Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Der Mäusestamm: Klee - wie alles begann
Der Mäusestamm: Klee - wie alles begann
Der Mäusestamm: Klee - wie alles begann
eBook388 Seiten5 Stunden

Der Mäusestamm: Klee - wie alles begann

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Klee, eine Jungmaus, wird an seinem ersten Schultag von einer räuberischen Katze in das Haus der Menschen verschleppt. Bevor die Katze ihn verschlingen kann, wird er von den Menschen gerettet und im nahen Wald ausgesetzt. Verletzt und traumatisiert findet er sich in einer rauhen, gefährlichen und ihm vollständig unbekannten Umgebung wieder. Alleine macht er sich auf, um den Weg zurück in seinen Garten zu finden. Doch der direkte Weg dorthin ist ihm versperrt.
Tatsächlich findet er im Wald großartige Freunde, die mit ihm die Reise bis in das Areal der Feldmäuse antreten. Ziel sind die weisen Ratten.
Während dessen bleiben sein Freund Kugel und die Freunde im Garten nicht tatenlos.

Alle beschriebenen Abenteuer haben sich so oder zumindest so ähnlich im Garten und dem nahen Wald ereignet. Die Helden sind echte Mäuse, keine 'Bernhard und Biancas' mit kleinen Rucksäcken und Schwertern.
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum13. Okt. 2018
ISBN9783742719287
Der Mäusestamm: Klee - wie alles begann

Ähnlich wie Der Mäusestamm

Titel in dieser Serie (1)

Mehr anzeigen

Ähnliche E-Books

Allgemeine Belletristik für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Rezensionen für Der Mäusestamm

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Der Mäusestamm - Martin Ritterbach

    Inhalt

    Für und mit Luna

    Katja und Julian,

    Danke für Eure Inspiration und Geduld

    in den letzten drei Jahren

    Danke besonders an Julia und Jana

    für das kritische Lesen und Korrigieren.

    Die Stämme

    Gartenstamm

    Klee Jungmaus, bescheidener Held der Geschichte - wird im Laufe der Saga zum großen Führer

    Blume Mutter von Klee

    TripTrap Zwillingsbrüder von Klee, nicht auseinander zu halten

    Kugel Schüler, Wühler - bester Freund von Klee

    Knolle Schüler, wuseliger, nervöser Sammler

    Jupiter Schüler, Bote

    Gras Schüler, Wühler

    Helm Schüler, Träger

    Rinde Schüler, stämmiger Träger

    Wacholder Schüler, Wächter

    Bambus Schüler, Wächter, junger guter Kletterer

    Beere Schülerin, Freundin von Kugel

    Hermes Schülerin, pfeilschnelle Botin

    Murmel Schülerin, Botin

    Farn Lehrerin der Wächterklasse

    Schnüffel Lehrerin der Sammlerklasse

    Schaufel Lehrer der Wühlerklasse

    Portos Lehrer der Botenklasse

    Goliath Lehrer der Trägerklasse

    Judas Verräter

    Birne Heilerin

    Laub alte und weise Vorsteherin des Stammesrates

    Bärlauch Ratsmitglied

    Kirsche Ratsmitglied

    Wiese Ratsmitglied

    Apfel Ratsmitglied

    Waldstamm

    Tau Freundin von Klee, Tochter des Stammführers

    Tanne Mutter von Tau

    Buche Vater von Tau, Stammesführer

    Kastanie erfahrene, aber ängstliche Sammlerin

    Erle skeptischer Lehrer

    Nuss erfahrene Botin

    Speer erfahrener Wächter und Kämpfer

    Schotterstamm

    Birke Anführerin des Schotterstamms

    Schotter Späher, häufig am Straßenrand eingesetzt

    Schwelle kleine, etwas vorwitzige Maus

    Feldstamm

    Korn lustiger Mäuserich

    Die Stammesareale

    Grafik 3

    Der Garten

    Dieser besondere Garten befindet sich im Vorort einer größeren Stadt. Der Hauptgarten liegt im hinteren Bereich des Grundstücks, direkt an den Hofbereich angrenzend. Im vorderen Bereich befindet sich das Haus der Menschen und der Vorgarten.

    Das Haus und der Garten liegen direkt an einem großen Waldareal. Allerdings befindet sich zwischen dem Wald und dem Grundstück eine stark befahrene Ausfallstraße und eine Straßenbahntrasse.

    Die Gartenmäuse haben ihren Hauptbau direkt unter dem großen Komposthaufen eingerichtet. Hier und im Garten sind die Mäuse zu Hause; fühlen sie sich sicher.

