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Robin Flatcher... und das Geheimnis der alten Waldhütte - Buch 1
Robin Flatcher... und das Geheimnis der alten Waldhütte - Buch 1
Robin Flatcher... und das Geheimnis der alten Waldhütte - Buch 1
eBook398 Seiten6 Stunden

Robin Flatcher... und das Geheimnis der alten Waldhütte - Buch 1

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Über dieses E-Book

Fünf aufgeweckte, unternehmungslustige Jugendliche aus einem friedvoll idyllischen Städtchen stoßen durch Zufall auf einen einsamen, skurrilen alten Mann, der mit seinem dreibeinigen zotteligen Hund in einer alten Waldhütte lebt. Durch das rätselhafte, mysteriöse Spielzeug, das der alte Mann gebaut hat, entstehen Irrungen, Wirrungen und Gefahren. Was sich damit ereignet, ist für alle unglaublich. Eine Überraschung jagt die andere und die Fragen und Ungereimtheiten nehmen zu. Viele Ängste und Gefahren lauern. Dennoch werden durch ihr Neugierde nach dem Unbekannten diese Ängste überwunden.
SpracheDeutsch
Herausgeberepubli
Erscheinungsdatum8. Jan. 2019
ISBN9783748500971
Robin Flatcher... und das Geheimnis der alten Waldhütte - Buch 1
Autor

Alessandro Novadoor

As an autodidact to the author of: poetry, books for children and young people, adult novel, screenplay and illustrator of comics. Since 2000 in close cooperation with the illustrator, author and partner "Sissikol" I have written a large number of children picture books together.

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    Buchvorschau

    Robin Flatcher... und das Geheimnis der alten Waldhütte - Buch 1 - Alessandro Novadoor

    Alessandro Novadoor

    ROBIN FLATCHER

    ... und das Geheimnis der alte Waldhütte

    Verlag: epubli GmbH, Berlin

    Imprint:

    „Robin Flatcher...und das Geheimnis der alten Waldhütte"

    Alessandro Novadoor

    Published by: epubli GmbH, Berlin

    www.epubli.de

    Copyright © 2013 Text: Alessandro Novadoor

    Copyright © 2013 Illustration: Alessandro Novadoor

    Copyright © 2013 Cover: Sissikol

    Alle Rechte vorbehalten 2018

    Published in Germany 2019

    für

    Justus und Hannah

    12 RRR - Wappen 2

    Auf das verschlafene Städtchen prallte die heiße Mittagssonne herunter und niemand ahnte, was sich in den großen Ferien, die gerade begonnen hatten, um eine kleine Schar Jugendlicher herum ereignen würde. Die Geschehnisse entwickelten sich so enorm schnell, wie die ersten drohenden Unwetterwolken, die sich am Horizont bildeten, um das Städtchen von der plagenden Hitze zu befreien. Keiner von Ihnen hätte es gewagt, je im Traum daran zu denken, was noch alles auf sie einstürzen würde.

    *

    Schwache Klopfgeräusche drangen verstohlen aus der alten, verrotteten Waldhütte. Sie stand auf einer kleinen Lichtung, umringt von hohen Gräsern, dichten Büschen und einer undurchdringlichen Tannenschonung. An den krummen Fenstern hingen die Schlagläden schief und drohten herab zu fallen. Wind kam auf und schlug einen davon, der schon fast aus den Angeln war, immer wieder gegen die Hüttenwand. Jedes Mal krachte es so laut, dass es durch Mark und Bein ging. Auf dem Dach fehlten einige Dachschindeln. Die restlichen wurden vom Moos kläglich zusammen gehalten. Fast ängstlich klammerte sich die verbogene Holztüre, die aus Schwartenbrettern zusammen gezimmert war, an dem morschen Türrahmen fest. Vor der Hütte lag eine Veranda, auf der sich ein aus Korb geflochtener Schaukelstuhl von einem herüber ragenden Eichenast hin- und herschaukeln ließ. Er sah aus wie ein verlassener Thron. Bei jeder Schaukelbewegung knackten die aufgewölbten Eichendielen der Veranda. Immer noch waren die Klopfgeräusche zu hören, die sich im Rhythmus mit den klappernden Schlagläden und den knackenden Bodenbrettern abwechselten. Aus dem schiefen Schornstein der Hütte stiegen weiße Rauchwölkchen hoch. Sie schlängelten sich frech grinsend zwischen den Tannenzweigen bis zu den Spitzen empor und schwebten winkend ab in den Himmel. Nur die uralte, knorrige Eiche neben der Veranda machte einen unerschütterlichen Eindruck. Ihre lang ausgebreiteten Äste reichten fast bis zur Hütte, als wenn sie sie beschützen wollte. Irgendwie ein unheimlicher Ort. Hier hätte niemand freiwillig verweilt. Plötzlich verstummte alles. Es war totenstill. Diese Stille wurde jäh von einem Scharren und Kratzen unterbrochen. Irgendwie klang es so, als ob sich jemand befreien wollte.

