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WENN DER HIMMEL SICH VERFÄRBT...
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WENN DER HIMMEL SICH VERFÄRBT...
eBook781 Seiten9 Stunden

WENN DER HIMMEL SICH VERFÄRBT...

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Über dieses E-Book

Angeheuert vom millionenschweren Uhrenfabrikanten Klaus Sommer, um dessen Hochzeitsreise fotografisch festzuhalten, verbringen, die renommierte Münchner Fotografin, Jennifer Kaufmann und ihre Assistentin Sabine, eine unvergesslich schöne Zeit auf der Seadream, einer achtzig Fuß großen Segelyacht, vor der traumhaften Kulisse der Balearen.

In kleiner Runde wird die Arbeit schnell zum Vergnügen, und alle Sorgen der Vergangenheit scheinen zu verblassen.
Doch der Schein trügt.
Während Jennifer die Annehmlichkeiten des Luxuslebens im Mittelmeer in vollen Zügen genießt, wird ihr Exfreund Florian Schneider, nach zweijähriger Therapie aus dem Sanatorium entlassen.
Noch in derselben Nacht wird dessen langjährig bester Freund ermordet.
Hauptkommissar Peters ermittelt und stellt schon bald eine Verbindung zu Florian her.

Als Florian kurze Zeit später auf der Yacht auftaucht, beginnt für Jenny eine Achterbahnfahrt der Gefühle.
Nicht ahnend, welch abgrundtiefe Beweggründe hinter den Geschehnissen stecken, beginnt für Hans Peters eine Hetzjagd, deren Wendungen ihn bis Korsika reisen lassen.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum9. Juni 2015
ISBN9783847689010
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    Buchvorschau

    WENN DER HIMMEL SICH VERFÄRBT... - Thomas Saile

    Ein Roman von

    Thomas Saile

    23. Mai 2014

    überarbeitete Fassung

    06. Juni 2015

    Widmung

    Für Susanne

    Prolog

    Vorsichtig griff er ihr unter die Arme und hiefte ihren schlaffen Körper über seine Schulter. Binnen Sekunden war auch sie völlig durchnässt. Der Himmel hatte seine Schleusen nun ganz geöffnet und der Gewittersturm mutierte zu einem Orkan. Blitze durchschnitten die hereinbrechende Nacht in immer kürzeren Abständen.

    Mit zwei Fingern fühlte er ihren Puls um sicherzustellen, dass sie noch lebte, dann schloss er die Wagentür und machte sich auf den Weg.

    Der Trampelpfad auf den Klippen war glitschig und er kam langsamer voran als er gedacht hatte. Ein Fehltritt und er würde, zusammen mit ihr, fünfzig Meter in die Tiefe und damit in den sicheren Tod stürzen. Von unten vernahm er das tiefe Grollen der gegen die Klippen schlagenden Wellen. Das Meer schien sich mit dem Orkan verbündet zu haben. Heute Nacht würde die Welt mit ohrenbetäubendem Lärm aufhören sich zu drehen. Jedenfalls für sie.

    Der Regen nahm ihm die Sicht und der Sturm raubte ihm den Atem. Selbst die alten Büsche hielten sich quälend an ihren eigenen Wurzeln fest um der Naturgewalt zu trotzen.

    Er holte tief Luft, besann sich wieder seiner Aufgabe und bedachte dabei die vielen Vorteile, die der Orkan mit sich brachte. Niemand würde sie hören oder sehen und morgen würden alle Spuren verwischt sein.

    Schritt für Schritt arbeitete er sich vorwärts. Sein Ziel schien fast erreicht, als ihr Körper plötzlich zuckte. Augenblicklich ging er in die Hocke um sie auf einem Felsbrocken abzusetzen.

    Erwachte sie bereits aus ihrer Ohnmacht? Er strich ihr das nasse Haar aus dem Gesicht.

    „Noch nicht meine Gute, es ist noch zu früh".

    Kurz erwog er, ihr eine weitere Dosis zu verabreichen, entschied sich aber dagegen, da er sie mit seiner Waffe leicht in Schach halten konnte.

    Sintflutartig, und mit ohrenbetäubendem Lärm ergoss sich der Himmel über ihnen, während sie langsam ihre Augen öffnete.

    „Wo bin ich"?

    Er sah, dass sie etwas gesagt hatte, konnte sie jedoch nicht hören, da der Orkan ihr die Worte entriss, bevor sie sein Ohr erreichten.

    Erneut strich er eine Strähne aus ihrem Gesicht und lächelte sie an.

    „Was ist passiert? Wo bin ich?", fragte sie noch einmal mit bebender Stimme.

    Er beugte sich ganz nah an ihr Ohr.

    „Keine Angst, ich bin ja bei dir. Gleich bekommst du die Überraschung, die ich dir versprochen habe".

    Angsterfüllt sah sie in seine Augen und plötzlich fiel es ihr wieder ein.

    Die Cabrio-Ausfahrt, der abrupte Stimmungswechsel, und wie sie versucht hatte aus dem fahrenden Auto zu springen. Doch was war danach passiert? Daran konnte sie sich nicht erinnern.

    „Wo sind wir hier", fragte sie ein drittes Mal.

    „Kommst du nicht selbst darauf? Sieh dich um, eigentlich müsstest du diesen Ort kennen. Du warst schon viele Male hier".

    Erst jetzt nahm sie die Umgebung wahr und sofort wurde ihr klar, wohin er sie gebracht hatte.

    Kapitel 1 Covas d`en Xoroi - Menorca

    Das Brautpaar stand in einer Höhle, etwa achtzig Meter über der Wasseroberfläche, inmitten der senkrecht abfallenden Felswand. Im Hintergrund ließ sich die Sonne mit gelassener Routine auf den nassen Horizont nieder und verfärbte den Übergang zwischen Himmel und Meer in tiefste Orange-, Rot- und Violetttöne. Es war das perfekte Ambiente. Wunderbare 26° C, ein laues Lüftchen und ein frisch vermähltes, junges Paar, im Kreise ihrer engsten Freunde.

    Inmitten dieser Runde befand sich Jennifer mit Ihrer Canon EOS im Anschlag. Sie kniete am Boden und gab noch rasche Order an ihre Assistentin Sabine, die mit einem großen, runden Reflektor versuchte, das letzte warme Licht des Tages in die Gesichter des Brautpaares zu lenken.

    Jennifer Kaufmann war fünfunddreißig Jahre alt, 1,75 m groß und trug ihr schulterlanges blondes Haar offen. Ihr Blick für das Schöne spiegelte ihre eigene Erscheinung wieder.

    Der Moment war gekommen.

    „Und smile", animierte Jennifer, während sie auf den Auslöser drückte, und gleich eine Dreierserie schoss.

    Klick, klick, klick.

    „Blick zu mir! Beide! Genau so."

    Die Sonne berührte das Wasser, und je tiefer sie eintauchte, desto intensiver wurden die Farben. Jennifer wechselte ihre Position und forderte nun alle Gäste auf, sich um das Brautpaar zu scharen. Währenddessen fokussierte sie jeden Einzelnen und machte die Close-ups. Diese würde sie später im Album verwenden.

    Klick, klick, klick.

    Sabine schaffte es intuitiv, mit einem Auge Jennifer´s Kamera zu folgen und gleichzeitig mit dem anderen, ihren Reflektor auf die jeweiligen Hauptakteure auszurichten.

    Jennifer nickte ihr anerkennend zu.

    Ihr war ein Stein vom Herzen gefallen, als das Brautpaar ihrem Wunsch nachgekommen war, Sabine als Assistentin mitzunehmen. Der Gedanke, als fünftes Rad am Wagen, an Bord einer Segeljacht, irgendwo zwischen Europa und Afrika in einer Kajüte zu sitzen, während die Honeymooner an Deck in der Abendsonne tanzten, hatte ihr nicht so sehr zugesagt. Nun hatte sie wenigstens jemanden mit dem sie sich austauschen konnte.