    Die Kaninchen bewohnen ein Gehege unter der großen Tanne. Mäuse, Kaninchen und Eichhörnchen leben in friedlicher Koexistenz. Aber sie sind sich bewusst, dass Katzen, Füchse und Raubvögel ihnen ständig nach dem Leben trachten.

    Prolog

    Es war zu der Zeit, als sich die Mäusefamilien in Stämmen organisierten. Jeder Stamm schützte sein abgegrenztes Stammesareal gegen äußere Feinde. Die einzelnen Stämme waren einander freundschaftlich gesinnt, auch wenn Kontakte zwischen ihnen eher selten waren. Der direkte Austausch beschränkte sich im Wesentlichen auf die Besuche einzelner Boten, die Nachrichten zwischen den Stämmen austauschten.

    Doch es gab besondere Situationen und Herausforderungen, die es erforderlich machten, dass Mäuse ihre Grenzen überwanden, um Außerordentliches zu erreichen.

    Klee, der junge Mäuserich, wird an seinem ersten Schultag von einer räuberischen Katze in das Haus der Menschen verschleppt. Bevor die Katze ihn verschlingen kann, wird er von den Menschen gerettet und im nahen Wald ausgesetzt. Verletzt und traumatisiert findet er sich in einer rauen, gefährlichen und ihm völlig unbekannten Umgebung wieder. Allein macht er sich auf, um zurück in seinen Garten zu finden. Doch der direkte Weg dorthin ist ihm versperrt. Tatsächlich findet er großartige Freunde, die mit ihm die Reise durch den Wald bis in das Areal der Feldmäuse und zu den weisen Ratten antreten.

    Während dessen bleiben sein Freund Kugel und seine Freunde im Garten nicht tatenlos.

    Alle im folgenden beschriebenen Abenteuer haben sich so oder zumindest so ähnlich in Klees Garten und dem nahen Wald ereignet.

    Kapitel - Gefangen

    Klee wachte auf. Er spürte seinen trockenen Mund und einen unbestimmten, leicht bitteren Geschmack. Er ahnte sofort, dass es sein eigenes Blut war, das irgendwie metallisch schmeckte. Er stöhnte leise als er sich auf den Bauch drehte, kurz bevor er wieder in Ohnmacht fiel.

    Es waren weitere Stunden vergangen, als er erneut zu sich kam. Es war schon dunkler geworden, dennoch registrierte er die fremde Umgebung. Rote Lichter tanzten vor seinen Augen und dahinter schimmerte es grün. Er befürchtete Halluzinationen von dem schweren Angriff erlitten zu haben und beschloss, diese Wahrnehmungsstörungen vorerst zu ignorieren und sich um seinen körperlichen Zustand zu kümmern.

    Während er langsam seine Beine streckte, fragte er sich, wie lange er ohnmächtig gewesen sein mochte und ob man ihn schon suchte. Er versuchte sich zu konzentrieren, aber seine Erinnerungen stoppten immer wieder an der gleichen Stelle. Wieder und wieder sah er die grünen großen Augen vor sich und spürte fast sofort wieder den stechenden Schmerz in seinem Nacken, als ob das fürchterliche Tier ihn ein weiteres Mal hochgerissen hätte. Dann kam nur noch dunkles Schwarz und später, viel später dieses Grün.

    Mittlerweile hatte er seine Gliedmaßen untersucht und festgestellt, dass er zwar einige Prellungen davongetragen, aber Gott sei Dank keine schwerwiegenderen Verletzungen erlitten hatte. Er wusste, dass es sein Todesurteil bedeutet hätte, hätte er sich eines seiner Beine gebrochen. Mäuse, so dachte er, sind nur flink und beweglich, wenn sie Herr über ihre Beine sind. Dann untersuchte er seinen restlichen Körper. Er zuckte zusammen, als er über die nicht mehr blutende, aber doch sehr schmerzhafte Wunde in seinem Nacken strich. Sein Rückenfell war blutverklebt und völlig verdreckt.

    Zwischenzeitlich war es noch dunkler geworden, als plötzlich ein helles Licht, wie eine diffuse Sonne, erschien und alles in ein hellgrünes Etwas tauchte. Die tanzenden Lichter vor seinen Augen waren nun einer sehr klaren Wahrnehmung gewichen. Er sah fast überscharf, auch wenn die Umgebung keinerlei Ecken und Kanten aufwies.

