie wäre verhungert, wenn ich sie nicht erlöst hätte. Ich versaute also das weiße Sofa mit Körperfetzen einer schwarzen, vollgefressenen Kreatur und dachte dann mit Gänsehaut nach. Mein Herz schlug in wildem Takt und ließ ahnen, dass mein EKG gerade etwas außer Rand und Band war. Das war ich! In einer Nacht, alleine im Wohnzimmer, mit meinem Pantoffel in der Hand und dumm glotzend auf das Sofa, wo ich eben noch gesessen hatte, weil ich nicht schlafen konnte. Ich setzte mich auf das andere Endstück des Sofas und schaute durch den Raum. Hier war ich geboren. In diesem Haus. Ich sah mich als Kind, spielend auf dem Teppich sitzen oder laut brüllend mit der Indianerperücke meines Bruders, durch die Zimmer laufen. Immer mit dem Blick auf den schwarzen Fetzen. In Zombiefilmen stehen die zerstörten Wesen ja auch wieder auf, warum sollte das hier anders sein? Obwohl … mindestens drei Beine klebten an der Tapete. Ich überlegte weiter. Warum nur hatte ich die Sohle meines Pantoffels an der Tapete …? Ach so … alles in allem hatte ich also bis jetzt, gut überstanden und suchte immer noch nach dem Sinn meines Daseins. Wüsste ich nicht, dass ich an einer Mustertapete entstanden bin, wäre ich mir sicher, ich käme nicht von der Erde. Warum? Weil ich anders bin! So sagte Mutti mir immer. Ich war mir in dieser Nacht sicher, dass ich meinen Lebenslauf für kommende Vorstellungsgespräche unbedingt ändern musste. Eigentlich war alles darin gelogen, bis auf die Arbeitsstellen, wo ich bisher gearbeitet hatte. Da drin hätte stehen müssen: Vom Pech verfolgt, laufende Katastrophe, Versicherungsschreck, Arztpraxen Schreck, Unheilverkünder, nicht gesellschaftsfähig, schlimmer als schwarze Katze und vor allen Dingen der Satz:

    »Man sieht mich immer zweimal! Einmal zum Vorstellen und einmal zum Entschuldigen«