    *

    Paulchen schlenderte planlos durch die Gassen des kleinen Städtchens und spielte Fußball mit einer Blechbüchse. Mit gesenktem Kopf und beide Hände in den Hosentaschen trieb er die Blechbüchse gelangweilt mit jedem Tritt weiter nach vorne. Ihm war egal wo sie landete. Er murmelte irgendetwas vor sich hin. Auf einmal ging ein Ruck durch ihn. Ungeduldig suchten seine Augen die Büchse. Als er sie endlich wieder entdeckt hatte, nahm er seine Hände aus den Hosentaschen, feuerte sich an und rannte auf sie los, trat gegen sie und lief hinter ihr her. Immer mehr steigerte er sich dabei in Übereifer. Jetzt kommentierte er jeden Schuss. Dabei fing er an zu trippeln, zu flanken, zu stoppen und wieder zu schießen. Immer schneller, immer heftiger spielte er, bis dass es zu dem finalen Schuss kam. Ohne aufzublicken trat er so fest gegen die Blechbüchse, dass sie in hohem Bogen in die Scheibe eines Hauses flog, die laut klirrend zersprang. „Tor, Tor, Toooor!, schrie Paulchen, reckte seine Arme in die Luft, drehte sich im Kreis und schrie noch mal: „Tor, Tor, ich bin der Bes…! Weiter kam er nicht. Sein Schrei verstummte im Nu, denn er stieß, ohne es zu bemerken, mit seinem Hinterkopf gegen einen Laternenpfahl, fiel um und blieb leblos liegen. Niemand hatte etwas mitbekommen. Wie tot lag er mit verdrehten Augen auf dem Rücken. Irgendjemand öffnete jetzt ein Fenster, schaute hinaus und rief: „ Ruhe da unten!" Das Fenster schloss sich wieder und Paulchen lag immer noch bewegungslos da. Er hatte nichts mitbekommen. Die Laterne ging an und die ersten Motten sausten um das gleißende Licht, das Paulchens Gesicht wie Wachs aussehen ließ. Dunkle Gewitterwolken zogen unbemerkt heran und der aufkommende Wind tobte kräftig. Er wirbelte alles was in den Gassen lag auf und fegte es vor sich her. Eine Blechbüchse schepperte herum. Sie landete direkt vor Paulchens immer noch leblosen Körper und blieb dort liegen.

    *

    Ziellos stöberten Robin und seine Freunde durch den Wald, der quasi ihr zu Hause war. Jeder von Ihnen träumte davon, einmal einen verborgenen Schatz zu finden. Bis jetzt hatten sie noch kein großes Glück gehabt. Robin und seine Freunde, das waren Richard und Ricki. Sie hingen wie Kletten zusammen. Eine verschworen Gemeinschaft, die immer ein Abenteuer suchte.

    04 Ricki Ricki, ein burschikoses Mädchen mit kurzen, pechschwarzen Haaren, die am liebsten in Jungenklamotten steckte, manchmal etwas vorlaut, hatte meist die besten Einfälle. Sie war die quirligste unter den dreien, nervte aber oft die anderen mit zu vielen Fragen. Ricki war zwar impulsiv aber zuverlässig. Deshalb mochten sie Robin und Richard.

    Richard Richard, der Älteste unter ihnen, etwas korpulent, dann und wann etwas tollpatschig, war der Stärkste. Oft musste man ihn mal in seinen Hintern treten, damit er in die Gänge kam. Seine dunkelblonden Haare fielen ihm immer in die Stirne, so dass er andauernd seinen Kopf zurück schlug. Das war eine Angewohnheit, die man an ihm nicht mehr ändern konnte. Er war halt so. Richard war Robins bester Freund. Eine treue Seele wie sie im Buche stand und immer hilfsbereit. Ein Gedächtnis wie ein Elefant. Den Wald, die Tiere und ihre Lebensgewohnheiten kannte er bestens. Für jeden seiner Freunde würde er durchs Feuer gehen.

    02 Robin

    Der dritte in ihrem Geheimbund war Robin, ein drahtiger, sportlicher Typ mit hellblonden Haaren. Er war der heimliche Anführer der drei. Sein Abenteuerdrang fesselte Ricki und Richard immer wieder, weil sie von ihm angesteckt wurden. Immer mussten sie irgendetwas erleben, es erforschen, ihm nachgehen, es aufdecken oder finden, sonst war es langweilig.

    06 Paulchen 05 Lara blond Und dann waren da noch zwei, die gerne mit dazu gehören wollten. Es waren Paulchen und Lara, aber sie hatten noch nicht ihre Feuerprobe bestanden. Darüber wollten Robin, Richard und Ricki noch entscheiden. Eine Aufnahme in ihren Geheimbund musste jeder von ihnen machen. Das war Grundbedingung. Darüber sollte heute Nacht bei Kerzenschein auf dem Dachboden der alten Kirche, der ihr Geheimversteck war, beratschlagt werden. Ohne ein Wort liefen sie heimwärts durch den Wald. Sie ahnten jedoch nicht was auf sie unterwegs noch zukommen würde.