    Klee war nun neugierig auf sein Gefängnis geworden und ignorierte den aufkeimenden Hunger. Automatisch richteten sich seine Schnurrbarthaare auf und seine Nase begann in tiefen Zügen die Luft aufzusaugen. Erst jetzt nahm er den künstlichen und ungewohnten Geruch wahr, und mit einem Mal wusste er diesen einzuordnen. Es war Kunststoff oder Plastik, auf jeden Fall von Menschen hergestellt und ein ganz schwacher Geruch nach Salami?

    Er versuchte die Größe seiner unfreiwilligen Behausung abzuschätzen. Sie war nur etwa zwanzig Zentimeter lang, zehn Zentimeter breit und nicht sehr hoch. Wenn er sich auf die Hinterbeine stellte, konnte er die Decke berühren. „Diese Kiste bietet aber auch keinen Angriffspunkt", dachte Klee, nachdem er mit seiner Schnauze und seinen Vorderpfoten alle Wände gründlich abgetastet hatte.

    Ein letztes Mal stemmte er sich mit aller Kraft gegen die Decke, dann beschloss er seine Kräfte zu schonen.

    Es dauerte noch eine Weile, Klee war schon wieder eingedöst, als plötzlich das gesamte Gefängnis mit einer ihm bisher nicht bekannten Kraft noch oben gerissen wurde. Er rutschte unvermittelt nach rechts, um direkt darauf wieder nach links geschleudert zu werden. Er vernahm ein donnerndes Geräusch und wusste instinktiv, dass es eine Menschenstimme war, die dort sprach: „Katja, ich bin mal eben draußen, die tote Maus wegbringen." Er hörte zwar die Worte aber verstand sie natürlich nicht - er hätte sich wahrscheinlich auch sehr erschrocken.

    Dann ging alles sehr schnell. Es ruckelte noch ein paar Mal, dann öffnete sich sein Gefängnis und Klee wurde unsanft auf dem Boden abgesetzt. Für einen Augenblick war er wie erstarrt, kam auf seine Beine, guckte kurz nach oben und fing an zu rennen, so schnell ihn seine Beine zu tragen vermochten.

    Im Wegrennen konnte er den Menschen noch erstaunt rufen hören: „Na so was - die Maus lebt ja noch."

    Er konnte sich nicht daran erinnern, jemals so schnell gelaufen zu sein. Doch dann stoppte er unvermittelt, vor sich die undurchdringliche Dunkelheit, die irgendwie anders war als die in seinem Garten. Der Duft war anders, die Geräusche sowieso und - überall Bäume.

    Kapitel - Die Versammlung

    Was war eigentlich geschehen? Wie konnte es zu diesem unbeschreiblichen Desaster kommen? Der Tag hatte eigentlich ganz normal angefangen. Ein ganz gewöhnlicher, aber auch wunderschöner Frühsommertag. Irgendetwas kitzelte Klee an der Nase. Er drehte sich um, war sofort hellwach, strich sich seine strubbeligen Schnurrbarthaare glatt und war aus dem Bau, ehe man bis drei zählen konnte.

    „Guten Morgen mein Kleiner" tönte es ihm entgegen. Nicht nur seine Mutter Blume, sondern die gesamte Familie schien schon wach zu sein. Alle tobten durcheinander, irgendwie wie jeden Tag, dachte er.

    Und dennoch war dieser Tag anders. Schlagartig fiel es ihm wieder ein:

    erster Schultag

    Wie hatte er dies nur vergessen können. Und deswegen waren schon alle so wach, hatten ihr Fell gebürstet und gestriegelt, die Krallen poliert und ihre Schwänze sorgfältig geringelt.

    Seine beiden Brüder TripTrap giggelten hinter seinem Rücken als sie alle gemeinsam die große Wiese überquerten, vorbei an der großen Steinskulptur in Richtung große Tanne. Hier in der Nähe der Kaninchenställe, abgeschirmt vom hochgewachsenen Elefantengras, hatten sich schon alle anderen Familien des Gartenstamms versammelt. Es herrschte eine aufgeregte, aber auch angespannte Stimmung. Es war schließlich nicht ganz ungefährlich, so am frühen Morgen mit fast fünfzig Mäusen eine Versammlung abzuhalten. Es war die gefährliche Tageszeit, zu der die Katzen von ihrer nächtlichen Jagd zurückkehrten und gerne noch so nebenbei eine Maus zum Nachtmahl fingen, wenn ihnen eine zufällig über den Weg lief.

