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Erwärmung und Wohlstand oder Abkühlung und Verfall: Lehren der Geschichte
Erwärmung und Wohlstand oder Abkühlung und Verfall: Lehren der Geschichte
Erwärmung und Wohlstand oder Abkühlung und Verfall: Lehren der Geschichte
eBook866 Seiten10 Stunden

Erwärmung und Wohlstand oder Abkühlung und Verfall: Lehren der Geschichte

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Über dieses E-Book

Ein geschichtlicher Vergleich vom Beginn der Menschheit bis heute zeigt, dass fast immer und überall die wärmeren Phasen Blütezeiten für die Menschheit waren, verbunden mit großem Wachstum und Auftrieb der Kulturen. In Phasen von Abkühlung hingegen, oft verbunden mit Trockenheit, sind diese wieder in Nöte geraten und oft auch in kriegerischen Verwicklungen untergegangen.
Unsere Zeit ängstigt sich vor einer Erwärmung der Erde, welche wegen einer Zunahme von CO2 in der Atmosphäre befürchtet wird. Ist diese Angst historisch und wissenschaftlich berechtigt? Zunächst widerspricht sie der Tatsache, dass die Sonneneinstrahlung auf die nördliche Erdhälfte in den vergangenen 8 Jahrtausenden aus astronomischen Gründen um fast 6 Prozent gesunken ist. Das hat zu Abkühlung und Austrocknung, z. B. der Sahara und anderer Wüsten geführt. Der damalige Idealzustand, in dem Mitteleuropa erstmals von Bauern besiedelt wurde, ist unwiederbringlich dahin! Auf dem Balkan hatte sich sogar eine erste Schriftkultur gebildet – lange vor den Sumerern und Ägyptern. Die Erde hat sich seither immer stärker abgekühlt und viele Kulturen in Nöte gebracht! In eineinhalbtausend Jahren wird ein Minimum erreicht werden und die Menschheit wird darauf zu achten haben, dass die Erde nicht in eine neue Eiszeit abgleitet.
Auch die kurze Erwärmungsphase des ausgehenden 20. Jahrhunderts ist vorüber. Sie war erstrangig nicht eine Folge einer CO2-Zunahme in der Luft, sondern eines riesigen Hochs der Sonnenaktivität, höher als jemals in den vergangenen 2 Jahrtausenden. Nun aber verfällt die Sonnenaktivität und das kündigt kühlere, weniger fruchtbare und unruhigere Zeiten an. Wird dann die Nahrung noch reichen für eine Menschheit, welche sich innerhalb von 35 Jahren auf 7 Milliarden verdoppelt hat, weiter wächst und einen Teil ihrer Nahrung zur Energiegewinnung einsetzt?
SpracheDeutsch
Herausgeberepubli
Erscheinungsdatum4. Apr. 2015
ISBN9783737539975
Erwärmung und Wohlstand oder Abkühlung und Verfall: Lehren der Geschichte

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    Buchvorschau

    Erwärmung und Wohlstand oder Abkühlung und Verfall - Norbert Buchner

    Norbert Buchner

    Erwärmung und Wohlstand

    oder

    Abkühlung und Verfall

    Lehren der Geschichte

    Impressum

    Erwärmung und Wohlstand oder Abkühlung und Verfall - Lehren der Geschichte

    Copyright: © 2015 Norbert Buchner

    Cover: Erik Kinting / www.buchlektorat.net

    published by: epubli GmbH, Berlin

    www.epubli.de

    ISBN: 978-3-7375-3997-5

    Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

    Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deut-schen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

    Konvertierung: www.e-book-erstellung.de

    Die Literaturhinweise, auf die im Text verwiesen werden, können hier heruntergeladen werden: Literaturzitate

    Vorwort

    Am Beginn dieser Arbeit stand der Versuch, die Entwicklung von Kulturen mit der Entwicklung des Klimas zu vergleichen. Schon ein Vorgängerwerk, welches ich zusammen mit meinem Sohn Elmar (Geologe) verfasst habe, hatte die überragende Rolle des klimatischen Einflusses auf das Schicksal der Menschen vor allem für die Übergangszeit von der Eiszeit zu unserer Nacheiszeit gezeigt. Das weckte Neugierde für einen umfassenden Vergleich für die Zeit von den menschlichen Anfängen bis in die heutigen Tage.

    Es zeigten sich ein erwartetes und ein unerwartetes Ergebnis. Dass die riesigen Klimasprünge in der Eiszeit das menschliche Schicksal stark beeinflusst haben konnte nicht überraschen ebenso wie die Feststellung, dass das Klima auch in unserer Zwischeneiszeit, dem Holozän, eine bestimmende Rolle für das Schicksal der Menschen und Kulturen und den geschichtlichen Verlauf spielt. Diese Erkenntnis zieht sich weltweit durch die ganze Geschichte. Überraschend jedoch war – und dies steht im Gegensatz zu der modernen Ansicht und den Festlegungen des UNO-IPCC, welcher eine Gefahr durch eine neuzeitliche Erderwärmung befürchtet -, dass fast weltweit – auch in vielen heißen Regionen – die wärmeren Klimaphasen Gunstzeiten darstellten und vielerorts zu bemerkenswerten kulturellen Blütephasen geführt haben. Kälterückfälle – oft verbunden mit Trockenheit – hingegen zogen Hunger, Zwist, Gewalttaten, Kriege, Krankheiten, Seuchen und kulturelle Zusammenbrüche und sogar den Exodus ganzer Völker und Kulturen nach sich.

    In unserer Zeit wurde eine Erderwärmung von 2°C als Grenze des gerade noch Zulässigen definiert. Die Vergleiche haben nun ergeben, dass diese Grenze willkürlich ist. In der Vergangenheit, besonders in Gunstzeiten der Menschheit und der Kulturen, lag das Temperaturniveau zeitweise höher! So wurde sie im Holozänen Optimum vor 7500 Jahren, bedingt durch eine um fast 6 % höhere Sonneneinstrahlung in tropischen Bereichen der Nordhälfte der Erde aus astronomischen Gründen, deutlich überschritten. Dies war aber keineswegs eine Zeit der Prüfung für die Menschen, sondern ein klimatisches Optimum! Damals wurde für Bauern, welche ursprünglich aus dem Orient kamen, Zentraleuropa so attraktiv, dass sie hier weite Bereiche besiedelten. Dasselbe spielte sich auf der persischen Hochebene ab. Im Norden Mesopotamiens blühte gleichzeitig die Halaf-Kultur auf mit einer so vollendeten Keramik, wie sie über Jahrtausende weltweit nicht wieder erreicht wurde und auf dem Balkan schwang sich eine frühe Donauzivilisation zu kulturellen Leistungen auf, wie man sie erst wieder von den späteren Hochkulturen am Nil und an Euphrat und Tigris kannte. In dieser Warmphase ergrünte auch die Sahara und sie füllte sich mit Tieren und Menschen. Alle diese Kulturen sind in Kühlphasen, welche vielerorts Trockenphasen waren, wieder in Nöte geraten und verschwunden.

    In unserer Zeit versucht man also mit großen finanziellen Opfern Verhältnisse zu vermeiden, welche zu den Gunstzeiten der Menschheit zählten! Diese Erkenntnis musste Zweifel an den Feststellungen des UNO-IPCC, auch „Weltklimarat" genannt, wecken, welcher große Anstrengungen fordert, um eine als gefährlich betrachtete Erderwärmung durch vermehrtes CO2 in der Atmosphäre in Grenzen zu halten. Sie waren dann auch Anlass dazu, dem Studium zu den Zusammenhängen zwischen dem klimatischen und dem geschichtlichen Verlauf nochmals eine lange Zeit hinzuzufügen für eine Bewertung der verschiedenen klimatischen Zusammenhänge auf der Basis zahlreicher und weltweiter wissenschaftlicher Arbeiten. Mit Verwunderung kann nur festgestellt werden, dass sich der IPCC zunächst fast nur mit Menschen-gemachten Klimaeinflüssen, vor allem CO2-Emissionen, beschäftigt hat und natürliche Klimatreiber, wie sie in der gesamten Klimageschichte für ein stetes Auf und Ab des Klimas gesorgt haben, nicht genügend gewertet hat. Die Geschwindigkeit der modernen Erwärmung von 1977/78 bis zur Jahrtausendwende ist auch keineswegs einzigartig: man braucht hier gar nicht weit zurückgehen, denn vom Jahre 1910 bis 1945 ist die durch Messungen nachgewiesene Temperatur mindestens ebenso schnell angestiegen! Die Zunahme der Temperatur im letzten Viertel des 20.Jahrhunderts wurde auch ohne jeglichen Beweis der Steigerung der CO2 –Konzentration in der Luft zugeordnet. Dabei zeigt der Verlauf der CO2 -Konzentration zu diesem Zeitpunkt keinerlei Abweichung von den vorhergehenden und den nachfolgenden Jahren, in denen die Temperatur nicht angestiegen ist! Es haben sich aber einige andere Klimaeinflüsse geändert. So ist die Pazifische Dekadische Oszillation (PDO) aus ihrem Kaltzustand in ihre Warmphase übergegangen und es hat sich die erste von 2 besonders hohen Perioden der Sonnenaktivität eingestellt. Die Sonne mit ihren unterschiedlichen Auswirkungen ist aber lange Zeit nur mit Teilsegmenten in die Bewertungen des IPCC eingegangen, der sichtbaren und der Wärmestrahlung! Überdies wurde die Temperatur im Jahre 1977 und kurz darauf nochmals (1980) durch eine starke El Niño-Phase angetrieben. Auch die Meere mit ihren im Vergleich zur Luft viel höheren Wärmeinhalt wurden lange nicht gewertet und der klimatische Effekt der Wolken konnte bisher überhaupt noch nicht verlässlich einbezogen werden. Allerjüngste Nachprüfungen haben ergeben, dass auch die erwärmende Wirkung von Rußpartikeln in der Luft und auf Flächen von Schnee und Eis im Sonnenlicht unterbewertet war: sie nähert sich nun Werten, die bisher CO2 zugemessen wurden. Die geforderten teuren Maßnahmen zur Begrenzung einer Erderwärmung widersprechen also einerseits geschichtlichen Erfahrungen und sie entstammen auf der anderen Seite nur einer Teilbewertung der Klimaeinflüsse!