    *

    Im Städtchen fing es an zu regnen. Der Wind peitsche den Regen gegen die Laterne, die hin und her wackelte, als wolle sie ihn abschütteln. Keine Motte und kein Falter flatterten mehr um sie herum. Sie hatten sich verkrochen. Die nassen Pflastersteine schimmerten Gold glänzend im Schein der Laterne. Die Blutlache neben Paulchens Kopf löste sich langsam auf und das Blut rann wie an einem Faden gezogen durch die Bordsteinrinne in den Kanalgully. Bei diesem Wetter war niemand draußen. Paulchen merkte wie etwas Feuchtes auf seine Stirne tropfte. Er fror. Sein roter Haarschopf kräuselte sich durch den Regen noch mehr auf. Er sah aus wie ein begossener Pudel. Wo bin ich? Seine Sinne kamen kurz für einen Moment zurück. Langsam, ganz vorsichtig blinzelte er in den hellen Lichtstrahl der Laterne. Ist das der Himmel, dachte er, dann fielen seine Augen wieder zu. Irgendjemand beugte sich über ihn und rief seinen Namen. „Paul, Paul, wach auf! Im Unterbewusstsein hörte er eine schwache Stimme, die seinen Namen rief. Seine Denkkraft meldete sich wieder zurück. Was ist los? Wo bin ich? Was ist passiert? Hilflos und verworren öffnete er langsam seine Augen und erkannte verschwommen einen wunderschönen Engel mit langen blonden Haaren. Sie sah aus wie die Neue aus Rickis Klasse. Sein Blick wurde klarer. Es war Lara mit Leib und Seele, die über ihm stand. „Hey, komm zu dir, wach endlich auf. Du kannst hier nicht länger liegen bleiben. Du holst dir den Tod. Sie beugte sich zu ihm herab und zog an seinem Arm um ihn hoch zu ziehen. Er fasste sich mit seiner linken Hand an den blutverschmierten Hinterkopf. Endlich schlug er die Augen ganz auf, blickte Lara an und stammelte: „Du? Du bist doch die Neue, stimmt’s? Was machst du hier?, wollte er wissen. – „Ja, ich bin die Neue, ich bin Lara und du bist Paul, der Freund von Robin, Richard und Ricki, antwortete sie. Paul war erstaunt, dass sie seinen Namen wusste. Lara redete weiter: „ Ich wollte Ricki besuchen, aber sie war nicht zu Hause, und auf dem Rückweg habe ich dich plötzlich da liegen sehen. Du musst unbedingt zum Arzt. Komm’, ich helfe dir und bring dich dort hin." Ihre Stimme klang energisch. Gott sei Dank, dass er endlich wieder voll da ist, dachte sie, hob ihn hoch, fasste ihn unter den Arm und schleifte ihn zum Haus des Doktors. Der Regen prasselte hart auf Paulchens blutende Kopfwunde herunter. Beide wurden von der Dunkelheit der kleinen Seitengasse, in die sie hinein gingen, verschluckt.

    *

    „Hey, schaut mal, rief Ricki, „da ist ein schmaler Waldpfad. Da waren wir ja noch nie. Lasst uns da lang gehen. Richard und Robin sahen sich an. - „Das können wir doch morgen machen. Es dämmert bald. Wir sollten nach Hause gehen. Außerdem haben wir heute Nacht noch etwas vor, sagte Robin mahnend. - „Wollt ihr nicht wissen, wo der Pfad hinführt? Wir gehen nur ein Stück hinein, um zu sehen wo er endet, bettelte Ricki. - „Also gut, aber danach nichts wie nach Hause, lenkte Robin ein. Der Waldpfad war fast zugewachsen. Robin ging vor und die beiden anderen folgten ihm wortlos. Mit beiden Armen teilten sie die Äste des dichten Buschwerks. Es knackte im Unterholz. Die drei erreichten das Ende des Waldpfades und blieben wie angewurzelt stehen. „Wow, eine alte Hütte, flüsterte Richard mit gepresstem Ton. „Die kennen wir ja noch gar nicht. - „Seid leise, raunte Robin ihnen zu, „wir wollen erst einmal die Lage peilen. Sie hockten sich hinter einen Busch und verharrten mit weit geöffneten Augen, Ohren und Mündern. Dabei bemerkten sie nicht, was sich am Himmel über ihren Köpfen zusammen gebraut hatte. Das bedeutete nichts Gutes. Die Anspannung wuchs augenblicklich. Schlagartig ging alles um sie herum los. Robin deutete auf einen alten Holzschuppen, dessen Türe nur angelehnt war. Die beiden anderen verstanden sofort und huschten lautlos mit ihm dort hin. Von da aus konnten sie alles besser überblicken. Kaum hatten sie das kleine Vordach des Schuppens erreicht, schoss ein zischender Kugelblitz vom Himmel und krachte in die alte Eiche, die wie von einem Fallbeil gespalten wurde und in zwei Teile auseinander brach. Sie fiel aber nicht um. Überall roch es nach Schwefel. Die drei erschraken und zuckten heftig zusammen. Ricki schrie auf, als sie im Schein des Blitzes in Sekundenbruchteilen hinter einem der kleinen Hüttenfenster ein Furcht erregendes Gesicht erspähte. „Da!, rief sie, „da, habt ihr das gesehen?" Die Jungs wussten nicht was sie meinte. Im Nu krachte ein ohrenbetäubender Donnerschlag über ihren Köpfen zusammen. Alle duckten sich noch tiefer und hielten sich fest. In diesem Moment wünschten sie sich, nicht hier her gekommen zu sein. Plötzlich begann es wie aus Gießkannen zu schütten. Der stürmische Wind peitschte den Regen gegen die Fensterläden und schlug sie noch fester gegen die Hüttenwand. Der Schaukelstuhl drehte Pirouetten auf der Veranda. Das marode Geländer brach ab und fiel krachend vor die alte Eiche. Von dem schiefen Schornstein löste sich ein großer Stein. Er knallte zuerst auf das Vordach des Holzschuppens und landete dann mit ein paar morschen Dachschindeln direkt vor ihren Füßen. Das Wetter tobte teuflisch. In diesem Moment schien für alle die Welt unter zu gehen.