    Doch die Mäuse hatten ausreichende Vorsichtsmaßnahmen getroffen. Die besten und erfahrensten Wächter hatten sich an allen wichtigen Stellen postiert: vorne an der Einfahrt, an der Treppe zur Terrasse und natürlich hinten am Kompost. Es waren zum Einen die Mäuse mit den schärfsten Augen und dem besten Gehör, zum Anderen die besten Sprinter aus dem Stamm. Mäuse, die es gewohnt waren, sofort zu reagieren.

    Auch wenn die Mäuse alle Vorbereitungen mit äußerster Vorsicht geplant hatten, hatte sich die Versammlung bereits im Garten herumgesprochen. Und so gab es einige Augenpaare, die mit Interesse, Sorge oder aber Argwohn das Treiben unter der Tanne beobachteten. Ein einzelner Beobachter mit messerscharfen Krallen und fürchterlichen Fangzähnen war kaum fähig, seinen Hass zu verbergen.

    Unter der Tanne hatten die Feierlichkeiten bereits begonnen. Die Familien hatten einen Kreis gebildet, während sich Klee mit den anderen jungen Schülern in der Mitte versammelt hatte.

    Die letzten Wochen hatten die Jungmäuse ihre Eltern schon begleiten dürfen und hatten dabei eifrig das geübt, was eine Maus zum Überleben können muss: Nahrungsmittel erkennen und sammeln, Aufspüren von Käfern, Würmern und anderen wohlschmeckenden Leckerbissen sowie das Lesen von geheimen Zeichen, die auf zuvor angelegte Nahrungsdepots verwiesen. Darüber hinaus war es sehr nützlich zu wissen, wo sich unterirdische Wasserstellen befinden oder der süßeste Blumennektar zu finden ist.

    Wie nebenbei hatten sie dabei auch gelernt, wie eine Maus sich in der freien Natur verhalten muss, wie man bei drohendem Unwetter schnell eine kleine Erdhöhle anlegt und wie man erkennt, welcher Boden zum Graben und Wühlen am besten geeignet ist. Natürlich hatten ihnen die Eltern und älteren Geschwister auch beigebracht, welche Tiere sich noch in der Umgebung aufhalten, welche davon freundlich gesinnt sind und welchen man am besten aus dem Weg geht. Vor dem ersten Schultag hatten dann alle Mäuse eine Prüfung abgelegt, damit die künftigen Lehrer sehen konnten, welche Maus für welche Aufgabe innerhalb des Stammes am besten geeignet sei. Schließlich würden alle Mäuse am ersten Schultag, je nach ihrer besten Begabung, auf unterschiedliche Klassen aufgeteilt werden. Darüber hinaus durfte jede Maus ungeachtet des Prüfungsergebnisses eine Vorauswahl treffen, in welcher Klasse sie am liebsten unterrichtet werden wollte. Zur Auswahl standen folgende Klassen:

    „Die Wühler, „Die Sammler, „Die Händler, „Die Träger, „Die Wächter und „Die Boten.

    Klee selbst hatte sich als hervorragender Sammler erwiesen und hatte sehr lange mit seinem besten Freund Kugel geübt. Immer wieder hatten sie abwechselnd Eicheln und Bucheckern im Garten versteckt, teilweise sogar vergraben und wetteiferten darum, wer diese am schnellsten aufspüren konnte. Dann hatten sie gelernt, Früchte und Pflanzen zu unterscheiden, gab es doch zu jeder essbaren Frucht mindestens ein bis zwei ungenießbare oder gar giftige Gegenstücke. Die falsche Frucht zu erwischen, konnte damit lebensgefährlich sein und einen ganzen Stamm ausrotten.

    Natürlich wünschten sich beide Freunde nichts sehnlicher, als gemeinsam in die Klasse der Sammler aufgenommen zu werden. Ein Sammler zu sein war nicht ungefährlich. Hier ging es nicht darum, unbeschwert von Busch zu Busch zu huschen, um nach Essbarem Ausschau zu halten. Nein - Sammler waren diejenigen, die sich abgesehen von den Boten immer am weitesten vom Stammgebiet in unbekannte Territorien wagten, immer auf der Suche nach Nahrung für den Stamm. Sammler durften nie allein auf die Suche gehen, zu gefährlich war die Welt außerhalb des Baus.

    Über Sammler kursierten die abenteuerlichsten Geschichten und jede Maus kannte die Legenden über die tapfersten Sammler, die von ihren langen Reisen nicht mehr zurückgekehrt waren.

    Manche Sammler waren tagelang auf sich allein gestellt, darauf angewiesen, bei anderen Stämmen zu übernachten. Dies gab natürlich auch Gelegenheit, diese Stämme besser kennenzulernen und Botschaften und Nachrichten zwischen den Stämmen auszutauschen. Einige der begabtesten Sammler wurden später Boten - ausschließlich damit beschäftigt, Nachrichten zwischen den einzelnen Stämmen zu verteilen.

