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Sind wir Freitag wieder Schriftsteller?: Zum Schreiben verlocken
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eBook193 Seiten2 Stunden

Sind wir Freitag wieder Schriftsteller?: Zum Schreiben verlocken

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Über dieses E-Book

Die Geschichten entstanden im Rahmen einer Unterrichtsreihe zum Thema "Kurzgeschichte". Hier behandelten die Schülerinnen und Schüler eines Deutsch Erweiterungskurses Jahrgang 9 zwei Monate lang die Erzählung "Die rote Katze" von Luise Rinser. An einem Tag in der Woche widmeten sie sich dem kreativen Schreiben. Sie lasen ihre Geschichten abschließend in der Bücherei vor. Drei Schülerinnen des Parallelkurses illustrierten die Texte.
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum28. Dez. 2015
ISBN9783739267241
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    Buchvorschau

    Sind wir Freitag wieder Schriftsteller? - Books on Demand

    offen

    Wie alles begann

    Wir schreiben den 22. November 2015 und ich sitze an meinem Schreibtisch, um Dateien zu sichten. Ich will eine neue Unterrichtsreihe planen. Zugleich ist es an der Zeit, dass die alte Unterrichtsreihe, an der meine Schüler und ich - so glaube ich wenigstens - vor einem Jahr viel Freude hatten - zu einem Buch gemacht wird. Wenn das nämlich nicht bald passiert, dann glauben mir meine Schüler, ganz zu recht, gar nichts mehr. Ich habe es ihnen versprochen. Während ich also sichte und suche, mich da und dort festlese, stoße ich auf einen Text, den ich zu Beginn des Jahres 2009 schrieb. Ich war die Neue an der Gesamtschule Neumühl und weil neue Besen immer gut kehren, hatte ich mit Hilfe der Stiftung Lesen einen sogenannten Lese-Medien-Club eingerichtet. Dafür gab es 4000€ Startgeld und die Schulen verpflichteten sich, mit Israel zusammen zu arbeiten. Wenn man aber bei den Schülern nicht ungeheuer viel Werbung betrieb, wurde der Lese-Medien-Club nur zögerlich bis gar nicht besucht. Deshalb schrieb ich einen Artikel für die Homepage. In diesem Artikel erzählte ich ihnen von dem neuen Raum und schrieb:

    "Er ist ein Paradies der Bücher, Filme, und Hör-Cds. Es gibt einen Leseteppich, 2 Lesezelte, Matten zum Ausruhen, Decken zum Kuscheln, Kissen, um den Kopf abzustützen, einen Computer mit Internetanschluss, einen großen Flachbildschirm, DVD und VHS Player, eine Videokamera, einen digitalen Fotoapparat, Gesellschaftsspiele, Computerspiele und donners-tags bringt Sören den Kindern Diabolo-Spielen bei. Kurzum, ein Raum der unbegrenzten Möglichkeiten. Nur lesen, lesen will keiner so recht. Dabei sind es gerade Bücher und Geschichten, die uns in fremde Welten und andere Wirklichkeiten entführen können, ganz ohne Flugzeug. Erst unlängst passierte mir selbst genau das wieder einmal mit einem Buch, das unser Schulleiter beim Aufräumen an der Kampstraße gefunden hatte. Er hat dort übrigens sehr viele Bücher gefunden, die keiner mehr haben möchte.

    „Willst du das Buch noch für den Lesemedienclub haben, fragte er mich. Er meinte ein Jugendbuch. Es war sogar noch eingeschweißt. Wer weiß wie lange schon. Natürlich wollte ich das Buch mit dem seltsamen Titel „Schere Stein Papier von einer Autorin mit einem für mich unaussprechlichen Nachnamen. Mac Lachlan heißt sie.

