Lehrer Loben: Was ich von meinem Lehrer wirklich lernte! 60 Persönlichkeiten erinnern sich an ihre Vorbilder.
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Über dieses E-Book
Diese Sammlung authentischer Geschichten berichtet von den Lehrerinnen und Lehrern, die uns zu Vorbildern wurden. Sie zu würdigen und ihre oft schwer greifbare, aber besonders bedeutsame Leistung auf unsere Persönlichkeitsentwicklung wert zu schätzen, ist das Hauptanliegen.
Das Projekt soll bewusst ein Gegengewicht zur vorherrschenden kritisch, satirisch und oft verzerrt, negativen Darstellung von Lehrpersonen bilden. Die Wirklichkeit war und ist differenzierter!
Das Gute kommt ernster daher. Es macht nachdenklich. Haltungen von Schülerinnen und Schülern in ethischer Verantwortung positiv zu beeinflussen, sie zu stärken in der Wahrnehmung ihrer Selbstwirksamkeit, das ist die vornehmste Aufgabe einer jeden guten Lehrperson!
Eine Einladung zum Mitschreiben an diesem Pro-Bono-Projekt 'über gute Erfahrungen' gab ich an Kolleginnen und Kollegen meines beruflichen Umfeldes aus Schule, Hochschule, Bildungspolitik- und Verwaltung, Kirche, Wirtschaft und Kunst. Wenn sich Gelegenheit bot, sprach ich auch Persönlichkeiten mit 'großem' Namen an. In alphabeischer Reihenfolge finden sich unter den Autorinnen und Autoren Persönlichkeiten wie Nicola Beer, Regine Berger, Dr. Frieda Bordon, Susanne Dittmar, Matthias Doebel, Dr. Michael Dorhs, Andreas von Erdmann, Claudia Finke, Martina Girnus, Prof. Dr. Stephan Huber, Marianne Huttel, Dr. Alexander Jehn, Dr. Volker Jung, Karl Kardinal Lehmann, Sabine Keitel, Heinz Kipp, Carmen Kloft, Cornelia Lehr, Andreas Lenz, Prof. Dr. Alexander Lorz, Jörg Meyer-Scholten, Prof. Dr. H. G. Rolff, Thomas Sattelberger, Ute Schmidt, Eric Woitalla, Karin Wolff und Gerd Zboril.
Mögen diesen 'Geschichten vom Gelingen' viele weitere folgen.
Unsere Lehrerinnen und Lehrer haben es verdient, gelobt zu werden!
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Buchvorschau
Lehrer Loben - Wulf-Michael Kuntze
Wulf-Michael Kuntze, M.A.
Herausgeber
Lehrer Loben
Was ich von meinem Lehrer wirklich lernte!
60 Persönlichkeiten erinnern sich an ihre Vorbilder.
Inhalt
Wir alle orientieren uns an Vorbildern. Jeder von uns kann für einen anderen Menschen ein Vorbild sein. Vorbilder geben insbesondere jungen Menschen Anregung und Orientierung. Nicht selten sind sie prägend für ein ganzes Leben.
Diese Sammlung authentischer Geschichten berichtet von den Lehrerinnen und Lehrern, die uns zu Vorbildern wurden. Sie zu würdigen und ihre oft schwer greifbare, aber besonders bedeutsame Leistung auf unsere Persönlichkeitsentwicklung wert zu schätzen, ist das Hauptanliegen.
Das Projekt soll bewusst ein Gegengewicht zur vorherrschenden kritisch, satirisch und oft verzerrt, negativen Darstellung von Lehrpersonen bilden. Die Wirklichkeit war und ist differenzierter!
Das Gute kommt ernster daher. Es macht nachdenklich. Haltungen von Schülerinnen und Schülern in ethischer Verantwortung positiv zu beeinflussen, sie zu stärken in der Wahrnehmung ihrer Selbstwirksamkeit, das ist die vornehmste Aufgabe einer jeden guten Lehrperson!
Eine Einladung zum Mitschreiben an diesem Projekt ‚über gute Erfahrungen‘ sprach ich an Kolleginnen und Kollegen meines beruflichen Umfeldes in Nah und Fern aus. Wenn sich Gelegenheit bot, sprach ich auch Persönlichkeiten mit ‚großem‘ Namen an. So kamen in wenigen Wochen über 60 (!) Geschichten zusammen.
Mein besonderer Dank gilt diesen Autorinnen und Autoren.
