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ausgerechnet Islam: ein folgenschwerer Blick vom Balkon
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eBook215 Seiten2 Stunden

ausgerechnet Islam: ein folgenschwerer Blick vom Balkon

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Über dieses E-Book

Es ist ein Rätsel:
Da ist eine Frau, Schweizerin, bald 60, Sprachlehrerin, mit beiden Füßen fest im Leben stehend, intelligent, emanzipiert, selbständig. Sie lebt mit ihrem Mann in einer wunderschönen Gegend in Südeuropa, hat Haus, Garten, genug Freizeit und viele Hobbies. Mit Religion hat sie nichts am Hut – im Gegenteil, sie ist eingefleischte Agnostikerin und der festen Überzeugung, Glaube sei nur etwas für schlichtere Gemüter.
Und plötzlich fängt sie an, von Gott zu faseln. Von Allah. Von Wahrheit.
Was ist geschehen? Nein, sie hat keinen muslimischen Liebhaber. Weder ist sie in einer Sekte gelandet, noch ist da jemand, der sie beeinflusst - sie ist auch gar nicht der Typ, der sich leicht für etwas einnehmen ließe, dazu ist sie viel zu eigenständig.
Während ihre Angehörigen und Freunde rätseln, ob sie wohl psychologische oder gar psychiatrische Hilfe braucht, beginnt sie, zu bloggen.
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum9. Feb. 2014
ISBN9783847674771
ausgerechnet Islam: ein folgenschwerer Blick vom Balkon

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    Buchvorschau

    ausgerechnet Islam - Christine Berner

    Hinweis

    Keine Biografie, keine Chronik, kein Tagebuch, kein Reisebericht, keine Poesie, kein Fachbuch – aber von allem ein wenig.

    Ein Blog eben. Sehr persönlich. Sehr authentisch. Sehr ehrlich.

    Für die einen ein Blick in eine andere Erfahrungswelt.

    Für andere ein Wohnzimmer zum Wohlfühlen.

    Vorwort

    Im März 2011 begann ich zu bloggen. Aus einer Not heraus – da war schlicht niemand zum Reden. Mit mir war nämlich etwas vorgegangen, das mein Leben von Grund auf veränderte. Etwas, mit dem ich nie gerechnet hätte, das überhaupt nicht zu mir passte, das mich »kalt erwischt« hat, wie man zu sagen pflegt. Hätte mir jemals jemand so etwas vorausgesagt, ich hätte ihm den Vogel gezeigt und gesagt: Ich? NIEMALS! Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr…

    Und doch ist es passiert. Zum Schrecken meiner Umgebung, bei der meine Veränderung die schlimmsten Befürchtungen und Ängste auslöste: »Sie ist verrückt geworden«. »Sie wurde gehirngewaschen«. »Wie kann sie nur, in dem Alter«. Man legte mir nahe, psychologischen Rat zu suchen, ja sogar, mich in psychiatrische Behandlung zu begeben. Man nannte mich egoistisch, zweifelte an meiner Intelligenz, nahm mich nicht mehr ernst.

    Da hatte ich die Idee mit dem Blog. Ich könnte, dachte ich, dieses Medium einerseits dazu nutzen, mich Freunden und Bekannten zu erklären und dadurch ein klein wenig Verständnis oder wenigstens Akzeptanz finden. Zum anderen Teil brauchte ich ein Ventil – irgendwo musste raus, was mir durch den Kopf ging.

    Ich hatte während der Monate zuvor schon Einiges geschrieben. Es ist eine Aufarbeitung der Geschehnisse bis zu meinem »Outing« und ein Versuch, mir selbst und meiner Familie verständlich zu machen, wie es im dritten Drittel meines Lebens zu solch grundlegendem Wandel kam. Dieser Text mit dem Titel »Metamorphose« steht im Blog auf einer eigenen Seite und macht nun den Anfang dieses Buches.

    Zunächst hatte ich vor, die anschließenden Blogbeiträge »buchgerecht« in einen fortlaufenden, stilistisch einheitlichen Text umzuschreiben. Ich merkte aber schnell, dass dadurch die Authentizität verloren ginge, denn die Artikel leben gerade von den jeweiligen Stimmungen, in denen ich sie schrieb. Also beließ ich sie so weit wie möglich in ihrer ursprünglichen Form.