    Die höchste Temperatur der Neuzeit wurde im Jahre 1998 verzeichnet und seit dem Jahre 2002 stieg – trotz weltweit verstärkt zunehmender CO2 -Emissionen und einem entsprechenden Anstieg der CO2-Konzentration in der Luft – die Temperatur nicht mehr dauerhaft an. Parallel dazu verfällt die Sonnenaktivität! Mag sein, dass in einer neuen El Niño-Phase Ende 2014/anfangs 2015 die Werte des Jahres 1998 erreicht oder übertroffen werden: in der folgenden La Niña-Phase wird die Temperatur aber wie bisher wieder sinken. Für die nahe Zukunft lässt die Analyse mehrerer Klimazeiger sogar befürchten, dass auf die lange Phase der Stagnation der Temperatur eine solche einer weltweiten Rückkühlung folgen wird!

    Eine Rückkühlung bedeutet eine Minderung der Fruchtbarkeit der Erde und geringere Ernten: viele unserer Nutzpflanzen haben ein Optimum für Wachstum und Reifung über 20°C und die mittlere Temperatur auf der Erde liegt etwa bei 14,5°C. Jedes Zehntelgrad Erwärmung der jüngeren Vergangenheit hat also die Ernten verbessert! Umgekehrt muss eine Abkühlung die Erträge wieder vermindern! Die Menschheit aber wächst weiter und sie braucht mehr Nahrung: in 35 Jahren hat sich ihre Anzahl auf 7 Milliarden verdoppelt und die Prognosen für das Jahr 2050 liegen bei mehr als 9 Milliarden Menschen. Die „Erderwärmung" und die Zunahme der CO2-Konzentration in der Luft, welche beide die Fruchtbarkeit förderten, haben in der Vergangenheit glücklicherweise dazu beigetragen, dass der überwiegende Teil der Menschheit trotz ihrer starken Vermehrung satt werden konnte. Eine Absenkung der Erdtemperatur verbunden mit einem Rückgang der Fruchtbarkeit der Erde bedeutet hingegen eine gewaltige Herausforderung für die Zukunft! Schon haben sich in den Jahren 2007/08 und 2011/12 mit ihren El Niño-/La Niña-Turbulenzen große Teuerungen bei Lebensmitteln eingestellt, welche zu politischen Umstürzen geführt haben, die heute noch nicht bewältigt sind, und die Preise der Lebensmittel auf der Welt liegen in einem Aufwärtstrend! Die Menschheit verfügt auch über keine ausreichenden Lebensmittelvorräte, um größere Minderernten durch klimatische Störungen kompensieren zu können! Die Schere kann sich aber in naher Zukunft noch weiter öffnen: die Zahl der hungrigen Mäuler nimmt weiter zu und eine rückkühlende Erde wird weniger Nahrung spenden! Wenn sich die Menschheit nicht rasch auf die befürchteten Verhältnisse einstellt, dann drohen Malthusianische Hungerkrisen, wie sie im letzten Jahrtausend schon dreimal in längeren Phasen einer Abkühlung jeweils nach einer großen Wachstumsphase der Bevölkerung aufgetreten sind!

    Dieses Buch ist in der Hoffnung geschrieben, dass der Leser trotz einer Irreführung durch den Zeitgeist offen für Informationen und Überlegungen geblieben ist, bei deren Ermittlung und Wiedergabe sich der Autor um Wissen von vielen Seiten und eine objektive Darstellung bemüht hat. Das Berufsleben des Autors war ausgefüllt mit Forschung, verantwortlicher industrieller Praxis, Arbeit für die Entwicklungshilfe, akademischer Lehre und publizistischer Tätigkeit mit dem Ziel der Verbesserung der Versorgung der Menschen mit den Dingen des täglichen Lebens, vor allem mit Nahrungsmitteln. Auch dieses Buch ist diesem Ziele gewidmet.

    Norbert Buchner

    Die Entwicklung des Menschen in Afrika

    Die Schöpferhand Gottes an der Straße von Gibraltar

    Am Beginn der Entwicklung des Menschen aus tierischem Ursprung vor 6 bis 5 Millionen Jahren steht eine extreme Herausforderung durch den Klimawandel. Ursache war eine starke Austrocknung in Afrika, der Urheimat des Menschen: eine neue Antwort der Evolution war gefordert! Nun trennten sich 2 Entwicklungslinien: die eine führte zum Schimpansen, die andere zum Vormenschen und schließlich zum Menschen. Berühmt geworden ist im Jahre 1974 der Fund von „Lucy, mehr als 3 Millionen Jahre alt. Zwanzig Jahre später wurde in Äthiopien dann mit einem Alter von 4,4 Millionen Jahren ein noch um mehr als eine Million Jahre älterer Urahn gefunden, „Ardi (Ardipithecus ramidus). Seine Anatomie deutet an, dass er sowohl auf Bäumen klettern als auch sich auf 2 Beinen auf dem Boden bewegen konnte.

    Afrika und der Nahe Osten waren früher eine gemeinsame große Insel im Weltmeer und eine warme Meeresströmung ging vom Indischen Ozean entlang der Nordküsten von Afrika in den Atlantik. Das brachte viel Feuchtigkeit in den afrikanischen Großkontinent! Dann aber kollidierte die Afrikanische Platte mit der Eurasischen Platte im Zuge der Kontinentalverschiebung und die Lücke zwischen Eurasien und Afrika schloss sich: das Meer wurde nun im Osten von den Weltmeeren abgetrennt und das Mittelmeer entstand. Das Verschwinden der warmen Meeresströmung im Norden Afrikas musste trockenere Bedingungen auf dem Kontinent auslösen! Sie steigerten sich später noch ganz erheblich, als das Mittelmeer vor 5,6 Millionen Jahren auch noch auf der Gegenseite, an der heutigen Meerenge von Gibraltar, vom Atlantik abgeschnürt wurde: durch die Druckkräfte der hier aufeinander treffenden Erdplatten wurde ein U-förmiger Gebirgszug hochgeschoben – wie eine halboffene Hand, deren Rücken den Atlantik aussperrte – mit dem Rifgebirge in Marokko, quer durch die Meerenge und mit den Bergen beim heutigen Gibraltar auf der iberischen Halbinsel. Das riesige Becken des heutigen Mittelmeers wurde so zu einem Binnenbecken, es trocknete immer mehr aus und es wurde weitgehend zur Salzwüste, weil die Zuflüsse den Verlust durch Verdunstung nicht ausgleichen konnten. Auf dem Boden des Mittelmeeres hat man Canyons entdeckt, welche in dieser Zeit von der Rhone in tausend Meter Tiefe und vom Nil in noch größerer Tiefe ausgespült worden sind.

    Als Folge verschärfte sich die Austrocknung in Afrika weiter und der Hunger verstärkte sich. Die Antwort der Evolution auf diese Herausforderung war der Beginn der Entwicklung zum Menschen! Primaten, die es lernten, auf 2 Beinen zu gehen, hatten eine weitere Sicht und damit eine größere Überlebenschance gegenüber hungrigen Raubtieren! Mit den frei werdenden Armen konnten sie nun auch Vorräte tragen. Später kamen Werkzeuge hinzu.