    1929, Mutti, Krieg und Unterhose

    Zum Thema Mutter! Sie war die gute Seele und der starke Halt, in unserer kuriosen Familie. Dank Ihrer Eltern. Mutti erblickte 1929 das Licht der Welt. Sie erzählte mir oft Geschichten aus der schweren Zeit im Krieg und ich hing mit Elefantenohren an ihren Lippen. Meine Mutter hatte wie damals alle Mütter, das Problem mit der Aufklärung. Nicht nur mit der Aufklärung. Es gab Dinge, über die sprach man nicht! Im Zweiten Weltkrieg groß geworden, lernte Sie früh, wie man Hunger überbrückt und alles in die Suppe schmiss, was nicht niet- und nagelfest im Garten anderer zu finden war. Was ich davon glaubte, war die andere Sache. Da gabs echt manchmal Geschichten, also … Wenn z. B. die Sirenen erklangen und die Kampfbomber schon laut dröhnten, strickte sie in aller Ruhe, die letzte Reihe am Pulli fertig. Dann lief sie auf die Straße, grüßte freundlich den Opa, der gelangweilt in der Haustüre, auf der anderen Straßenseite stand und reihte sich in die gellenden Schreie der anderen davonlaufenden ein. Ab in den nächsten Bunker. Am Klang der fallenden Bomben errechnete Sie die Entfernung der Geschosse und überlegte, ob es sich lohne, den mitgebrachten halb fertigen Strickpulli weiter zu stricken. Oder man diskutierte, während die Bomben rings herum einschlugen, wer den besten Vanillepudding aus dem Nichts machen konnte. Sie verweigerte in der Schule den Hitlergruß und bekam prompt nach damaliger Art die Leviten gelesen. So mit der flachen Hand ins Gesicht oder mit dem Stock auf die ausgestreckten Finger und so Zeug. Ich liebte diese Geschichten, warum, weiß ich nicht. So erzählte sie mir auch, wie die schwarzen Striemen in ihre Arschbacken gelangt waren. Da es damals nur von Opa selbst gebaute Schlitten gab und die mit den Geschwistern geteilt werden mussten, nahm Sie sich eine Plastiktüte und füllte sie mit Stroh. Die Strumpfhosen waren noch, an eine Art Strapse befestigt. An einem steilen Hang spielte sie mit den anderen Kindern im Schnee und dann bretterten sie den Hang auf den Tüten hinab. Aber da gab´s die eine Oma und die konnte die Kinder nicht leiden. Diese Oma wartete eines Tages ab, bis alle Kinder oben am Berg angekommen waren, und schaufelte schnell den Schnee vor Ihrer Haustüre weg und streute Asche. Mutti schoss auf ihrer Tüte den Berg hinab und bremste auf dem blanken Hintern ab. Ihr Hintern muss noch Wochen danach wie Feuer gebrannt haben und der Hass auf die Oma war groß. Aber trotzdem muss es auch eine schöne Zeit gewesen sein, so erzählte sie. Damals waren die Menschen noch füreinander da. Großfamilien wurden nicht als Assipakete angesehen. Wenn ein Kind außerplanmäßig folgte, dann wurde eben eine Kartoffel mehr geschält. Mutter machte auch eigentlich alles richtig, was uns Kinder anbelangte, bis auf einen Aspekt! Sie hatte Hemmungen uns zu erklären, wie der Papa mit der Mama, uns Kinder macht. Man ist ja, wenn man heranwächst, äußerst neugierig, was Bienchen und Blümchen anbelangt. Meine Mutter hatte ihre eigenen Thesen dazu. Wie war ich denn nun entstanden? Die Letzte aus der Viererkette. Unerwartet, urplötzlich, wie von Geisterhand bin ich an der Mustertapete entstanden. Aber bevor ich rausflutschte, gabs noch einen lauten Knall. So sagte sie mir! Mutter trotz damaliger schwieriger Zeiten sehr aufgeschlossen. Nur das Wort Sexualität kam ihr einfach nicht über die Lippen. Sie bekam vom Frauenarzt, eine bunte Pille verschrieben und ihre Vergesslichkeit ließ dann das Wunder geschehen. Sie hatte sogar eine Entschuldigung für ihr Missgeschick. Wie sie mir später erklärte, bekam sie die Pille, weil sie schon schwanger wurde, sobald sie die Unterhose an die Wand nagelte. Dabei schaute ich auf unsere Mustertapete und war entsetzt. Nun gut, ich musste das so glauben und sah diese schreckliche Tapete ab sofort mit Argwohn an. In diesen vier Wänden war ich zur Welt gekommen. Gezeugt in einer Unterhose an der Mustertapete. Da fragt man natürlich auch als Kleinkind nicht nach, wie der Papa dahin gekommen war!