    Schon das Titelbild macht mich neugierig. Die Geschichte scheint am Meer zu spielen und das Meer liebe ich. Also löse ich die Folie und an einem der Weihnachtsfeiertage beginne ich zu lesen. Ein Zitat, das mein Herz berührt, leitet die poetische Geschichte ein. Ich werde sie hier nicht erzählen, auch über ihren Inhalt nichts sagen. Wer wissen will, worum es geht, der muss schon in den Lesemedienclub kommen. Das Zitat endet mit den Worten: Ich finde mich nicht ab". Diese Worte sprechen mir aus der Seele. Und weil ich mich auch nicht abfinde und weil wir uns nicht abfinden sollten, deshalb gibt es an unserer Schule jetzt den besagten Lesemedienclub, in dem die Kinder ihre Freizeit nachmittags verbringen können, um zu lesen.

    Gerade unsere Schule, die Gesamtschule Duisburg-Neumühl ist prädestiniert für solch einen Raum, in dem es all das gibt, wovon ich schon erzählt habe. Warum gerade wir dafür prädestiniert sind? Ich will es kurz erklären und dazu muss ich noch einmal zurückkommen, auf das Buch Schere Stein Papier", das alleine irgendwo herumlag.

    Wenn ich lese, dann mache ich Knicke in Bücher oder ich schreibe mir Sätze heraus, die mir gefallen, die mich bewegen, die mein Herz ansprechen, manchmal auch meinen Verstand.

    Die Ich-Erzählerin, ein kleines Mädchen, erzählt auch von ihrer Lehrerin, die die Wörter liebt. Das könnte fast ich sein, dachte ich. Und auch in der Schule der Ich-Erzählerin wird ein Bücherraum eingerichtet, den die Lehrerin nach den Ferien einweiht. Es ist schon ein merkwürdiger Zufall. „Dieses Jahr", sagt die Lehrerin, werden wir über die Kraft der Sprache reden. Die Kraft von Wörtern und wie Wörter uns verändern können. In diesem Raum, in diesen Büchern", sagt sie, da ist die Kraft von hundert Wirbelstürmen drin. Die Kraft von hundert Wirbelstürmen wollen auch wir den Schülern unserer Schule schenken, vor allem den Kleinen, denn die brauchen besonders viel Kraft. Mit Wörtern kann man Welten erschaffen und mit Wörtern kann man Brücken bauen und Wände einreißen. Aber dazu muss man lernen, auf die Sprache zu achten. Wo immer man sich gerade befindet und was immer man tut. Aber warum soll gerade unsere Schule prädestiniert sein, wird nun der eine oder andere irritiert fragen. Das wollten Sie uns doch erklären. Stimmt, ich hätte es fast vergessen. Als ich nach den Sommerferien als die Neue, die neue Abteilungsleiterin, an die Gesamtschule in Neumühl kam, da stellte ich mich auch in allen Klassen vor. „ Wo wohnst du denn", fragte ich einen der Schüler. „Ich wohn` im Dichterviertel, antwortete er mir. „ Und weißt du, warum das so heißt, fragte ich ihn. Er wusste es nicht.

    Jeden Morgen auf der Fahrt zur Schule öffnet sich mir genau dieses Dichterviertel. Ich fahre ganz langsam mit 30 durch die Schillerstraße. Eine Straße weiter ist die Goethestraße, aber mit der habe ich nur zu tun, wenn ich zur Post will. Goethe und Schiller, die beiden größten deutschen Dichter, die sich in Xenien unterhalten haben, in Weimar lebten und in Freundschaft miteinander verbunden waren. Nur leider wurde Schiller längst nicht so alt wie der alte Goethe. Während ich das noch denke, passiere ich die erste Seitenstraße, die Kantstraße. Wäre Immanuel nicht gewesen, wir säßen vielleicht heute noch im Mittelalter. Das ist natürlich etwas simpel, ich weiß. „Aufklärung ist der Ausgang aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit. Und er meinte damit alles andere als sexuelle Aufklärung. Er wollte, dass wir Menschen unseren Verstand benutzen. Den aber kann man umso besser benutzen, je mehr man liest, je mehr man der Sprache mächtig ist und die Wörter achtet. Man kann so vieles verändern mit Sprache, man kann aber auch so vieles anrichten. Verändert hat nicht nur Kant die Welt, der jeden Nachmittag um 4 Uhr in Königsberg seine festgelegte Runde drehte. Schon fahre ich an der Lessingstraße vorbei. Lessing, der Nathan den Weisen geschrieben hat. Ein Theaterstück über die 3 Weltreligionen. Auch in der Lessingstraße leben heute Menschen verschiedenster Religionen nebeneinander. Und während ich weiter mit 30 fahre, denke ich an seine berühmte Ringparabel. Ich will euch nicht alle Dichterstraßen aufzählen, die ich auf meinem morgendlichen Schulweg passiere. Jeder von euch kann sie selbst entdecken. Und jeder dieser Dichter, deren Namen wir für unsere Straßen von ihnen geborgt haben, ist eine Lesereise wert. Wer aber lieber Harry Potter, Astrid Lindgren, Ottfried Preußler liest, oder wer auf lesen eben mal leider keine Lust hat (leider, sage ich natürlich), und lieber einen Film anschauen möchte, der sollte unseren Lesemedienclub besuchen, die Matten auslegen, die Filzpantoffeln anziehen und sich ganz ohne Flugzeug in andere Welten und andere Dimensionen entführen lassen.