    *

    An der Tür von Doktor Brandström läutete es. Niemand öffnete. Von der Kirchturmuhr schlug es acht. Es läutete wieder. Immer noch öffnete niemand. Zum dritten Mal läutete es, länger und stürmischer. „Ja, ja, ist ja schon gut. Hat man denn nicht einmal ein Viertelstündchen Ruhe!", hörte man jemand hinter der Tür schimpfen. Es war schon dunkel geworden. Dr. Brandström war von dem anstrengenden Tag in seinem Stuhl eingenickt und wurde jetzt jäh aus seinem Minutenschlaf aufgeschreckt. Seine kleine Praxis hatte er vor Jahren von Doktor Bärwein, einem alten Kollegen, übernommen. Er, Doktor Lasse Brandström, ein etwas seltsamer, kleiner Mann mit Spitzbart, Halbglatze und Nickelbrille. Er war von Schweden nach hier umgesiedelt, obwohl er lieber in seiner Heimat geblieben wäre. Doch was tut man nicht alles aus Liebe, denn seine Frau stammte aus diesem Städtchen. Hinter seiner rauen Schale verbarg sich aber ein weicher Kern. Bei ihm durfte man sich nicht wegen jedem Wehwehchen so anstellen. Allerdings war er bei Kindern ganz anders. Da konnte er weich wie Butter werden. Mit einem Stöhnen erhob er sich, ordnete seinen weißen, etwas zerknitterten Kittel, nahm noch einen Schluck Kaffee aus seiner dickbauchigen Tasse, der mittlerweile kalt geworden war und ging mit brummigem Gesicht zur Haustüre. Als er sie öffnete staunte er nicht schlecht, denn um diese Uhrzeit und bei so einem Sauwetter hatte er mit so jungen Patienten nicht gerechnet.

    *

    Robin, Richard und Ricki bibberten vor Schreck. Sie hatten schon vieles erlebt, aber so etwas Schauerliches war ihnen noch nie vorgekommen. Robin schluckte und brachte mühsam flüsternd den ersten Ton heraus: „Ich glaube wir sind an einem verfluchten Ort. Lasst uns besser von hier verschwinden. Die beiden anderen wunderten sich über ihn, denn so ängstlich hatten sie ihn noch nie erlebt. „Ricki, sag’ nur noch eins, was hast du gesehen?, wollte er wissen. Sie zeigte auf das kleine von schwachem Kerzenschein erleuchtete Hüttenfenster und raunte leise: „Ein grausiges Gesicht. Es sah aus wie der Teufel in Person. Richard, der den beiden zugehört hatte, mischte sich ein: „Warum seid ihr so ängstlich? Ein Gewitter haben wir im Wald doch schon öfters erlebt und die Fratze am Fenster hat Ricki vermutlich in ihrer Fantasie gesehen. Vielleicht war es nur so eine komische Spiegelung. Ricki und Robin sahen Richard verdutzt an. Als Ricki ihm gerade etwas erwidern wollte, stieß Robin die beiden an: „Da, hört ihr die Geräusche?" Leise Klopftöne drangen aus der alten Waldhütte, dazu ein eigenartiges Kratzen und Scharren, als wenn sich jemand befreien wollte. Das Unwetter war fast vorüber gezogen, nur der Wind fauchte noch durch die hohen Tannen und Fichten. Die drei starrten gebannt und wortlos auf die Hüttentür, die gerade aufgedrückt wurde. Ihr Knarren übertönte die Windgeräusche und hallte in den Wald hinein. Langsam, ganz vorsichtig tauchte ein Kopf auf. Er war voll behaart. Die Augen waren verdeckt. Hinter dem Kopf erschien ein ebenso großer voll behaarter Körper. Robin und seine Freunde stierten auf das Ungetüm, das nur noch drei Beine hatte. Es war ein riesengroßer Hund, der seine feuchte schwarze Nase in den Himmel hob und schnupperte. Er stand jetzt mitten auf der Veranda und ließ sich sein Fell vom Wind durchpusten.

    07 Hectorbea

    Hector

    Da musste aber noch jemand in der Hütte sein, denn ein Hund klopft wohl kaum. Die Hüttentür wurde von einem Windstoß krachend zugeschlagen, federte zurück und blieb einen Spalt breit offen stehen. Alles das wurde von den drei Augenpaaren, die vom Holzschuppen herüber spähten, genau registriert. Robin, Richard und Ricki hatten kurz ihre Angst vergessen, denn das Abenteuerfieber lockte. Ein schneller Plan wurde geschmiedet. Richard verschwand im Nu lautlos hinter der alten Waldhütte. Der Wind ließ nach und der riesige Hund legte sich neben den Schaukelstuhl auf die Veranda nieder, sein behaartes Haupt zwischen den beiden Vorderpfoten. Alles war jetzt still. Kein Wind, kein Regen, kein Kratzen und Scharren, keine Klopfgeräusche mehr, nur in der Ferne noch das vereinzelte Grummeln eines aushauchenden Donners. Im Nu war Totenstille, wie die absolute Ruhe vor etwas anderem. Es schien so, als ob jeder auf etwas wartete. Das empfanden aber nur Robin und Ricki.

