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Nur nach vorn?: Sicherheitsorientiertes, dummes Wachstum. Schaffen wir den Sprung ins Zeitalter der vernetzten Lösungen?
Nur nach vorn?: Sicherheitsorientiertes, dummes Wachstum. Schaffen wir den Sprung ins Zeitalter der vernetzten Lösungen?
Nur nach vorn?: Sicherheitsorientiertes, dummes Wachstum. Schaffen wir den Sprung ins Zeitalter der vernetzten Lösungen?
eBook515 Seiten2 Stunden

Nur nach vorn?: Sicherheitsorientiertes, dummes Wachstum. Schaffen wir den Sprung ins Zeitalter der vernetzten Lösungen?

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Über dieses E-Book

Die Menschheit stößt langsam aber sicher an ihre Grenzen. Das 'mehr ist besser' Wirtschaftsparadigma funktioniert nur noch mit großen wirtschaftspolitischen Anstrengungen und geht auf Kosten der Umwelt und damit auch auf Kosten von uns selber.
Aber warum ist das so? Sind wir denn nicht schlau genug, um neue Wege zu beschreiten? In 'Nur nach Vorn?' wird erörtert, warum unsere Ur-Basisprogrammierung uns immer wieder in die Schranken unserer Problemlösungskompetenz weist. Das System der Sicherung des Individuums und der Gruppe schlägt immer wieder gnadenlos zu.
Doch es gibt Auswege und Möglichkeiten, mit dieser Erkenntnis umzugehen. In vielen Beispielen, Szenarien und Zukunftsausblicken wird deutlich, dass wir als Menschheit das erste Mal etwas ändern können. Wenn wir dazu bereit sind, holistisch denken zu lassen.
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum4. Jan. 2015
ISBN9783738011609
Nur nach vorn?: Sicherheitsorientiertes, dummes Wachstum. Schaffen wir den Sprung ins Zeitalter der vernetzten Lösungen?

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    Buchvorschau

    Nur nach vorn? - Frank Thomsen

    Motivation

    Upgrade vs. Innovation

    Den initialen Startschuss für das Buch bekam ich am 31.12.2013. Nicht weil Silvester so ein Tag ist, an dem man sich solche irrwitzigen Vorhaben wie ein Buch zu schreiben nach dem zweiten Glas Wein einfach mal vornimmt. Es hatte mit einem Artikel von Joshua Topolsky zu tun, dem ehemaligen Editor-in-Chief des erfolgreichen Onlinemagazins The Verge aus New York. Der von Topolsky jährlich zu Silvester erscheinende Leitartikel war auch dieses Mal sehr positiv gehalten: „Welcome to the age of upgrade".¹ Quintessenz: Jede Iteration bzw. jedes Upgrade der jetzt bestehenden Technik, jedes neue Smartphone, jeder neue vernetzte Thermostat und jede schnellere CPU ist ein Gewinn für uns.

    Da saß ich nun auf unserem Sofa zu Silvester und war nachdenklich geworden. Irgendwas hatte Josh dieses Mal nicht ganz durchdacht oder begriffen: Die Welt kann sich zu viele inkrementelle Upgrades einfach nicht mehr leisten. Nehmen wir die Herstellung und Distribution von Mobiltelefonen. Es werden pro Tag ca. 6 Mio. davon hergestellt. Lassen Sie sich das mal auf ihren Gehirnwindungen zergehen: 6 Millionen Handys am Tag, das sind über 2 Mrd. Einheiten im Jahr! Ein wahrhaft gigantischer Berg an Plastik, Edel- und Schwermetallen, inklusive Seltenen Erden, Glas und vielen komplizierten chemischen Verbindungen und Abfällen, die bei der Produktion anfallen. Nur damit man wieder das neueste Upgrade hat, das lediglich marktverträglich und damit inkrementell verbessert wurde. Ein etwas angepasstes Design, ein etwas schnellerer Prozessor, eine bessere Kamera – aber keine echte Innovation, die die Menschen unbedingt benötigen würden.

