Goethes Lebensweisheit: Ausgewählt von Josef Hofmiller
Von Josef Hofmiller
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Buchvorschau
Goethes Lebensweisheit - Josef Hofmiller
I
Goethes Lebensweisheit
Große Gedanken und ein reines Herz, das ist’s, was wir uns von Gott erbitten sollten. (Wanderjahre)
Gründliche Gedanken sind ein Schatz, der im Stillen wächst, und Interessen zu Interessen schlägt … Denn das echte Lebendige wächst nach. (An Zelter, 26.08.1828)
Der Mensch mache sich nur irgendeine würdige Gewohnheit zu Eigen, an der er sich die Lust in heiteren Tagen erhöhen und in trüben Tagen aufrichten kann. Er gewöhne sich z.B. täglich in der Bibel oder im Homer zu lesen, oder Medaillen oder schöne Bilder zu schauen, oder gute Musik zu hören. Aber es muss etwas Treffliches, Würdiges sein, woran er sich so gewöhnt, dass ihm stets und in jeder Lage der Respekt dafür bleibe. (Zu F. v. Müller, 30.05.1814)
In oberflächlicher Beschauung einer Bibliothek fühlt man sich wie in der Gegenwart eines großen Kapitals, das geräuschlos unberechenbare Zinsen spendet. (Annalen.)
Das Vortreffliche sollte durchaus nicht bekrittelt noch besprochen, sondern genossen und andächtig im Stillen bedacht werden. (An Zelter, 29.03.1827)
Eigentlich lernen wir nur von Büchern, die wir nicht beurteilen können. Der Autor eines Buchs, das wir beurteilen könnten, müsste von uns lernen.
Die guten Leute wissen gar nicht, was es für Zeit und Mühe kostet, das Lesen zu lernen und von dem Gelesenen Nutzen zu haben; ich habe achtzig Jahre dazu gebraucht. (Zu Soret, 25.1.1830)
Ein Buch, das große Wirkung gehabt, kann eigentlich gar nicht mehr beurteilt werden. Die Kritik ist überhaupt eine bloße Angewohnheit der Modernen. Man lese ein Buch, und lasse es auf sich einwirken, gebe sich dieser Einwirkung hin, so wird man zum richtigen Urteil darüber kommen. (zu F. v. Müller, 11.6.1822)
Freiwillige Abhängigkeit ist der schönste Zustand; und wie wäre der möglich ohne Liebe!
Gegen große Vorzüge eines Andern gibt es kein Rettungsmittel als die Liebe.
Die wenigsten Menschen lieben an dem anderen das, was er ist. Nur das, was sie ihm leihen, sich, ihre Vorstellung von ihm lieben sie. (Zu Riemer, 7.6.1813)
Nein, ihr könnt es nicht fühlen, kein Mann ist imstande, den Wert eines Weibes zu fühlen, das sich zu ehren weiß! Bei allen heiligen Engel, bei allen Bildern der Seligkeit, die sich ein reines Herz erschafft, es ist nichts Himmlischeres als ein weibliches Wesen, das sich dem geliebten Mann hingibt. (Lehrjahre)
Nichts ist bedeutender in jedem Zustand als die Dazwischenkunft eines Dritten. (Wahlverwandtschaften)
In jeder großen Trennung liegt ein Keim von Wahnsinn; man muss sich hüten, ihn nachdenklich auszubreiten und zu pflegen. (I.R.)
Wir sind nie entfernter von unsern Wünschen, als wenn wir uns einbilden, das Gewünschte zu besitzen.
Gegen unsern Herrgott sind wir doch arme Schelmen, wir haben zu reden, und er hat zu tun. Und wenn wir lange wählen, dahin? oder dorthin? So nimmt er uns beim Arme, und führt uns den dritten Weg, an den wir gar nicht gedacht haben. (An Trapp, 28.7.1770 Konzert)
Man weiß nicht eher als nach einem längeren Lebenslauf, was echte Maximen, die uns über das Gemeine heben, für einen hohen Wert haben. (An Rochlitz, 29.03.1801)
II
Wenn ein Weib einmal vom rechten Wege ab ist, dann geht es auch blindlings und rücksichtslos auf dem bösen fort; und der Mann ist nichts dagegen, wenn er auf bösen Wegen wandelt. Bei ihr aber wirkt dann die bloße Natur. (Zu Riemer, 8.8.1807)
Man lernt nichts kennen, als was man liebt, und je tiefer und vollständiger die Kenntnis werden soll, desto stärker und lebendiger muss Liebe, ja, Leidenschaft sein. (An F. H. Jacobi, 10.05.1812)
Was ist unserm Herzen die Welt ohne Liebe! Was eine Zauberlaterne ist ohne Licht! (Werthers Leiden)
Es ist eine sehr angenehme Empfindung, wenn sich eine neue Leidenschaft in uns zu regen anfängt, ehe die alte noch ganz verklungen ist. So sieht man bei untergehender Sonne gern auf der entgegengesetzten Seite den Mond aufgehen und erfreut sich an dem Doppelglanze der beiden Himmelslichter. (Dichtung und Wahrheit.)
Der Umgang mit Frauen ist das Element guter Sitten.
Wenn die Männer sich mit den Weibern schleppen, so werden sie so gleichsam abgesponnen wie ein Wocken.
Für die vorzüglichste Frau wird diejenige gehalten, welche ihren Kindern den Vater, wenn er abgeht, zu ersetzen im Stande ist.
Die Weiber, sagt man, sind eitel von Hause aus; doch es kleidet sie und sie gefallen uns um desto mehr. (Wanderjahre.)
Ein wenig Geiz schadet dem Weibe nichts, so übel sie die Verschwendung kleidet. Freigebigkeit ist eine Tugend, die dem Mann ziemt, und Festhalten ist die Tugend eines Weibes. (Die guten Weiber.)
Was sogar die Frauen an uns ungebildet zurücklassen, das bilden die Kinder aus, wenn wir uns mit ihnen abgeben. (Lebensjahre.)
Es ist unglaublich, wie der Umgang der Weiber herabzieht. (Zu F. v. Müller, 14.12.1808.)
Im Ehestand muss man sich manchmal streiten, denn dadurch erfährt man was voneinander. (Wahlverwandtschaften.)
Bei Verhältnissen, die nicht zu ändern sind, müssen gewisse Schärfigkeiten sich sammeln und zuletzt irgendwo ausbrechen. Von Zeit zu Zeit wiederholt sich das. (T. 12.8.1779.)
Wer die Weiber hasst, wie kann der leben?