    Zu Beginn der Feier hatten sich alle Stammesangehörigen im Kreis um die jungen Schüler versammelt. Neben dem Gartenstamm hatten auch einige Angehörige des befreundeten Hundestamms den Weg durch die Nachbargärten und unter der großen Mauer hindurch gefunden und wurden nun mit Hochachtung und großer Freude willkommen geheißen.

    Dann trat unvermutet eine sehr imposante, alte Maus in die Mitte, richtete sich auf und sofort verstummten alle um sie herum. Laub, eine alte Seherin und erfahrene Lehrerin, war wirklich beeindruckend anzusehen. Ihr silbriges Fell war sehr dicht, ungewöhnlich lang und wirkte wie ein königlicher Umhang. Sie hatte große graue Augen, mit denen sie nun die neuen Schüler aufmerksam musterte.

    „Schüler, sprach sie und alle waren überrascht, wie klar und tief ihre Stimme klang. „Schüler, wiederholte sie. „Ihr habt nun in den letzten Wochen eine sehr intensive Zeit verbracht, ihr habt gespielt, gelernt und eure ersten wichtigen Erfahrungen gemacht. Nun gilt es in den nächsten Wochen, dieses Wissen zu vertiefen, damit ihr vollwertige Mitglieder unserer Stammesgesellschaft werdet."

    Die etwa zwanzig Jungmäuse blickten sie beeindruckt an und wagten kein Schnurrhaar zu regen.

    „Damit ihr dieses Wissen möglichst schnell erlangt, werdet ihr nun, wie schon Generationen von Mäusen vor euch, auf die sechs Klassen aufgeteilt. Jede Klasse hat einen Lehrer, der euch begleiten wird und euch alles beibringen wird, was ihr für die für euch bestimmten Aufgaben benötigt. In dieser Zeit werdet ihr den Stammesbau verlassen und mit euren Freunden und den Lehrern in einen eigenen Bau ziehen, einzig und allein um euch vollkommen auf den Lehrstoff und eure künftigen Prüfungen zu konzentrieren."

    Bei Erwähnung des neuen Baus und bei der Vorstellung, Eltern und Verwandte nun nicht mehr regelmäßig zu sehen, guckten einige der kleineren Mäuse recht ängstlich - eine fing zudem fürchterlich zu schluchzen an.

    „Ich möchte nicht unerwähnt lassen", fuhr Laub fort, „dass wir auch in diesem Jahr im Vorfeld wieder hervorragende Leistungen beobachten konnten und auch die Testergebnisse lassen vermuten, vorausgesetzt dass nicht geschummelt wurde, dass wir in diesem Jahrgang wieder herausragende Talente ausbilden dürfen. Hierfür schon einmal vorab meine Hochachtung und Dank.

    Doch kommen wir nun zu dem für euch wohl spannendsten Teil: die Zuteilung auf die Klassen. Die Anzahl der Plätze in den einzelnen Klassen ist genau ausgezählt und entspricht unserem aktuellen Bedarf. Wir konnten daher leider nicht jedem eurer Wünsche entsprechen. So werden wohl am Ende einige von euch nicht den gewünschten Klassen zugeteilt werden. Aber seid gewiss, dass wir für alle eine gute Lösung gefunden haben."

    Es machte sich eine kleine Unruhe breit. Eltern und Geschwister scharrten vor Anspannung mit den Pfoten; lediglich die Schüler waren wir erstarrt, unfähig sich auch nur zu rühren.

    „Ich werde nun jeden Schüler einzeln aufrufen und bitten, zu mir zu kommen. Sodann werde ich den Namen der Klasse verkünden. Bitte begebt euch dann unverzüglich zu euren Lehrern. Ihr erkennt sie an den Symbolen vor ihnen im Sand."

    Und so geschah es. Mit ihrer tiefen Stimme rief Laub die Mäuse auf. Eine jede Maus trat nach vorne, genauso wie sie es Tage zuvor geübt hatten. Sodann wurde der Name der Klasse verkündet, begleitet vom begeisterten Applaus der jeweiligen Angehörigen:

    Gras - Wühlerklasse, Kreis

    Klee - Sammlerklasse, Dreieck

    Murmel - Botenklasse, Pfeil

    Helm - Trägerklasse, Stern

    Bambus - Wächterklasse, Viereck

    Kugel - Wühlerklasse, Kreis

    Und so ging es eine ganze Weile weiter, bis alle Schüler auf die Klassen verteilt worden waren. Lediglich die Händlerklasse wurde in diesem Jahr nicht besetzt, da im vorherigen Jahrgang ausreichend viele Mäuse zu Händlern ausgebildet worden waren.