Mögen diesen ‚Geschichten vom Gelingen‘ viele weitere folgen.
Unsere Lehrerinnen und Lehrer haben es verdient, gelobt zu werden!
Wulf-Michael Kuntze, M.A.
Wiesbaden im Sommer 2014
1981
Oft erlaubt erst die Rückschau die Bedeutung mancher Lebensereignisse für die eigene Biographie einsichtig und anschaulich zu machen und zu verstehen.
Diese Geschichte erzähle ich, um zu verdeutlichen, wie wichtig es für Menschen ist, die Sprache des Landes zu beherrschen, in dem sie leben.
Wer die Sprache beherrscht, ist in der Lage, Sachverhalte darzustellen, Interessen zu vertreten und wenn es notwendig wird, sich zu wehren und sein Recht einzufordern.
Diese Geschichte ist aber auch eng verbunden mit meiner damaligen Hanauer Grundschullehrerin, Frau Kaier, die sich in meine Lage einfühlen konnte, mir mit viel Verständnis, Geduld und Zuspruch über vier Jahre hinweg den Rücken stärkte und mir half, das wichtigste Mittel – die Sprache – zu erlernen.
Mein erster Schultag verlief sehr aufregend für mich. Ich hatte meine rote Schultüte auf dem Arm und lief an der Hand meines Vaters in meinem besten, ebenfalls roten Kleid, stolz wie eine Prinzessin zur Schule. Es wurde auch ein Foto an diesem Tag zusammen mit all meinen neuen Schulkameraden und Schulkameradinnen gemacht. Ich glaube, wir waren 25 Kinder, die eingeschult wurden, weiß aber genau, dass ich und ein anderes Kind die einzigen Türken waren.
Da ich keinen Kindergarten besucht hatte und auch nicht in der Vorschule war, sprach ich das „Straßendeutsch", d.h. das Deutsch der Kinderspielplätze, der Rollschuhbahn und Bolzplätze. Aufgeschnappte Wörter, Redewendungen, das eine oder andere Schimpfwort, kurz, die Umgangssprache meiner deutschen Freunde war mein Sprachvorbild.
Das stellte meine Grundschullehrerin vor die große Aufgabe mir die deutsche Sprache beizubringen. Als sie bemerkte, dass ich mit den Artikeln nichts anfangen konnte, schenkte sie mir ein kleines Wörterbuch. Die Wörter darin waren groß geschrieben und jedes Namenwort hatte einen Artikel. Dieses Buch begleitete mich bis zum vierten Schuljahr. Es war für mich ein sehr bedeutsames Buch, erstens weil ich dies von meiner Lehrerin geschenkt bekommen hatte und es mir zweitens immer Hilfe bot, den gesuchten Artikel nachzuschlagen. Leider habe ich es heute nicht mehr.
Mit diesem Wörterbuch hatte mir meine Lehrerin ein Mittel an die Hand gegeben, das mir ganz offensichtlich gefehlt hatte, denn es gab damals noch keine Deutschförderkurse.
Frau Kaier brachte mir nachmittags geduldig bei, wie ich Satz für Satz eine Geschichte schreiben musste, damit sie von anderen auch verstanden wurde.
Sie motivierte mich, Bücher zu lesen, und schlug mir auch vor, zum Bücherbus zu gehen, um dort Bücher auszuleihen. Dank Ihres Hinweises und Ihrer Beharrlichkeit ging ich mit meinem Vater zum Bücherbus. Ich brauchte seine Erlaubnis und seine Unterschrift, damit ich Bücher aus dem Bücherbus ausleihen durfte. So begann für mich die Entdeckung neuer, anderer Welten. Jeden Donnerstag ging ich zum Bücherbus und lieh mir fünf oder sechs Bücher und las sie zu Hause auf dem Bett meiner Eltern.
Ich habe sehr früh erfahren, was es heißt, missverstanden, nicht verstanden oder sich nicht in einer gemeinsamen
Sprache verständigen zu können.
Meine Grundschullehrerin lehrte mich, mit diesen Situationen umzugehen, und gab mir immer wieder Möglichkeiten die deutsche Sprache anzuwenden und zu üben. Dies konnte die Übernahme einer Rolle in einem Theaterstück sein oder vor der Klasse zu stehen und ein Gedicht auswendig aufzusagen.
