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Der Untergang des Blauen Planeten
Der Untergang des Blauen Planeten
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eBook476 Seiten6 Stunden

Der Untergang des Blauen Planeten

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Über dieses E-Book

Auf der völlig verseuchten Erde vegetieren Tommy und Tina und schwierigsten Bedingungen, ohne Eltern und unter der Gewalt eines diktatorischen Systems.
Als ihr baldiger Tod abzusehen ist, fliehen sie in eine aussichtslos erscheinende Zukunft.
Von völlig unerwarteter Seite erfahren sie Rettung.
Sie erhalten die Chance, zusammen mit anderen Kindern völlig neu anzufangen ...
SpracheDeutsch
Herausgeberepubli
Erscheinungsdatum13. Dez. 2020
ISBN9783753133058
Der Untergang des Blauen Planeten

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    Buchvorschau

    Der Untergang des Blauen Planeten - Klaus Jürgen Meyer

    Der Untergang

    des Blauen Planeten

    von

    Klaus Jürgen Meyer

    Umschlaggestaltung: Michael Hesse

    Für Alle, die für ihre Zukunft laut sind!

    Bleibt laut und werdet lauter,

    damit dieses Buch das bleibt, was es ist:

    ein Roman!

    Einführung

    Wir schreiben das Jahr 2172.

    Und wir sind auf der Erde.

    Zumindest auf dem Reste, welcher von dem einst „Blauen Planeten" noch übrig geblieben ist.

    Korrupte, machtbesessene Politiker, verrückte, größenwahnsinnige Militärs, profitgierige Konzernherren und nicht zuletzt das tatenlose Zusehen der breiten Masse der zuletzt 13 Milliarden Menschen haben die Erde an den Rand des Untergangs gebracht.

    Wovon man am Ende des 20. Jahrhunderts noch als Phänomen gesprochen hatte, war jetzt Realität geworden: Schnee am Äquator, tropische Hitze an den Polen, heiße, trockene Sommer und extrem kalte und lange Winter in fast allen Teilen der Erde.

    Die Zeit, in welcher es regnete, war so kurz, dass es sich kaum lohnte darüber zu reden.

    Und wenn es doch einmal regnete, dann war dieser Regen zu nichts mehr nutze, denn er war so sauer, dass er zu schweren Verätzungen geführt hätte, wenn man sein Wasser auf die Haut bekommen hätte.

    Pflanzen gab es schon lange nicht mehr und das hatte zur Folge, dass die Atmosphäre soviel Schwefel und Kohlenmonoxyd enthielt, dass sie ohne Atemschutz nicht länger als eine halbe Stunde zu atmen war, ohne schwerste gesundheitliche Schäden davon zu tragen.

    Und nach einer Stunde war man unter Garantie tot.

    Immer wieder in der Vergangenheit hatten kleine Gruppen von engagierten Umweltschützern auf die Gefahren der Weltpolitik hingewiesen und mehr als einmal dabei ihr Leben riskiert und auch verloren.

    Gebracht hatte es nichts! Immer größere Flächen des Planeten wurden zur Wüste, immer mehr Wälder starben und immer mehr Tiere mit ihnen.

    Der Mangel an Wasser und frischen Lebensmitteln führte unter der Menschheit, vor allem bei den ärmeren Schichten, zu furchtbaren Epidemien und reduzierte sie auf knapp 9 Milliarden. Verheerende Naturkatastrophen forderten noch einmal rund 4 Milliarden Menschenleben.

    Die noch übrig gebliebenen 5 Milliarden Menschen lebten in Amerika und Europa.

    Der größte Teil von ihnen lebte in großen Städten, um die so genannte Schutzzonen in Form von riesigen Plexiglashüllen errichtet worden waren. In diesen Städten konnte man dank künstlich geschaffener Atmosphäre ohne Schutzanzüge oder Atemgeräte leben.

    Starke Aufgebote von Sicherheits- und Geheimpolizei sorgten für einen ruhigen, geordneten Ablauf im Leben dieser Städte.

    Überdachte Gänge führten zu ebenso überdachten chemischen Fabriken, von denen die Schlote durch die Überdachung ins Frei ragten und weiterhin ihre hochgiftigen Abgase in die Atmosphäre bliesen.

    Allerdings waren Amerika und Europa extrem miteinander verfeindet, denn Beide beanspruchten die letzten verbliebenen Rohstoffe der Erde für sich.

    Dass es zwischen den Beiden noch nicht zum Krieg gekommen war, war nur einer einzigen Tatsache geschuldet: Beide Regierungen lebten zusammen mit den Reichen und Mächtigen in einem durch enorme Strahlenschilde vor jeder Art von Luftverschmutzung geschützten Teil von Sibirien. Sie waren die  wirklichen Herren dieser Erde.

    Früher war gerade dieser Teil der Erde durch sein extremes Klima bekannt. Durch die Klimaverschiebung war es nun gerade dieser Teil, der ein traumhaftes Klima hatte. Es war wie ein ständiger Juni. Die Temperaturen lagen um die 25 Grad Celsius – und zwar das ganze Jahr über.

    Da die Luftverschmutzung ferngehalten wurde und gigantische Wassergewinnungsanlagen die Grundwasserreservate anzapften und zusammen mit dem völlig verschmutzten Meerwasser filterten und regenerierten, gab es hier auch eine traumhafte Vegetation. Das galt aber nur für ein Gebiet von ungefähr 150 Quadratkilometern!