    Es dauerte eine Weile, bis Kugel aus seiner Starre erwachte und zu seiner Bestürzung realisiert, dass er nicht mit seinem besten Freund Klee in der Sammlerklasse untergekommen war. Klee wiederum konnte es ebenfalls nicht fassen, zwar in seiner Wunschklasse gelandet zu sein, aber ohne seinen besten Freund, der nun ein Wühler werden sollte.

    Klee überlegte einen Moment und wagte sich dann nach vorne, um seine Auswahl rückgängig zu machen. So etwas kam in jedem Jahr mal vor. „Lieber zu zweit in der Wühlerklasse, als allein ein Sammler zu sein, dachte er. Kugel bemerkte aus den Augenwinkeln, wie sich sein Freund der weisen Laub näherte. Er verstand sofort, was dieser vorhatte. Mit drei gewaltigen Sätzen kam er ihm zuvor und verstellte ihm den Weg. Mit glitzernden Tränen in den Augen und belegter Stimme keuchte er: „Klee - bitte belass es bei dieser Auswahl. Du hast so hart dafür gearbeitet - du hast es verdient, ein Sammler zu werden.

    „Du doch aber auch", schluchzte nun auch Klee, der vor Rührung kaum mehr sprechen konnte.

    „Ja natürlich wäre ich gerne ein Sammler geworden, zumal mit dir, als meinem besten Freund. Aber alle aus meiner Familie waren bisher Wühler und da ist es eigentlich nur konsequent, wenn ich diese Familientradition fortführe."

    Da mussten beide nun doch wieder ein wenig lächeln und schworen sich, ob Sammler oder Wühler, ihre Freundschaft nie aufs Spiel zu setzen.

    Nachdem nun alle Schüler ihre Lehrer gefunden hatten, setzten sich die Klassen nacheinander in Bewegung - zurück zum Hauptbau unter dem großen Johannisbeerstrauch am vorderen Komposthaufen. Sie wählten unterschiedliche Wege, um nicht als große Gruppe unnötige Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.

    Während der gesamten Zeit hatte der, in den Bäumen versteckte, Jäger seine Erregung und Wut kaum mehr verbergen können. Wild peitschte der Schwanz der tiefschwarzen Katze, die sich fast unsichtbar an den Ast des großen Birnbaums schmiegte. Nicht dass sie von der Veranstaltung der Mäuse irgendetwas mitbekommen hätte, dazu war das Elefantengras zu dicht, aber sie wusste, dass sich irgendwo dort unten eine größere Anzahl von Mäusen versammelt hatte. Die Katze mit dem weißen Fleck auf der Brust war fast blind vor Wut, war sich aber bewusst, dass ein ungestüm vorgetragener Angriff zu keinem Ergebnis führen und alle Mäuse in der näheren Umgebung auf Wochen in den Untergrund vertreiben würde. Tinka beschloss daher, eine günstigere Gelegenheit abzuwarten, um sich an den verhassten Mäusen zu rächen. Sie reckte und dehnte sich ausgiebig, und während die Mäuse noch gebannt der Aufteilung der Schüler beiwohnten, hatte sie in wenigen Augenblicken ihren Hochsitz verlassen, um Drinnen bei den Menschen ihr Frühstück in Empfang zu nehmen.

    Kapitel - Im Bau

    Es dauerte eine Weile, bis alle Familien im Hauptbau eingetroffen waren. Die Wächter zogen sich von den Außenposten zurück und nahmen an den Zugängen zum Bau Aufstellung. Sie würden zu gegebener Zeit ihren Anteil vom Festessen erhalten. In der Zwischenzeit hatten sich die gesamte Festgesellschaft in der Haupthalle versammelt und es wurde gemütlich eng. Reden wurden geschwungen, stolze Eltern präsentierten sich mit den jungen Schülern und die älteren Geschwister, deren Ausbildung schon ein paar Monate zurücklag, prahlten mit ihren Erlebnissen während dieser Zeit.

    Natürlich gab es ein tolles Büffet mit Köstlichkeiten der Saison: frische Blumenzwiebeln, Nüsse aus den Winterdepots, Kartoffelschalen vom benachbarten Kompost, dazu kleine Käfer und zarte Regenwürmer - kurz gesagt ein Festessen. Zum Nachtisch wurden erste Johannisbeeren gereicht, die in den letzten Tagen in der Höhle nachgereift waren.