    Sabine war gerade mal dreiundzwanzig Jahre alt. Sie war etwas kleiner als Jennifer, hatte eine sportliche Figur, braunes, hüftlanges Haar und haselnußbraune Augen.

    Erst vor einem halben Jahr hatte sie ihren Bachelor in Fotodesign an der Hochschule für Design in München gemacht.

    Als sie sich bei Jennifer beworben hatte, waren sich die beiden sofort sympathisch gewesen und Sabine erhielt eine Anstellung auf Probe.

    Sie befanden sich in einer der Covas, am Eingang zur Cala En Porter, an der Südküste Menorcas, einer malerischen Bucht, beidseitig gesäumt von Klippen, die in einem weißen Sandstrand endete.

    Vom Strand aus führte eine kurvige Straße, vorbei an Souveniershops, Bars und Supermercados, hinauf, zu den mit flachen Bungalows bebauten Klippen und den Covas d´en Xoroi, den hoch über dem Meer gelegenen Höhlen.

    Unten in der Bucht lag die Seadream, eine knapp achtzig Fuß große Segeljacht, die dort zwischen weiteren Segelschiffen und Motorbooten ankerte und seit dem Morgen darauf wartete, das Brautpaar samt Trauzeugen und Fotografen, an Bord und auf Kurs Richtung Mallorca zu nehmen.

    Jennifer und Sabine waren am Morgen auf dem Flughafen von Menorca gelandet und von einem Taxi nach Cala En Porter gebracht worden.

    Es war das erste Mal, dass Jennifer für einen Auftrag solchen Ausmaßes angeheuert worden war.

    Sie hatte ihr Fotostudio in München nun schon seit zehn Jahren, und sich mittlerweile einen Namen in der Welt der Reichen und Schönen erarbeitet. Modenschauen namhafter Designer in Paris und Mailand, sowie Covershoots bekannter Magazine, zählten zu ihrem Tagesgeschäft.

    Dieser Auftrag jedoch war anders. Dieses Mal war sie für die Hochzeit, sowie für drei bis vier Wochen Begleitung der Flitterer gebucht worden. Alle Kosten wurden vom Brautpaar übernommen und sie bekam ein Tagessalair von eintausend Euro.

    Die Sonne war nun halb im Meer versunken und tauchte alles in feuriges Rot. Nach und nach liefen weitere Yachten und Motorboote die Bucht an, um dort für die Nacht zu ankern.

    Der dunkle Fels auf dem sie standen, verfärbte sich rotbraun, während sich die Nacht aus der anderen Richtung kommend, ihren Weg durch das tiefe Blau des Himmels bahnte.

    Die Gäste formierten sich ein letztes Mal für das Grande Finale, den Moment, in dem die Sonne gerade hinter dem Horizont abtauchte und gleichzeitig ihre hellen Strahlen fächerförmig in den herannahenden Nachthimmel warf.

    Diesen Moment perfekt einzufangen, mit großer Blende und nicht zu langer Belichtungszeit, sodass die Objekte scharf waren, das Licht und die Farben dennoch voll zur Geltung kamen, war die große Kunst.

    Jennifer beherrschte diese Kunst, als hätte sie ihr Leben lang nichts anderes gemacht.

    Kapitel 2 Bellinzona - Tessin

    Ein lautes Hupen holte ihn zurück in die Gegenwart.

    Gerade noch rechtzeitig sah er den LKW, auf den er geradewegs zugehalten hatte, und schaffte es in letzter Sekunde, seinen BMW M3 wieder auf die rechte Spur zu bringen.

    Eine Sekunde später, und er wäre frontal in den Kühlergrill des Trucks gerauscht. Sein Puls war bei 180 und das Adrenalin in seinem Körper in Aufruhr. Er machte eine Vollbremsung und lenkte sein Fahrzeug an den Straßenrand, wo er anhielt und den Motor abstellte.

    Es war 6:00 Uhr morgens.

    Tom war die ganze Nacht hindurchgefahren. Soeben war er aus einem Sekundenschlaf erwacht und hatte verdammt viel Glück gehabt.

    Der Zweiundvierzigjährige, dessen Aussehen öfters mit George Clooney verglichen wurde, war Schauspieler und Malemodel.

    Mit zitternder Hand nahm er sich nun eine Zigarette von der Mittelkonsole und zündete sie an, während er ausstieg und seine 1,86 m durchstreckte.

    Tief inhalierend, beobachtete er den Rauch, der Richtung Morgenhimmel aufstieg und verblasste, während er sich mit der frischen Luft vermengte. Erst nach dem dritten Zug entspannte sich sein Nacken. Er ging ein paar Schritte entlang der Leitplanke.

    Von hinten preschte ein Fahrzeug, dessen Fahrer wild gestikulierte, hupend an ihm vorbei. Plötzlich bemerkte er, dass er auf einer Brücke angehalten hatte.

    „Mist, ich brauche dringend etwas Schlaf", sagte er zu sich selbst.

    Auch das nächste Auto fuhr hupend und beängstigend nahe an ihm vorbei. Tom winkte ihm, sich entschuldigend hinterher, nahm einen letzten Zug an der Zigarette, bevor er sie über die Leitplanke schnippte, in seinen Wagen stieg und weiterfuhr.

    Erst am Vorabend war er in Hamburg gestartet und nonstop südwärts, Richtung Tessin gefahren. Vor ihm lag Bellinzona und er wusste, dass die dortige Autobahnraststätte immer geöffnet und ein gutes Sortiment an frisch Zubereitetem hatte. Also fuhr er an der nächsten Abfahrt hinaus und parkte seinen Wagen direkt vor dem Eingang.

    Im selben Moment warf die Sonne ihre ersten Strahlen über die östlichen Berggipfel. Es versprach ein wunderschöner Sommertag zu werden.

    Um diese Uhrzeit war es im Marché noch ziemlich ruhig.

    Der Duft von frisch Gebackenem erfüllte die Luft, und Tom nahm sich zwei Croissants, etwas Butter und eine Tasse Kaffee, setzte sich damit auf die Terrasse und genoss die Frische des Morgens.

    Kapitel 3 Ral - Menorca

    Während die Gäste noch ausgelassen und lachend auf der Klippe tanzten, sammelten Jennifer und Sabine ihre Ausrüstung zusammen und stapelten diese hinter einem Felsvorsprung im Höhleninneren, wo bereits alle erdenklichen Obstsorten für die Cocktails aufgetragen wurden.

    „Wusstest du, dass diese Felskammern aus dem 11. Jahrhundert vor Christus stammen und von Menschenhand geschaffen wurden, fragte Jennifer, was Sabine nur mit einem desinteressierten „Aha quittierte.

    „Scheint dich nicht sonderlich zu interessieren. Hier haben die Ureinwohner der Insel bis vor dreitausend Jahren ihre Toten beigesetzt".

    „Wirklich? Ist ja ekelhaft". Sabine verzog ihr Gesicht und blickte in Richtung hintere Ecke, so als würde da jeden Moment eine Mumie aufstehen und auf sie losmarschieren.

    „Sei nicht albern. Das ist die Geschichte dieses Volkes", erwiderte Jennifer lachend.

    „Woher weißt du das alles"?

    „Während dem Flug heute Morgen, als du geschlafen hast, habe ich mich weitergebildet und den Reiseführer durchgeblättert. Dabei lernt man so etwas".

    „In das Alter, in dem mich solche Sachen interessieren, muss ich erst noch kommen".

    Jenny quittierte dies mit einem Lachen.