    Dieses Buch entstand auf vielfachen Wunsch von Leser/Innen, die u. a. die Texte gerne auch an Menschen weitergeben möchten, die nicht viel mit PC und Internet anfangen können und/oder keine Blogs zu lesen pflegen.

    Allen, die mich motiviert und unterstützt haben, danke ich von ganzem Herzen.

    Metamorphose

    Die Ausgangslage

    Als das Unerwartete geschah, lebte ich seit fast 20 Jahren mit meinem Mann in dessen Heimatland im Süden Europas. Wir haben zwei erwachsene Söhne, ein eigenes Geschäft und ein paar Hunde und wir führten im Großen und Ganzen ein sorgloses Dasein.

    Meine allgemeine Einstellung zum Leben war unter anderem geprägt durch einen schweren Autounfall in jungen Jahren, den  ich entgegen den Prognosen der Ärzte nicht nur überlebte, sondern bei dem ich auch ganz knapp dem Rollstuhl entging. Während meines mehrmonatigen Aufenthaltes in einer Spezialklinik für Querschnittgelähmte fragte ich mich angesichts der Para- und Tetraplegiker immer wieder, warum denn nun ausgerechnet ich das unverdiente Glück hatte, von diesem Schicksal verschont geblieben zu sein.

    Diese unbeantworteten Überlegungen führten dazu, dass ich an eine Art »zufälliges Schicksal« zu glauben begann: Wenn es sein muss, muss es sein, und wenn nicht, dann eben nicht. Daraus ergab sich die Devise: Leb den Tag und genieß das Leben, solange du kannst (und damit niemandem schadest). Natürlich empfand ich auch durchaus ein Gefühl der Dankbarkeit, gewissermaßen ein zweites Leben geschenkt erhalten zu haben. Dankbarkeit ohne einen Gegenstand, an den ich sie hätte richten können.

    Denn an einen Gott hatte ich schon seit meiner Kindheit nicht mehr geglaubt. Spätestens nach dem Konfirmandenunterricht und den obligatorischen Kirchgängen war das Thema Religion für mich abgehakt. Nicht einmal in der Klinik, in der Zeit der Ungewissheit, ob ich je wieder würde gehen können, wäre es mir eingefallen, zu beten und Gott um Heilung zu bitten.

    Die Vorstellung eines Gottes, der die Welt erschaffen hat, kam mir genauso wahrscheinlich oder unwahrscheinlich vor wie die Zufallstheorie. Könnte es nicht noch viel weiter außerhalb des menschlichen Verstandes liegende Möglichkeiten zur Erklärung allen Seins geben? »Glauben« – das war ein Wort, das mir im Zusammenhang mit der Frage nach dem Ursprung der Welt und dem Sinn des Lebens fehl am Platze schien. Etwas so Grundlegendes ohne jedes Wissen einfach nur zu glauben – das war nicht mein Ding. Das Wort »Gott« schien mir allenfalls dienlich als Begriff zur Umschreibung all dessen, worüber man nichts weiß.

    Meine Einstellung zu Religionen fußte auf dieser Prämisse. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass ein einigermaßen intelligenter Mensch an eine Religion glaubt.

    Für die verschiedenen Religionsstifter, die meiner Meinung nach alle die gleiche Grundbotschaft brachten: »Seid gut zueinander«, brachte ich wohl einen gewissen Respekt auf. 

    Die Religionen, die Kirchen, die Hierarchien, die Riten, die Machtmittel, die sich daraus ergeben hatten, all das war mir entschieden suspekt. Ich hielt Religion für ein Mittel, das Volk zu unterdrücken, auszubeuten und zu manipulieren. Karl Marx drückte es so aus: Religion ist Opium fürs Volk. 

    Zeichen?