    Und dann gab es noch eine andere Form, in welcher die Menschen auf der Erde lebten. Diese Form war jedoch nicht mehr mit dem Leben in unserem Verständnis zu sehen. Es handelte sich um so genannte Strafkolonien. In diesen Kolonien beuteten Sträflinge – politische und kriminelle – die letzten Bodenschätze aus. Sie arbeiteten unter extrem harten Bedingungen in Schutzanzügen und Atemschutz auf und unter der Erde sowie auf Plattformen auf dem Wasser und in Unterwasserstädten auf dem Boden der Meere, in denen schon seit Jahrzehnten jedes Leben ausgestorben war.

    Und es gab noch ein paar Dörfer, in denen die Kinder dieser Sträflinge lebten. Auch diese Dörfer waren der Umwelt völlig frei ausgesetzt und nur die Häuser verfügten über Luftfiltersysteme. Auch hier war das Wasser chemisch aufbereitet und so zu Trinkwasser gemacht. Aber auf dem Weg zum gemeinsamen Speisesaal, der Schule oder dem Versorgungsgebäude brauchten die Kinder Schutzanzüge.

    Es gab nur ein paar Lehrer und Erzieher in diesen Dörfern, denn kein Kind würde es schaffen, 180 Kilometer zu Fuß in die nächst gelegene Stadt zu Fuß zurück zu legen, denn in den zugeteilten Sauerstoffflaschen befand sich nur Luft für maximal fünf Stunden.

    Eine neue gab es nur im Tausch gegen eine alte.

    * * *

    Endlich Schulschluss! Sieben Stunden waren vorbei und damit hatte er Zeit, für den Rest des Tages mit Tina zu spielen. Tommy sah sich suchend nach ihr um.

    In Wahrheit hieß er Thomas Krause. Er war jetzt seit fast vier Jahren hier, genau wie seine Freundin Tina, die mit richtigem Namen Christine Paul hieß und elf Jahre alt war.

    Im Jahr 2108 waren seine und ihre Eltern zum Tode verurteilt worden, weil sie Anführer einer geplanten Revolution waren. Ihr großes Ziel war es gewesen, die chemischen Fabriken Stück für Stück abzuschalten und irgendwie von den 150 Quadratkilometern fruchtbaren Landes aus, die es in Sibirien noch gab, die Erde zu regenerieren.

    Damals war Tommy gerade acht Jahre alt gewesen und hatte von alledem noch nicht all zu viel verstanden. Genau erinnerte er sich jedoch noch daran, wie eines Nachts die Geheimpolizei in ihre Wohnung eindrang.

    Er sah das Weinen der Mutter und das zur Maske erstarrte Gesicht seines Vaters. Er hörte das Klirren von Glas, welches bei der Durchsuchung der Wohnung aus den Schrankfächern und den Regalen gefegt wurde. Er hörte das elektronische Piepsen der Handschellen, die sich um die Handgelenke seiner Eltern schlossen. Er spürte wieder die harte Hand in seinem Genick, welche ihn vor sich her schob und in einen bereitstehenden Gleiter stieß. Und nie würde er die harten Gesichter mit den eiskalten Augen vergessen, die zu den Geheimpolizisten gehörten!

    Sie waren zu einem großen Haus gebracht worden, und dort hatte man ihn von seinen Eltern getrennt. Er hatte sie nur noch einmal gesehen.

    Ihn hatte man in ein Zimmer gesteckt, in dem schon zwei Kinder waren. Eins davon war Tina gewesen.

    Tommy schluckte krampfhaft und versuchte, seine Erinnerungen zu verdrängen. Er hatte jetzt genug Probleme und konnte sich nicht auch noch mit Erinnerungen belasten. Täglich galt es dafür zu sorgen, dass er genug Luft für den nächsten Tag zugeteilt bekam und auch eine neue Hose musste er sich besorgen.

    Er seufzte. Das Spielen würde also noch wenigstens eine halbe Stunde warten müssen. Aber er war mit Tina zusammen!

    Und da kam sie auch. Er erkannte sie an ihrem hellroten Schutzanzug, an dem sie an dem Atemschlauch ein Schleifchen gebunden hatte, das sie Gott weiß woher aufgetrieben hatte.

    Sonst wäre es auf die Entfernung auch schwer gewesen, sie zu erkennen. Die Anzüge waren alle gleich – die der Mädchen hellrot, die der Jungen dunkelblau. Nur die Namensschilder machten das jeweilige Kind erkennbar.

    Er ging ihr einige Meter entgegen und konnte sie nun ziemlich deutlich erkennen. Irgendetwas stimmte mit ihr nicht! Sie wirkte irgendwie hektisch und als er sie nun ansprach, hörte er, dass sie weinte.

    „Tina, was hast du?"

    „Nicht hier! Ich brauche dringend neue Luft! Aber danach müssen wir raus. Ich muss dir was erzählen!"

    „Gut! Erst essen oder erst Luft?"

    „Erst Luft! Ich habe nur noch für fünfzehn Minuten!"

    „Gut, dann Luft!"

    Sie gingen zu dem Haus, in dem es neue Sauerstoffflaschen gab. Tommy hatte zwar noch für eine dreiviertel Stunde Luft, aber er tauschte sie doch schon um.

    Vor etwa einem Jahr wäre das noch unmöglich gewesen, denn da war noch ein Erzieher vorhanden gewesen, der die Flaschen ausgab. Da hätte es dann ein Problem gegeben, denn Luft für 45 Minuten war einfach Luft für 30 Minuten zu viel und man konnte sie nicht so einfach ablassen.