    „Can I serve you a drink"?

    Jennifer suchte gerade die Tasche mit den Objektiven und drehte sich erschrocken um, als die fremde Stimme sie ansprach. Vor ihr stand ein braungebrannter Adonis, mit bloßem, glänzendem Oberkörper und langer schwarzer Schürze, die bis zu seinen nackten Füßen reichte. An der Höhlendecke hingen Lichterketten die den Fremden in warmes Licht tauchten.

    Hoppla! – dachte sie, während sie sich einen gleichgültigen Gesichtsausdruck aufzwang.

    „Why not", sagte sie.

    „What can I get you? A Bloody Mary? Sex on the Beach"?

    „Oh – no sex please. I´m working". Hatte sie das tatsächlich gesagt?

    „I mean, I shouldn´t drink any alcohol, because I get seasick".

    Adonis sah sie fragend an.

    Klar, wie sollte sie auch seekrank werden, hier in den Höhlen.

    „No, I mean, I have to be on the boat later on, and so I shouldn´t drink any alcohol".

    Genau so Jenny, konzentriere dich und fasle keinen Unsinn.

    Sie bemerkte, dass Adonis eine Schweißperle über die Schläfe rann. Er sah verlegen auf das Meer hinaus, das zwischenzeitlich tiefschwarz zu ihren Füßen lag und den aufgehenden Mond, sowie die bereits sichtbaren Sterne, reproduzierte.

    Offensichtlich war auch er verunsichert. Nach einem kurzen Moment, in dem beide schwiegen, kam ihr

    Selbstbewusstsein zurück. Jennifer bemerkte Sabine´s Kichern.

    „Wie wär´s mit ´nem Glas Wasser", schlug diese vor und sah dabei Adonis an.

    Erleichtert über Sabine´s Eingreifen, streckte er den beiden die Hand hin.

    „Hi, I´m Raphael. My friends call me Ral".

    Das Eis war gebrochen. Lachend stellten auch sie sich vor.

    „Follow me to the bar and I´ll fix you a cold glass of water". Er drehte sich und signalisierte ihnen, ihm zu folgen. Jennifer wagte den Blick, und stellte mit Erleichterung fest, dass er unter seiner Schürze eine Jeans trug.

    Die Hochzeitsgäste bedienten sich bereits an dem üppigen Tappasbuffet und genossen das einmalige Spektakel, das für die meisten von ihnen bereits morgen schon vorbei sein würde.

    Während Ral die versprochenen Drinks zubereitete erfuhren die beiden, dass er neunundzwanzig Jahre alt war und auf Menorca lebte. Mit routinierten Bewegungen ließ er zwei Gläser über seine Hände tanzen, um sie in der Drehung, mit zwei Fingern aufzufangen und simultan abzustellen. Sein muskulöser, braungebrannter Oberkörper glänzte dabei im warmen Licht der Höhlenbeleuchtung. Er füllte die Gläser und drapierte deren Rand mit einer Erdbeere. Sich selbst goss er eine Coke ein und prostete den beiden Frauen zu, wobei er seine schwarze Mähne nach hinten warf und Jenny mit stahlblauen Augen fixierte.

    „So, how long are you staying"?

    Während sie ihren Durst stillte, erwachten ihre Sinne zu neuem Leben. Die Hitze des Tages, der Klimawechsel und die salzige Meeresluft hatten sie müde gemacht. Die letzten Minuten hatte sie wie in Trance erlebt und sie fühlte sich beinahe, als machte sie hier Urlaub.

    Jetzt, da Ral sie fragte, wie lange sie hierbleiben würde, schien sie aufzuwachen und sich ihrer eigentlichen Aufgabe zu besinnen.

    „Eigentlich ist das für uns kein Urlaub. Wir wurden gebucht um die Hochzeit und die Flitterwochen zu filmen. Unsere Yacht liegt da unten in der Bucht und wir werden bereits morgen früh ablegen".

    „Das ist schade".

    „Ja, das ist es und ich wünschte ich könnte das ändern. Aber so ist das Leben".

    Jennifer hatte die Gabe, ein „nein danke", so zu verpacken, dass der Angesprochene sich danach sogar gut fühlte.

    Ral begann zu plaudern und zu erzählen, währenddessen sich Jennifer über ihren, wenn auch nur kurzen Kontrollverlust wunderte. Es war lange her, dass ein Mann es geschafft hatte, sie so zu verunsichern.

    Sie warf einen Blick zu den Hochzeitsgästen, die nun alle an Holztischen saßen und die Köstlichkeiten genossen.

    Am anderen Ende der Höhle hatte sich ein DJ eingerichtet, der Licht und Musik zu einem bezaubernden Ambiente verschmelzen ließ. Aus den Lautsprechern ertönte „All Night Long" von Lionel Richie.

    Kapitel 4 Verabredung - Tessin

    Tom fühlte sich gestärkt. Trotz seiner Müdigkeit würde er die vierzig Minuten Fahrt nach Hause hinter sich bringen. Es war 8:30 Uhr. Er ging die Treppen hinunter zum Parkplatz, als sein Handy klingelte. Es war Gianna.

    „Ciao Bello".

    Er wusste nicht genau, wie er ihre Beziehung nennen sollte. Wenn es nach ihr gegangen wäre, wären sie längst ein Paar. Gianna Bernini, 32, war Italienerin, 1,78 m groß, hatte langes, schwarzes, gewelltes Haar und grüne Augen. Sie war attraktiv und gescheit, jedoch hatte sie leider häufig diese impulsive, laute Art an sich, die Tom etwas störte.

    Bereits seit über einem Jahr pflegten die beiden eine sporadische Beziehung, die darin bestand, sich gelegentlich zu verabreden, zusammen Essen zu gehen und danach miteinander zu schlafen. Tom störte das nicht. Im Gegenteil, zu mehr war er einfach nicht bereit.

    „Gianna, hi - schon wach"?

    „Certo, bist du am Lago"?

    Sie wohnte in Verbania, zirka vierzig Kilometer südlich von Ascona, wohingegen Tom ein kleines Steinhaus, hoch oben am Hang von Ronco, sein Eigen nannte.

    Ronco lag noch auf der Schweizer Seite und hatte den schönsten Blick über den Lago Maggiore.

    „Nein, noch nicht".

    „Wo bist du dann"?

    Er wusste, sie würde nicht aufgeben, ehe sie nicht die Antwort kannte.

    „Cara, ich bin gerade die Nacht durchgefahren und sitze hier im Marché in Bellinzona, um mich mit einer Tasse Kaffee wach zu halten. Wenn ich zu Hause ankomme, werde ich mich erst Mal hinlegen und ausschlafen".

    Ein junges Paar, das gerade an ihm vorbei ging, machte halt und sah ihn ungläubig an.

    Die Frau gab dem Mann einen Stoß in die Rippen und flüsterte ihm etwas zu, worauf dieser kehrt machte, und schnell zu seinem Wagen zurück lief.

    „Sehen wir uns später noch"?

    Er hatte die Frage erwartet und stellte fest, dass er sich auf ihre Gesellschaft freute.

    Offensichtlich hatte der junge Mann einen Fotoapparat geholt, während seine Freundin noch immer dastand und Tom anstarrte.

    „Wenn du das möchtest, hol ich dich gegen 20:00 Uhr ab. Wollen wir ins Chi-Ghinn nach Bee"?

    „Ich werde uns einen Tisch auf der Terrasse reservieren. Bis dann, Bello".

    „Ciao Gianna".

    Sowie er das Gespräch beendet hatte, schob die junge Frau ihren Freund nach vorne.

    Schüchtern trat er auf Tom zu und sagte:

    „Sind sie nicht Tom Angelosanto"?