    *

    „Was ist los? Was ist passiert?, fragte der kleine Mann im weißen Kittel und der Nickelbrille auf der Nasenspitze, als er die beiden zitterten Gestalten vor seiner Tür erblickte. Erst sah er Paulchen an, dann Lara, die auch schon losplapperte: „Herr Doktor, bitte helfen sie schnell, er hat viel Blut verloren! Wortlos ließ Doktor Brandström die beiden herein und schob sie in sein Behandlungszimmer. Es roch eklig nach Desinfektionsmitteln. Paulchen wurde vorsichtig auf die Behandlungsliege gelegt. Lara durfte neben ihm stehen bleiben, während sich Doktor Brandström Paulchens Kopf anschaute. „Was hast du denn angestellt?, wollte er wissen und sah ihn mit seinen hellblauen Augen durch seine leicht verschmutzte Nickelbrille, die von seiner Nasenspitze herunter zu fallen drohte, fragend an. Seine Stirn kräuselte sich über den hochgezogenen buschigen Augenbrauen. Paulchen stöhnte, als Doktor Brandström ihm leicht den Kopf drehte und antwortete gepresst: „Das weiß ich gar nicht mehr richtig. Habe Fußball gespielt und bin herum gelaufen, bis es plötzlich ‚rums’ gemacht hat, und dann hat es einen Knall gegeben. Seit-dem kann ich mich an nichts mehr erinnern – „Hmm, hmm, so, so, brummte Doktor Brandström vor sich hin. „Hast wohl Hans guck in die Luft gespielt?, fragte er nach, als er an Paulchens Hinterkopf die immer noch leicht blutende Risswunde untersuchte. Paulchen nickte kurz: „Ah, das tut weh!, schrie er zuckend auf. – „Das haben wir gleich. Ich nähe dir die Wunde mit ein paar Stichen zu und verbinde sie dir, und dann ab nach Hause ins Bett. Du hast vermutlich ein kleine Gehirnerschütterung und musst dich unbedingt hinlegen. Paulchen wurde noch blasser im Gesicht. „Nähen? So richtig mit Nadel und Faden?, fragte er ängstlich. Jetzt stotterte er: „Tut, tut das weh? – „Keine Angst, ich desinfiziere erst mal deine Wunde, dann bekommst du eine kleine Betäubung und danach drei bis vier kleine Stiche, und zu ist der Riss an deinem Hinterkopf. - Als Paulchen das hörte, schaute er Lara Hilfe suchend an. Sie stand am Fußende der Liege und grinste. „Lara, würdest du mir bitte assistieren?, forderte Doktor Brandström sie fragend auf. Sie war überrascht und erschrocken zugleich. Eben hatte sie noch gegrinst und jetzt sollte sie mit helfen und wusste nicht, ob sie das konnte. Ganz irritiert nickte sie: „Ja, ja, und was soll ich machen?, fragte sie etwas geistesabwesend zurück. – „Genau das tun, was ich dir jetzt sage, Schwester Lara, antwortete der Doktor mit einer ruhigen Stimme und grinste ebenfalls.

    *

    Der seltsame Hund hob seinen Kopf und horchte auf. Er hatte etwas gehört, hob sein zotteliges Haupt und drehte es Richtung Holzschuppen. Robin schubste Ricki an und flüsterte ihr zu: „Mensch, pass doch auf, jetzt hat er uns bestimmt bemerkt. Ricki zuckte mit ihren Schultern: „Tut mir leid. Sie war versehentlich mit ihrem Fuß gegen ein kleines Holzscheit getreten und einige Scheite waren heruntergefallen. Völlig angespannt starrten sie auf den Hund. Er erhob sich und setzte sich aufmerksam auf seine Hinterpfote. Immer noch hatte er seinen Kopf auf den Holzschuppen gerichtet. Robin dachte, dass er jeden Augenblick auf sie zustürmen und sie in ihrem Versteck aufspüren würde. Gott sei Dank kam die Erlösung gerade noch zum richtigen Zeitpunkt, denn der mysteriöse, dreibeinige Zottel wurde unerwartet durch ein helles Fiepen, das von der anderen Seite der Hütte kam, abgelenkt. Er drehte seinen Kopf nach links und rannte spontan auf seinen 3 Pfoten, die aussahen wie Bärentatzen, davon. „Glück gehabt, sagte Robin. „Lass uns schnell zur Hüttentür schleichen und einen kurzen Blick da hinein werfen. Vom Schreck erholt und von der Neugierde getrieben, liefen Robin und Ricki in geduckter Haltung hinüber zur Veranda, blieben kurz vor ihr stehen, horchten und betraten sie vorsichtig, bis sie die Hüttentür erreichen. Der Spalt war breit genug, sodass sie ihr Köpfe hindurch stecken konnten. Das Fiepen des Kitzes, das Richard so echt nachahmte, um den Hund abzulenken, war immer noch zu hören. Zögernd schoben Ricki und Robin ihre Köpfe mit weit aufgerissenen Augen durch den Türspalt. Es roch nach Harz, Leim, Tabak und Wachs.

