Eigentlich heiße ich Rachel
Von Sandra Erb
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Buchvorschau
Eigentlich heiße ich Rachel - Sandra Erb
Sandra Erb
Eigentlich heiße ich Rachel
Impressum
Sandra Erb
Weinstr. 29
69231 Rauenberg
E-Mail: sandra.erb72@gmail.com
Coverfoto: privat
© 2015 bei Sandra Erb. Alle Rechte vorbehalten.
Prolog
Leise und unaufhörlich fallen kleine Tautropfen auf die Erde. Sie hingen in einem riesigen Spinnennetz, welches den Eingang der kleinen Wegkapelle fast völlig bedeckt. Im schwachen Licht des anbrechenden Tages sehen sie aus wie kleine Perlen.
Nach meiner Ankunft in der Kapelle haben Spinnen begonnen, dieses Kunstwerk zu schaffen. Unaufhörlich wurde ein Fädchen nach dem anderen versponnen, bis mit der Zeit aus einer Vielzahl von Spinnweben ein Netz entstanden ist. Dieses bildet nun eine fast unsichtbare Wand. Ein Außenstehender könnte annehmen, dass schon seit geraumer Zeit niemand mehr in der Kapelle gewesen ist.
Das ist auch gut so, denn aus Angst vor meinen Feinden bin ich hierher geflüchtet. Ich, die ich nichts verbrochen habe und nur aus einem Grund verfolgt werde: weil ich Jüdin bin.
Familie Mayer
Ich heiße Rachel Mayer und wuchs in einer jüdischen Familie auf. Da ich das Nesthäkchen der Familie war, hatten meine Eltern, Miriam und Benjamin Mayer, immer ein besonders wachsames Auge auf mich. Neben meinen Eltern gab es noch zwei ältere Brüder namens Carl und Michael. Diese haben mir, da sie richtige Lausbuben waren, so ziemlich jeden Streich beigebracht. Da ich aber der erklärte Liebling meines Vaters war, ließ dieser fast immer alles durchgehen.
Meine Mutter nannte mich in solchen Momenten oft „mein kleiner Wildfang. Und Emmi, die im Haus als Köchin und Kindermädchen tätig war, erwiderte daraufhin meist lachend: „Was hat es denn jetzt schon wieder angestellt, unser kleines Mädele!
Ja, die Emmi, unsere liebe Emmi, die immer einen bunten Kittelschurz trug, der ihren rundlichen Körper umspannte. Sie schenkte uns die Aufmerksamkeit und Geborgenheit, welche uns unsere Eltern oft nicht geben konnten, weil sie ständig am Arbeiten waren. Wir waren ihr ans Herz gewachsen, obwohl oder weil sie mit meinen beiden Brüdern und mir alle Hände voll zu tun hatte.
Meine Eltern arbeiteten tagein tagaus in ihrem Kaufhaus, dessen Grundstein bereits mein Großvater gelegt hatte. Ursprünglich handelte es sich um ein Kolonialwarengeschäft, in dem man Waren des täglichen Bedarfs kaufen konnte. Mein Vater, der das Geschäft nach dem Tod meines Großvaters übernommen hatte, baute dieses aus und es entstand ein großes Kaufhaus.
Die Arbeitsteilung in diesem Familienbetrieb sah folgendermaßen aus: Mein Vater leitete das Geschäft und meine Mutter war für die Finanzen zuständig. Da beide sehr eifrig waren, hatten sie es mit der Zeit zu Wohlstand gebracht.
Wenn wir unsere Eltern zu besonderen Anlässen, wie etwa der Zeugnisvergabe, im Kaufhaus besuchen durften, erlaubten sie uns in die Süßwarenabteilung zu gehen, wo sich jeder eine Süßigkeit nehmen durfte. Das war aber nur der Fall, wenn die Zeugnisse einigermaßen annehmbar waren. Bei den beiden Jungs war das nicht immer der Fall.
Ich selbst ging im Gegensatz zu meinen beiden Brüdern gerne zur Schule und war stolz darauf, es bis aufs Gymnasium geschafft zu haben. Und obwohl ich sehr fleißig und strebsam war, wurde ich von meinen Klassenkameraden akzeptiert. Selbst die Tatsache, dass ich Jüdin bin, war