    Nach knapp 300 000 Jahren senkte sich der Riegel bei Gibraltar wieder so weit ab, dass der Atlantik einbrechen und die heutige Rinne ausschwemmen konnte, die seither Bestand hat. Das Mittelmeer füllte sich wieder auf und in Afrika wurde es wieder feuchter. Die einsetzende Evolution in Afrika zum Menschen aber hatte nun nach mindestens 10 000 Generationen, die von großer Trockenheit gezeichnet waren, ihre gefährlichste Klippe hinter sich gebracht.       Lit. 1.1

    Eiszeitzyklus fördert die Weiterentwicklung des Menschen

    Die Erde verliert ganz langsam Energie aus dem Erdinneren an den Weltraum und wird damit allmählich kühler. Vor 2 bis 1,8 Millionen Jahren setzte daher ein erster Eiszeitzyklus ein (s.Abb. 1), welcher aber noch vergleichsweise moderat verlief: etwa 20 000 Jahre lang war es abwechselnd warm oder kalt. Diese neuen Kaltphasen brachten die Entwicklung zum Menschen weiter in Gang, denn den verschärften Herausforderungen – in Afrika Trockenheit während der Kaltphasen – waren offensichtlich die bisherigen vormenschlichen Varianten nicht gewachsen. Der Homo habilis entwickelte sich nun zum Homo erectus weiter. Bei der menschlichen Entwicklung hat dabei die Vergrößerung des Gehirns wohl eine entscheidende Rolle gespielt. Es beansprucht allerdings viel Energie: beim Erwachsenen liegt sein Anteil an der Gesamtnahrung bei 25 % und beim Neugeborenen sind es sogar 60 %. Zufuhr von ausreichend hochwertiger Energie war wohl die Voraussetzung für diese Weiterentwicklung. Die notwendige Energie wurde zunächst vorzugsweise durch Verzehr von rohem tierischem Eiweiß geliefert. Nach neueren Funden hat nicht erst die spätere Gattung Homo sondern bereits der Australopithecus in der Afar-Region von Äthiopien vor 3,4 Millionen Jahren mit Steinwerkzeugen Fleisch von tierischen Knochen abgekratzt und Knochen aufgebrochen, um an das Mark zu kommen. Bisher glaubte man auch, dass sich der Mensch vorzugsweise an von Raubtieren übrig gebliebenes Aas gemacht habe. Ein neuerer Fund des Anthropologen M.Dominguez-Rodrigo in der Olduwei-Schlucht in Tansania zeigt aber, dass die Menschen vor 1,2 Millionen Jahren sogar schon Büffel-artige Großtiere erlegt haben.

    Abb 1

    Abb. 1

    Verlauf der Temperatur auf der Erde in den letzten 3 Millionen Jahren

    Die Phasen der Weiterentwicklung des Menschen fallen mit den Phasen einer Absenkung der Temperatur zusammen:

    A: Beginn Homo habilis

    B: Beginn Homo erectus

    C: Beginn Archaischer Homo sapiens

    Eine weitere wichtige Voraussetzung für das Anwachsen des Gehirns war die Anwendung von Feuer zum besseren Aufschluss der Nahrung durch Braten, Rösten, Garen und Kochen. Die Existenz menschlicher Feuerstellen ist mit Sicherheit seit knapp 800 000 Jahren nachweisbar. Man glaubt aber aus Relikten einer Fundstelle in Olduwai schließen zu können, dass der Homo erectus schon vor 1,5 Millionen Jahren Feuer gezielt eingesetzt habe und allerneueste Funde verlängern diese Zeit bis auf 1,9 Millionen Jahre.

    Der Frühmensch hat Afrika auch recht bald verlassen: Funde in Pakistan, Georgien und auf Java sind etwa 1,7 bis 1,8 Millionen Jahre alt. In Europa ist er erst etwas später nachzuweisen. In der Provinz Burgos in Spanien hat man einen menschlichen Backenzahn gefunden, dessen Alter vorläufig auf 1,2 Millionen Jahre datiert wurde und in der französischen Provinz Alpes des Haute Provence schätzt man das Alter der ersten menschlichen Spuren auf etwa 1 Million Jahre. In der großen Doline bei Atapuerco in Nordspanien fand man Steinwerkzeuge und gut erhaltene menschliche Knochen mit einem Alter von 780 000 Jahren. An der britischen Küste hat man kürzlich menschliche Fußabdrücke mit etwa demselben Alter entdeckt. Dieser Frühmensch hat sich dann in Europa in Anpassung an die später verschärfte eiszeitliche Umgebung über den „Heidelberger Menschen" und die Menschen von Bilzingsleben und Steinheim an der Murr zum Neandertaler weiter entwickelt.

    Die Nachkommen dieser ausgewanderten Frühmenschen sind später überall wieder ausgestorben, sodass nur noch der Homo sapiens auf der Erde verblieben ist. Die Frühmenschen bringen sich allerdings in unserem modernen Genom noch in Erinnerung, denn der moderne Mensch hat geringe Anteile als Genom-Schnipsel aufgenommen.      Lit. 1.2

    Verschärfter Eiszeitzyklus führt zum Homo sapiens

    Vor etwa 900 000 Jahren trat eine krasse Veränderung der eiszeitlichen Klimazyklen ein (s.Abb. 1). Während bisher ein ziemlich harmonischer Eiszeityklus von 40 000 Jahren Gesamtdauer – 20 000 Jahre warm, 20 000 Jahre kalt – herrschte, verlängerte sich die Zykluszeit nun plötzlich auf etwa 100 000 Jahre und etwa 90 Prozent dieser Zeitspanne herrschte überwiegend bitterkalte Eiszeit mit Temperaturen, welche um mehrere Grad Celsius unter den bisherigen lagen. Die kalten Temperaturen brachten auch Trockenheit mit sich: der Dampfdruck des Wassers und die verdampfende Menge fallen überproportional mit der Temperatur und Wasser, das nicht verdampft, kann auch nicht als Regen zurückkommen. Diese Abkühlung bedeutete eine gewaltige Herausforderung für Flora, Fauna und den Vormenschen. Es ist wissenschaftlich gesichert, dass in dieser Zeit in den afrikanischen Savannen die Entwicklung zum Homo sapiens, zum Menschen mit gesteigerter Intelligenz, in Gang gesetzt wurde: härtere Herausforderungen verlangten nach einer neuen Antwort der Evolution!   Lit.1.3

    Prüfung des Frühmenschen durch große Trockenheit und Tête-a-Tête mit dem Neandertaler

    Die letzte Warmzeit ging vor etwa 130 000 Jahren zu Ende. Mit der Abkühlung setzte in Zentralafrika auch eine große und lang anhaltende Dürre ein. Die Menschen, welche sich im günstigen Klima der Warmzeit stark vermehrt hatten, waren nun nicht nur durch die Absenkung der Temperatur um mehr als 5°C sondern auch noch durch eine große Trockenheit bedrängt. Die Natur erfuhr eine völlige Umgestaltung: Untersuchungen am Malawisee zeigten, dass der Wasserspiegel zwischen 135 000 und 75 000 Jahren v.h. um mindestens 550 Meter unter den heutigen Wert abgefallen ist! Erst vor 70 000 Jahren begann der See wieder anzusteigen. Forscher um den Geowissenschaftler Andrew Cohen aus Tucson untersuchten Sedimente von drei zentralafrikanischen Seen und sie konnten dabei über 100 000 Jahre afrikanische Vergangenheit erforschen. Sedimente aus dem Zeitraum von 135 000 bis 90 000 Jahren v. h. enthielten nur wenige Pollen: die Seen waren also von trockenem Buschland umgeben.

    Diese lange Zeit von Trockenheit und Dürre muss den Menschen stark zugesetzt und die menschliche Population gering gehalten haben. Erst vor etwa 70 000 Jahren wurde es wieder feuchter.

    Während der großen Trockenheit versuchten Menschen vor etwa 100 000 bis 90 000 Jahren das unwirtliche Afrika über die Landbrücke der Sinai-Halbinsel zu verlassen. Sie blieben aber am Widerstand der Neandertaler hängen, welche wohl den eiszeitlichen Temperaturen in Europa entkommen wollten und so bis in die Levante vorgedrungen waren. Zwischen den beiden frühen Menschengruppen ergab sich eine Pattsituation und der Homo sapiens aus Afrika konnte sich nicht gegen den Neandertaler durchsetzen. Auch die materiellen Hinterlassenschaften der beiden Arten weisen keine großen Unterschiede auf und mal wurde eine Höhle von der einen, dann wieder von der anderen Menschenart bewohnt. Die beiden Arten haben aber wohl nicht nur dieselben Höhlen benutzt, sondern gelegentlich gleichzeitig auch ihre Betten! Während mehrere Forscher aus der Untersuchung der Reste des mitochondrialen Genoms in europäischen Neandertaler-Knochen noch vor wenigen Jahren gefolgert hatten, dass sich die beiden Menschenarten bei ihren späteren Kontakten in Europa nicht vermischt haben, kamen nun Forscher um Svante Pääbo, Leipzig, in einer riesigen Forschungsarbeit (56 Autoren!) bei Untersuchungen der rekonstruierten Kern-DNS mit ihrer großen Informationsfülle zu dem Schluss, dass der heutige moderne Mensch etwa 1 – 4 % Schnipsel der DNS des Neandertalers fein verteilt in sich trägt.      Lit. 1.4