    Zuerst nahmen sie den großen, ledernen Ohrensessel wahr, der mit dem Rücken zur Tür neben einem Bullerofen stand. Halbmondförmig ragte ein Kopf mit weißgrauen Haaren über die Rückenlehne heraus. Die langen Haarbüschel kräuselten sich um die Naht der Lehne, als wenn sie den Kopf festhalten wollten, damit er nicht nach vorne herunterfiel. Jemand schien in dem Sessel zu schlafen, denn ein leichtes Schnarchen war zu hören, das sich fast wie ein Röcheln anhörte. Eine Hand hing leblos seitlich über der Armlehne herunter. Sie war halb geöffnet. Unter ihr lag auf den eingewachsten Dielenbrettern ein eigenartiges Gebilde. Neben dem Sessel züngelten Flammen in dem merkwürdig aussehenden Ofen, auf dem ein verbeulter Kochkessel in den letzten Atemzügen lag. Feine Dampfschwaden schlängelten sich durch den Türspalt und verschwanden im Nichts. In der Mitte der Hütte stand ein alter Holztisch mit einer von Messerkerben übersäten dicken Holzplatte, auf dem ein herunter brennender Kerzenstummel stand. Seine Flamme lag in den letzten Zügen, denn sie flackerte hilflos, vom Windzug ausgesetzt, hin und her. Es war ihr letzter Tanz, den sie auf dem Tisch aufführte, denn ein Luftzug hauchte sie plötzlich aus. Im Nu lag die Hütte im Dunkeln. Ricki und Robin wollte gerade ihre Köpfe aus dem Türspalt zurückziehen, als jemand hechelnd hinter ihnen stand. Sie erschraken so heftig, dass ihre Köpfe im Duett laut gegen die Tür stießen. Jetzt konnten die beiden nicht mehr zurück. Sie waren ertappt.

    *

    Doktor Brandström bereitete alles vor, um Paulchens Risswunde zu nähen. Wie gut, dass der das nicht sehen konnte, denn dann wäre er bestimmt wieder ohnmächtig geworden. Also hörte nur, wie er herum hantierte und Lara zu sich rief. „Du hältst mir gleich die Nierenschale, während ich unserem Patienten die kleine Narkose gebe. Wenn ich fertig bin, legst du sie hier auf das Tischchen und hältst Paulchens Kopf so, dass ich besser nähen kann. O.K.? Lara schaute ihn mit großen Augen an und nickte stumm. Eigentlich war es schon immer ihr Wunsch gewesen, Krankenschwester zu werden, denn ihre Mutter war das auch. Nun bekam sie die einmalige Gelegenheit dazu. Sie wollte ihr bestes geben und half mutig mit, obwohl ihr einmal ganz mulmig wurde, als Doktor Brandström die Nadel an Paulchens Hinterkopf ansetzte und zu nähen begann. „So, das wäre geschafft, sagte Doktor Brandström nach einer Weile. „Jetzt noch einen Verband um den Kopf und wenn er wieder aufwacht, kannst du ihn schnell nach Hause bringen. Lara legte die Instrumente in die Nierenschale und stellte sie beiseite. „Du hast dich gar nicht so dumm angestellt Lara, lobte er sie. – „Danke Doktor Brandström, das war aufregend. Im ersten Moment habe ich geglaubt, dass ich das nicht durchstehen würde. – „Es gibt immer ein erstes Mal, Lara. Wenn du willst, kannst du unseren jetzt Patienten aufwecken. Lara beugte sich über ihn und rief seinen Namen: „Hallo Paulchen, wach auf, wir sind fertig! Als sie merkte, dass er sich nicht rührte, rief sie dem Doktor zu: „Der bewegt sich überhaupt nicht. Paulchen lag immer noch regungslos auf der Behandlungsliege. Während der Doktor sich seine Hände wusch, antwortete er: „Das kann noch ein Weilchen dauern, bis er wieder zu sich kommt. Die Narkose war ein bisschen stärker, damit er ja nichts spürt, der Pechvogel. Paulchens Kopf brummte. Es kam ihm vor, als wenn er von einer langen Reise zurückkam. Er hörte Stimmen. Sie kamen ihm irgendwie bekannt vor. Wo bin ich? Was ist mit mir los? , dachte er. Er blinzelte in eine helle Lampe, die über ihm hing. Dann hörte eine bekannte Stimme: „Ich glaube Herr Doktor, er kommt jetzt langsam wieder zu sich! Er erkannte kurz den Schatten eines blonden Engel, den er schon mal gesehen hatte. Dann fielen seine Augen wieder zu. „Das dauert noch etwas, aber bald ist er wieder da, beruhigte Doktor Brandström Lara. Sie bemühte sich, Paulchen weiter aufzuwecken, indem sie immer wieder seinen Namen rief. Nach einer Weile schlug er wieder seine Augen auf, und diesmal sah er ganz klar Lara und den Doktor. Er wollte was sagen, schlief aber wieder ein. Die Kirchturmuhr schlug neun. Endlich wachte Paulchen auf, hob seinen Kopf vorsichtig hoch und verzog dabei sein Gesicht. Jetzt saß er auf der Liege, schaute sich um und konnte sich langsam an alles wieder erinnern. „Geht es mit gut? Der Doktor und Lara lachten. - „Das musst du selbst wissen. Wir hatten ja nicht den Riss am Kopf, scherzte Doktor Brandström. „Kannst du aufstehen?, fragte er ihn. Paulchen ließ seine Beine langsam von der Liege herunterbaumeln und rutschte herunter, bis dass er auf seinen Füßen stand. Er war noch etwas wackelig in den Beinen. Lara stützte ihn und sagte: „Du hast alles prima überstanden. Ich bringe dich nach Hause, damit du dich erholen kannst, du tapferer Held. Das klang wie Musik in seinen Ohren. Paulchen bedankte sich bei Doktor Brandström und verließ mit Lara die Praxis des kleinen Landarztes, wie er sie betreten hatte, gestützt von Lara. Er drehte sich noch einmal um und rief: „Danke Doktor. Dann verschwanden beide in der Dunkelheit.

