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Hundeleben: Erzählungen vom anderen Ende der Leine
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Hundeleben: Erzählungen vom anderen Ende der Leine
eBook127 Seiten1 Stunde

Hundeleben: Erzählungen vom anderen Ende der Leine

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Über dieses E-Book

Während der Steinzeit ein Wolf zu sein, ist kein Zuckerschlecken. Vor allem dann nicht, wenn man einen Wurf Jungwölfe zu ernähren hat und die Menschen einem das Leben schwer und die Beute strittig machen…

Die vier Geschichten von Hundeleben sind aus der Sicht von Hunden geschildert. Die Erzählungen der vierbeinigen Helden lassen den Leser selbst auf Pfoten die Welt erleben. Von der Steinzeit über den Jugoslawienkrieg, der auch für Hunde die Hölle war, bis hinein in die Gefühlswelt eines verliebten Mischlings mit angeborenem Herzfehler. Zum Schluss ist man sich sicher: Hunde sind im Grunde die besseren Menschen.
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum29. Sept. 2021
ISBN9783754170687
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    Buchvorschau

    Hundeleben - Ulli Priemer

    Inhalt

    Kapitel 1: Die Nackten und die Canen

    Kapitel 2: Archi´s Suche nach dem Himmelreich

    Kapitel 3: Queen Alena

    Kapitel 4: Spargel hört auf sein Herz

    Nachwort

    Die Nackten und die Canen

    Ihr, die Nackten nennt uns Hunde. Aber, soweit ich es nachvollziehen kann, ist Hund ein beleidigendes Wort. In der Sprache der Nackten. Sie sagen Hund oder Hundesohn zu ihresgleichen und meinen damit einen niederträchtigen, gemeinen Nackten. Ich bin ein Hundesohn, wenn ich es in ihrer Sprache zum Ausdruck bringe. Aber deswegen bin ich weder böse noch niederträchtig, sondern eben nur der Sohn einer Hündin, die meine Mutter war. Die Nackten, die sich selbst Menschen nennen begreifen so wenig vom wahren Wesen unserer Art und darüber hinaus so gut wie nichts von der ganzen Welt. Wahrscheinlich liegt es daran, dass die Menschen erst seit rund 10 Millionen Jahren dieses Ökosystem bevölkern. Oder treffender formuliert: Das Antlitz dieser Erde beschmutzen.

    Die ersten meiner Art gab es schon Äonen, bevor der erste Affe auf die Idee kam, sich nur noch auf seinen zwei Hinterbeinen fortzubewegen. Meine Art, das sind die Canen. Canen ist aber nur eine mangelhafte Übersetzung mit den beschränkten Ausdrucksmöglichkeiten der Nackten-Sprache. Genötigter weise muss ich mich dieser Sprache bedienen, sonst wären Sie, geneigter nackter Leser, kaum in der Lage meinen Ausführungen zu folgen.  Könnten ich meine Vorderläufe unzweckmäßiger Weise zum Schreiben benutzen, um eines Eurer Schreibinstrumente zu führen, könnte der Begriff Canen auf canisch geschrieben folgendermaßen aussehen: cuoplhsztuiok. Sie sehen, es macht wenig Sinn, Sie in die tieferen Geheimnisse unserer Sprache einzuweihen. Zumal dies nur das dürftigste von mehreren Kommunikations-Instrumenten ist, derer wir Canen uns bedienen. Hinzu kommt außerdem noch Telepathie (sehr praktisch bei Pirsch und Jagd, sowie in Herzensangelegenheiten), „Olfaktorologie", die Kunst, sich über das Aussenden von Düften zu unterhalten. Die größten Reichweiten erzielen wir mit genau dieser Sprache. Meistens mehrere Kilometer. Ergo haben wir gerne darauf verzichtet, im Laufe der Evolution unsere vorderen Extremitäten zu Greifwerkzeugen degenerieren zu lassen. Wenn wir mal zupacken müssen, dann mit unseren Kiefern. Und damit stecken wir jeden Eurer Händegriffe locker in die Tasche. Aber das ist eine andere Geschichte.

    Verfolgt man den Stamm der Canen zurück, bis zu seinen Wurzeln in die Anfänge der Zeit, dann landet man zwangsläufig unserem Urvater: Der große graue Canus, auch Wolf genannt.