    Tom nahm eine coolere Haltung ein und bestätigte mit einem Nicken.

    „Meine Freundin ist ein riesen Fan. Könnte ich ein Foto von ihnen beiden machen"?

    „Klar doch, wie heißt denn deine Freundin"?

    Für Tom war dies nichts Neues, und es gab Momente, in denen er es sogar genoss.

    „Ihr Name ist Nicoletta".

    „Ciao Nicoletta, sei nicht so schüchtern".

    Nun traute auch sie sich heran und grüßte Tom mit einem strahlenden Lächeln.

    Der Junge postierte sich, während Tom Nicoletta an seine Seite schob, den Arm um sie legte und lässig in die Kamera zwinkerte.

    Er knipste rasch um Tom nicht unnötig lange hinzuhalten. Es war ihm offensichtlich etwas peinlich.

    Nicoletta bedankte sich mit hochrotem Kopf und lief zu ihrem Freund, wobei sie wiederholt zurückblickte und dabei fast über den Bordstein stolperte.

    Zufrieden setzte sich Tom ans Steuer seines Cabriolets, öffnete das Verdeck und fuhr auf die Autobahn, um kurz darauf Richtung Lago abzubiegen.

    Kapitel 5 Gefühlskino - Menorca

    Das Meer lag ruhig zu ihren Füßen und das Geräusch der sanft gegen die Klippen schwappenden Wogen hörte man hier oben kaum. Inzwischen war die Hitze des Tages einer angenehmen Temperatur von zweiundzwanzig Grad gewichen und es wehte eine laue Brise vom Meer herauf.

    Jennifer atmete tief ein. Sie liebte den salzigen Duft.

    Im Augenwinkel bemerkte sie, dass Gabi, die Braut, ihr ein Zeichen gab, sich mit Sabine zu ihnen an den Tisch zu gesellen.

    Gabi war 28 Jahre alt, etwas kleiner als Jennifer und hatte blondes kurzes Haar. Sie war stylisch frisiert und dezent geschminkt. Ihr gesamtes Auftreten wirkte sehr erwachsen, aber nicht aufgesetzt. Ihr eng anliegendes, champagnerfarbenes Hochzeitskleid betonte ihre schlanke Figur. Jennifer wusste, dass das Stück von einem italienischen Designer, extra für Gabi entworfen und angefertigt worden war. Alle Säume waren mit Perlen besetzt. Ohrstecker und Halskette aus denselbigen, rundeten das Ganze ab.

    Sie blickte zu Sabine, die die Aufforderung ebenfalls gesehen hatte und wollte gerade dankend ablehnen, als Klaus, der frisch Vermählte, aufstand und zu ihnen an die Bar trat.

    Klaus Sommer war 31 Jahre alt und 1,78 m groß. Er hatte dunkelbraunes Haar und blaugrüne Augen. Klaus war Perfektionist und strahlte großes Selbstbewußtsein aus, ohne überheblich zu wirken.

    „Hallo Mädels. Kommt, setzt euch zu uns und feiert mit uns".

    Ohne zu überlegen stand Jennifer auf, nahm Sabine an der Hand und folgte der Einladung. Sie drehte sich nochmals zu Ral und bedankte sich mit einem Lächeln.

    Während sie sich setzten, winkte Gabi eine der Bedienungen mit zwei Gläsern Champagner herbei.

    „Lasst uns anstoßen. Ich möchte, dass ihr euch wie ein Teil der Gruppe fühlt. Wir werden die nächsten drei bis vier Wochen miteinander verbringen, und ich möchte nicht ständig das Gefühl haben, dass da Fremde mit an Bord sind. Wir wollen Freunde sein. Stimmts Klaus"?

    Jennifer fühlte, dass Gabi das Gesagte ernst meinte.

    „Trauzeugen! Wo seid ihr? Kommt und stoßt mit uns an"!

    Peter und Sylvia saßen am Ende des Nebentisches. Sie erhoben sich und kamen mit ihren Gläsern herüber.

    Peter, mit seinen 1,85 m, überragte Sylvia um fast 20 cm. Er hatte braunes kurzes Haar und strahlte Ruhe aus. Sylvia dagegen, war eher der hibbelige Typ. Sie war etwas pummelig und hatte dunkelblondes Haar, das glatt bis zu ihren Schultern fiel. Wie die meisten der Gäste hatten auch sie blasse Haut, doch dies würde sich in den folgenden Tagen rasch ändern.

    Sie hatten sich natürlich alle bereits am Morgen kennengelernt, jedoch waren Jennifer und Sabine eben nur die Fotografen und hatten deshalb ihre professionelle Distanz gewahrt.

    Jennifer überlegte noch kurz, ob es richtig war, diesen Schritt so schnell zu vollziehen, entschied sich aber dafür und erhob das Glas. Sie richtete ihre Worte an das Brautpaar.

    „Ich bin mir sicher, dass wir eine unvergessliche Zeit erleben werden und verspreche euch, dass ich meinen Teil dazu beitragen werde".

    In diesem Moment besann sie sich ihrer eigentlichen Aufgabe und erhob sich um ihre Canon zu holen. Auf dem Weg zu den deponierten Taschen blickte sie hinüber zur Bar und sah Ral, der gerade einen Cocktailshaker füllte. Als er ihren Blick bemerkte, zwinkerte er ihr keck zu und lächelte. Sie fühlte einen leichten sehnsüchtigen Stich in der Magengrube.

    Oh mein Gott Jenny. Was passiert hier gerade?

    Sie ließ sich jedoch nichts anmerken und holte die Canon aus der Tasche, prüfte den Akku und legte eine neue Speicherkarte ein.

    Ral hatte ihr Kommen nicht bemerkt, und als sie „Hi Ral" sagte, war es bereits zu spät. Das Blitzlicht traf ihn und die Kamera nagelte ihn mit einem Dreifachklick auf die Speicherkarte.

    „Vielen Dank".

    Ral stand da und sah ihr nach, während er seine Arbeit wieder aufnahm und lachend den Kopf schüttelte.

    Sabine, die das Ganze beobachtet hatte, zwinkerte Jennifer zu, als diese sich wieder dem Tisch näherte.

    „Was", fragte Jennifer halb flüsternd und setzte eine Unschuldsmiene auf.

    „Nichts". Sabine grinste frech.

    „Da ist nichts".

    Gut gelaunt begann sie zu fotografieren.

    Sie zoomte hinein und hinaus, schwenkte nach links und nach rechts, ging in die Hocke und stand auf die Bank, achtete dabei stets auf den Hintergrund und fing ein, was mit einer Kamera eingefangen werden konnte. Sie war voll und ganz in ihrem Element.

    Währenddessen hatten sich Klaus und Peter an die Bar gesellt und führten dort nun ein Männergespräch. Soeben servierte Ral ihnen je ein Glas Whiskey und die beiden zündeten sich genüsslich eine Zigarre an.

    Jenny zoomte sie heran und knipste die offensichtlich testosterongeschwängerte Unterhaltung der beiden.

    Anhand der Gestik ihrer Arme und Hände, sowie ihrer Mimik konnte sie erkennen, dass dieses Gespräch nicht für weibliche Ohren bestimmt war. Klaus schien Peter etwas anzuvertrauen, das für die Ohren Dritter nicht bestimmt war. Etwas irritiert widmete sie sich dann aber wieder dem Treiben in der Höhle.

    Schon bald hatte sie die Unterredung der beiden wieder vergessen.

    Als sie genug Fotos von den Gästen gemacht hatte, ging sie zurück zu den Taschen, um das Stativ zu holen.

    Wieder blickte sie im Vorbeigehen zur Bar, aber er war nicht mehr da. Ein Hauch von Wehmut durchströmte sie für einen kurzen Augenblick. Unterdessen referierte Klaus noch immer an der Bar und zog damit Peter sichtlich in seinen Bann.