    Ist so ein Denken altmodisch oder konservativ?

    Vielleicht denke ich zunehmend wie mein Vater. Er wurde 1939 geboren, teilte sich zu dieser Zeit den Erdball mit gerade mal 2,5 Milliarden Menschen, ist in einer schwierigen Nachkriegszeit aufgewachsen, konnte jedoch mit dem Wirtschaftswunder Ende der 50er/Anfang der 60er Jahre den Traum des neuen Deutschlands leben und davon profitieren. Vater von 3 Kindern, Bauingenieur, später Prokurist eines mittelgroßen Bauunternehmens in Hamburg.

    Er kannte kein YouTube, geschweige denn Video on Demand, keinen Nespresso Volluto, keine XING App, kein Twitter im Auto, er hatte keinen Bedarf an Pilates oder Ashtanga Yoga. Er brauchte in seinem Leben nie einen PC sein Eigen nennen, geschweige denn ein Connected Smart-Device bedienen, abgesehen von einem einfachen Navigationsgerät in seinem letzten Auto. Auf seinem Schreibtisch in der Firma stand lediglich ein Telefon.

    Er starb an einem Dienstag im November 2008. Mit ihm starb für mich die Generation der Pre-Smartphone-Nutzer. Wenn ich in der Arbeit so in meinen PC starre, dann denke ich immer öfter an ihn. Hatte er nicht ein schöneres, unbeschwerteres Leben? Oder war es langweiliger? Hat ihm etwas gefehlt? Und, was noch interessanter ist: Hätte mir anstelle seiner Person etwas gefehlt? Die Antwort ist ganz einfach: Er war ein Kind seiner Zeit. Wie wir alle mehr oder weniger mit den Gegebenheiten unserer Gesellschaft, unserer Umwelt leben müssen, hat auch mein Vater das Leben geführt, das in seiner Zeit ganz einfach praktikabel war.

    Bei allem Konservativismus meines Vaters gab es die sehr positive ‚Alles ist möglich‘-Mentalität meiner Mutter. Das hat zu mehr oder minder schwierigen familiären Situationen geführt und gleichzeitig zu meinem Drang, die Welt zum Besseren zu innovieren, wenn auch meistens nur gedanklich. 1970 geboren, bin ich in der ersten Hälfte meiner Kindheit mit relativ wenig Technik aufgewachsen. Umso mehr war die technische Zukunft faszinierend. Ich habe als Kind mit Begeisterung die „Was ist was"-Bücher gelesen und mit meinen Brüdern wirklich stundenlang über die kommenden technischen Möglichkeiten nachgedacht. Raumschiff Enterprise (heute im Originaltitel Star Trek), Raumschiff Orion, Mein Onkel vom Mars, später Knight Rider und einige andere Zukunftsserien in unserem 3-kanäligen Fernsehangebot waren sozusagen Pflichtprogramm. Wir haben uns fliegende, selbstfahrende Autos vorgestellt und wortwörtlich ausgemalt, riesengroße, flache Fernseher, aber auch winzig kleine Bildschirme, die in Brillen eingebaut werden können, inklusive einem ganzen TV-Sender, der die entsprechenden Programme für so eine Technik hätte liefern sollen. Wir dachten über das Leben in Unterwasserstädten nach oder wie die Kolonisierung des Mondes oder des Mars aussehen könnte. Es gab in unseren Köpfen Raumschiffe, menschliche Roboter, Elektronenhirne, superschnelle, röhrenartige Schnellzugsysteme, Nudel-Koch-Automaten inklusive Soßen- plus Parmesan-Funktion.