    Der große Graue war die perfekteste Überlebensmaschine, die man sich nur vorstellen kann. Sein Fell war so konstruiert, dass es ihn im Winter vor eisiger Kälte schützte. Sobald aber Schnee und Eis unter den ersten wärmenden Strahlen der Spätwintersonne dahin schmolzen, schmolz auch die Haarpracht des großen Grauen dahin. Sein Fell wurde dünner und luftiger - eine superbe Anpassung an die warme Jahreszeit. Der graue Canus war ein Fleischfresser. Der Grund dafür liegt in unserer Religion. Jawohl, auch wir Canen üben uns in heiligen Pflichten!

    Nur suchen wir uns keine Götzenbilder aus, vor denen wir in andächtiger Miene und mit gefalteten Vorderläufen knien. Nein, unser Gott ist größer und gewaltiger als jedes menschliche Vorstellungsvermögen.

    Es ist die universelle Natur. Als Teil dieser Natur, dieses universellen Organismus, sind wir selbst Götter. Diese Natur nährt sich und die ihren selbst. Jedes Wesen unter dem irdischen Himmel ist eine winzige Zelle eines großen Ganzen. Das Ganze ist ein System von unglaublich komplexen Ausmaßen. Dieses System findet sich in jedem noch so winzigen Teilchen wieder. Jeder ist ein Spiegel des Universums. Weil das Universum in jedem von uns wohnt. Dies ist in kurzen, für Euch verständliche Worte, das Grundprinzip unseres Glaubens. Die Sache hat nur einen kleinen Haken, der in der Semantik des Wörtchens Glauben liegt. Ihr Menschen glaubt. Wir Canen wissen!

    So wissen wir, dass in dem Fleisch eines jeden Tieres seine Kraft und sein Geist wohnen. Je frischer dieses Fleisch, umso stärker die Kraft. Als geborener Jäger hat sich der große Graue darauf spezialisiert, seine Beute zu reißen und nach Möglichkeit aufzuessen, noch bevor das Herz seiner Beute aufhörte zu schlagen. Nur so war gewährleistet, dass Kraft und Eigenschaften der Beute in Dein eigenes Fleisch und Blut übergehen. Das klingt in Deinen Ohren grausam, lieber menschlicher Leser, ich weiß. Aber im Laufe dieses Berichtes wirst Du noch erfahren, was wahre Grausamkeit ist. Und dass die grausamste Lebensform, die jemals den Tempel der universellen Natur geschändet hat, Deiner Art angehört. Damit meine ich nicht Dich persönlich lieber Leser. Denn es gibt auch gute Menschen. Aber das ist eine andere Geschichte.

    Der Ur-Canus war fürwahr ein Gott. Oder treffender gesagt ein Halbgott. Er hatte keine natürlichen Feinde, was ihn in der Rangordnung der universellen Natur ganz oben einstufte. Natürlich gab es hin und wieder auch Auseinandersetzungen mit anderen ranggleichen Arten. Dabei ging es aber weder den Canen noch unseren Konkurrenten um den Tod desselben. Denn töten des Tötens willens ist tabu innerhalb unserer universellen Ordnung. Und macht auch keinen Sinn. Es gab eigentlich immer nur drei Gründe zu kämpfen: Die Verteidigung des Jagdreviers. Die Verteidigung der Beute. Und die Verteidigung der Familie.

    Wie Du siehst, betone ich hier den Begriff Verteidigung.

    Kein mir bekanntes Wesen fällt ohne Grund ein anderes an.

    Dennoch gibt es auch in unserer Welt die Strategie des Angriffs.

    Aber nur aus zwei Gründen: Zum Reißen von Nahrung. Oder zur Verteidigung! Denn manchmal ist Angriff die beste Verteidigung.

    Aber das ist eine andere Geschichte.

    So hatte der große Graue Millionen Jahre im Einklang mit den Elementen und die Elemente im Einklang mit dem großen Grauen gelebt. Bis eines Tages eine Lebensform in diese universelle Ordnung eindrang, die alles durcheinander gerüttelt hat. Sie waren groß, größer als die größten unserer Art. Vielleicht lag es daran, dass sie nur ihre Hinterläufe zur Fortbewegung nutzten.