    So stand es also im Jahre 2009 auf der Homepage der Gesamtschule Duisburg Hamborn Neumühl. Mittlerweile heißt sie ja Gesamtschule Emschertal. Aber egal wie sie heißt, sie ist ganz nah beim Dichterviertel, auch wenn kein Schüler das weiß, und der, der es von mir erfuhr, hat längst die Schule verlassen und unser Gespräch vergessen.

    In jedem Jahrgang aufs Neue versuche ich unbeirrbar im Deutschunterricht die Kraft von hundert Wirbelstürmen zu entfachen, denn seit 2009 ist die Liebe zum Lesen bei den Schülern nicht gerade gewachsen. Sechs Jahre sind seitdem vergangen. Damals waren die Schüler meines jetzigen Deutschkurses gerade einmal zehn Jahre alt. Facebook gab es zwar schon seit 2004, und die digitalen Medien wussten viel, aber sie hatten uns noch nicht in dem Maße okkupiert wie heute. Ihre Macht über alle Menschen, besonders aber über Jugendliche war längst nicht so totalitär wie nun im Jahre 2015. Wen wundert es daher, dass es mit dem Lesen und der Lesefreude bei vielen Schülern nicht besser geworden ist. Stattdessen sind sie auf Facebook zu Hause, twittern, liken, whats appen, machen selfies und empfinden überhaupt Apps als das Leben erleichternd, das Lesen hingegen als Last. Ein Schüler sagte mir jüngst sogar, ich zitiere wörtlich: Wer nicht Super Mario gespielt hat, hatte keine Kindheit. Aha, so ist das also. Die Zahl der Nichtleser ist in Deutschland horrend groß und sie wächst anscheinend ständig. So oder so ähnlich kann man es allerorten hören und lesen. Seit Neuestem wird ernsthaft sogar in Finnland geplant, die Schreibschrift abzuschaffen. Also: Das Lesen liegt in den letzten Atemzügen, das Schreiben schaffen wir auch gleich ab.

    Aber vielleicht ist alles auch ganz anders. Vielleicht wollen Schüler lernen und lesen und auch noch schreiben, aber sie brauchen einen Anstoß und müssen sehen, dass das Ganze auch Sinn macht. Dessen bin ich mir sicher seit ich Lehrerin geworden bin und davon lasse ich mich auch nicht abbringen. Und noch einer Sache bin ich mir sicher. Schüler und Lehrer sollten miteinander über die Dinge nachdenken - intensiv und produktiv.

    Und insofern verstehe ich all das, was wir - meine Schüler und ich - im Folgenden dokumentieren auch als ein Plädoyer für die Wiederbelebung des gemeinsamen Unterrichts, des gemeinsamen Entwickelns der Gedanken und des gemeinsamen Entdeckens von neuen Ideen.