    *

    Der große Hund stand breitbeinig vor Robin und Ricki, die sich mit dem Rücken dicht an die Hüttenwand gedrängt hatten. Er bellte die Eindringlinge laut an, denn er kannte es nicht, dass sich Fremde hier aufhielten. Robin und Ricki sahen ängstlich auf den Hund, dessen Gesicht immer noch nicht zu erkennen war. Er bellte sie weiter an. Richard tauchte plötzlich überstürzt hinter ihm auf der Veranda auf und sah, was passiert war. Er atmete heftig und wollte den beiden gerade etwas zurufen, als sich in dem Moment die Hüttentür laut knarrend öffnete. Robin, Richard und Ricki zuckten zusammen. Eine große schemenhafte Figur trat heraus. Ein Hüne von Mann. Er musste vermutlich vorher in dem Ohrensessel geschlafen haben. Mit einem langen verknitterten Ledermantel trat er heraus. Auf seinem Kopf saß ein breitkrempiger schwarzer Hut mit einer noch schwärzeren Rabenfeder. Sein Gesicht war nicht zu erkennen. Es verbarg sich im Schatten der Hutkrempe. Nur die langen Haare schimmerten silbrig im Schein seiner Handlaterne unter dem Hut hervor. Er hob die Laterne hoch, schaute erst auf seinen Hund, dann auf Richard, der zu bibbern anfing. Langsam drehte er seinen Kopf und blickte Robin und Ricki an. Ricki fing an zu kreischen und hob ihre Hände vors Gesicht. Robin nahm sie schützend in den Arm. Richard sprang hinzu und hielt seine Arme wie ein Schutzschild um seine Freunde. Wo waren sie hier nur hingeraten? Keiner wagte es hoch zu schauen, denn der Gedanke an den Anblick dieses gruseligen Pärchens versetzte sie in Panik. Alle wünschten sich, nie hier her gekommen zu sein.

    „Brav Hector! Leg’ dich und sei still!, befahl die ruhige, dunkle Stimme des Hünen. Der Hund gehorchte sofort, ohne seinen haarigen Kopf von den Dreien zu lassen. Ricki linste kurz durch einen schmalen Fingerspalt und erkannte die Fratze wieder. Sie war es, die sie im Schein des Kugelblitzes im Fenster der Hütte entdeckt hatte. Oh Gott hilf, dachte sie und schloss die Finger schnell wieder. Was wird er uns antun? „So, nun zu euch! Was um alles in der Welt spioniert ihr hier herum? Seine Stimme war schroffer geworden. Er packte Richard an seinem Kragen, der immer noch rücklings zu ihm stand und zerrte ihn herum. Richard hob langsam seinen Kopf und schaute ihm direkt ins Gesicht. Er erschrak, als er in sein narbiges Gesicht blickte, das mit einer schwarzen Augenklappe halb verdeckt war. In dem Moment dachte er an Captain Ahab von Moby Dick, nur dieser hier hatte noch beide Hände und Beine. Eigenartigerweise blieb Richard dennoch ruhig. Irgendetwas irritierte ihn und er wusste nicht was. „Wir sind vom Unwetter überrascht worden und haben Schutz gesucht. Dabei entdeckten wir den Holzschuppen dort drüben, antwortete er erstaunlich mutig. Robin und Ricki wagten langsam ihre Köpfe zu heben und schauten ihn, den Furchterregenden an. Der Schreck fuhr erneut in ihre Glieder, als sie in sein Gesicht blickten. In dem Moment wandte er sich an die beiden und hob seine Stimme erneut: „Und ihr, ihr Schnüffler, was habt ihr in meiner Hütte zu suchen? Beide zuckten mit den Achseln. „Ach so, ihr seid sprachlos? Dann wollen wir euch mal zum Reden bringen. Gerade wollte er nach Robin greifen, als dieser anfing zu stottern: „Entschuldigung, wir waren neugierig. Die Tür stand ein wenig auf und da haben wir gedacht… Weiter kam er nicht, weil er unterbrochen wurde: „ Was habt ihr gedacht?, fing Augenklappe barsch an zu reden. „Mal eben eine fremde Hütte betreten, auch wenn die Tür ein wenig aufstand? Mach ich das bei euch auch? Habt ihr angeklopft und habe ich euch herein gebeten? – „Nein, tut uns Leid: – „Nein, tut euch Leid? Was tut euch Leid? Er schwieg und wartete auf eine Antwort. Plötzlich mischte sich Ricki beherzt ein: „Darf ich Ihnen alles erklären? Sie wartete ab, bis er reagierte. Als sie merkte, dass er nichts erwiderte, fuhr sie fort: „Also, wir drei sind dicke Freunde. Wir spielen oft im Wald. Dort bauen wir Verstecke, beobachten Tiere und finden ab und an auch mal einen kleinen Schatz. Wir sind neugierig auf alles. Als wir ihre Hütte hier entdeckten, haben wir hineingeschaut. Tut uns Leid, dass wirt nicht angeklopft haben. Sie wartete nicht auf ein Antwort und redete weiter: „Bitte, lassen sie uns gehen. Wir werden bestimmt zu Hause schon vermisst. Und belästigen werden wir sie auch nicht mehr. O.K.?" Es war mucksmäuschenstill. Der alte Mann mit seinem schwarzen Hut schien sprachlos über Rickis Redeschwung zu sein. Er räusperte sich und antwortete schroff: „Ihr bleibt.