    Anders als sonst war die Haupthöhle in ein diffuses Licht getaucht. Kleine Glasscherben waren so in den Gängen angeordnet, dass das Sonnenlicht bis in die Haupthalle geleitet wurde. Eine Installation, die allgemein Beachtung und Bewunderung fand.

    Klee tobte mit Kugel durch die Gänge. Es wurde ihnen nun bewusst, dass sie die gewohnten Orte einige Zeit nicht mehr sehen würden. Einerseits genossen sie die Aussicht auf den neuen Lebensabschnitt mit Freunden und neuen Kameraden, anderseits wussten sie auch, dass in den nächsten Monaten höchste Disziplin von ihnen erwartet wurde, verbunden mit harter Arbeit. Für ein gutes Gelingen waren nicht nur auf‘s schärfste ausgebildete Sinne, körperliche Kraft und Ausdauer, Geschick und Kombinationsgabe, sondern auch eine gute Portion Glück erforderlich. Doch der Unterricht würde erst am nächsten Morgen beginnen und so beschlossen die Freunde, den verbliebenen Tag und die anstehende Nacht in vollen Zügen zu genießen.

    Zur heißesten Mittagszeit hatte sich die Gesellschaft vorübergehend in die verschiedenen Schlafkammern zurückgezogen, um auszuruhen und um sich auf die abendliche Feier und den Umzug der Schüler vorzubereiten.

    Nur eine einzelne Maus schlich jetzt noch durch die Gänge, bemüht sich unsichtbar zu machen und auf keinen Fall aufzufallen. Immer wieder schaute sie sich vorsichtig um, um dann schnell im nächsten Gang zu verschwinden. Zielstrebig bahnte sie sich ihren Weg durch das Labyrinth des vielverzweigten Baus, bis sie in einer kleinen weit entlegenen Kammer angelangt war. Ohne zu zögern steuerte die Maus die hintere Wand an, die fast gänzlich im Dunklen lag und fing sofort an zu graben. Es dauerte nicht lange, da hatte die Maus einen kleinen Gang hergestellt, geradezu ein Kinderspiel für einen erfahrenen Wühler. Und tatsächlich fiel bald fahles Licht durch ein kleines Loch, das die Maus so lange vergrößerte, bis sie sich hindurchwinden konnte.

    Kaum draußen angelangt, sammelte die Maus ein paar verstreute Blätter, um den soeben gegrabenen Zugang zu verbergen. Man konnte nie wissen, wer um diese Zeit um den Bau schlich. Nachdem er den Zugang provisorisch verborgen hatte, verschwand der Wühler im Unterholz, wobei er sich noch mehrfach umschaute, um sicherzugehen, dass ihm niemand folgte.

    Schnell hatte er die kurze Strecke bis zum Hauptweg zurückgelegt, der große gepflasterte Weg, der den Hof mit dem hinteren Gartenbereich verbindet. Er überquerte den Weg und folgte ihm parallel auf dem kurzgeschorenen Rasen bis zu der kleinen Buchsbaumhecke. Nichts - keinerlei Hinweise. Er querte den Weg erneut, um auf der anderen Seite weiter zu suchen. Und plötzlich fand er sie, die geheimen Zeichen, mit denen Mäuse ihre Pfade markieren. Er prägte sich diese genau ein und machte sich dann wieder auf den Rückweg, um rechtzeitig im Bau einzutreffen, noch bevor die Mäuseschar aus dem Mittagsschlaf erwachte.

    Kapitel - Rückblick - Tinka und Twister

    Tinka war im Alter von wenigen Wochen mit ihrem Bruder Twister zu der Menschenfamilie, den Besitzern des Gartens, gekommen. Die Familie, die Eltern Katja und Martin mit den beiden Kindern Luna und Julian, war sehr tierlieb und hatte neben den beiden Katzen bereits einige Kaninchen, die in einem großen Stall mit Außengehege ganz in der Nähe der großen Tanne lebten.

    Tinka und Twister waren zwar sehr unterschiedlich - Tinka eher vorsichtig, überlegend und sehr klug, Twister ungestüm, wild und ein wenig einfältig - dennoch waren sie unzertrennlich.