    Ich tanze sehr gerne. Mein Mann leider nicht. Das war der Grund dafür, dass ich mich vor einigen Jahren eines Tages überwand und mich in einen Kurs für orientalischen Tanz – im Volksmund Bauchtanz genannt – einschrieb. Eigentlich fand ich diese z.T. alten (wie ich) Frauen, die mit ihren Hintern wackeln, eher albern und hätte viel lieber mit meinem Mann einen Salsa- oder Tango-Kurs belegt. Aber er ließ sich in all den Jahren nie dazu überreden. Beim Bauchtanz hingegen braucht man keinen Partner, und die Bewegungen sollten, wie es hieß, gut für meinen aufgrund jenes Unfalls etwas schmerzanfälligen Rücken sein. Entgegen meinen Vorurteilen erwies sich das Ganze als weder anstößig noch peinlich. Wir waren einfach ein paar ganz unterschiedliche Frauen zwischen 15 und 75 Jahren, die durch das Tanzen und dessen meditativen Aspekt eine etwas unverkrampftere Einstellung zu ihren so gar nicht perfekten Körpern erlangten, und viel Spaß hatten.

    Die exotische arabische Musik faszinierte mich von Anfang an. Mein mp3 Player war bald voll davon. Als Nächstes verwirklichte sich ein alter Traum von mir: Mein Mann und ich machten eine Reise nach Ägypten. Natürlich konzentrierte sich die Reise auf die altägyptischen Sehenswürdigkeiten, aber wir waren auch ein paar Tage mitten in Kairo und besuchten u. a. die Zitadelle hoch über der Stadt, mit der Ehrfurcht gebietenden Mohammed-Ali-Moschee. Nicht Ehrfurcht erweckend genug, dass sich mein Mann nicht lustig gemacht hätte beim Anblick der sich verbeugenden und niederwerfenden Gläubigen. »Allah Petrol« will er nämlich immer verstehen statt »Allahu Akbar«. Ich amüsierte mich mit.

    Aus einem plötzlichen Impuls heraus bat ich ein knappes Jahr später eine Freundin, mir aus der Schweiz einen Arabisch-Lehrgang zum Selbststudium mitzubringen. Mir ging es darum, mein Gehirn zu trainieren, und die Sudokus und Kreuzworträtsel waren mir verleidet. Es heißt ja, dass es gut für die grauen Zellen sei, im Alter etwas ganz Neues zu lernen und ich fand, eine Sprache mit ganz anderen Buchstaben und entgegengesetzter Schriftrichtung sei neu genug und eigne sich durchaus als Gehirngymnastik.

    Ich lernte zunächst ein halbes Jahr autodidaktisch, doch das war auf Dauer unbefriedigend. Also suchte und fand ich einen Online-Lehrer und buchte eine Probestunde. Diese war einwandfrei. Allerdings fehlte nicht viel, und ich hätte im letzten Moment abgesagt: Ich googelte nämlich nach dem Namen des Lehrers und fand nebst Veröffentlichungen zur arabischen Sprache auch einen religiösen, islamischen Text. Auf Frommes hatte ich nun wirklich keine Lust, und am allerwenigsten auf Islamisches.

    Da ich mich nicht auf längere Zeit verpflichten musste, fing ich dennoch an, alle 2 Wochen eine On-line-Lektion zu nehmen. Der Lehrer machte keinerlei religiöse Andeutungen. Dafür wies er mich darauf hin, dass das Arabisch, das ich bisher gelernt hatte, ein »abgekürztes« sei, etwas »schlampig«, nicht klassisch Hocharabisch. Ich erwiderte ziemlich unwirsch, ich hätte ja keineswegs die Absicht, den Koran zu lesen, sodass mir das durchaus genüge.

    Nach ein paar Lektionen packte mich dann aber doch der Ehrgeiz. Natürlich nicht wegen des Korans, aber ich dachte »wenn ich schon eine Sprache lerne, dann auch richtig« und fing an, Hocharabisch zu lernen. Es machte mir Spaß und ich hatte den Eindruck, zusammen mit dieser so ganz anderen Sprache ein neues Lebensgefühl zu erahnen. Anfangs fand ich sie interessant und seltsam, mit der Zeit gefiel sie mir immer besser, mitsamt den komischen ungewohnten Kehllauten. Die Lektionen waren professionell gestaltet und es schimmerte kein bisschen Religion durch.