    Vulkanische Superexplosion: der Mensch stirbt beinahe aus

    Genforscher haben mit Verwunderung festgestellt, wie gering die Varianz im heutigen menschlichen Genom und wie hoch der Grad der Verwandtschaft aller Menschen weltweit ist. Dies hat zu der Vermutung geführt, die Menschheit müsse irgendwann einen „genetischen Flaschenhals" durchlaufen haben, in welchem sich der Genreichtum – und damit notgedrungen die Anzahl der Menschen – stark reduziert hat. Die über viele Jahrzehntausende herrschende Dürre in Afrika könnte hierzu eine glaubhafte Erklärung liefern. Aber ganz offensichtlich war sie nicht die einzige Existenz-bedrohende Bedrängnis für unsere Vorfahren: M.R.Rampino von der New York University und S.H. Ambrose von der University Illinois sehen einen entscheidenden Einschnitt in der Supereruption des indonesischen Vulkans Toba vor 74 000 Jahren, also in der Endphase der langen afrikanischen Dürrezeit. An Stelle dieses damaligen Vulkans befindet sich heute im Norden der indonesischen Insel Sumatra ein 100 km langer und 30 km breiter See in einer eingebrochenen Caldera. Bei der Superexplosion sollen fast 30 000 km³ vulkanisches Material in Atmosphäre und Stratosphäre geschleudert worden sein. Asche von diesem Ereignis findet sich noch heute auf dem Meeresboden im gesamten Indischen Ozean, aber auch in Eisbohrkernen der Polarregionen. Das Gletschereis in Grönland (s.Abb. 2) zeigt sogar 2 jähe und sehr tiefe kurzzeitige Temperatureinbrüche, nämlich vor 74 000 und vor 70 000 Jahren. Wurde der Vulkan in zwei Eruptionen weggerissen?

    Große Vulkanausbrüche können plötzlich für einige Jahre das Klima der Erde völlig verändern: schon der Staub, der in die Atmosphäre geschleudert wird, schirmt die Sonneneinstrahlung ab, sodass es auf der Erde plötzlich kühler wird. Schwefeldioxid aus solchen Eruptionen bildet mit dem Wasserdampf in der Luft auch sehr kleine Tröpfchen, die wenig zum Abregnen neigen und damit eine lange Zeit von trüber und trister Trockenheit einleiten.

    Die Folgen dieser Explosion waren gewaltig: weltweit soll die Temperatur über mehrere Jahre um mindestens 5°C gefallen sein. Sechs Jahre lang hat ein „Vulkanischer Winter" angehalten, der die Vegetation weitgehend zum Stillstand gebracht hat – und dies während einer Trockenperiode mit ohnehin schon vermindertem Pflanzenwachstum! Extremer Hunger und vielfacher Tod waren die Folgen: höchstens 5 000 bis 15 000 Menschen können nach Rückschlüssen aus dem Genom moderner Menschen diese Katastrophe überlebt haben! Aus dem so reduzierten – aber wohl sehr widerstandsfähigen – genetischen Restbestand hat sich dann die heutige Menschheit entwickelt.   Lit. 1.5

    Abb 2

    Abb. 2:

    Sauerstoff-Isotopen-Kurve des Summit-Eisbohrkerns aus Grönland für die Rekonstruktion von Temperaturen (Links: kälter – Rechts: wärmer)

    Auswanderung und Verteilung des Menschen über die Erde

    Ein kleiner Clan wandert unter Klimadruck aus Afrika aus

    Vor etwa 58 000 Jahren machte die Temperatur plötzlich einen Sprung von mehreren Grad Celsius nach oben und sie blieb – mit einem kurzen Einbruch – drei bis vier Jahrtausende lang recht hoch (Abb. 2). Diese „Oerel-Interstadial" genannte Warmzeit muss zu einer starken Vermehrung der Menschen geführt haben. Gegen 52 000 v.h. allerdings stellten sich wieder scharfe Kälteeinbrüche ein und die Temperatur fiel um mehrere Grad Celsius. Das wärmere Interstadial war zu Ende gegangen; überdies zeigen Bohrkerne aus dem Gletschereis von Grönland mehrere Vulkanausbrüche an, welche zu einer plötzlichen starken Absenkung der Temperatur führen mussten. Die Menschen in Ostafrika waren nun erneut von kühlen Temperaturen, Trockenheit und einem Einbruch bei der Fruchtbarkeit geplagt.

    Für eine kleine Gruppe unserer Urahnen bedeuteten Hunger und Nöte ganz offensichtlich das Signal zum Aufbruch. Sie hofften auf ein Heil im Osten, dort, wo jeden Tag die Sonne als Zeichen der Hoffnung neu aus dem Meer aufsteigt, jenseits der Meerenge, welche am Golf von Aden Afrika und Asien trennt. Diesmal wagten die Menschen also den direkten Weg über die Meerenge! Sie war damals auch schmäler als heute, weil der Meeresspiegel wegen der eiszeitlichen Bedingungen um etwa 30 Meter im Vergleich zu heute abgesenkt war.

    Genforscher glauben die Zeit der Auswanderung recht präzise aus dem „Geschichtsbuch des Genoms" herauslesen zu können. Nach Bryan Sykes von der Universität Oxford lag der Zeitpunkt um 52 000 v.h., d. h. im zweiten und schärferen klimatischen Minimum. Weiterhin nehmen Forscher aus dem Forschungsprogramm HUGO (Human Genom Organisation) auf Grund der Enge des Genpools der Nachkommen der Auswanderer an, dass nur ein ganz kleiner Clan von höchstens einigen Hundert Menschen damals Afrika verlassen hat. Alle Menschen auf der Erde, ausgenommen die Afrikaner südlich der Sahara und ihre späteren Abwanderer, sollen auf diesen Clan zurückgehen.

    Diese „erste" Auswanderung aus Afrika ist neuerdings in die Diskussion geraten. Ein Archäologenteam um H.P.Ürpmann, Tübingen, fand auf der Arabischen Halbinsel nahe der Straße von Hormuz unter einem Felsüberhang Bearbeitungsabfälle von Steinwerkzeugen, welche auf ein Alter von 125 000 Jahren datiert wurden. Ein weiterer Forscher, Jeffrey I.Rose, entdeckte in einer Uferböschung im Inneren der Dhofar-Ebene des Oman Steinwerkzeuge mit einem Alter von 106 000 Jahren, welche stilistisch Afrika zuzuordnen sind. Diese Funde werfen die Frage auf, ob moderne Menschen schon früher aus Afrika auf die Arabische Halbinsel gekommen sind. Da aber eine massive Ausbreitung der modernen Menschen in ferne neue Räume erst nach 50 000 v.h. feststellbar ist dürften frühere Auswanderer allenfalls den arabischen Raum erreicht haben. Die Besiedelungsgeschichte der gesamten Erde fing erst später an!

    Abb 3

    Abb. 3

    Ausdehnung des Meeres im heutigen Persischen Golf beim Einzug des modernen Menschen vor etwa 50 000 Jahren

    Zahlreiche schon länger bekannte Funde mit einem Alter von mindestens 50 000 Jahren auf der Halbinsel Katar im Persischen Golf verweisen darauf, dass die Menschen aus Afrika recht schnell in dieses bevorzugte Gebiet gekommen sind. Abb. 3 zeigt die damaligen geografischen Verhältnisse: schwarz gekennzeichnet ist die damalige Meereszunge im heutigen Golfmeer und schraffiert das Land im heutigen Golfmeer, welches damals trocken lag. Katar war ein flacher Höhenrücken in einer trockenen Ebene, welche heute vom Golfmeer überflutet ist. Nachdem zur Zeit der Ankunft der Menschen am Golf der Meeresspiegel abgesenkt war – das fehlende Wasser war in riesigen eiszeitlichen Gletschermassen deponiert – lag etwa die Hälfte des heutigen Golfmeeres trocken und durch den Golf von Hormuz ragte nur eine schmale Meereszunge (schwarz) etwa 800 Kilometer weit in die Tiefebene hinein. Im Nordwesten mündete der heutige Schatt-al-Arab, der Zusammenfluss von Euphrat, Tigris und Karun, in diese Meereszunge. Sowohl aus dem heute iranischen Norden als auch aus der heutigen Arabischen Halbinsel mündeten, zumindest in feuchteren Zeiten, weitere Flüsse in diese Meereszunge, welche erst viele Jahrtausende später zum heutigen Meer des Persischen Golfs werden sollte.