    Dann kam der Commodore 64, unser erster Home-Computer. Faszination pur, wenn auch komplett offline. Mit lächerlichen 38911 Byte freiem Arbeitsspeicher brach für uns das ‚echte‘ Computer-Zeitalter an (dazu später mehr). In meiner Studienzeit kam ich 1993 das erste Mal mit dem WWW in Berührung, schrieb in einer kleinen Studentengruppe meine ersten Zeilen HTML-Code. Später entwickelte sich daraus ein ganzes Business mit Agentur, Dot-Com Venture Capital und auch dem Totalabsturz der Firma. In dieser Zeit außerdem die eigene Familiengründung, mit allen Höhen und Tiefen der menschlichen Empfindungen. Nach der wilden Startup-Zeit bin ich in die IT-Beraterzunft gegangen, mit gelegentlichen selbständigen Zwischenstationen (Schreiben und Aufführen eines Musicals, Konzeption eines Food- und Livestyle-TV-Senders, Konzeption und Entwicklung einer Mobile Couponing Lösung). Schließlich wurde ich hauptberuflich Innovationsberater und durch das ständige, themenübergreifende Recherchieren Trend- und Zukunftsforscher.

    Zwischen Entertainment und kritischem Ausblick

    Anfangs war ich eine Art Zukunftsprediger, der die ach so vielversprechenden Innovationssprünge lobpreist und eine geradezu paradiesische ‚Alles wird gut!‘-Welt aufmalt. Über die Zeit bin ich realistischer geworden. Vielleicht auch dadurch, dass es inzwischen zu viele meiner Art gibt und wir schon oft als „die Spinner abgetan und richtiggehend abgelehnt werden. Das liegt leider auch daran, dass es in dem Bereich Zukunfts- und Innovationsforschung sehr viele Entertainer gibt, die unsere Zukunft eher als Zirkusnummer präsentieren. Da werden Menschen auf Veranstaltungen und Kongresse gezerrt, die eigentlich nichts zu einer seriösen Beschäftigung mit unseren Herausforderungen und Lösungsmöglichkeiten beitragen. Wie auf dem Jahrmarkt werden selbsternannte Biohacker mit seltsamen, in Eigenbau gefertigten Sensoren (geschwulstartig unter der Haut) vorgeführt, es wird von Moral Enhancement und Parallel-Verschaltung von Synapsen geschwafelt und gruselige Roboter-Zwillinge präsentiert. Sicherlich ist so etwas für den einen oder anderen Kunden kurzweilig und, ja, „sooo faszinierend! – aber völlig unsinnig, wenn man mal genau darüber nachdenkt. Bringt Ihnen das den Überblick über Ihre tatsächliche Zukunft? Hilft Ihnen das? Können Sie diesbezüglich Zusammenhänge in Ihrem Kopf formen?

    Bitte verstehen Sie mich nicht falsch: Es ist wichtig, über die Zukunft bzw. die technischen und gesellschaftlichen Entwicklungsmöglichkeiten zu sprechen, auch in dieser Nummern-Show-Art – damit sich Nein- und Vielleicht-später-Sager überhaupt damit beschäftigen. Nur dieser fast zwanghafte, unreflektierte Fortschrittsglaube gepaart mit überkommenen, viel zu überzogenen Wachstumsfantasien passt nicht mehr in diese Zeit. Einige eigentlich wichtige Thematiken verkommen nur noch zu Marketing-Worthülsen. Die Welt scheint nur noch aus disruptiven Lösungen, Innovationssprüngen, Big Data, Nanotechnologie und Cloud Services zu bestehen. Es ist eine Zeit des nervösen Sirrens in der Luft, der Panik, „The Next Big Thing" zu verpassen. Darum werden z. B. auch Startups mit so vielen Milliarden bedacht, obwohl nur wenig Substanz dahintersteckt.

    Ein Versuch, einige Dinge zu hinterfragen

    Dies ist keine wissenschaftliche Arbeit, sondern eine eigene Sichtweise auf die Welt. Einige Inhalte sind sogar richtig spekulativ, manchmal aus dem Bauch heraus. Fassen Sie daher das Buch am besten wie einen Road Trip auf: Der Weg ist das Ziel, um unsere heutige Welt zumindest etwas besser zu verstehen bzw. zu hinterfragen. Zwischendurch, sozusagen am Wegesrand, lohnt es sich immer mal wieder, ein paar Zusammenhänge etwas genauer zu betrachten, auch wenn einige Details eventuell schon mit der Publikation veraltet sein werden.