    Es war schon merkwürdig, welches Gefühlskino sich hier bei ihr abspielte. Das war ihr komplett neu und fremd zugleich. Sie schüttelte die Gefühle und Gedanken von sich, holte das Stativ aus ihrer Tasche und ging vorbei an den Tischen, zum Höhlenausgang. Dort stützte sie sich am Holzgeländer ab und blickte über das Wasser zum fernen Horizont, der gerade noch ablesbar war. Hier draußen war die Luft etwas kühler und sie atmete tief ein.

    Ein Ort zum verlieben, dachte sie.

    Im selben Augenblick begann eine Zikade zu zirpen.

    Robbie Williams´ „Angels" drang aus dem Höhleninneren an ihr Ohr und rundete diesen besonderen Moment ab, als plötzlich eine Hand nach ihrer Schulter griff.

    Bereits zum zweiten Mal an diesem Abend bekam sie weiche Knie.

    Sie erstarrte und wusste nicht wie sie reagieren sollte.

    „Erschrick nicht, ich bin´s nur. Hier ist die Kamera".

    Jennifer schloss die Augen und versuchte sich nichts anmerken zu lassen.

    „Alles ok mit dir", fragte Sabine.

    „Ja, natürlich".

    Wie sollte an solch einem einzigartigen Ort etwas nicht in Ordnung sein?

    Sie drehte sich zu ihr. Sabine hielt ihr die Kamera hin.

    „Komm, setz du dich zu den anderen, ich mach noch ein paar schöne Nightshots, dann verstaue ich das Equipment".

    Jenny erkannte, dass Sabine gewillt war, sie mit vollem Einsatz zu unterstützen.

    „Sag mal Sabine, wie denkst du über unseren Auftraggeber und die kommenden Tage"?

    „Ich finde das alles riesig. Die sind sympathisch. Ich glaube ich kann mich an das Leben hier gewöhnen".

    „Irgendwie bin ich skeptisch. Vielleicht traue ich mich einfach nicht zu glauben, dass dies tatsächlich uns passiert".

    „Mach dir mal nicht solch einen Kopf darüber. Was soll denn passieren? Wir haben doch bereits in München alles abgewogen und waren uns einig, dass sie dich wollen, weil du eine der Besten bist".

    „Ja, ich weiß. Heute Abend erscheint eben auf einmal alles so surreal".

    Sabine stellte sich neben Jennifer und legte den Arm um ihre Taille.

    „Du bist die Chefin. Ich werde all deine Entscheidungen respektieren, aber wenn du heute Abend nicht genießt, wecke ich dich morgen früh mit ´nem Eimer Wasser".

    Sabine lachte über ihre eigenen Worte und Jennifer konnte nicht mehr länger an sich halten, erwiderte ihre Umarmung und stimmte mit ein.

    „Ich bin sehr froh, dass du dabei bist, Sabine".

    „Nun werde mal nicht gleich sentimental".

    Sie löste sich aus der Umarmung und machte sich daran, die Kamera auf das Stativ zu montieren, während sie Sabine zu verstehen gab, dass sie die Nachtaufnahmen selbst machen würde.

    Bevor Sabine zu den anderen zurück ging, drehte sich noch einmal zu Jennifer und sagte:

    „Du dachtest es wäre Ral, nicht wahr"?

    Ohne eine Antwort abzuwarten lief sie davon.

    Jennifer stand da und begann, nach einem kurzen Moment, über sich selbst zu lachen.

    Sie platzierte das Stativ so, dass es keine störenden Lichtquellen von den Seiten oder von hinten gab und suchte sich dann die Motive aus.

    Die Silhouette eines Segelschiffes im Restlicht der untergegangenen Sonne, die am Eingang zur Bucht vor Anker liegende Seadream, deren Mast mit Topplicht sanft hin und her wogte, sowie die Kompanie der Topplichter aller Segelschiffe, die sich nun im Gleichmarsch, stumm, zum Rhythmus des Meeres bewegten.

    Ganz in ihrer Nähe flogen ein paar Vögel aufgeschreckt davon.

    Es war bereits nach drei Uhr, als die Musik zu spielen aufhörte.

    Die meisten Gäste waren beschwipst und todmüde, als sie sich verabschiedeten, bedankten, und dem Brautpaar, Klaus und Gabi, schöne Flitterwochen wünschten.

    Ein Kellner hatte bereits die Taxis gerufen, die nun oben am Weg darauf warteten, die Gäste in ihr Hotel zu bringen. Sie würden am kommenden Nachmittag wieder nach Hause fliegen.

    Jennifer hatte beim Verlassen der Höhle noch einmal zurückgeblickt. Sie wollte sich von Ral verabschieden, musste jedoch feststellen, dass er nicht mehr da war.

    Ein Taxi brachte sie hinunter in die Bucht, wo bereits das Beiboot der Seadream auf sie wartete.

    Als sie ausstiegen und ihre Schuhe auszogen, um über den noch immer warmen Sandstrand Richtung Beiboot zu gehen, sahen sie Skip, der neben dem Boot im Wasser stand und es dort festhielt.

    Müde begrüßte er die Gruppe. Braungebrannt, mit weißer Short und weißem T-Shirt, stand er barfuß vor ihnen. Jenny schätzte ihn auf Anfang vierzig. Sein kurzes Haar war an den Schläfen bereits grau meliert. Er sicherte das Boot, während die anderen einstiegen.

    „Hey Skipper, bist du noch wach genug um zwischen den Yachten hindurch zu manövrieren"?

    Die Frage kam von Gabi.

    „Klar, nimm du die Taschenlampe und leuchte voraus, damit ich nicht versehentlich eine Ankerleine mitnehme".

    Das Wasser lag wie ein bewegungsloser Spiegel vor ihnen, der es für den geübten Skip zu einer leichten Aufgabe machte, und sie erreichten die Seadream ohne Zwischenfälle.

    An Bord stand eine Frau, ebenfalls gekleidet in weiße Short und Shirt.

    „Das ist Kim, Skip´s bessere Hälfte und die wichtigste Person an Bord. Sie bemuttert uns von früh bis spät". Gabi´s Worte klangen überzeugend.

    Als Jennifer oben ankam, begrüßte sie Kim mit einem warmen Händedruck.

    „Willkommen an Bord der Seadream. Fühlt euch wie zu Hause. Ich bin Kim".

    Sie war nur 1,60 m groß, hatte kurzes, lockiges, braunes Haar.

    Am Händedruck bemerkte Jennifer, welche Kraft diese kleine Frau hatte. Bestimmt war auch sie eine erfahrene Seglerin.

    Peter und Sylvia, die bereits eine Nacht auf der Seadream verbracht hatten, verabschiedeten sich von den anderen und gingen hinunter in ihre Kabine.

    „Ist für Jenny und Bine alles vorbereitet"?

    Gabi richtete ihre Frage an Kim, die müde lächelte und nickte.

    „Die Betten sind gemacht. Ihr braucht nur noch hineinzuspringen. Alles Weitere bereden wir beim Frühstück. Kommt mit".

    Kim ging voraus und führte die beiden zu ihrer Kabine, die sich im rückwärtigen Bereich des Schiffes befand.

    Kurz darauf fielen sie todmüde auf´s Bett und waren sofort eingeschlafen.

    Noch ahnten sie nicht, dass die nächsten Tage ihr Leben für immer verändern würde.

    Kapitel 6 Sophia Tremante - Tessin

    Seine Fahrt entlang dem Seeufer und weiter die Serpentinen hinauf, verlieh Tom neue Energie.