    Gibt es Hinweise dafür, dass die Menschen aus Afrika diesen südlichen Weg auf die Arabische Halbinsel genommen haben? Im gut erforschten Norden, in der Levante, fehlen Spuren für eine Zuwanderung zu dieser Zeit. Gibt es noch weitere Verweise auf den südlichen Weg? L.Qintana-Murci von der Universität von Pavia fand einen überzeugenden Beweis: eine bestimmte Gruppierung im mitochondrialen menschlichen Genom, welche man als typischen ostasiatischen Marker betrachtet, fand sich in hoher Häufigkeit sowohl in Äthiopien, der mutmaßlichen Heimat der Auswanderer, als auch im Süden der Arabischen Halbinsel wie auch in Indien. Der nördliche Teil der Arabischen Halbinsel, die Levante, ist hingegen weitgehend frei von dieser Genvariante!   Lit.2.1

    Die Tiefebene des Persischen Golfs: Kinderstube der Kulturen

    Die damalige Tiefebene im heutigen Persischen Golf, in welcher sich im Laufe der kommenden Jahrzehntausende die angeführte Meereszunge unterschiedlich breit machte, muss für die weitere Entwicklung der Menschheit außerhalb von Afrika eine zentrale Rolle gespielt haben. In eiszeitlichen Zeiten bot sie wegen ihrer südlichen Lage und geringen Höhe über dem Meeresspiegel ein angenehmes Milieu – je nach Klimaphase mit gemäßigtem oder mediterranem Klima – und sie war zudem gegen die kalten Nordwinde durch das Alpen-ähnliche Zagros-Gebirge geschützt, da die Gebirgsketten parallel zum Nordufer des Golfs verlaufen. Die frühen Menschen bevorzugten die Nähe tief gelegener Gewässer: riesige oft kilometerlange Muschelhalden zeigen an, in wie starkem Maße die frühen Menschen an verschiedenen Stellen der Erde von der Ausbeute der Meere gelebt haben. An den über 2000 Kilometer langen Ufern der Meereszunge im Golf und in den zahlreichen Lagunen konnten die Menschen Fische fangen und Meeresgetier wie Muscheln und Schildkröten sammeln, sodass ihr Tisch reich gedeckt war. An den Zuflüssen konnten sie dem Wild auflauern, das an die Tränke kam, und die weiten Ebenen wie auch die Vorberge des Zagros boten ein riesiges Jagdrevier. Hier wuchs die Population in guten Zeiten so weit an, dass Bevölkerungsdruck einsetzte, der dann zu Abwanderungen führte.

    Afrika gilt zu Recht als die Wiege der Menschheit. Mit demselben Recht kann der Großraum des Persischen Golfs als die Kinderstube der frühen Kulturen bezeichnet werden.

    Warmes Glinde-Interstadial: Expansion nach Südostasien, Australien und Neuguinea

    Die Auswanderer haben Afrika aus Not bei ungünstigem Klima verlassen, aber sie hatten Glück, welches sie vermutlich ihrer neuen asiatischen Heimat zu Gute schrieben: es wurde sehr rasch wärmer und feuchter. Das Glinde-Interstadial setzte plötzlich ein (s.Abb. 2) und es bescherte über den langen Zeitraum von mehr als 5 Jahrtausenden relativ warme Temperaturen – wenn auch mit fallender Tendenz. Die höheren Temperaturen brachten dann auch mehr Feuchtigkeit mit sich.

    Das Temperaturniveau war während der Eiszeit keineswegs konstant; es vollführte sogar rasche und große Sprünge (vgl. Abb. 2). Im Laufe der Jahrtausende hob sich die Temperatur in kurzer Zeit – oft innerhalb eines einzigen Jahrzehnts – um mehr als 5°C an und sie fiel dann nach einer längeren wärmeren Phase, einem „Interstadial", in Stufen wieder auf die früheren Werte ab. Allerdings erreichten die Interstadiale nie die Temperaturen unserer Zwischeneiszeit, des Holozäns.

    Die langen wärmeren Interstadiale mussten zur Vermehrung der Menschen und zu Expansionen in neue Räume führen. Die erste Expansion ging nach Südosten, wohl entlang der asiatischen Küsten, denn hier blieb es warm oder es wurde sogar noch wärmer. Die Menschen behielten so auch ihre gewohnte Umgebung bei, die sie mit Nahrung versorgte. So erreichten die Abwanderer schnell auch feuchtwarme Regionen, in denen ein Rückgang der Temperatur zu Ende des Interstadials keinen zu großen Nachteil bedeutete.

    Es hat die Forscher immer wieder überrascht, in wie kurzer Zeit die Menschen nach Südostasien und nach Australien gekommen sind. Das langdauernde warme Glinde-Interstadial liefert hierfür eine perfekte Erklärung! Der heute recht heiße und feuchte südostasiatische Raum wies auch noch in kälteren eiszeitlichen Phasen ein akzeptables Klima auf, weswegen sich die Menschen dort schnell verbreiten konnten. Von diesen ersten Einwanderern gibt es in Süd- und in Südostasien noch geringe Spuren: in Indien rechnet man vor allem die dunkelhäutigen Bewohner der Andamaneninseln südlich von Myanmar (Birma) dazu. Für ihre Genvariante auf den Mitochondrien hat man ein Alter von 53 000 Jahren ermittelt. Dies entspricht etwa dem Zeitpunkt der Auswanderung aus Afrika. Als am wenigsten veränderte Nachfahren dieser Abwanderer nach Asien gelten die Aborigines in Australien und die Papuas auf Neuguinea. Diese große Insel wurde erst bei der Beendigung der Eiszeit durch den ansteigenden Meeresspiegel vom damaligen Kontinent Neu Guinea/Australien/ Tasmanien abgetrennt und die Menschen entwickelten sich dann in Isolation weiter.

    Um von Südostasien auf diesen Großkontinent mit Zentrum Australien zu gelangen, boten sich den frühen Menschen zwei Wege an. In beiden Fällen mussten allerdings mehrere Wasserstraßen bewältigt werden. Dass sich die Menschen der frühen Zeit schon auf Hochseeschifffahrt verstanden konnten kürzlich Sue O'Connor mit Kollegen von der National University in Canberra zeigen: sie fanden in einer Höhle in Timor, im Osten des malayischen Archipels, Reste von Hochseefischen mit einem Alter von 42 000 Jahren. Die damaligen Wasserwege waren auch kürzer als heute: wegen des abgesenkten Meeresspiegels lag ein beträchtlicher Teil des Sundashelfs trocken und er verband heutige Inseln von Indonesien zu einem riesigen Subkontinent, der im Süden bis Bali reichte. Von dort aus führte ein südlicher Wasserweg nach Australien. Nach dem Osten hin stellte die Meeresstraße vor der heutigen Insel Sulawesi (Celebes) die Grenze des südostasiatischen Festlandes dar. Dieser Weg wies nach Neu- Guinea, dem nördlichen Anhang von Australien. Auf beiden Pfaden mussten die Menschen aber mehrere Strecken bis zu 80 Kilometer Länge durch „Inselhüpfen" bewältigen.

    Es gilt als wahrscheinlich, dass die ersten modernen Einwanderer schon vor fast 50 000 Jahren in Ostasien auftauchten und sich auch bald – noch während des warmen Glinde-Interstadials – in Richtung Australien aufmachten. Die ersten bekannten Felsgravierungen mit abstrakten Mustern in Australien sind etwa 45 000 Jahre alt. Schon vor 30 000 Jahren wurde an der Südspitze Australiens Feuerstein abgebaut und Tasmanien besiedelt, welches damals mit Australien zusammenhing. Allerdings müssen die Menschen unterwegs etwa 5 % der Gene des Denisova-Menschen aufgesammelt haben, eines Homo erectus, einer asiatischen Parallele des Neandertalers.

    Auf dem Kontinent Neuguinea/Australien/Tasmanien hat es damals Großtiere gegeben, wie Riesenkänguruhs, nashornähnliche Beuteltiere, groß wie eine Kuh, und sogar einen Beutel-Leopard. Weiter lebten dort flugunfähige bis zu 200 Kilogramm schwere Vögel, ähnlich dem afrikanischen Strauss, sowie Reptilien mit einem Gewicht bis zu einer Tonne. Sie sind alle ausgestorben: nach 35 000 v.h. findet sich in archäologischen Stätten kein Hinweis mehr auf ihre Existenz. Nach dem wärmeren Glinde-Interstadial fiel das Klima gegen 40 000 v.h. über fast 5000 Jahre mit Schwankungen wieder auf ein tiefeiszeitliches Niveau ab (s. Abb. 2). Dies bedeutete Kälte und Trockenheit und Hunger für Mensch und Tier! In Europa ist in dieser Periode der Neandertaler verdrängt worden und schließlich ausgestorben. Die Großtierwelt Australiens könnte sich in dieser Zeit durch Hunger reduziert haben und den Rest könnte ihr der ebenfalls hungernde Mensch gegeben haben.