    Und genau das tat er jetzt. Das Ventil aufgedreht und nach einem Blick auf das Manometer konnte er die zwei Flaschen ohne Probleme an das Ventil zur Überprüfung anschließen.

    Aus der roten Kontrolllampe wurde eine grüne und nach genau einer Minute rollten zwei neue in den Ausgabeschacht.

    Das gleiche würde sich morgen wieder so abspielen und übermorgen und immer so weiter. Täglich 280 Mal, denn so viele Kinder waren in dem Dorf.

    Und dann noch einmal 50 Mal für die Lehrer und Erzieher. Aber die bekamen soviel Luft, wie sie brauchten, oder besser gesagt, wollten.

    Die Anlage lief über einen Computer, der den Fingerabdruck abnahm und so nur einmal am Tag pro Person Luft ausgab – außer bei den Erwachsenen.

    Danach gingen sie zum Essen.

    Wie alles, was sie bekamen, war es auch diesmal aus den chemischen Fabriken gelieferte und kurz vor dem Verfallsdatum stehende oder für die Städte mit den Arbeitern nicht zu verwendende Lebensmittel. Er hatte sich langsam daran gewöhnt.

    Es war auch schon mal zu Vergiftungen gekommen, aber das war normal und es würde sich nie Jemand darum kümmern, denn sie waren ja nur Kinder von Sträflingen oder Toten. Also wen würde es interessieren?

    Tina und Tommy aßen das ihnen Zugeteilte. Dann gingen sie auf einen Platz, der etwas außerhalb des Dorfes lag und von den Richtmikrofonen nicht erreicht werden konnte. Diese Richtmikrofone waren überall aufgebaut, und es war lebensgefährlich, wenn man bei den Stichproben, welche beim Abhören vorgenommen wurden, bei einem verbotenem Thema erwischt wurde.

    Es war zwar genauso gefährlich, wenn man sie außerhalb des Dorfes erwischen würde, aber erstens konnte man sich dann noch rausreden und zweitens – Wer sollte sie erwischen? Die Erzieher hatten anderes zu tun oder waren größtenteils einfach zu faul, um Kontrollen durchzuführen.

    „Kannst du dich noch daran erinnern, was mit unseren Eltern passiert ist? Was sie mit ihnen gemacht haben?"

    Tommy sah Tina an. Natürlich konnte er sich noch an den Tag erinnern. Nie würde er die Bilder vergessen, als er mit ansehen musste, wie ihre Eltern ohne Schutzanzug und Sauerstoffgeräte in die Wildnis gejagt wurden. Die flehend erhobenen Arme seiner Mutter, als sie versuchte, die Begleitmannschaft umzustimmen und wieder in die saubere Luft des Transportgleiters aufgenommen zu werden. Nie die harten Augen der Männer, unter denen auch sein und Tinas Vater waren. Nie die vor Schmerz verzerrten Gesichter, als endlich alles vorüber war.

    Und nie das plötzliche Schreien von Gerd. Er war der Dritte, der damals in dem Zimmer gewesen war. Er war etwa zwölf Jahre alt gewesen. Auch seine Eltern waren mit dort draußen umgekommen und das Urteil lautete, dass die Kinder beim Sterben ihrer Eltern zusehen mussten.

    Das war zu viel für Gerd gewesen, und seine Schreie hörten nicht auf, bis die Wachmannschaft ihn erschlagen hatte. Sie hatten seine Leiche einfach aus dem Transporter geworfen und waren dann zu diesem Dorf hier geflogen.

    Diese Bilder hatten sich in sein Hirn eingebrannt und würden niemals verblassen!

    „Warum fragst du das? Natürlich kann ich mich noch daran erinnern!"

    „Ich habe ein Gespräch belauscht, das zwei Lehrer heute geführt haben. General Müller hat jetzt die Macht übernommen, und sein Programm für die Familien der sogenannten Staatsverbrecher lässt keine Fragen offen. Tommy! Sie werden in den nächste vierzehn Tagen die drei Besten aus jedem Dorf zusammen mit den Erwachsenen abtransportieren und dann in den Dörfern den Strom abschalten! Auch hier bei uns!"

    In Tommy verkrampfte sich etwas. Kein Strom bedeutete keine saubere Luft und damit unweigerlich den Tod durch Ersticken!

    „Aber das können sie doch nicht machen!" Seine Worte kamen stockend und klangen, als wären sie durch einen Wattefilter gesprochen worden. Er konnte das Unfassbare nicht glauben und wusste doch, dass es so unglaublich gar nicht war.

    „Oh doch! Sie können! Tinas Stimme klang vor Hass und Angst verzerrt. „Vergiss nicht, was sie mit unseren Eltern gemacht haben! Vergiss nicht, wie sie Gerd umgebracht haben! Für die sind wir nicht mehr als Dreck! Weißt du noch, wie uns der Direktor gesagt hat, wir wären überflüssige Atmer? Und genau die will man jetzt beseitigen!

    Tommy sah sie von der Seite her an. Diese Stimme kannte er. Den gleichen Klang hatte die Stimme seiner Mutter gehabt, wenn sie von den Machthabern sprach. Und er hatte das Ende seiner Mutter erlebt! Aber was sollte er machen?