    Er liebte die Pflanzenvielfalt, die sich ihm hier bot. In den Gärten der Häuser, rechts und links der Straße, standen Palmen, Bougainvilleen, Magnolien, Kamelien und Hortensien. In der Blütezeit war dies ein Paradies der Farben.

    Die drei Etagen seines Hauses waren terrassenartig in den Hang gebaut, das Dach größtenteils mit Erdreich bedeckt und mit Palmen und Hortensien bepflanzt worden, sodass man von der Straße aus keine Vorstellung davon hatte, was sich hinter der Steinmauer verbarg.

    Panoramaverglasungen erstreckten sich, in allen Ebenen über die gesamte Gebäudebreite und gaben den Blick auf den See und die dahinterliegenden Berge frei.

    Tom stand in seinem Schlafzimmer und genoss die Aussicht, während er sich auszog. Nackt ging er zur Kante der Dachterrasse, wo er sich vom Boden abstieß und Kopf voraus, in den, eine Etage tiefer liegenden Pool, eintauchte.

    Nachdem er ein paar Bahnen geschwommen war, stieg er zufrieden die Steintreppe empor, duschte und legte sich aufs Bett.

    Er dachte über Gianna und den kommenden Abend nach.

    Sie hatte, trotz mehrfachem Bitten, sein Haus noch nie gesehen. Tatsächlich hatte, außer Sophia, noch gar keine Frau sein Haus betreten.

    Sophia Tremante war Tom´s Zugehfrau. Sie war neunundfünfzig Jahre alt, etwa 1,58 m groß, mollig, und hatte dunkelbraune Locken. Sie kam täglich mindestens einmal vorbei um nach dem Rechten zu sehen, kaufte für ihn ein, reinigte das Haus, kümmerte sich um seine Wäsche und pflegte seinen Garten.

    Sie war eine Perle und absolut loyal, und sie war seine Nachbarin.

    Als er das Haus vor einigen Jahren bezogen hatte, und der Möbelwagen weggefahren war, hatte sie einen Korb voller Obst und einer Flasche Prosecco vor seine Haustür gestellt und wollte gerade wieder gehen, als sich die Tür öffnete und Tom vor ihr stand.

    „Hallo, kann ich ihnen helfen"?

    „Ich, ähm. Ich wollte nicht stören. Ich wollte, also – herzlich Willkommen in Ronco. Ich bin Sophia Tremante, ihre Nachbarin". Mit dem Zeigefinger deutete sie auf den Korb der zu seinen Füßen stand.

    Tom wollte sich gerade vorstellen, als sie ihm ins Wort fiel:

    „Ich heiße…"

    „…Tom Angelosanto", vollendete sie seinen Satz.

    „Glauben sie, ich kenne sie nicht! Ich sehe Fern und ich lese Zeitschriften. Aber für mich sind sie ein Mensch wie jeder andere auch. Denken sie nicht, dass sie etwas Besonderes wären, nur weil sie in den Medien stehen und berühmt sind. Merken sie sich von Anfang an, für mich sind sie nichts weiter, als mein Nachbar. Ohne besondere Rechte. Nur mein Nachbar". Sie redete ohne Luft zu holen.

    „Ich mische mich nicht in ihre Angelegenheiten und sie mischen sich nicht in Meine. Und wenn sie der Kaiser von China wären, wären sie immer noch nur mein Nachbar. Ich lebe hier schon seit vierzig Jahren und werde meine Gewohnheiten wegen ihnen nicht ändern".

    Tom begann zu lachen und ging mit ausgestreckten Armen auf sie zu.

    „Beruhigen sie sich doch erst einmal und lassen mich auch etwas sagen", begann er.

    Doch sie war noch nicht fertig, wich einen Schritt zurück und fuhr fort:

    „Hier ist eine ruhige Gegend. Wir genießen unseren Frieden und unsere Intimsphäre".

    Tom kannte diese Frau zwar nicht, aber es amüsierte ihn, zu sehen, wie sie aus Unsicherheit versuchte, ihr heiliges Reich zu verteidigen und gleich zu Beginn, Klarheit über ihr künftiges, gegenseitiges Verhältnis schaffen wollte.

    Er packte sie mit beiden Händen an den Armen und hielt sie fest, während er ihr in die Augen sah und lächelte.

    „Signora Tremante, ich freue mich ihre Bekanntschaft zu machen".

    Sie wehrte seinem Griff und wollte ihre Rage nicht einbremsen lassen, da sie noch längst nicht alles gesagt hatte.

    Tom jedoch, hielt ihr entgegen, ohne ihr weh zu tun und fuhr fort:

    „Signora, auch ich möchte hier meine Ruhe und Entspannung finden. Ich habe kein Interesse daran, ihre Intimsphäre zu verletzen, und wegen mir brauchen sie ihre Gewohnheiten sicher nicht zu ändern".

    Er lockerte seinen Griff, blickte ihr aber immer noch direkt in die Augen.

    „Wollen sie nicht", fragte sie etwas verwirrt.

    „Will ich nicht".

    Es entstand eine kurze Pause, in der sie sich wortlos ansahen.

    Dann trat der Moment der Erkenntnis ein und plötzlich lachten sie gleichzeitig los.

    Es war Sophia äußerst peinlich gewesen, als sie bemerkte, dass sie sich wie eine Furie aufgeführt hatte, obwohl ihr neuer Nachbar ja eigentlich noch gar nichts gesagt oder getan hatte.

    Er hatte sie daraufhin spontan zu sich eingeladen und ihr, voller Stolz, sein Domizil gezeigt.

    Aus einem kurzen Besuch wurden drei Stunden und es stellte sich heraus, dass die Chemie zwischen den beiden stimmte. Noch am selben Abend einigten sie sich über ihre Anstellung als Zugehfrau.

    Tom war richtig froh, eine solch vertrauenswürdige Person gefunden zu haben, die Freude daran fand, das Haus in Schuss zu halten und sich um sein Wohlbefinden zu kümmern.

    Da Sophia allein lebte und auch nicht ständig unterwegs war, saßen sie, wenn Tom da war, oft abends zusammen auf der Terrasse und tranken Merlot del Ticino, wobei sie sich schon bald wie zwei alte Freunde fühlten.

    Kapitel 7 Erwachen an Bord - Menorca

    Sie hörte das gleichmäßige Atmen direkt an ihrem Ohr und erschrak so sehr, dass sich sämtliche Härchen auf ihren Armen aufstellten. Sogleich fiel ihr wieder ein wo sie war und wessen Atem sie da fühlte. Es war Sabine, die neben ihr lag. Die Zweierkoje bot nicht zu viel Platz, dennoch waren beide in den frühen Morgenstunden sofort eingeschlafen.

    Jetzt bemerkte Jenny, dass sie direkt an der Bettkante lag und Sabine offensichtlich im Schlaf den größten Teil des Bettes für sich erobert hatte.

    Sie blickte zur Decke, die mit weißem Alcantara überspannt war. Die Wände und der Boden blitzten ihr mit polierter Wurzelholzoberfläche entgegen. Es fehlte an nichts. Selbst TV und Klimaanlage waren dezent in die Möbel integriert worden.

    Erst jetzt bemerkte sie, dass die Luft im Raum angenehm kühl war. Vor allem roch es gar nicht muffig, was sie verblüffte, denn auf den Schiffen, die sie kannte, hatte es immer etwas abgestanden gerochen.

    Sie vernahm das leichte Heben und Senken der Seadream, die noch immer in der Cala En Porter vor Anker lag. Vom Deck drangen leise Stimmen zu ihr, die sie aber nicht zuordnen konnte.

    Als Sabine sich bewegte und ihre Augen aufschlug, sagte Jenny mit einem Zwinkern:

    „Guten Morgen schöne Frau".