    Als im 17. Jahrhundert n.Chr. die ersten Europäer in Australien eintrafen, fanden sie dort Jäger und Sammler vor, welche in ihrer Lebensweise noch tief in der Steinzeit verharrten. Die Nachfahren der gleichzeitig mit den australischen Ahnen auf dem Kontinent Australien/Neuguinea/Tasmanien eingetroffenen Menschen von Neuguinea hingegen waren fortschrittlicher: sie haben vor 10 000 bis 9 000 Jahren, also lange vor dem Eintreffen weiterer Menschen aus Südostasien, eigenständig den Ackerbau entwickelt, lebten als Bauern und Schweinehirten in Dörfern und verwendeten Pfeil und Bogen und eine vielfältige Keramik. Die Natur hatte ihnen nach der Abtrennung von Australien ein unterschiedliches Schicksal vorgegeben: die Australier lebten in einem vorwiegend sehr weiten und wenig fruchtbaren Land, welches ein Dasein als Jäger und Sammler nahe legte. Ihre Population blieb dünn und damit fehlten ausreichende kulturelle Anregungen und auch ein Überfluss an wirtschaftlichen Ressourcen. Die Ahnen dieser Menschen, die so weit gewandert waren und mehrere Meeresstraßen überwunden haben, mussten anderseits zu den wagemutigsten und vielleicht auch innovativsten Menschen gehört haben. Dafür sprechen nicht nur ihre frühen Felsgravierungen, sondern auch ihre geschliffenen Steinbeile mit Holzschaft. Die Menschen von Neuguinea hingegen fanden ein fruchtbares und vielfach gegliedertes Land vor, das die Entwicklung von Landwirtschaft und von Sesshaftigkeit begünstigte. Die räumliche Begrenztheit von günstigen Landschaften und Höhenlagen setzte der kulturellen Entwicklung aber doch wieder enge Grenzen.   Lit.2.2

    Hengelo-Interstadial: erneute Vermehrung und Abwanderung nach dem Norden

    Das warme Glinde-Interstadial war in eine Kaltzeit ausgelaufen, welche etwa ein Jahrtausend lang anhielt. Dann aber hob sich zwischen 44 000 und 43 000 v.h. die Temperatur wieder plötzlich um mindestens 5°C zu einer neuen Warmphase an, dem Hengelo-Interstadial, welches drei bis vier Jahrtausende anhielt – wenn auch wieder mit fallender Tendenz in eine neue kurze Kaltphase (s. Abb. 2). Unter den günstigen wärmeren Bedingungen wuchs die Bevölkerung im Nahen Osten wieder an und es entstand erneut Auswanderungsdruck. Diesmal richtete er sich nach dem Norden und die breite Tiefebene von Euphrat und Tigris war seine Pforte.

    Der Norden des Orients, die Levante, war immer noch vom Neandertaler besetzt. Der vormoderne Mensch, welcher von Afrika aus schon fünfzigtausend Jahre früher auf den Neandertaler getroffen war, hatte sich damals gegen diesen robusten Menschentyp nicht durchsetzen können; diesmal aber scheint der Neandertaler kein ernsthaftes Problem mehr gewesen zu sein, denn die Expansion ging schnell weiter, im Westen nach Nordafrika, im Nordwesten nach Europa, im Norden nach Russland und im Nordosten in die sibirischen Weiten. Innerhalb einiger Jahrtausende verschwand dann der Neandertaler in der Levante. Es ist auch erstaunlich, in wie kurzer Zeit die modernen Jäger und Sammler nun riesige Strecken hinter sich gebracht haben: am mittleren Don, in Kostenki, 400 Kilometer südlich von Moskau, gräbt man ihre Hinterlassenschaften schon aus einer Zeit vor 43 000 Jahren aus. Südost-Europa wurde an der unteren Donau zur selben Zeit erreicht. Nach neu datierten Funden aus der Geißenklösterle-Höhle auf der Schwäbischen Alb ist der moderne Mensch kurz darauf auch schon in Süddeutschland angekommen: den berühmten Adoranten auf einem Täfelchen aus Mammut-Elfenbein datiert man nun auf 43 000 bis 42 000 Jahre v.h. Er hat der bisher ältesten Plastik der Menschheit, der prallen „Venus vom Hohle Fels" bei Schelklingen am Südrand der Schwäbischen Alb, damit den Rang abgelaufen! Die Donaupassage bis Zentraleuropa wurde also schnell bewältigt! Sogar viel weiter westlich finden sich sehr alte Stätten des Menschen: nach dem britischen Archäologen Paul Mellars aus Cambridge sind die ältesten Funde auf der iberischen Halbinsel und an der französischen Atlantikküste mit 42 000 bis 41 000 Jahren nur geringfügig jünger! Ein weiterer Pfad nach Westeuropa könnte der Umweg über Nordafrika und die Meerenge von Gibraltar gewesen sein. Nach Funden im Museum in Tunis ist die Anwesenheit des modernen Menschen dort seit etwa 40 000 Jahren nachgewiesen. Die Menschen haben sich auch in Nordafrika sehr rasch in einem Gebiet ausgebreitet, das im Westen bis zum Atlantik und im Süden bis zum Tschadsee reicht. Der neue Mensch scheint sich bis heute auch noch sprachlich bemerkbar zu machen, denn man hat Parallelen zwischen Berbersprachen in Nordafrika und der baskischen Sprache im Norden der iberischen Halbinsel gefunden, welche wohl auf diese frühen Einwanderer zurückgehen.

    Wie weit ist der Mensch damals nach dem Osten vorgedrungen? Wir wissen es nicht! Im Cerro Toluquilla bei Puebla südlich von Mexico-City hat man Eindrücke im vulkanischen Boden gefunden, in denen einige Wissenschaftler versteinerte Fußspuren von Menschen zu sehen glauben mit einem Alter von etwa 40 000 Jahren. Die frühen Menschen könnten bei der Verfolgung von Wild im Osten von Sibirien eine schmale 80 bis 90 Kilometer lange Landpassage in der heutigen Beringstraße zwischen der ostsibirischen Halbinsel Chukchi und Alaska schon damals überquert haben. Der Meeresspiegel stand zu dieser Zeit etwa 50 Meter tiefer als heute, 5 Meter unter der tiefsten Stelle des Pfades in der Beringstraße, sodass die Menschen, sofern sie schon nach Nordostsibirien vorgestoßen sein sollten, auf dieser schmalen Passage nach Amerika gelangen konnten.   Lit. 2.3

    Warmes Denekamp-Interstadial fördert Kunst in Europa

    Nach 40 000 v.h. stellte sich ein sehr wechselhaftes Klima ein: mäßig warme Zeitabschnitte wechselten mit starken eiszeitlichen Einbrüchen (vgl. Abb. 2). Haben die modernen Menschen aus dem wärmeren Orient diese schwierige Zeit in Europa überhaupt überstanden? Lange Zeit war dies unklar, weil entsprechende Funde fehlten. Im eingestürzten Abris Castanet in Südfrankreich hat man aber nun eine 37 000 Jahre alte unvollendete Ritzzeichnung eines Tiers zusammen mit einigen Symbolen gefunden, welche die Anwesenheit der Menschen für diese Zeit zumindest in dieser etwas wärmeren Region belegen. Etwa gleich alt ist die älteste aus Europa bekannte Zeichnung aus der El Castillo-Höhle in Nordspanien.

    In einer wärmeren Region, auf der indonesischen Insel Sulawesi, datiert man eine auf eine Höhlenwand gesprühte menschliche Hand auf etwa 40 000 Jahre.

    Gegen 35 000 v.h. setzte das Klima wieder zu einer längeren wärmeren Periode an, dem Denekamp-Interstadial, und es blieb fast 3 Jahrtausende warm, wenn auch die Temperatur wieder eine fallende Tendenz zeigte.

    Unter diesen günstigeren Bedingungen regte sich wieder mehr menschliches Leben in Europa. Die Menschen waren nicht mehr gezwungen, ihre gesamte Zeit im Kampf ums Überleben einzusetzen und das gab der frühen Kunst wieder einen großen Impuls! Besonders reich sind einige Frühfunde aus dieser Zeit aus Höhlen des Lonetals bei Ulm: eine viereinhalb Zentimeter große Figur eines Mammuts aus Elfenbein datiert man auf ein Alter von 35 000 Jahren. Weiter fanden sich zwei ebenfalls aus Mammutelfenbein geschnitzte Figuren von Mischwesen aus Menschen und Löwen, deren Alter auf 32 000 Jahre bestimmt wurde. Später entstanden Skulpturen und Bilder solcher schamanenhafter Mischwesen aus Mensch und verschiedenen Tieren an vielen Orten und sie gewannen besonders in Ägypten, auf der Kunst der Sahara aufbauend, eine große Bedeutung. Am Beginn dieser Kunstperiode stehen auch Ritzzeichnungen in Felswänden mit einem Fruchtbarkeitssymbol, dem weiblichen Schoßdreieck. Dieses Zeichen wurde viele Jahrzehntausende später in der sumerischen Keilschrift in Mesopotamien für „Frau" verwendet.