    Er legte seine Hand auf Tinas Arm. „Lass uns zurück gehen. Es muss uns etwas einfallen, was wir tun können, aber ich muss erst einmal wieder denken können! Morgen nach dem Mittagessen treffen wir uns wieder hier.!

    „Wenn es dann nicht schon zu spät ist!"

    * * *

    > Das war´s also! <

    Tommy lag mit offenen Augen im Bett und dachte nach.

    Beim Tod seiner Eltern hatte er es fast als ungerecht empfunden, weiterleben zu können, aber dieses Gefühl war nur schwach. Er war damals ja auch erst acht Jahre alt gewesen!

    Nun betraf es ihn selbst! Ohne Strom würden sie in den Häusern nur noch ein paar tage überleben können. Dann war Schluss! Und er konnte nichts dagegen tun!

    Und wenn  sie den Strom abgeschaltete hatten, würde nicht nur er sterben. Auch Tina würde umkommen und das tat ihm mehr weh als der Gedanke an den eigenen Tod!

    Die anderen Kinder waren ihm relativ egal. Entgegen dem logischen Schluss, dass sie in ihrem gemeinsamen Leid eigentlich zusammenhalten müssten, war hier einer dem anderen sein Teufel und die Großen ließen keine Gelegenheit aus, um die Kleinen zu quälen und zu schikanieren.

    Warum sollte er sich also Gedanken um sie machen? Nur Tina tat ihm leid! Gut! Es gab noch ein paar Jungen und Mädchen, mit denen er sich verstand. Sie waren – bis auf René, der ebenfalls zwölf war – jünger als er,  und die meisten waren nach ihm gekommen, aber er konnte sich nicht um sie alle kümmern. Jetzt ging es darum, dass Tina und er überlebten! So hart das auch war!

    Er rechnete sich aus, wie lange sie mit zwei vollen Sauerstoffflaschen auskämen, wenn sie nur ab und zu daraus atmen würden, musste sich jedoch eingestehen, dass auch das Hirngespinste waren.

    Selbst wenn es drei Tage wären! Wo sollten sie hin? Die nächste Stadt lag 180 Kilometer entfernt und selbst wenn sie diese erreichen würden – kein Mensch würde sie reinlassen.

    Aber sie würden es versuchen müssen! Vielleicht würden sie Glück haben und doch irgendwie reinkommen.

    Und wenn nicht? Dann würden sie sterben! Aber sie hatten es dann wenigstens versucht und das war besser, als gar nichts zu tun! Mit diesem Gedanken schlief er ein.

    Als um sechs Uhr dreißig die Sirene zum Wecken heulte, stand es für ihn fest, dass sie noch an diesem Tag gehen mussten. Am nächsten konnte es schon zu spät sein!

    Beim Frühstück aß er sehr wenig, versteckte den Rest aber in den Taschen. Es war zwar nicht sehr viel, aber besser als Nichts und beim Mittagessen würde wohl auch noch etwas übrig bleiben, was man beiseite tun konnte.

    Er würde auch Tina noch Bescheid geben.

    Der Schultag war wie immer. Bis auf eine Sache: Die Lehrer waren nicht bei der Sache und so gelang es Tommy, Tina im Flüsterton von seinem Plan zu erzählen.

    Nach der Schule trafen sich die Beiden in der Ausgabestation der Sauerstoffflaschen. Es würde das letzte Mal sein, dass sie zur Identifizierung ihre Hand auf die Fotoplatte legten.

    Nachdem sie ihre frischen Flaschen erhalten hatten, liefen sie zum Mittagessen und dann in ihre Zimmer. Dort versteckten sie die leichten Atemmasken, welche jedes Kind ganz am Anfang bekommen hatte, am Körper und verließen das Haus und das Dorf. Es war genau zwölf Uhr dreißig, als sie aufbrachen.

    Außerhalb des Dorfes streiften sie die Sauerstoffmasken ab und setzten die leichten Atemmasken auf. Durch diese Masken konnten sie etwa zwanzig Minuten gefahrlos atmen, bevor sie wieder Sauerstoff brauchten. Außerdem waren dann die Atemfilter völlig verdreckt und mussten gewechselt werden.

    Zu jeder Atemmaske gehörten zehn Ersatzfilter und sie hatte aus den Nachtschränken ihrer Bettnachbarn die Ersatzfilter gestohlen. So besaß jeder dreißig Ersatzfilter – genug für sechs Stunden Luft und damit sechs Stunden, ohne die Flasche mehr als ein paar Atemzüge lang benutzen zu müssen.

    Dann wurde es jedoch kritisch! Tina hatte zwar von ihrem Vater gelernt, wie man auch aus Wäsche einen Ersatzfilter bauen konnte, aber außer einer Art Jogginganzug trugen die Beiden nichts unter ihren Schutzanzügen – und die würden sie brauchen, wenn sie in die Stadt kamen, denn in ihren Schutzanzügen würden sie genau so auffallen, als wenn sie nackt wäre.

    Aber jetzt hatten sie den Weg gerade erst begonnen und über dieses Thema würden sie sich Gedanken machen, wenn es soweit war. Wichtig war zu diesem Zeitpunkt, erst einmal so weit wie möglich von dem Dorf weg zu kommen.

    Tommy konnte sich noch so in etwa an die Richtung erinnern, aus der sie damals mit dem Gleiter zu dem Dorf geflogen worden waren, und welche sie jetzt also einzuschlagen hatten. Aber sicher war er sich eben doch nicht!