    Denn trotz meiner Schwäche für das Orientalische – der Islam gehörte nun ganz bestimmt nicht dazu. Obwohl ich mich für eine relativ tolerante Person hielt, war mir diese Religion noch suspekter als alle anderen – natürlich nicht zuletzt durch die vielen Nachrichten über Selbstmordattentäter und Terrorakte und andere dem Islam zugeschriebene Grausamkeiten. Eigentlich hörte man ja immer nur Negatives. Eine Religion, die Gewalt befürwortet, Frauen unterdrückt, Andersgläubige ausgrenzt und heutzutage noch Steinigungen toleriert fand ich schlimmer als die schlimmsten Sekten. Und wenn ich schon für meine eigene, »angeborene« Religion keinerlei Interesse hatte, dann bestimmt erst recht nicht ausgerechnet für den Islam.

    Zu meinem Geburtstag schenkte  mir eine gute Freundin, die wusste, dass ich arabisch lerne, einen schönen goldenen Anhänger mit einer arabischen Kalligrafie. Ihr inzwischen verstorbener Mann hatte ihn ihr vor vielen Jahren in Ägypten gekauft und sie wusste nicht, was draufstand. Ich konnte es zunächst auch nicht entziffern, aber natürlich freute ich mich sehr und trug es gerne. Als ich jedoch erfuhr, dass die Kalligraphie »Allah« bedeutet, war das Grund für mich, es nicht mehr zu tragen. Nur nichts Religiöses, auch wenn es noch so schön aussieht!

    Allah?

    Ich bin ein Naturmensch. Ich könnte mir nicht vorstellen, in einer Stadt zu wohnen. Im Urlaub sind es nicht die Monumente, sondern Landschaften und die Schönheiten der Natur, die es mir am meisten antun. Und ich gestehe, dass mich trotz meiner negativen Einstellung zu Religionen durchaus manchmal beim Anblick der Natur ein ehrfürchtiges Gefühl überkam, eine Art diffuse Dankbarkeit, dass ich hier sein und das sehen und erleben darf. Doch das, was mich nun erwartete, übertraf alle diese momentanen Glücksgefühle um ein Vielfaches.

    Ich weiß, dass sich das, was ich jetzt berichten werde, verrückt anhört. Ich erzähle es trotzdem, weil ich es genau so erlebt habe. Es war so: Eines Tages, es war Mitte April, stand ich auf dem Balkon und schaute über die blühende Gegend zum Meer hinaus, und auf einmal erfasste mich ein unglaublich intensives Gefühl,  ich »wusste« plötzlich um die Existenz Gottes und für einen Moment war da »Allah«. Es war kein Wort, auch nicht wirklich ein Gedanke, eher ein klangloser Ton, der meinen Kopf, meinen Körper ausfüllte. Ich war völlig überrumpelt. Für das damit einhergehende Glücksgefühl fiel mir später ein Vergleich ein: Die Geburt meiner Söhne – pure Liebe, Dankbarkeit und Staunen. Dass da in mir »Allah« »tönte« und nicht »Gott« (oder etwas anderes) erklärte sich durch das Arabischlernen.

    Mit meinem Leben war ich zum Zeitpunkt dieses Erlebnisses durchaus zufrieden. Ich wohnte an einem wunderschönen Ort, in einem schönen Haus, hatte eine Familie, Hobbies, mir fehlte es an nichts. Ich hatte nie an Halluzinationen gelitten und fühlte mich psychisch gesund. Natürlich hatte ich auch ein paar Probleme, aber ich hatte noch nie den Wunsch verspürt, deswegen mein ganzes Leben umzukrempeln.

    Da war also dieses seltsame Erlebnis. Es blieb aber nicht einfach ein momentanes »Flash«, sondern die Erinnerung an das Gefühl blieb präsent und manchmal brach es mehr oder weniger intensiv wieder durch. Vor allem hatte ich das physische Empfinden der Präsenz Gottes, wenn ich draußen in der Natur war. Verstandesmäßig konnte ich das Ganze nicht einordnen.