    Wie lächerlich. Und vor allem wie unlogisch: Kommt man doch mit zwei Beinen viel schwerfälliger und langsamer vom Fleck. Aber eines war am auffälligsten: Sie waren nackt! Die ersten Nackten wurden von uns vor rund 10 Millionen Jahren gesichtet. Mit Ästen in ihren Vorderläufen, die nicht mehr den Boden berührten, stolperten sie durch die Wälder. Sie waren so ungeschickt in der Pirsch, dass man sie schon auf eine Distanz von hunderten von Metern wahrnahm. Wir haben sie nie ernst genommen und deshalb auch weit gehend ignoriert. Das hätten wir vielleicht besser nicht getan. Denn die Nackten hatten denselben Speisezettel wie wir: Rehe, Hirsche, Rentiere, Hasen und so weiter.

    Es vergingen einige Millionen Jahre. Zu unserem Bedauern wurden die Nackten immer zahlreicher. Und immer hungriger. In Horden streiften sie durch Steppen und Wälder auf der Suche nach Nahrung. Das müssen sie irgendwie an uns abgekuckt haben. Die erlegten Tiere aßen sie zu unserer Verwunderung nicht an Ort und Stelle, sondern schleppten sie an Plätze, wo viele Nackte ihr Lager hatten. Dort taten sie dann etwas höchst beunruhigendes: Sie machten Feuer! Zur Erklärung: Feuer ist für alle Bewohner der universellen Ordnung der Antigott. Ein Symbol der Vernichtung, des Todes. Entsprechend schnell sprach sich die Kunden in den Höhlen und Lagern der großen Grauen herum, dass die Nackten mit dem Tod im Bunde seien. Eine Lebensform, die das Urelement des Todes und der Vernichtung beherrscht, kann nur Unheil bedeuten. Wie recht unsere Weisen damit hatten, das weißt Du ja, geneigter Leser. Aber das ist eine andere Geschichte.

    Kurz und gut: Die Nackten vermehrten sich wie die Fliegen auf der Oberfläche eines Tümpels. Sie fraßen die Wälder leer und plünderten die Steppen. Die ersten großen Hungersnöte brachen über die großen Grauen herein und rissen breite Furchen in unsere Reihen. Keine Nahrung bedeutet auch weniger Nachwuchs. Unsere Kräfte schwanden. Viele waren zu schwach zum Jagen.

    Dummerweise ließen die Nackten ihre Beute nie liegen, so dass

    eventuell noch etwas für uns übriggeblieben wäre. Was sie erlegten, schleppten sie zu ihren Siedlungen, die immer größer und bedrohlicher wurden.

    Wir beobachteten die Nackten. Studierten sie. Denn die beste Überlebensstrategie ist das Wissen über die große Ordnung im Allgemeinen. Und über seinen Feind im Besonderen. So stellten wir fest, dass die Nackten ihre Beute nicht zur Gänze aufaßen.

    Knochen wurden beispielsweise nur lieblos abgekieft und anschließend zur Seite geworfen. Was für eine Verschwendung!

    Du musst Dir das einmal vorstellen lieber Leser: Da sitzt ein Haufen Nackter um das lodernde Inferno eines Feuers herum um labt sich an Fleisch, während 100 Meter im Gebüsch ein Rudel

    großer Grauer kauert und mit knurrenden Mägen ansehen muss, wie ihr Euch an Eurem Mahl labt. Wieso ihr das Fleisch immer erst einige Zeit in das Feuer gehalten habt, bevor ihr es fresst, hat uns ehrlich gesagt nicht sehr verwundert. Da ihr offenbar das Feuer anbetet und damit den Gott der Vernichtung, müsst ihr Eure Nahrung zuerst einmal weihen. Sozusagen durch eine Feuertaufe.

    Dass dadurch das Fleisch wertlos wird ist Euch offenbar egal.

    Aber ihr habt Euch ja von Beginn an über die simpelsten Naturgesetze hinweggesetzt.

    Es war also vor rund sechs Millionen Jahren, als ein Familienrudel großer Grauer mit Kind und Kegel im Gebüsch saß und eine Horde Menschen beim Fressen beobachtete. Die Mägen der ausgehungerten Canen knurrten so laut, dass man es unschwer einen halben Kilometer weit hören konnte. Die Nackten, obwohl nur rund hundert Meter von dem gut getarnten Rudel entfernt,

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