    Muttis Verzweiflung und ärztliche Ratschläge

    »Hören se' mal Herr Doktor! Also mit dem Kind … ich weiß net so richtig, wie isch datt sagen soll. Aber irgendwatt stimmt net. Manchmaa macht mir datt Petra Angst« Tatsächlich! Mutter hatte recht und verlangte nun schnelle Hilfe von unserem Hausarzt. Doch was sollte der alte Herr noch dazu sagen? Kein Wunder, ich war nicht nur ein Unfall. Der erste Blick meinerseits, nach der Geburt, war eine schreckliche Mustertapete. Zudem schallerten mir die Ohren, weil ich mit lautem Knall zur Welt kam. Sagte Mutter mir später. Angeblich war die Fruchtblase nicht normal geplatzt, sondern explodiert. Ich glaubte eher, dass die Hebamme Mutti zur Sau gemacht hatte, während meiner Geburt, weil ich mich wehrte, das Paradies zu verlassen. Des Weiteren begleitete mich ein seltsames Phänomen. Ich zog Pannen magisch an. Der alte Hausarzt war fast wöchentlich zu Gast bei uns und suchte ständig nach freien Einstichmöglichkeiten für seine Tetanusspritzen. Ob blaue Flecken an den Ellbogen oder ein aufgeschlagenes Knie. Es gab kaum eine Stelle an mir, die nicht mit Blutkruste behaftet war. Heilte die Wunde am Knie ab, schlug ich mit dem Steißbein auf. Nur am Kopf tat sich komischerweise nichts. Ich war nie vom Wickeltisch gefallen oder in der Badewanne ausgerutscht. Nein, auch nicht zu heiß gebadet worden. Beim Stillen gab es keine Probleme, außer, dass Mutter sich wie eine Melkanlage fühlte und oft das Gefühl hatte, wenn die Milch leer war, dass es nun an ihre Blutbahnen ging. Als die festeren Speisen endlich folgten, stellte man zum Entsetzen aller fest, das Kind kotzte Brei. Was nun? Aus Spaß versuchte man ganz weiche Eier. Fand der Opa gut, also musste das auch gut fürs Kind sein. Ich vertilgte fortan halbrohe Eier mit viel Maggi. Salmonellen waren noch nicht erfunden. Mutter ekelte sich oft beim Füttern und musste des Öfteren die Schale abstellen und lief von dannen. Nun musste endlich mal Abwechslung herbei. Aber ich guckte nur nach dem, was die anderen Geschwister auf den Tellern hatten. Man konnte dem Kind doch keine gefüllte Paprikaschote geben! Oder doch? Ich futterte zum Erstaunen aller, kleingemanschte Paprikaschoten. Dann Reis mit Paprikaschoten. Schön scharf das Ganze. Ich lernte das Knattern. Aber alles, was sonst kindgerecht war, mied ich. Was sollte Mutter denn machen? Das waren die 70er! Bis eines Tages ein herrlicher Duft vom Esszimmertisch zu mir schwebte. Ohne gesehen zu haben, was das war, verliebte ich mich in den Duft. Ein Versuch war es Wert. Man hielt mir eine Hähnchenkeule hin. Man staunte. Ab sofort gehörten von jedem Hähnchen die Keulen nur noch mir. Die anderen aus der Familie waren wenig begeistert. Nun musste Mutter mehrere Hähnchen braten, damit alle von den Keulen bekamen. Ich mied nämlich die Bruststücke. Ich mied auch Puten-oder Hähnchenschnitzel. Es musste immer ein ganzer Gockel sein und davon nur das Geläuf, wie Papa es immer nannte. Papas Hasenzucht war berühmt. Auch der samstägliche Hase dufte wohlig in meiner Nase. So futterte ich denn auch Hase. Aber das war allen egal. Hauptsache ich war zufrieden. Beim Blutabnehmen stellte der Hausarzt keine Mängel fest, denn als ich größer wurde, trank ich ja auch aus der Pfütze und bekam immer ausreichend Vitamine. Komischerweise hatte ich nie Würmer. Keine Läuse, keine normalen Kinderkrankheiten. Als dann mal tatsächlich die Masern kamen, schaute unser Hausarzt komisch. Sollte das Kind sich nun doch normal entwickeln? Nee, eigentlich nicht. Wenn ich zum Arzt musste, klaffte irgendwo eine Wunde oder ich wurde mit einer Knüpfnadel im Auge zum Arzt gefahren. Ich schluckte vorher immer Entschäumer wegen meiner Darmaktivitäten. Das war besser für alle. So auch der Zwischenfall bei der Schluckimpfung. Es hieß ein Stückchen Zucker schlucken. Eine bitterböse Furie in einem weißen Kittel verabreichte diese. Damals war es normal, dass genau für Kinder die schlimmsten Drachen vorstellig wurden. Ich hatte das Gefühl, ich sei beim Bund zur Musterung. Ich hatte vor Angst fast in die Latzhose gemacht, als ich die Tante Doktor sah. Die

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