    Wie schon erwähnt, von Religionen hielt ich nichts. Allerdings war ich nicht ganz unbedarft, meine eigene Religion war mir schon vertraut, durch Sonntagsschule, Konfirmandenunterricht. Auch hatte ich in jungen Jahren aus purem Interesse und Lust am Lesen einen Großteil der Bibel gelesen, und auch über Buddhismus und Hinduismus hatte man in den Hippie-Jahren Einiges erfahren. Keine dieser Religionen vermochte mich jemals anzuziehen.

    Jetzt drängte es mich jedoch, mich über den Islam zu informieren, zunächst auf Wikipedia. Mir war bereits bekannt, dass das Wort »Allah« nichts anderes als der arabische Begriff für das Wort »Gott« ist, dass die arabischen Christen Gott ebenso »Allah« nennen wie die Muslime. Ich wusste, vor allem von unserer Ägyptenreise her, dass letztere furchtbar fromm sind und beten und sich niederwerfen bis sie schwarze Male auf der Stirne kriegen, und dass sie ihre Gäste im Taxi warten lassen, wenn gerade eine Gebetszeit ansteht. Und natürlich wusste ich um all die negativen Schlagzeilen, die der Islam in den vergangenen Jahren in den Medien gemacht hatte. Jetzt lernte ich eine ganz neue Sichtweise auf den Islam kennen.

    Ich lud eine Koranübersetzung von Rassoul herunter und stieß beim Stöbern ziemlich rasch auf:

    «Sprich: wahrlich, mein Herr, der Kenner des Verborgenen, schleudert (euch) die Wahrheit entgegen»  (Sure 34 Vers 48)

    «......... die Haut erschauert, dann erweicht sich ihre Haut und ihr Herz zum Gedenken Allahs. Das ist die Führung Allahs...» (Sure 39 Vers 23)

    Besser könnte ich meine Empfindungen auf dem Balkon nicht beschreiben.

    Ich intensivierte die Lektüre, fing am Anfang an. Manche Verse fand ich durchaus erbaulich, andere sehr befremdlich. Der Koran stieß mich ab und zog mich noch mehr an. Mein Verstand wehrte sich mit Händen und Füßen. Brachte alle Argumente gegen Religion im Allgemeinen und den Islam im Speziellen auf, berechtigte und unberechtigte, Vorurteile und Tatsachen, alles was – wie ich wohl wusste – auch mein Mann oder meine Freunde oder jeder, der etwas gegen Religionen hat, dagegen anbringen würden. Schalt mich dumm, hielt mich für verrückt, war total durcheinander.

    Und ich konnte mit niemandem reden. Ich wusste genau: alle, die ich kenne, würden genau das Gleiche sagen wie mein eigener Verstand, würden alles unternehmen, um mich von diesem »Humbug« abzubringen. Ich wollte aber nicht nur meine eigene Meinung hören, sondern ich wollte jetzt etwas  von der »anderen Seite« wissen.

    Ich überwand mich also und schrieb nach vielen inneren Kämpfen etwa eineinhalb Monate nach jenem Erlebnis auf dem Balkon dem einzigen muslimischen Menschen, den ich »kannte«, meinem Arabischlehrer, eine E-Mail. Ich weiß nicht mehr, was ich als Erstes fragte, ich habe in einem Versuch, meine Ehe zu retten, viele Mails von damals gelöscht – doch davon später. Auf jeden Fall erklärte sich der Dozent höflich und distanziert bereit, meine Fragen zu beantworten. Dieser Austausch fand ausschließlich per E-Mail statt. Von den Antworten auf meine vielen Fragen waren manche schlüssig, einige konnte ich nicht wirklich nachvollziehen, und es kam auch des Öfteren etwas wie »das liegt in der Weisheit Gottes« was ich als höchst unbefriedigend empfand.

    Trotzdem wollte ich mehr wissen. Ich las jetzt gleichzeitig zwei verschiedene Koranübersetzungen. Las alles, was ich über, vom, für und gegen den Islam im Internet fand.

    Zu meiner Reaktion auf den Koran selbst zitierte der Lehrer nachstehende Worte Goethes. Ich glaube, kein Nicht-Muslim (wobei man, soviel ich weiß, nicht ganz sicher ist, ob er

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