    Nach den Herbstferien - Neue Unterrichtsreihe - Neues Glück

    Nach den Herbstferien steht also für alle Kurse das Deuten literarischer Texte auf dem Stoffverteilungsplan. Die Fachkonferenz hat sich mehrheitlich für die Kurzgeschichte entschieden. Ich gehe nun auf die Suche nach geeignetem Material. Also ich suche gute Geschichten. Derer gibt es bekanntermaßen unendlich viele. Natürlich bin ich auch im Besitz des Sprachbuches Wortstark. Und natürlich habe auch ich Lieblingskurzgeschichten. Ich blättere, grübele und nur einer Sache bin ich diesmal sicher: Ich will nicht wieder das Lehrbuch nehmen; weder das alte noch das neue. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass ich mit diesem Kurs ein Experiment wagen könnte.

    Da aber nun in einem Lehrerdasein der Stundenplan, der Stoffverteilungsplan und die leidigen Klassenarbeiten unabdingbar ihren Tribut fordern, können Entscheidungen nicht unendlich hinausgezögert werden.

    Nimmst du das Buch, fragt mich eine Kollegin. Ich glaube nicht, erwidere ich, und ich habe das Gefühl kompetenzlos zu wirken, denn ich bin mir immer noch unsicher, wie ich die Reihe beginnen werde. Während ich auf die Suche nach der ultimativen Geschichte gehe, mit der ich das Feuer entfachen kann, nehme ich sehr schnell Abschied von der Streuselschnecke. Ich könnte meinen Abschied natürlich auch begründen, das würde hier aber zu weit führen. Oder kennt jemand von euch die Streuselschnecke? Ich nehme überhaupt Abschied von der herkömmlichen Herangehensweise, sondern ich entschließe mich für das Ungewisse. Eben für das große weite Meer, frei nach Saint Exupery. Nein, das heißt nicht, dass ich mich treiben ließe, geschweige denn nicht nachdächte oder plante. Das, was ich mir vornehme, ist aber eben ein kleines Wagnis, denn ich möchte dabei gegen den derzeitigen Strom schwimmen. Ich möchte altmodisch sein.

    Als ich meine Eltern besuche, was ich regelmäßig tue, weil sie schon sehr alt sind, erzähle ich ihnen von meinem Unterrichtsvorhaben. Ich werde eine Geschichte von Luise Rinser besprechen ´Die rote Katze`, sage ich. Vor langer Zeit las ich genau diese Kurzgeschichte. Sie hatte sich tief in mein Gedächtnis eingebrannt.

    Daraufhin sprudelt es aus den beiden nur so heraus, Geschichten, die das Leben schrieb, und die es einfach wert sind, erzählt zu werden, denn sie bestärkten mich in meiner Entscheidung.

    Immer musste ich den Kaffee schwarz trinken, sagt mein Vater. Ich verstehe nicht, was er meint und wie er jetzt auf den Kaffee kommt. Ja, fährt er fort, damals in meiner Konditorlehre, die Meisterin, die hatte so eine fette Katze. Morgens beim Frühstück war die immer dabei und sie hatte auf der Erde ein Schälchen. Wir bekamen den Kaffee schwarz, die Katze aber, die bekam die Milch in die Schale. Und sie schlief im Holz vor dem Ofen, da war es besonders warm. Manchmal habe ich sie beobachtet, wenn der Hund dort vorbei wollte. Der Hund ahnte ja nichts. Er schnüffelte arglos und plötzlich wie aus dem Nichts, schoss die Katze hervor, stand auf ihren zwei Hinterbeinen und hat ihn gekratzt und nach ihm mit den Vorderpfoten geschlagen. Sie war furchtlos und hat immer gewonnen gegen den Hund. Der Hund tat mir leid.

    Auch meiner Mutter fällt etwas ein. Weißt du, sprudelt es aus ihr heraus, "deine Oma hat mir immer erzählt, bei ihnen war auch eine fette Katze. Und einmal hat die Katze ein dickes Stück Wurst vom Tisch stibitzt. Aber die Mutter von Oma, also deine Urgroßmutter, dachte natürlich, dass Oma das Stück Wurst einfach weggegessen hat und sie bekam dafür eine schallende Ohrfeige, obwohl sie gesagt hat,

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