    Und: Machen Sie hin und wieder mal eine Pause. Legen Sie das Buch weg. Denken Sie über einen Sachverhalt mal in Ruhe nach, anstatt von der Flut an Informationen das Flimmern in den Augen zu bekommen – auch wenn das so manche automatisch erstellte Big-Data-Statistik der beteiligten Verlage durcheinanderbringt, die Datenanalysten sogar misstrauisch macht, ob dieses Werk denn fesselnd genug ist (und damit im User-Aktivitäts-Ranking vielleicht herabgestuft wird). Für mich kein Problem. Holen Sie sich jetzt ruhig erstmal einen Kaffee.

    Und dann starten Sie.

    München, im Januar 2015

    Das programmierte Streben nach Sicherheit

    Haben Sie sich nicht auch schon öfter gefragt, warum sind wir so sind, wie wir sind? Dieses ständige Streben nach Mehr, nach Wachstum, nach dem neuesten Fernseher, Smartphone, günstigsten Steak oder funktionsreichsten Kaffeevollautomaten? Warum blenden wir ganz automatisch die daraus entstehenden Probleme aus, die jedoch immer gravierender unsere Umwelt und damit uns selber gefährden? Um dies zu ergründen, möchte ich Sie auf eine kleine Reise nehmen, die vor vielen Millionen Jahren begann. Nicht erschrecken: Es wird zunächst etwas theoretisch und was vermeintlich nichts mit dem Titel und der Hauptaussage des Buches zu tun hat, fügt sich im Verlauf dieser ersten Kapitel zusammen.

    In der Ursuppe fing alles an

    Stellen Sie sich einen sehr frühen Einzeller vor.² Alleine, in der Ursuppe der noch einigermaßen jungen Welt, vor ca. 3,5 Mrd. Jahren. Was war mit diesem Stück Leben los? Es hatte eine interessante Grundprogrammierung³ herausgebildet: Überleben durch Absicherung, um weitere Bakterien der gleichen Art produzieren zu können. Zum Beispiel durch Zurückweichen vor Stoffen/Gasen, die nicht verarbeitet werden konnten, gleichzeitig jedoch möglichst im selben Gebiet zu bleiben, um das vorhandene Stoffangebot zu nutzen für die beschleunigte, vermehrte Produktion von Artgenossen, um über die schiere Anzahl von Kopien eine Chance zu haben, die Art zu erhalten und auszubauen.

    Nebenbei haben einige Arten von den kleinen Einzellern übrigens auch erstmalig den für uns so wichtigen Sauerstoff produziert – nun nicht, weil sie es so wollten, sondern weil einfach nichts anderes als Stickstoff und Kohlendioxid und ein paar weitere, für uns ziemlich giftige Gase zur Verfügung standen. Überhaupt ‚dachten‘ die kleinen Viecher nichts, sondern waren eher wie kleine Nano-Bio-Maschinchen. Für mindestens eine Milliarde Jahre lang blieb das auch so. Alles in allem ein ziemlich langweiliger Planet.

    Nach ein paar Trillionen Bakteriengenerationen fingen die Einzeller irgendwann an, sich gegenseitig durch Botenstoffe wahrzunehmen. Der Ur-Programmcode erfuhr eine Modifikation: Sicherung der eigenen Lebenseinheit plus Eingehen von Gemeinschaften mit gleichartigen Lebenseinheiten, um die eigene Einheit weiter abzusichern. Dies hatte einen beschleunigten genetischen Austausch zur Folge, der eine schnellere und effektivere Art der Fortentwicklung ermöglichte. Die Ausbildung von spezialisierten Zellen innerhalb eines Lebewesens hatte begonnen, Organe wurden gebildet. Ab diesem Zeitpunkt gab es in Zellverbünden sinnvolle Ausnahmeregelungen der Ur-Programmierung, es durfte bzw. musste Wachstumsgrenzen geben, es musste gestorben werden. Aber: Die Basis-Grundprogrammierung ‚Sicherung der Lebenseinheit‘ war weiterhin für das ganze Lebewesen gültig.