    In dieser Zwischenwarmphase erlebte in Chauvet im Tal der Ardeche in Südfrankreich, einer wärmeren Gegend, die Kunst der Bemalung von Höhlenwänden eine erste Blüte: die frühesten Zeichnungen in einer längeren Zeitfolge werden dort schon auf 32 000 v.h. datiert, also lange bevor die spektakulären Kunstwerke der „Kathedralen der Eiszeit" entstanden, wie in Lascaux in Südfrankreich oder in Altamira in Nordspanien.

    Für die frühe Kunstentfaltung in Europa kann man einen wellenförmigen zeitlichen Verlauf finden: in wärmeren Perioden blühte das Kunstschaffen auf und in Kaltperioden kam es wieder ganz oder weitgehend zum Erliegen. Sicher ist nach einem starken Kälterückfall die Zahl der Menschen auch wieder stark geschrumpft, Menschen sind auch in mildere Regionen ausgewichen und die Zeit der verbliebenen Menschen war mit den Notwendigkeiten zum Überleben ausgefüllt.   Lit.2.4

    Rückfall in tiefe Eiszeit: Exodus für den Neandertaler

    Europa und Westasien waren vor dem Eintreffen des modernen Menschen vom Neandertaler bewohnt. Er stellt die moderne Variante des Homo erectus dar, welche sich aus afrikanischen Wurzeln innerhalb eines langen Zeitraums in Europa in Anpassung an das oft eiszeitlich kalte Klima ausgebildet hatte. Bis vor kurzer Zeit kannte man keinen Neandertaler, der älter als 120 000 Jahre alt war und damit aus der Anfangsphase der jüngsten Eiszeitperiode stammte. Neuerdings hat man aber in der nordspanischen Höhle Sima de los Huesos bei Atapuerca Schädel entdeckt, die schon vor 430 000 Jahren einen ersten Übergang zur Physiognomie des Neandertalers zeigen. Es ist sogar gelungen, eine 400 000 Jahre alte DNS zu identifizieren – und diese hat eine starke Ähnlichkeit mit jener des frühen sibirischen Denisova-Menschen.

    Die Neandertaler wiesen einen gedrungenen und muskulösen Körperbau auf mit einem schweren Skelett, welcher einen günstigen Wärmehaushalt erlaubte. Schlanke Körper mit hoher Wärmeabgabe sind einem kalten Klima offensichtlich ohne großen äußeren Schutz nicht gewachsen. Dieser Körperbau hat dem Neandertaler allerdings einen schlechten Ruf eingetragen, als seine Knochen erstmals 1858 in einer Höhle im Neandertal bei Düsseldorf gefunden wurden: Experten erklärten sie einmal als Reste eines mongolischen Kosaken und zum anderen Male als die eines Schwachsinnigen. Der örtliche Naturkundelehrer meinte, dass es sich um die Knochen eines Mannes handele, der vor der Sintflut Zuflucht in einer Höhle gesucht habe.

    Der Neandertaler hat nach dem Eindringen des modernen Menschen in Europa das Mit- oder Gegeneinander zwar schließlich verloren; anderseits verwendete er aber schon Geräte, die man lange Zeit erst als Errungenschaft des modernen Homo sapiens betrachtet hat. So setzte er schon Wurfspeere mit Steinspitze ein. Kürzlich hat man Glättwerkzeuge aus Hirschknochen für Leder der Neandertaler gefunden, welche vom Homo sapiens bisher nicht bekannt sind. Auffallende kulturelle Fortschritte des Neandertalers hat man auch auf der Halbinsel Krim angetroffen, wo der Neandertaler seit 120 000 Jahren, der moderne Mensch aber erst seit 30 000 Jahren nachweisbar ist. Schon vor 50 000 Jahren begannen die Neandertaler dort mit dem Einsetzen feiner Steinabschläge und Klingen in hölzerne Träger und sie waren nach heutiger Kenntnis damit dem modernen Homo sapiens im Orient um einige Jahrtausende voraus. Der Neandertaler hat auch im Mit- und Gegeneinander mit dem eingedrungenen modernen Menschen in Europa beachtliche Entwicklungsschritte gezeigt.

    Die dünne Neandertaler-Population muss allerdings ein sehr sensibles ethnisches System gewesen sein. Untersuchungen von A.Briggs und S.Pääbo (Leipzig) führten zu dem Schluss, dass in Europa gleichzeitig nur etwa 1500 Neandertaler-Mütter gelebt haben dürften, welche es bis zur Großmutter gebracht haben. Bei noch stärkerer Verdünnung der Population, wie sie durch das Eindringen des modernen Menschen wohl bewirkt wurde, fehlte dann möglicherweise der Kontakt mit einer ausreichenden Zahl von Menschen für die Durchmischung der Gene. Der Neandertaler könnte so durch erzwungene Inzucht anfällig geworden sein. Er verschwand aus Mitteleuropa und seinen Mittelmeerzentren vor etwa 33 000 Jahren und er wurde in Randgebiete abgedrängt, auf die iberische Halbinsel und an das spanische Mittelmeer, die Krim und den Nordwesten Kroatiens, wo die letzten Reste noch bis zur langen Kaltphase um 29 000 bis 28 000 v.h. überlebten. Bemerkenswert ist, dass der mit seinem Körperbau besser als der moderne Mensch an kältere Temperaturen angepasste Neandertaler nicht in Warmperioden, sondern in einer Folge sehr kalter Temperaturen ausgestorben ist, während der moderne Mensch sie bewältigen konnte!

    Die Neandertaler haben sich damals nicht zum erstenmal wegen großer Kälte in wärmere Regionen zurückgezogen: das war auch in einer extremen Kaltphase vor 65 000 Jahren und in der kalten Periode zwischen 40 000 und 35 000 v.h. schon der Fall. Ein neuerer Überblick kam sogar zu dem Schluss, dass die Kerngebiete der Neandertaler-Besiedlung diese wärmeren Zonen waren und dass diese Frühmenschen nur in den wärmeren Interstadialen in die sonst kalten Regionen, wie das Neandertal, vorgerückt seien.

    In der extremen Kaltphase nach 30 000 v.h., welche auch zum Aussterben einiger Tiere führte, wie Waldelefant und Waldnashorn, stand der Neandertaler wohl auch in den wärmeren Rückzugsgebieten im Wettbewerb mit dem modernen Menschen: wurde es dort zu eng für die beiden Menschenarten?

    Etwa zur selben kalten Zeit, vor 27 000 Jahren, ist auch an einer anderen Stelle der Erde, auf Java, der Homo erectus, dem der Neandertaler zuzurechnen ist, ausgestorben. Damals herrschten gleich über mehrere Jahrtausende eiszeitliche Tiefsttemperaturen (s.Abb. 2)!   Lit.2.5

    Früher Einwanderungsschub nach Amerika

    Zwischen der ostsibirischen Halbinsel Chukchi und Alaska befindet sich die Beringstraße, deren tiefste Stelle heute 46 Meter unter dem Meeresspiegel liegt. Nach der Rekonstruktion des prähistorischen eiszeitlichen Meeresspiegels bestand dort in der letzten Eiszeit mehrfach eine Landbrücke zwischen den Kontinenten, so auch im Zeitraum von 38 000 bis 30 000 v.h. Aber hielten sich damals auch Menschen im kalten Sibirien auf? Das sibirische Klima war – im Gegensatz zu Europa – kaum mehr vom Ausfall des Nordatlantikstroms betroffen. Deshalb war die Temperaturabsenkung dort in den kalten Zeitabschnitten vergleichsweise geringer als in Europa und es fielen auch so geringe Niederschläge, dass es in tiefer gelegenen Gegenden nicht zur Ausbildung dauerhafter Eisdecken kommen konnte. Zumindest in den etwas wärmeren Phasen füllten sich daher die sibirischen Weiten mit Großwild, wie dem Mammut. Offensichtlich haben damals Menschen bei der Verfolgung von Wild auch die Passage nach Amerika benutzt, ohne zu ahnen, dass sie einen neuen Kontinent betraten, welcher sich später bei der Beendigung der Eiszeit vom heimatlichen Großkontinent Eurasien trennen sollte.