    In der ersten Zeit waren sie noch zu klein, um in den Garten zu dürfen. Daher erkundeten sie die Menschenwohnung aufs Genaueste, gab es doch auch hier jede Menge interessante Dinge zu entdecken. Täglich dachten sich zudem die Kinder und insbesondere Luna neue Spiele aus, um die Katzen zu belustigen. Schnell hatten Tinka und Twister die gesamte Wohnung zu ihrem Revier erklärt. Entweder spielten sie, tobten wie die Irren durch die Wohnung oder ließen sich von ihren Menschen kraulen und beschmusen. Und dann fanden sie natürlich ausreichend Zeit, in allen möglichen Stellungen zu schlafen.

    Im Laufe der Zeit lernten sie sogar die Bedeutung einiger Menschenworte wie zum Beispiel „nein, „runter, „leckerleckerlecker" und natürlich ihre Namen kennen. Ganz eindeutig: Die Katzen waren der Mittelpunkt der Familie und wurden heiß und inniglich geliebt.

    Trotz aller Ablenkung und Zuneigung durch die Menschen sehnten sich Tinka und Twister nach der freien Natur, fragten sich ständig, wann es ihnen wohl gestattet würde, nach draußen zu gehen.

    Und dann war es endlich soweit. Ostern war gekommen und dies war der Zeitpunkt, zu dem zum Einen die Kaninchen ihren Sommerplatz unter der großen Tanne einnahmen und zum Anderen die Familie beschloss, die Katzen zum ersten Mal nach in den Garten zu lassen. Tinka und Twister konnten ihr Glück gar nicht fassen. Ein riesiger Garten ganz für sie alleine, wenn man mal von den Kaninchen absah - so dachten sie jedenfalls. Ein ganzer Garten voller neuer Gerüche, Farben, Früchte und Klettergelegenheiten. Dazu viel kleines Krabbelgetier von der Ameise, den Regenwürmern, unzähligen Käfern bis zu der ein oder anderen Libelle. Im hinteren Gartenbereich war zudem ein Gartenteich mit echten Fröschen. Was will das Katzenherz mehr?

    Auch die Menschen kamen nun immer häufiger in den Garten und spielten mit Bällen oder anderen merkwürdigen Dingen, sammelten Blumen oder saßen einfach nur herum. Und immer konnte man vom Spielen müde, den Menschen einfach auf den Schoß springen und sich ein paar Krauleinheiten abholen. Was für eine herrliche Welt.

    Zu diesem Zeitpunkt ahnten allerdings weder Tinka noch Twister, dass es mit der Ruhe und Gemütlichkeit bald vorbei sein würde. Und das lag nicht nur an dem Hornissennest, das oben im hohlen Birnbaum hing.

    Schon seit einiger Zeit hatten die beiden Geschwisterkatzen das unbestimmte Gefühl, beobachtet zu werden. Dazu wehte manchmal eine seltsame Geruchsfahne durch den Garten - meistens in den frühen Abend- und Morgenstunden. Ein Geruch der unwillkürlich an Gefahr denken ließ und bei dem sich nicht nur bei den Kaninchen die Nackenhaare aufstellten.

    Kapitel - Die Kaninchen 1

    Überhaupt die Kaninchen. Saßen den ganzen Tag in ihrem Gehege, nur ahnend, wie aufregend das Leben draußen im Garten war. Seit jedoch Tinka und Twister im Garten herumtollten, steckten die Kaninchen immer häufiger ihre Nasen durch die Gitterstäbe und schauten sehnsüchtig auf die Wiese. Ist es nicht so, dass die Wiese auf der anderen Seite des Zauns immer ein wenig grüner und begehrenswerter erscheint, als die Wiese auf der eigenen Seite. So empfanden es zumindest die Kaninchen. Und mit der Zeit wurde der Wunsch fast unerträglich, genau dies herauszufinden.

    Eines Tages kam Merlin, das größere der beiden Kaninchen, auf eine verwegene Idee. Was wäre, wenn er aus dem Gehege ausbräche - natürlich nicht für immer, nur mal für einen Nachmittag, nur mal, um sich umzuschauen? Natürlich würde er abends wieder zurückkehren in den sicheren Stall.

    Spontan stemmte er sich mit aller Kraft gegen die Gitterstäbe des Stalls, die auch sofort nachgaben, aber nachdem er losgelassen, wieder in ihre ursprüngliche Lage zurücksprangen. Er merkte schnell, dass er so nicht weiterkam.

    Zum ersten Mal überhaupt schaute er sich das Gehege genauer an. Da war der zweigeschossige Schlafstall. Oben die mit Stroh gefüllte Schlafstelle mit der kleinen Lauframpe. Hier klappten die Menschen manchmal das ganze Dach auf, vornehmlich um den Stall zu reinigen oder Futter nachzulegen. Keine Chance hier unbemerkt zu entkommen.

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1