    Das war jedoch sein Geheimnis. Nie würde er Tina etwas davon erzählen! Sie hatte schon genug Angst und es war gar nicht so sicher, ob sie weiterlaufen würde, wenn sie erfuhr, dass er die Richtung nicht genau kannte. Er konnte nur auf sein Erinnerungsvermögen hoffen. Später, in der Stadt, würden sie Hilfe finden. Da war er sich ganz sicher!

    Er sah sich um. Der Himmel hatte eine leicht graue Farbe angenommen, welche immer kurz vor Regen zu sehen war. Ansonsten war er schwefelgelb oder fast blutrot, wenn die Sonne auf die Smogwolken schien. Der drohende Regen war jedoch keine Gefahr für sie, da sie ja ihre Schutzanzüge anhatten.

    Das größere Problem würde wohl das Vorankommen werden, da der Boden ohne jeglichen Pflanzenwuchs sich schon beim geringsten Regen in einen Sumpf verwandelte. Sie würden also auf die alte Straße ausweichen müssen, auch wenn dort die Gefahr des Gefundenwerdens größer war.

    Und da war seine zweite Sorge: Würde man nach ihnen suchen? Oder würde man – da die anderen Kinder im Dorf sowieso umkommen würden – ganz einfach einen Haken hinter ihre Namen machen und davon ausgehen, dass sie sterben würden?

    Er hoffte auf das Letztere! - Aber was, wenn nicht? Aber auch das würde die Zeit finden und jetzt belasteten ihn diese Gedanken nur unnütz, so dass er sie zu verdrängen suchte.

    Das Atmen wurde schwerer. Sie hatten ausgemacht, dass sie zuerst Tinas Flasche verbrauchen würden, und so sprach er sie jetzt an: „Ich brauche Luft und ich glaube, wir müssen auch unsere Filter wechseln. Also – zuerst du oder ich?"

    „Mach du zuerst!"

    Er zog sich die Maske vom Gesicht und setzte die Sauerstoffmaske von Tinas Flasche auf. Es war eine Wohltat, die saubere, ein wenig nach Gummi schmeckende Luft zu atmen.

    Früher hatten sie auch noch einen leichten Beigeschmack von Eisen gehabt, der durch die Metallflaschen entstand, aber seitdem man diese durch Plastikflaschen ersetzt hatte, merkte man nur noch den Beigeschmack von Gummi, der durch den Atemschlauch entstand.

    Es war eine Sache von drei Minuten, und er konnte seine Atemmaske wieder aufsetzen. Dann kam Tina an die Reihe.

    Als er weitergehen wollte, hielt Tina ihn fest. „Sieh mal, Tommy! Was ist denn das?"

    „Was? Wo?"

    „Na dort, diese komische Wolke!" Sie zeigte mit dem Finger auf eine Stelle am Himmel. Als Tommy mit seinem Blick ihrem Finger folgte, sah auch er das seltsame Gebilde am Himmel.

    „Ich weiß es nicht, aber eine Wolke ist das auf gar keinen Fall! Vielleicht eine neue Art von Gleiter?"

    „Dafür ist es zu hoch!"

    „Stimmt! Aber was soll es denn sonst sein? Außerdem werde ich plötzlich so müde!"

    „Ich auch! Was ist das? Tommy, es ..."

    * * *

    Sie wurden jedoch nicht vermisst. Ihre Sorge, dass nach ihnen gesucht wurde, war umsonst gewesen.

    Genau achtzehn Uhr – eine Stunde vor dem Abendessen – setzte ein Gleiter in der Mitte des Dorfes auf.

    Bereits um siebzehn Uhr dreißig – also genau fünf Stunden, nachdem Tina und Tommy ihre verzweifelte Reise in eine ungewisse Zukunft begonnen hatten – trafen sich die Erwachsenen in dem für sie vorgesehenem Gebäude. Anders als geplant wurden auch die drei Besten nicht mit genommen.

    Man hatte den Tag normal begonnen, um eine Panik zu vermeiden. Genau achtzehn Uhr fünfzehn bewegten sich zwei Männer in den braunen Schutzanzügen der Geheimpolizei auf das Gebäude zu, in dem sowohl die Sauerstoffausgabe als auch die Verteilerstation für die elektrische Versorgung des Dorfes untergebracht war.

    Sie betraten das Haus mit einem Aktenkoffer und kamen zehn Minuten später ohne diesen wieder heraus. In dieser Zeit hatten die Erwachsenen in dem Gleiter Platz genommen, der, nachdem die beiden Geheimpolizisten zugestiegen waren, sofort abhob und in Richtung der nächsten großen Stadt davon flog.

    Genau fünf Minuten später detonierte in dem Gebäude eine Bombe, welche das gesamte Haus zerstörte. Das Sterben der 278 Kinder hatte begonnen. Das Gleiche wiederholte sich in 79 Dörfern.

    * * *

    Als Tina aufwachte, sah sie sich erstaunt um. Sie befand sich in einem Raum – aber sie hatte noch nie in ihrem Leben einen solchen Raum gesehen. Als sie den Kopf zur rechten Seite drehte, sah sie Tommy auf einer Art Pritsche liegen. Er schlief noch.

    Erst jetzt wurde ihr bewusst, das auch sie lag. Die Erinnerung setzte wieder ein und sie sah sich wieder zusammen mit Tommy in der Wildnis. Sie erinnerte sich wieder an die Wolke – oder was immer es auch sonst gewesen sein mochte. An die plötzliche Müdigkeit und wie sie einfach umgefallen war.