    Sabine bemerkte sofort, wie nahe sie ihrer Chefin auf den Leib gerückt war und schob ihren Körper augenblicklich Richtung Außenwand.

    „Guten Morgen. Hast du gut geschlafen", fragte sie schüchtern.

    „Bis zu dem Moment in dem ich fast aus dem Bett gefallen wäre, weil mir jemand zu sehr auf die Pelle gerückt ist".

    Da Sabine erst gerade aufgewacht war, bemerkte sie den Humor in Jenny´s Stimme nicht und wollte sich gerade entschuldigen, als diese ihr mit dem Zeigefinger in die Seite piekte und zu lachen begann.

    Kurzerhand nahm Sabine ihr Kissen und ließ es in großem Bogen auf Jenny´s Bauch herniedersausen. Jenny reagierte sofort und packte das ankommende Kissen mit der einen Hand, während sie mit der anderen, ihr eigenes Kissen nahm und es auf direktem Weg in Sabine´s Gesicht beförderte. Nun waren beide voller Adrenalin und die Kissenschlacht gipfelte in einem riesigen Knoten ihrer Gliedmaßen. Arme, Beine, Kissen und Laken hatten sich binnen Sekunden so ineinander verkeilt, dass sie wie aneinander gekettet, regungslos dalagen und lauthals lachten. Im selben Moment klopfte es irgendwo im Schiff und die Mädels hielten den Atem an. Augenblicklich besannen sie sich ihrer eigentlichen Aufgabe an Bord und drückten ihre Gesichter in die Kissen, sodass keine weiteren Lärmbelästigungen das Schiff durchdrangen.

    Nachdem sie sich beruhigt und entfesselt hatten, meinte Sabine:

    „Du bist die beste Chefin die man sich wünschen kann".

    Jenny winkte ab und setzte sich auf.

    „Wollen wir schwimmen gehen? Ich denke bis zum Frühstück bleibt noch genügend Zeit".

    „Wie spät ist es überhaupt"?

    Jenny drehte sich zur Seite und griff nach ihrer Uhr.

    „Erst halb neun. Wir haben gerade Mal fünf Stunden geschlafen und dennoch fühle ich mich richtig gut".

    Sabine konnte das nur bestätigen.

    „Also, worauf wartest du noch? Schwing deine Figur in den Badeanzug, aber vergiss nicht Badehaube und Schwimmflügel anzuziehen".

    „Na warte, dir werd´ ichs zeigen".

    Wieder lachten beide, aber diesmal bemerkten sie es sofort und hielten sich die Hände vor den Mund.

    Jenny sprang bereits ins Wasser, als Sabine, im Bikini die Treppe zum Salon hinaufstieg, von wo aus sie zum Deck gelangte.

    Der Tisch war bereits fix-fertig für das anstehende Frühstück gedeckt.

    Kim musste mit Samthandschuhen gearbeitet haben. Im Schiff herrschte unterdessen noch absolute Stille.

    Beim Blick durch die Panoramaverglasung, erspähte sie Kim, die gerade mit einem Ledertuch die Außenflächen des Schiffes abrieb. Als diese sie bemerkte, winkte sie ihr zu und signalisierte ihr herauszukommen.

    Sabine drehte sich und ging die letzten Stufen hinauf, die in die Plicht führten. Auch hier befand sich ein Tisch aus poliertem Wurzelholz mit gepolsterten Sitzbänken. Ein Sonnensegel spannte über dem Segelbaum und sorgte für Schatten.

    Sabine hatte all dies letzte Nacht gar nicht wahrgenommen. Sie blickte über die Reling und zählte fühnfzehn weitere Schiffe in der Bucht. Dahinter lag der Strand, mit säuberlich aufgereihten Liegen unter Strohsonnenschirmen. Soeben schwamm Jenny am Heck der Seadream vorbei, schien aber keine Notiz von ihr zu nehmen.

    Sabine ging hinüber zu Kim.

    „Guten Morgen".

    „Guten Morgen", antwortete Kim mit einem Lächeln.

    „Schlafen die anderen noch"?

    „Skip ist an Land um frische Brötchen und Croissants zu holen. Er müsste aber jeden Moment zurückkommen".

    Mit einem Finger zeigte sie zwischen zwei ankernden Schiffen hindurch, zum Strand.

    „Dort liegt das Dingi".

    „Aha", meinte Sabine und genoß dabei den Blick über das Wasser, welches das morgendliche, warme Licht der aufgehenden Sonne reflektierte.

    Kapitel 8 Gewissensbisse - Tessin

    Es klingelte an der Haustür. Als er öffnete, stand Gianna mit tränenüberströmtem Gesicht vor ihm.

    Erschrocken fragte er:

    „Gianna, was ist los"?

    „Es tut mir leid, Tom. Ich spiele dieses Spiel nicht mehr mit".

    Ihr Augen-Makeup lief bereits in dickflüssigen Trauerbächen über ihre Wangenknochen.

    Sie schnäuzte sich die Nase und fuhr mit bebender Stimme fort, während sie eintrat.

    „Seit über einem Jahr führst du mich regelmäßig zum Essen aus, gehst mit mir ins Theater und schläfst mit mir, aber du bekennst dich nicht zu mir".

    Während sie redete, gestikulierte sie wild mit Händen und Armen.

    „Ich bin zwischenzeitlich zweiunddreißig Jahre alt und möchte nicht in zehn Jahren aufwachen, um festzustellen, dass ich den Moment verpasst habe…".

    Tom stand reglos da und wusste nicht was er tun oder sagen sollte. Er wollte sie in den Arm nehmen, aber sie fuchtelte so sehr mit ihren Armen umher, dass er es ließ. Gerade als er antworten wollte, fuhr sie fort:

    „…lass mich ausreden, Tom. Ich weiß, wir hatten diese unausgesprochene Vereinbarung. Eine lose Beziehung, ohne Verantwortung und Zwang. Das war auch in Ordnung für mich. Aber jetzt habe ich Gefühle entwickelt und die kann ich nicht länger ignorieren. Ich liebe dich. Du brauchst nicht gleich zu antworten. Du musst dich auch zu nichts gezwungen fühlen. Ich bitte dich nur um eines. Sei ehrlich zu mir. Wenn du nicht so fühlst, dann kann ich das nicht ändern. Ich werde es akzeptieren. Es wird mir zwar nicht leicht fallen, aber mit der Zeit werde ich es überwinden".

    Tom schluckte trocken.

    Wie konnte er nur solch ein Idiot sein und glauben, dass es für immer so weiter gehen würde. Zumindest bis er wusste, wen oder was er selbst wollte. Er fühlte sich elend, als ihm klar wurde, dass sich Gianna´s innere Uhr gemeldet hatte. Sie war eine Frau. Da kam irgendwann der Zeitpunkt, an dem es darum ging das Nest für die Zukunft zu bauen, gemeinsam mit einem Partner den man liebt. Er hatte sich bislang keinerlei Gedanken dazu gemacht. Zu keinem Zeitpunkt. Das war ziemlich egoistisch, wie er nun feststellte. Er fühlte sich schuldig.

    „Du brauchst dich nicht schuldig zu fühlen. Wir sind beide erwachsen und ich hatte ja auch meinen Spaß daran. Aber ich möchte Bambini. Ich möchte eine Familie und ein gemeinsames Zuhause".

    Sie machte es ihm wirklich leicht. Aber was konnte er ihr jetzt und hier sagen? Wie waren seine Gefühle?

    Bevor er irgendetwas antworten konnte, beugte sie sich vor, küsste ihn kurz aber zärtlich auf die Lippen, drehte sich um und rannte, ohne sich nochmals umzudrehen, zur Tür hinaus.

    Tom stand im Flur und starrte ihr hinterher.