    Im Laufe der biologischen Evolution verfeinerten sich die Techniken, Stoff- und Datenaustausch zu ermöglichen. Es wurden immer mehr Datenleitungen zwischen den ganzen spezialisierten Zellverbünden innerhalb der Lebenseinheiten gelegt, um schneller oder besser/angepasster schwimmen, laufen, fliegen zu können. Das Zentralnervensystem wurde geboren, später das so komplexe Gehirn. Diese Entwicklung ermöglichte es, dass die Kommunikation auch zwischen Artgenossen ausgefeilter wurde, um sich gegenseitig vor Feinden zu warnen, aber auch um Futterplätze kundzutun, die Arterhaltung durch kognitive Selektion des Stärksten (da Sicherheit Gebenden) zu gewährleisten.

    In der Ursuppe nahm also nicht nur die Kommunikation ihren Anfang (ja, so blöd war das gar nicht von den Bibelschreibern mit „Am Anfang war das Wort" --> also Grundkommunikation), sondern auch die so geniale Basisprogrammierung ‚Sicherheit herstellen‘ wurde zum All-Time-Winner in der belebten Welt.

    Bevor wir uns jetzt alle die ganz tiefen Sinn-Fragen stellen – z. B. was/wer hat dann den Urknall ausgelöst und wer hat diese ganzen Basisnaturgesetze konzipiert und/oder wie viele Universum-Versuche es vielleicht schon gegeben haben könnte –, kommen wir buchstäblich auf die Erde zurück. Wir haben nämlich nur diesen einen Planeten und wir, also die Menschheit, sollten uns gewahr werden, warum wir mittlerweile vom Anthropozän sprechen. Wir haben die Erde so nachhaltig umgestaltet/umgewühlt/kaputt gemacht, dass noch Hunderttausende, vielleicht Millionen von Jahren unsere Hinterlassenschaften zu spüren sind.

    Der Grund liegt eigentlich auf der Hand. Wir wollen Sicherheit.

    Basisabsicherungen

    Wir, die angebliche Krönung der Schöpfung, sind in unserem Read-only-BIOS⁵ immer noch nach den Regeln programmiert, die in der Ursuppe vor 3,5 Milliarden Jahren ihren Anfang nahmen.

    Sicherung des eigenen Genbestands

    Die Auswahl eines Partners zur Fortpflanzung folgt eigentlich recht einfachen Regeln: Bevorzugt werden physische und materielle Stärke plus eine gewisse Intelligenz, um sich in der Gruppe zu behaupten und um sich in der Umwelt zurechtzufinden. Diese Eigenschaften vergrößern die Möglichkeiten, mehr materielle Dinge zu erreichen, um die Nachkommenschaft (= eigener Gen-Bestand) bestmöglich zu versorgen. Die ganzen romantischen Dinge – sorry für die Fans von Filmen wie „Mit Dir an meiner Seite oder „Pretty Woman – sind Maßnahmen zur Erreichung des primären Ziels: Nachkommenschaft zur Vergrößerung der Gruppe, die folglich die eigene Existenz besser absichert. Das Prinzip Sex ist dabei ein sinnvolles Verfahren der Natur, um sich über Generationen an verändernde Umweltbedingungen durch „Survival of the fittest" anpassen zu können.