    Corbi Bart weiß

    Niemand geht!". Die drei brachten kein Laut hervor.

    CORBI

    *

    Doktor Brandström lehnte sich zurück in seinen Stuhl und war froh, dass er endlich Feierabend hatte. Er räumte kurz seinen Schreibtisch zusammen, zog seinen Kittel aus, löschte das Licht und ging in seine darüber liegende Wohnung. Seine Frau war froh, dass er mal einigermaßen pünktlich zum Abendessen kam, denn in der Regel wurde es immer sehr spät. Es gab sein Lieblingsessen. Als sich gerade mit Freude darüber hermachen wollte, läutete es schon wieder unten an der Haustür. Er brummelte vor sich hin, stand auf, ging mürrisch nach unten und öffnete die Haustür. Als er sah, wer vor seiner Tür stand, erblasste er. Das konnte nicht sein, denn Doktor Brandström kannte die Gestalt, die schweigend um Einlass bat. Ohne ein Wort und voller Ehrfurcht öffnete er die Tür ganz und ließ sie eintreten. Mit einer Handbewegung deutete er auf das Behandlungszimmer und flüsterte: „Gehen sie dort hinein. Nehmen sie Platz, ich komme sofort." Dann schloss er die Tür, lief eilig in seine Wohnung, holte sich einen frischen Kittel und lief ohne ein Wort zu sagen wieder nach unten. Seine Frau schaute verdutzt hinter ihm her und schüttelte ihren Kopf. Ihr Mann war immer so, wenn er Stress hatte. Er war dann ungenießbar, sein Blutdruck stieg ins Unermessliche und sie musste befürchten, dass er eines Tages umfallen würde und tot da läge. Diesmal hatte sie kein gutes Gefühl, denn so hatte sie ihn noch nie erlebt. Er machte nicht einmal eine Andeutung, wer gekommen war. Was war da unten geschehen? Wer war gekommen, der ihn so nervös machte? Das musste sie herausfinden. Also schlich sie ihm heimlich nach. Sie hörte nur noch, wie die Behandlungstür zuschnappte.

    *

    Paulchen war von Lara sicher nach Hause gebracht worden und lag in seinem Bett mit einem brummenden Kopf. Er hatte keine Lust mehr darüber nachzudenken, was in den Stunden davor passiert war. Er wollte nur schlafen. Noch einmal schaute er verträumt aus seinem Fenster, vor dem sein großer Kletterbaum stand, dann drehte er sich zur Seite und löschte das Licht. Seine Mutter schaute noch einmal besorgt nach ihm, beruhigte sich aber schnell wieder, als sie ihren Sohn schlafend im Bett liegen sah. Sie schloss die Türe, ohne zu wissen, dass sie reingelegt worden war.

    Lara war unterdessen zu Hause angekommen und saß mit ihrem Vater gemütlich beim Abendbrot. Auch er war diesmal spät von seiner Arbeit gekommen. Als Chef einer Computerfirma passiert das schon mal öfters, obwohl er viel von zu Hause aus arbeitete. Sie redeten über den Tag, und Lara erzählte ihm von Paulchens Missgeschick und den Besuch bei Doktor Brandström. „Da hat dein Freund ja noch mal großes Glück gehabt. Es hätte sonst was passieren können, wenn du nicht durch Zufall da vorbei gekommen wärest", sagte er mit ein wenig Stolz. Es war nicht einfach für ihn, seine Tochter ohne Mutter aufzuziehen. Lara wurde dadurch früh selbständig. Sie bekam von ihm ziemlich viel Freiraum, weil er ihr vertraute und nicht viel hinterfragte. Sie rutschte ungeduldig auf dem Stuhl hin und her und schaute verstohlen auf die alte Wanduhr. Dann stand sie auf, ging zum Fenster, öffnete es und schaute hinaus. „Hat aufgehört zu

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