    Die Tür stand noch offen, als es erneut an der Haustür klingelte. Wie konnte das sein? Er stand doch vor der geöffneten Tür und blickte hinaus. Und da war niemand.

    Es klingelte noch einmal.

    Seine Gedanken schwirrten umher und er drehte sich um. Ein kurzer Moment wohliger Wärme durchströmte ihn.

    Es klingelte ein drittes Mal.

    Er blinzelte und sah den großen Ventilator an der Decke über sich. Wo war er?

    Auf einmal vernahm er Schritte im Flur und jemand rief seinen Namen.

    „Tom, hallo Tom, bist du da"?

    Das war Sophia. Erst jetzt kam er zu sich und bemerkte, dass er im Bett lag. Er musste eingeschlafen sein. War das alles nur ein Traum gewesen? So real?

    „Ah, da bist du ja".

    Mama Tre, wie er sie nannte, stand in der Schlafzimmertür. Für sie war es nichts neues, Tom unbekleidet zu sehen, da er oft seine Runden im Pool schwamm, während sie irgendwelchen Arbeiten im Haus nachging. Da jedes Zimmer über Panoramafenster verfügte, konnte sie sich seinem Anblick sowieso nicht entziehen.

    Sie schien gut gelaunt zu sein, und freute sich, wie immer, wenn er nach längeren Auswärtsaufenthalten wieder nach Hause gekommen war.

    „Tut mir leid, ich wollte dich nicht wecken".

    Tom´s Kopf drehte sich. Er glaubte noch den zarten Duft Gianna´s Lippen auf den seinen zu spüren.

    „Nein, schon gut. Wie spät ist es"?

    „Es ist kurz vor 17:00 Uhr".

    Tom erschrak.

    „17:00 Uhr"?

    Er hatte den ganzen Tag verschlafen. Jetzt spürte er, dass er seit 7:00 Uhr morgens nichts mehr gegessen hatte. Sein Magen fühlte sich an, wie ein luftleerer Ball.

    Er streckte sich, stand auf, wickelte sich das Leintuch um die Taille und ging auf Sophia zu, drückte sie kurz und sagte:

    „Hallo Mama Tre. Wie geht es dir? Gut, dass du mich geweckt hast, ich hätte sonst verschlafen. Ich bin mit Gianna verabredet und sollte mich langsam fertig machen."

    „In der Küche liegt frisches Panini, etwas Salametti, sowie Parmigiano vom Markt, falls du noch eine Kleinigkeit essen möchtest bevor du fährst".

    Sie war einfach die Beste. Er drückte sie nochmals.

    „Was täte ich bloß ohne dich".

    Sophia war dies nun doch etwas peinlich, da er nur mit einem Laken um seine Lenden bekleidet war. Sie löste sich schnell aus seiner Umarmung und drehte sich zum Gehen.

    „Ich werde morgen früh auf den Markt gehen. Wenn ich dir etwas besorgen soll, dann leg einfach einen Zettel auf den Tisch. Wie immer. Hab viel Spaß heut Abend".

    Tom rief ihr noch ein „Danke" hinterher.

    Kapitel 9 Überraschung - Menorca

    Sabine ging zum Heck des Schiffes, von wo sie sich abstieß und mit dem Kopf voraus ins Wasser eintauchte. Die morgendliche Erfrischung tat gut.

    Etwa zwölf Meter unter sich, machte sie den hellen, sandigen Grund aus. Das blaue Nass war hier so klar, dass sie sogar ohne Taucherbrille die kleinen Fische sehen konnte, die sie umschwärmten. Sie fühlte, wie das Wasser alle Zellen ihres Körpers zum Leben erweckte.

    Zum zweiten Mal an diesem Tag wurde sie von Endorphinen durchströmt.

    Immer noch tauchend, machte sie in einiger Entfernung Jenny aus und steuerte direkt auf sie zu.

    Jenny schwamm gerade längsseits der Seadream, Richtung Achtern. Auf Grund der noch tief stehenden Sonne, reflektierte die Wasseroberfläche den Himmel, sodass sie Sabine nicht erkennen konnte. Sie ahnte aber, dass diese etwas im Schilde führte und war gefasst, als etwas sie in die Wade zwickte.

    Absichtlich zuckte sie so, als wäre sie zu Tode erschrocken, füllte währenddessen ihre Lungen mit Luft und gab sich, mit komplett erschlafftem Körper dem Meer hin. Ihr scheinbar lebloser Körper sank in Zeitlupe. Ihre Augen hielt sie dabei geschlossen und wartete auf die Rettungsaktion. Währenddessen hörte sie einen Außenborder ganz in ihrer Nähe.

    Sogleich folgte die „Rettung". Sie fühlte, wie zwei Hände sie sanft an der Taille fassten und nach oben beförderten. Im Moment des Auftauchens wollte sie sich bei Sabine mit einem Schrei bedanken. Sie fühlte, wie der Wasserdruck stetig nachließ und wusste, der Moment war nah. Und dann, als ihr Kopf aus dem Wasser tauchte, riss sie sich los. Gleichzeitig spritzte sie mit beiden Händen riesige Wasserladungen ins Gesicht ihrer Retterin und stieß einen kurzen aber kräftigen Schrei aus.

    Als sie ihre Augen vom Salzwasser befreit hatte, um das Ergebnis ihrer Aktion zu begutachten, blickte sie überrascht in die verschmitzten Augen von Ral.

    Rings um sich herum vernahm sie Gelächter.

    Da schwamm Sabine direkt hinter ihr, Kim stand an der Reling der Seadream und Skip hockte im Beiboot, keine zehn Meter entfernt.

    Er krümmte sich vor Lachen und hielt sich dabei den Bauch.

    Ral stimmte nun in das allgemeine Gelächter ein und spritzte mit einer Hand eine kleine Ladung Wasser in Jenny´s Gesicht.

    Ihr war das so peinlich, dass sie am liebsten erneut untergegangen wäre, diesmal aber ohne Rettung.

    Nach Worten ringend, begann sie sich zu entschuldigen.

    „Ich-, ähm, I am sorry. What are you doing here? I wanted to drown for Sabine".

    Oh mein Gott, was red ich da. Ich wollte für Sabine untergehn?

    „I mean, I thought you were Sabine. We were just fooling around", korrigierte sie sich.

    An Deck hatten sich unterdessen Klaus, Peter und Sylvia versammelt.

    „Was ist passiert"?

    „Ist Jenny ok"?

    „Wer ist der Mann da im Wasser"?

    „Das ist Ral, der Barkeeper von letzter Nacht".

    Sie redeten alle durcheinander. Peter klärte sie auf.

    Ral der immer noch lachte, hob seinen Zeigefinger vor seine Lippen.

    „You´ll wake up the rest of the ship owners, around us".

    Sie blickte zu den umliegenden Schiffen und sah bereits neugierige Blicke, und der peinliche Moment schien noch größer zu werden, anstatt zu verebben.

    Es war Klaus, der sie erlöste.

    „Hey Ral, that´s your name, isnt´t it"?

    Ral nickte und zeigte mit dem Daumen nach oben.

    „Why don´t you join us for breakfast, since you seem to have just saved Jenny´s life".

    Oh mein Gott, dachte Jenny, jetzt lädt er ihn auch noch zum Frühstück ein. Bitte sag nein, dachte sie, während Ral seine funkelnden, weißen Zähne zeigte und mit einem, „I´d love to", zustimmte.

    Klaus winkte alle an Bord und nickte Kim zu, die sofort verstanden hatte und unter Deck verschwand, um Handtücher, Shorts und ein Shirt für Ral zu besorgen.

    Nun sah Jenny Ral ungläubig an und fragte:

    „What are you doing out here, this

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