    Und was kam dann? Sie wusste es ebenso wenig, wie sie wusste, wo sie jetzt war.

    Aber sie lebte – und das war wichtig!

    Und auch Tommy lebte! Sie konnte es an seiner Atmung sehen.

    Sie mochte Tommy sehr. Wie oft hatte er ihr in den letzten Jahren Mut gemacht!? Wie oft hatte er sie getröstet, wenn die Erinnerung sie überkam wie eine dunkle Wolke? Wie oft hatte er mit ihr gespielt und gelacht – auch wenn ihm manchmal gar nicht danach zumute war? Sie hatte es gefühlt und war doch froh, dass er den Starken für sie spielte. Ja! - Sie mochte ihn!

    Tommy bewegte sich.

    „Tommy! Langsam drehte er den Kopf in ihre Richtung. „Wo sind wir?

    „Ich weiß es nicht! Ich habe so einen Raum noch nie gesehen!"

    „Sag mal, Tina, warum hast du denn nichts mehr an? Wo sind deine Sachen?"

    Erst jetzt fiel ihr auf, dass sie völlig nackt auf dieser Pritsche lag und auch Tommy nichts an hatte. „Ich weiß es nicht! Aber deine Sachen sind auch weg. Was …?"

    Eine Tür öffnete sich.

    Ohne zu wissen, was sie tat, sprang Tina von der Pritsche und lief zu Tommy. Dieser fasste sie bei der Hand und so sahen sie gemeinsam nach dem Wesen, welches dort den Raum betrat.

    Auf den ersten Blick war es ein Mensch, doch wenn man genauer hinsah, erkannte man, dass es eben doch keiner war.

    Es dauerte einen Moment bis sie wussten, was es war: Die Augen! Anders als beim Menschen lagen diese Augen irgendwie höher über der Nasenwurzel – und sie waren grün. Das konnte man sogar über die Entfernung von fast vier Metern deutlich sehen.

    Dazu kam, dass der Augapfel bei diesem Wesen – Oder doch Menschen? - anders als normal weiß, blau war.

    Die Frau, denn darum handelte es sich, lächelte. „Ich heiße euch willkommen Mein Name ist Kara! Ich bin Ärztin und im Augenblick für euch verantwortlich!

    „Wo sind wir?"

    „An Bord der >PHYLL

    „>PHYLL

    „Ein Raumkreuzer."

    „Ein was?"

    „Ein Raumkreuzer. Aber kommt mit! Die Geräte zeigen an, dass ihr nicht mehr verseucht seid, und der Kommandant möchte euch sehen. Er wird euch dann alles erklären."

    „Entschuldigung! Aber wir hätten gern unsere Sachen wieder!"

    „Welche Sachen?"

    „Zum Anziehen!"

    „Ach so! Aber das geht nicht! Diese Sachen, wie ihr sie nennt, waren völlig verseucht. Aber ihr werdet neue Kleidung bekommen. Kommt erst einmal mit!"

    „Aber wir können doch nicht nackt herumlaufen!"

    „Wieso nicht? Ihr seid Kinder und es ist warm und ihr seid doch auch nackt geboren worden – oder?"

    „Ja, schon, aber..."

    „Schon gut! Ich vergaß, dass es auf der Erde andere Vorstellungen von gesellschaftlichen Regeln gibt. Wartet einen Augenblick hier!" Die Frau drehte sich um und verließ den Raum.

    Als sich Tür hinter ihr mit einem leisen Zischen geschlossen hatte, sahen sie sich an. Tommy fand als erster die Sprache wieder. „Das glaube ich nicht! Hast du gehört, was sie gesagt hat? Wir sind auf einem Raumkreuzer! Und sie macht den Mund nicht auf beim Sprechen! Und ihre Augen! Was soll das? Was ist los?"

    „Ich weiß es auch nicht, Tommy! Aber ich glaube nicht, dass wir in Gefahr sind. Wenn sie uns etwas tun wollten, hätten sie es doch schon machen können! Aber du hast Recht! - Diese Frau war kein Mensch! Ich habe jedenfalls noch eine solche Frau gesehen!"

    „Wenn sie kein Mensch ist, was ist sie dann?"

    „Das weiß ich auch nicht! Aber erinnerst du dich noch an diese Wolke, die wir gesehen haben, bevor wir eingeschlafen sind?"

    „Ja!"

    „Das muss ein – ihr - Raumschiff gewesen sein. Tommy?"

    „Ja?"

    „Wir sind nicht mehr auf der Erde!"

    „Aber wo sind wir dann?"

    „Das weiß ich auch nicht! Aber ich glaube, dass wir es erfahren werden, wenn der Kommandant mit uns spricht."

    „Tina!"

    „Ja?"

    „Egal was kommt, wir lassen uns auf gar keinen Fall trennen!"

    „Auf gar keinen Fall, Tommy!"

    * * *

    Wieder ertönte ein Zischen, und Kara betrat den Raum.

    Sie hatte zwei Kleidungsstücke, die wie Overalls aussahen, über dem Arm liegen. Allerdings waren sie aus einem Stoff gefertigt, den Tina und Tommy noch nie gesehen hatten.

    Sie zogen sich an und folgten der Ärztin. Diese ging mit ihnen einen langen Gang entlang und fuhr mit einem Lift nach oben. Als sich die Tür des Liftes öffnete, standen sie vor einem Raum, der ungefähr so groß wie eine Sporthalle war.