Aber auch in Alltagssituationen ermunterte sie mich oft die Sprache bei jeder Gelegenheit anzuwenden. Diese „Sprachanlässe" nahm ich vielfältig wahr und übte mich im Gebrauch der deutschen Sprache.
So war ich z. B. für meine Mutter „ihre Zunge". Ich sprach für sie, wenn sie Schmerzen hatte, mit dem Arzt. Ich dolmetschte, wenn sie sich mit einer deutschen Nachbarin über die Hausflurreinigung verständigen musste oder sie einem deutschen Kind ein Bonbon schenkte, weil wir Ramazan hatten. Vieles musste ich für meine Mutter fragen, beschreiben und erklären. Dies alles konnte ich nur, da ich von meiner Grundschullehrerin beständig ermutigt wurde, die deutsche Sprache zu verwenden, wo immer sich die Möglichkeit dazu anbot.
So erweiterte ich kontinuierlich meinen Wortschatz, lernte die deutsche Grammatik und eroberte mir in dieser Weise Stück für Stück größere Freiheit und Selbstbestimmtheit.
Oft führt das Fehlen der Sprache dazu, dass Vermeidungsstrategien aufgebaut werden, um nicht aufzufallen und um Demütigungssituationen zu vermeiden.
Meiner Grundschullehrerin habe ich es zu verdanken mit Sprachen umzugehen, sie zu lernen und anzuwenden. Sie hat mich verstanden, hat meine Hilflosigkeit erkannt und mir aus pädagogischer Intuition heraus das Mittel in die Hand gegeben oder besser gesagt in den „Mund gelegt", das mir für ein selbstbestimmtes Leben so fehlte. Dank ihr konzentrierte ich mich auch in meiner weiteren Schullaufbahn auf die Sprachen und studierte sogar eine Fremdsprache – französisch.
Nurgül Altuntas
Rektorin als Ausbildungsleiterin, Wiesbaden
Ich habe in meinem Leben viele Begegnungen mit hervorragenden und motivierenden Lehrerinnen und Lehrern gehabt. Besondere Persönlichkeiten, die in mir die Liebe zu Sprachen und Literatur ebenso verankerten wie die Freude an moderner Musik und Kunst. Die mir die Welt von Naturwissenschaft und technologischem Fortschritt eröffneten. Die mich im logischen Denken schulten, meinen Widerspruch in Diskussionen herausforderten und dabei geschickt meine Neugier auf unbetretene Pfade lenkten, neue Ideen weckten. Denen ich in meinem Leben sehr viel zu verdanken habe.
Am meisten geprägt hat mich jedoch meine Mutter, die mich stets durch Ihren Einsatz für und die Hinwendung zu ihren Schülerinnen und Schülern beeindruckte. Oft durfte ich sie in meinen Kindertagen in ihren nachmittäglichen Sportunterricht an der Musterschule in Frankfurt am Main begleiten (Horte oder Ganztagsangebote in Schulen gab es damals so gut wie gar nicht). Im Geräteraum ihrer Sporthalle
auf einem Sprungkasten oder Seitpferd über meine Hausaufgaben gebeugt, erlebte ich live vor Ort, wie sie trotz ihrer eher zierlichen Statur augenscheinlich mühelos ganze Heerscharen großgewachsener Jugendlicher mit wenigen Anweisungen und Handbewegungen zwei Schulstunden lang in permanenter Bewegung hielt. Die stets mitgeführte Trillerpfeife kam eigentlich nur zum Einsatz, wenn sich einer der Schüler zum Ausruhen auf die Bank verirrte oder bei den Mannschaftsspielen ein Foul gepfiffen werden musste.
Ich will nicht behaupten, dass sie gleichermaßen von allen Ihren Schülerinnen und Schülern verehrt wurde. Nicht selten habe ich auch mehr als nur verhaltenes Maulen erlebt, wenn sie darauf bestand, dass nach der offenbar schon schweißtreibenden Aufwärmgymnastik Geräteturnen oder Leichtathletikübungen statt Fuß- oder Volleyball auf dem Programm standen. „Sklaventreiber wurde gelegentlich gezischelt. Aber die ihr stets entgegenbrachte Wertschätzung selbst von solchen Schülern, die sich bei den Übungen nicht leicht taten, resultierte wohl daraus, dass sie von niemanden mehr verlangte, als er selbst zu leisten vermochte und als sie selbst auf der Stelle und jederzeit unter Beweis zu stellen bereit war.
Geht nicht" gab es nicht