    Als logische Konsequenz der eigenen Absicherung und Arterhaltung sind wir darauf programmiert, uns um Dinge, Personen, Nachkommenschaft (etc.) zu kümmern.⁷ Natürlich ist diese Eigenschaft bei jedem Menschen unterschiedlich stark ausgeprägt, aber so gut wie immer vorhanden. Ganze Wirtschaftszweige und Produktgruppen existieren nur durch unsere eingebaute Fürsorglichkeit, darunter Autopflege, Onlinespiele, Tierhandlungen, Gartencenter und vieles mehr. Menschen haben geradezu ein liebevolles Verhältnis zu ihrem Handy (und stecken es meist in designverachtende Hüllen, um es besser zu schützen) oder können sich ein Leben ohne bestimmte liebgewonnene Schuhe nicht mehr vorstellen.

    Sicherheit durch Gemeinschaft, Ortskenntnis und Behausung

    Die Evolution hat uns eine Ortsprägung, ein Heimatgefühl einprogrammiert. Im vorindustriellen Zeitalter hatte jeder Mensch nur eine natürlich begrenzte Anzahl an direkten sozialen Kontakten, die ihm Sicherheit vor Feinden, vor Hunger, Kälte etc. in einem überschaubaren Ort ermöglichten. Gleichzeitig gab es in diesem Gebiet nur eine begrenzte Anzahl an lokal zugänglichen Nahrungsmitteln und Rohstoffen.

    Darum schließen wir uns auch heute noch zu ‚Herden‘ zusammen, denken auch entsprechend so: Wir möchten, dass unser Team gewinnt für unseren Ort, mit dem wir viele Heimat-Assoziationen haben, um unsere eigene, persönliche Sicherheit über die Stärke der Gemeinschaft zu erhöhen. Gehen Sie mal an einem x-beliebigen Samstag in ein Fußballstadion – Sie werden diese Grundprogrammierung kaum deutlicher in unserer heutigen Zeit erleben/fühlen können.

    Und es hat sich für uns als sehr praktisch erwiesen, einen einigermaßen geschlossenen Raum unser Eigen zu nennen, um sich vor Feinden in den Ruhephasen zu schützen. Einige Millionen Jahre in Höhlen, Waldkuhlen, Mulden etc. haben unsere Verhaltensweisen als Landlebewesen nachhaltig geprägt. Da braucht es hierzu auch keine Erziehung oder elterliche Prägung. Kleine Kinder bauen sich z. B. mit Decken und Kissen unter Tischen kleine gemütliche Höhlen und können darin besonders gut (weil sicher) spielen oder entspannen.

    Diese Programmierung bewirkt, dass der überwiegende Teil der Menschen weiterhin ein Leben lang in ihrem Geburtsstaat wohnen bleibt.⁸ Und es ist der Grund dafür, dass es immer noch Landesgrenzen und damit Besitzansprüche gibt. Nur wenn es extrem unsicher geworden ist, sein tägliches Leben zu bestreiten, fliehen Menschen aus ihrer Heimatregion.⁹

    Sicherung durch Angst vor Feinden und Unbekanntem

    Angst ist ein natürlicher Mechanismus, um die persönliche Sicherheit und/oder auch die Sicherheit der Gruppe zu unterstützen. Daraus entwickelten sich die unterschiedlichsten Verhaltensweisen und physiologischen Anpassungen.

    Beispielsweise fördert unsere Möglichkeit, mit zwei Beinen relativ schnell zu laufen und heutzutage noch schneller mit diversen Verkehrsmitteln in unserer vertrauten Region unterwegs zu sein, ein tiefes, archaisches Sicherheitsgefühl: Angreifer haben es sehr viel schwerer, einem etwas zuleide zu tun (da in Bewegung), die Möglichkeiten der Nahrungsbeschaffung durch Ausweitung des Territoriums können steigen. Wir werden – zumindest gedanklich – unangreifbar, flexibel, frei.¹⁰ Und wir erhalten durch das Unterwegssein eine größere Übersicht/Transparenz der Umgebung.

    Wenn uns etwas nicht bekannt ist, wird

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