    Überall waren Monitore und Kontrolllampen blinkten in den unterschiedlichste Farben. Trotzdem waren nur vier Personen zu sehen, von denen eine von einem Sitz, der wie ein Sessel aussah und in der Mitte des Raums stand, aufstand, und auf sie zukam. Es war ein Mann in einem dunkelblauen Overall mit einem handgroßen goldenen Stern auf der rechten Brust. Der Mann lächelte.

    Auch er sprach, ohne dass er den Mund öffnete, und plötzlich wusste Tommy, wie das möglich war. Die Worte kamen aus einem kleinen Gerät, welches an dem Gürtel seines Overalls befestigt war.

    „Willkommen an Bord der >PHYLL

    „Ich habe Beides! Du auch, Tina?"

    „Ja!"

    „Dann kommt bitte mit mir!"

    Wieder fuhren sie mit einem Lift, aber diesmal nach unten. Als sie erneut einem Gang gefolgt waren, betraten sie einen Raum, der sich schon von der Einrichtung her von dem, in dem sie aufgewacht waren, unterschied.

    Es waren vier Sessel um einen Tisch, welcher aussah, als wäre er ein auf den Boden gestellter Zylinder ohne Beine. An der Wand befanden sich ein kleiner Monitor und zwei Geräte, von denen sie nicht wussten, was sie darstellten.

    Aber das war es nicht, was sie so sehr fesselte. Vielmehr war es eine Wand, die an vielen Stellen durch Glas unterbrochen war. Fasziniert sahen die Beiden, wie sich hinter dem Glas Tiere – oder was waren das? - bewegten.

    Erst als Tommy näher an die Wand ging, sah er, dass diese Tiere sich in einer Flüssigkeit bewegten und dass es da auch noch Pflanzen gab. Pflanzen mussten es sein, denn sie waren grün und mit dem Boden verankert. Er hatte auch in einem Buch, welches seinem Vater gehörte und eigentlich verboten war, solche Bilder schon einmal gesehen. Aber er konnte sich nicht mehr daran erinnern, was unter den Bildern gestanden hatte.

    „Gefällt euch das?"

    Tommy und Tina schraken aus ihren Betrachtungen auf. Hinter ihnen stand Or.

    „Ja! Aber was ist das?"

    „Das sind Fische. Tiere, die im Wasser leben. Und die Pflanzen sind Wasserpflanzen. Ihr werdet alles verstehen, wenn ihr erst einmal eine Weile hier seid."

    Plötzlich flammte auf einem der Geräte eine rote Lampe auf und auf dem Monitor erschien das Gesicht eines Mannes. Gleichzeitig ertönte eine Art Zwitschern in dem Raum, welches eindeutig von dem Gerät ausging. Or antwortete ebenfalls in dieser Zwitschersprache, und dabei öffnete er den Mund.

    Als er sich jedoch wieder an Tina und Tommy wandte – der Monitor und die rote Lampe waren wieder erloschen – war sein Mund wieder geschlossen und die Worte kamen wieder aus dem kleinen Gerät.

    „Setzt euch! Ich glaube, ich muss euch einiges erklären."

    Nachdem sie sich gesetzt hatten, drückte Or einige Knöpfe auf einen auf der Tischplatte befindlichen Tastatur. Schweigend lehnte er sich zurück und sah die Beiden lächelnd an.

    Auch die Beiden hatten jetzt Gelegenheit, ihn in Ruhe anzusehen. Er hatte die gleichen Augen wie Kara, aber er war älter. Man sah es an den Falten, die sich um seine Augen herum gebildet hatten und an den Haaren, die langsam begannen, grau zu werden.

    Nach etwa zwei bis drei Minuten begann etwas in dem Tisch zu brummen und in der Mitte der Platte bewegte sich ein etwa ein Meter großes, kreisförmiges Stück einige Zentimeter nach unten und schob sich dann zu Seite.

    Dafür kam ein anderes Stück nach oben und stoppte, als es genau in Tischhöhe war. Auf diesem Tisch standen Becher und Teller mit Speisen und Getränken, welche Tina und Tommy noch nie in ihrem Leben gesehen hatten.

    „Nehmt, was ihr wollt! Ihr kennt nichts von diesen Dingen und es würde jetzt auch zu lange dauern, bis ich euch erklärt hätte, was es ist. Das werdet ihr im Laufe der Zeit lernen. Und nun lasst es euch schmecken!"

    Nachdem der erste Hunger gestillt und der erste Durst gelöscht war – die Beiden hatten von dem Geschmack der Nahrung jedoch kaum etwas gemerkt, so aufgeregt waren sie! - begann Or seine Erklärung: „Unser Raumkreuzer, und somit auch wir, stammen vom Planeten Elmers. Er ist etwa elftausend Lichtjahre  von der Erde entfernt.

    Schon lange beobachten die Mitglieder des Großen Rates, welcher aus Ratsmitgliedern von 360 Planeten besteht, die Entwicklung der Erde mit großer Sorge. Wir mussten erleben, wie aus dem ehemals Blauen Planeten mit seinen unermesslichen Wasservorräten und der herrlichen Natur ein Planet wurde, der jetzt kurz vor dem ökologischem Kollaps steht. Die Satzungen des Rates verbieten jedoch, regulierend in die Entwicklung einer anderen Zivilisation einzugreifen.