    Eine so frühe Besiedelung Amerikas war lange Zeit sehr umstritten. Vor allem US-amerikanische Forscher haben fast leidenschaftlich dafür gekämpft, dass Amerika nur in einer einzigen Einwanderungswelle, etwa um 13 000 v.h., aus Eurasien erreicht worden sei. Die Ergebnisse genetischer Untersuchungen an heute lebenden Menschen sprechen aber dagegen: der Pionier der Humangenetik L.Cavalli-Sforza errechnete aus der genetischen Distanz zu den Nordostasiaten eine erste Ankunftszeit der Menschen in Amerika von 32 000 v.h., d.h. gegen Ende des warmen Denekamp-Interstadials. Auch Untersuchungen an Schädelformen legen eine zweimalige Einwanderung in Amerika nahe und solche an Zahnformen sogar eine dreimalige.   Lit.2.6

    Kaltzeiten mit kurzen Warmperioden: Kunst der prallen „Venus-Figuren"

    Die schon geschilderten großen Kunstperioden in Europa, in denen Kunstwerke aus Mammutelfenbein, wie die Venus vom Hohlefels und der berühmte Adorant (Hengelo-Interstadial) und der „Löwenmensch" (Denekamp-Interstadial) entstanden, waren durch lange Warmzeiten mit einer Dauer von mehreren Jahrtausenden innerhalb des letzten eiszeitlichen Zyklus gekennzeichnet. Die nächste Kunstperiode, das Gravettien, hingegen charakterisieren nur kürzere wärmere Abschnitte innerhalb einer sonst recht kalten Zeit. Offensichtlich brachten aber auch sie den Zyklus aus Vermehrung der Bevölkerung und Erwachen des Kunstschaffens zumindest zeitweise wieder in Gang. Vor allem in Frankreich und in Mittel- und Osteuropa breitete sich nun eine kleinfigürliche Kunst aus in einem sehr weiten Raum, der bis zum Baikalsee reichte. Die meisten Funde aus den kühleren Gegenden stammen aus den Zeitabschnitten zwischen 27 000 und 25 000 Jahren v.h. mit 2 wärmeren Temperaturspitzen. Die späteren Funde aus den wieder kälteren Phasen konzentrieren sich auf wärmere Regionen wie Frankreich und Italien.

    Häufig finden sich Darstellungen von „Urmüttern mit einer prallen überbetonten Weiblichkeit. In dieser von wiederkehrenden und oft langen Kälterückfällen geprägten Zeit war ja das Überleben der Familien ganz wesentlich abhängig von der Lebenskraft der Frauen, welche die Kinder zu gebären und zu ernähren hatten. Eine unbedingte Voraussetzung hierfür waren ausreichende Fettreserven. Am bekanntesten von vielen tragbaren Kleinfiguren aus unterschiedlichen Materialien ist die etwa 26 000 Jahre alte Kalksteinstatuette der „Venus von Willendorf in der Wachau. Eine etwa gleich alte Kalksteinfigur aus Kostienki in Russland weist eine große stilistische Ähnlichkeit auf – trotz einer Entfernung der Fundorte von zweitausend Kilometern. Auch Funde von Dolni Vestonice in Mähren und vom Baikalsee stammen aus dieser wärmeren Epoche.   Lit.2.7

    Die Eiszeit erreicht ihren Höhepunkt und das Meer seinen Tiefpunkt

    Vor etwa 22 000 Jahren näherten sich die astronomischen Parameter für die Einstrahlung von Sonnenenergie auf die Erde bei ihrem sinusförmigen Verlauf ihrem Tiefpunkt. Dies musste zu Tiefsttemperaturen führen (s. Abb. 4).

    Die von der Erde aufgenommene Sonnenenergie wird durch drei astronomische Parameter beeinflusst:

    - die Erde läuft auf einer Ellypsenbahn um die Sonne mit einer Phase von 96 000 Jahren. Je näher die Erde der Sonne dabei kommt, desto größer ist die eingestrahlte Energie.

    - Die Erdachse taumelt mit einer Phasenlänge von etwa 40 000 Jahren. Wenn dabei die Nordhälfte der Sonne stärker zugewandt ist wird es wärmer, denn die Landmasse der Nordhälfte ist mit 39 % doppelt so groß wie jene der Südhälfte (19 %) – und Land absorbiert mehr Sonnenenergie als Wasserflächen. Überdies ist die Südhälfte auch stärker vergletschert und Eis- und Schneeflächen nehmen wenig Sonnenenergie auf: allein die vereiste Antarktis ist neunmal größer als die Gletscherflächen auf Grönland. Auch die Flächen von Seeeis auf der Südhalbkugel übertreffen jene des Nordens.

    - Zudem torkelt die Erdachse mit einer Phasendauer von 22 000 Jahren.

    Abb 4

    Abb. 4

    Temperatur auf Zentralgrönland in den vergangenen 25 000 Jahren nach Informationen aus dem Gletschereis

    Diese Einflüsse überlagern sich und zu dieser Zeit führten sie zu einem Minimum der Sonneneinstrahlung auf die Erde. Als Folge setzten die wärmeren Interstadiale über lange Zeit völlig aus und über Jahrtaussende hinweg blieb es bitterkalt. Aus den Ozeanen wurde daher noch mehr Wasser ausgefroren und in Gletschern deponiert und der Meeresspiegel senkte sich zu einem Tiefstniveau ab, tiefer als alle Meeresstände während der gesamten bisherigen Eiszeitperiode von etwa hunderttausend Jahren Dauer. Um 17 000 v.h. wurde ein Tiefststand von 130 Metern unter dem heutigen Meeresspiegel erreicht! In den flachen Schelfgebieten der Meere waren nun große neue Landschaften entstanden. Der Ärmelkanal war trocken gefallen, sodass die britische Insel mit dem europäischen Festland verbunden war. Auch ein großer Teil der Nordsee lag trocken: die Rheinmündung war bis vor Schottland vorgerückt und Elbe und Themse waren Nebenflüsse des Rheins. Südlich von Frankreich breitete sich im Golf du Lion und an der Cote d´Azur ein Festlandstreifen aus. Als er später wieder überflutet wurde, tauchten viele Zugänge zu Höhlen in den Hängen, welche damals von Menschen besucht wurden, ins Meer ab. Der nördliche Teil der Adria lag völlig und der Süden teilweise trocken. Auch die heute mit Wasser gefüllte Rinne des Bosporus war trocken gefallen, sodass Europa und Asien hier über eine Landbrücke verbunden waren. Im Nordwesten des Schwarzen Meers hatte sich eine riesige Tiefebene gebildet und das flache Asow´sche Meer an der heutigen Insel Krim lag völlig trocken.

    In Asien waren Sri Lanka und Indien durch eine Landbrücke verbunden und an der heutigen Mündung des Ganges lag ein riesiges Areal trocken. Die Andamanen-Inseln südlich Birma (Myanmar) bildeten einen langgezogenen Festlandstreifen. In Südostasien schließlich hatten sich die heutige südostasiatische Halbinsel und die Inseln fast bis Sulawesi im Osten zu einem riesigen Subkontinent vereinigt. Malaysia und Thailand waren Teil dieses Kontinents. Weiter nördlich bildeten Japan und Korea eine territoriale Einheit und auch zwischen China und Korea lag das Meer trocken. Das Festland reichte in der heutigen Gelben See weit nach Süden und Taiwan war über einen Festlandsockel mit China verbunden. Der Osten Sibiriens hing an der Beringstraße auf breiter Front mit Alaska zusammen.

    Für die spätere kulturelle Entwicklung der westlichen Welt ist von großer Bedeutung, dass der gesamte Persische Golf nun trocken gefallen war. Die über tausend Kilometer lange neue Schwemmlandebene im Anschluss an Mesopotamien, den heutigen Irak, reichte sogar noch fast 150 Kilometer weit durch den heutigen Golf von Hormuz hinaus in das Arabische Meer. Erst hier mündete der Schatt al Arab, die Vereinigung von Euphrat, Tigris und weiterer Flüsse, ins Arabische Meer.

    Die Voraussetzungen für die Menschen hatten sich nun wegen der geografischen Umgestaltung und der lang dauernden starken Kälte fundamental verändert: nördlichere Regionen und höhere Lagen wurden menschenleer und die Menschen zogen sich in tief liegende wärmere Regionen zurück. Da es vielerorts auch recht trocken wurde – mit der Temperatur sinkt der Dampfdruck des Wassers und damit die verdampfende Wassermenge, die als Niederschlag wieder zurückkehren kann – fanden Mensch und Tier vor allem in der Nähe von tief liegenden Zuflüssen zum Meer noch die günstigsten Lebensbedingungen vor. Leider wurden diese aber später beim Wiederanstieg des Meeres überflutet und sie bleiben es bis heute. Das erschwert es, die Geschicke der Menschen dieser Zeit an Hand von materiellen Spuren zu verfolgen. Eine Chance besteht allenfalls auf damaligen Höhen, welche noch als Inseln verblieben sind, sowie in erhöhten Randlagen der Ufer.   Lit.3.0

    Plötzliche starke Erwärmung vor knapp 15 000 Jahren (Boelling-Interstadial)

    Urplötzlich kündigte sich um 14 700 v.h. mit einem riesigen Temperatursprung von mindestens 6°C ein Ende der Eiszeit an (s.Abb. 2 und 4)! Er leitete das sog. Boelling-Interstadial ein, eine Warmzeit, in welcher fast die heutigen Temperaturen erreicht wurden. Innerhalb von weniger als einem einzigen Jahrzehnt wurden die Kaltluftmassen auf Grönland von warmer und feuchter Luft verdrängt: in den bisher eisigen Nordatlantik waren Warmwassermassen eingebrochen, weil der Golfstrom wieder zu voller Wirkung gekommen war! Er brachte nun riesige Wärmemengen aus dem Süden mit

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