    Jetzt hat sich die Einstellung zu den Satzungen jedoch etwas geändert. Auf Beschluss des Großen Rates erging an unsere Regierung die Bitte, einen Plan zur Rettung und Wiederherstellung des ökologischen Gleichgewichtes der Erde zu erstellen.

    Unsere Wissenschaftler sind zu der Erkenntnis gekommen, dass so etwas nur die aktive Mitarbeit von Bewohnern der Erde möglich ist. Sie kamen zu dem Entschluss, Bewohner der Erde für eine Ausbildung nach Elmers zu bringen. Dazu eignen sich natürlich am besten noch junge, lernfähige Menschen.

    Unsere Regierung rüstete eine Expedition aus – unseren Raumkreuzer – und schickte uns mit dem Auftrag zur Erde, ein Mädchen und einen Jungen von dort mit nach Elmers zu bringen. Dank unserer Instrumente und der jahrelangen Beobachtung der Erde sind wir in der Lage, sowohl die Sprache als auch die Gedanken der Menschen zu verstehen.

    Wir mussten Kinder finden, die auf Grund ihrer Familienverhältnisse keiner vermissen würde. So haben wir euch gefunden! Ihr könnt es Zufall nennen.

    Aber bevor wir unsere Reise nach Elmers antreten können, muss ich euch fragen, ob ihr damit einverstanden seid. Wir wollen euch auf gar keinen Fall zu etwas zwingen, was ihr nicht wollt. Überlegt es euch also in Ruhe und beantwortet mir dann noch eine Frage:

    Ihr seid aus einer Siedlung weggegangen. Einige Zeit, nachdem ihr hier an Bord gekommen seid, ist in diesem Ort ein Transportflugzeug – ihr nennt es Gleiter – angekommen, und ist dann mit, soweit wir feststellen konnten, allen erwachsenen Bewohnern dieser Siedlung abgeflogen. Wenige Minuten später ist ein Haus explodiert und völlig zerstört worden, ohne dass sich jemand darum gekümmert hätte. Das Gleiche hat sich auch in neunundsiebzig anderen Siedlungen abgespielt. Wisst ihr etwas darüber?"

    Erschrocken sahen sich Tina und Tommy an. Dann sagte Tommy: „Ja, wir wissen, was dort passiert ist! Ich werde  Ihnen alles erklären."

    „Damit wartet noch ein paar Minuten! Ich werde euch für eine Weile allein lassen, damit ihr in Ruhe über mein Angebot nachdenken könnt.

    Und nun noch etwas anderes: Auf Elmers reden wir uns mit du und dem Namen an. Das gilt für alle – auch wenn Kinder mit Erwachsenen reden. Wenn ihr fertig seid mit überlegen, drückt auf diesen Knopf. Ich komme dann zurück."

    Er wartete nicht mehr auf eine Antwort, sondern erhob sich und verließ den Raum.

    Tommy und Tina sahen sich an. „Das klingt vielleicht verrückt, was? Aber es scheint wahr zu sein!

    „Ich glaube, was Or uns erzählt hat! Aber was können wir machen, um den anderen im Dorf zu helfen? Ich fliege mit! Aber wir müssen doch etwas für die anderen tun können!"

    „Ich glaube auch, was Or erzählt hat. Aber wir können nicht alles helfen!"

    „Vielleicht ein paar?"

    „Ich habe eine Idee! Sie wollen uns doch auf ihren Planeten bringen, um uns auszubilden. Ich werde Or erklären, dass es für uns schöner wäre, wenn wir ein paar Kinder mehr wären. Und ich werde ihm erklären, was in den Dörfern geschehen ist.

    Tina, wir hatten doch einige Freunde dort. Diese wollen wir retten und mitnehmen! Was denkst du darüber?"

    „Das ist eine gute Idee!"

    Plötzlich wurden Tommys Augen sehr ernst. „Christine!"

    Tina sah ihn aufmerksam an. Wenn Tommy „Christine" zu ihr sagte, war das, was er dann sagte, sehr ernst für sie.

    „Christine, ich werde nicht mitfliegen, wenn wir unsere Freunde nicht mitnehmen können. Das meine ich ernst!"

    „Ich weiß, Thomas! Und ich denke genau wie du! Als wir von dort ausgerissen sind, hatten wir keine andere Möglichkeit. Aber jetzt haben wir die Chance, ihnen zu helfen, und ich käme mir wie eine Verräterin vor, wenn ich jetzt mitfliegen und unsere Freunde sterben lassen würde. Meine Eltern haben immer gesagt, dass es besser ist zu sterben, als seine Freunde zu verraten oder im Stich zu lassen! Verstehst du, was ich meine?"

    „Ja, Christine! Dann sind wir uns einig?"

    „Ja, Thomas!"

    Er ging zu dem Gerät und drückte auf den Knopf. Etwa fünf Minuten später öffnete sich die Tür und Or betrat den Raum.

    „Habt ihr euch entschieden?"

    „Ja! Aber ich glaube, ich muss dir etwas erklären."

    Tommy sah Or fest an. „Du hast uns erzählt, was in unserem Dorf, oder, wie du gesagt hast, Siedlung,  passiert ist. Wir haben gewusst, dass das passieren würde. Der neue Präsident, General Müller, hat vor, die Kinder der politischen Gefangenen oder der wegen politischen Vergehen zum Tode Verurteilten, zu töten. Und genau das macht er jetzt, indem er die Versorgungsgebäude der Siedlungen zerstört und die Kinder ihrem Schicksal überlässt. Er weiß

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