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Der Teufel von London
Der Teufel von London
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eBook248 Seiten3 Stunden

Der Teufel von London

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Über dieses E-Book

Mit Band 4 dürfen sich alle Freunde der Reihe "Montgomery & Primes" auf einen neuen Fall freuen:

London, 1888 - Opium überschwemmt die Metropole London und fordert zahlreiche Opfer.

Dr. Celeste Montgomery und Detective Inspector Archibald Primes von Scotland Yard machen sich auf die Suche nach dem Schuldigen, den sie hinter all dem vermuten: den Teufel von London.
SpracheDeutsch
Herausgeberepubli
Erscheinungsdatum10. Dez. 2017
ISBN9783745067200
Der Teufel von London

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    Buchvorschau

    Der Teufel von London - Thomas Riedel

    Der Teufel von London

    Ein Fall für Montgomery und Primes

    Kriminalroman

    von

    Susanne Danzer & Thomas Riedel

    Bibliografische Information durch

    die Deutsche Nationalbibliothek:

    Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über

    http://dnb.de abrufbar

    bereits erschienen:

    Eine Leiche zum Lunch, IBSN 978-3-7418-3121-8

    Der blinde Zeuge, IBSN 978-3-7418-0000-0

    Der tödliche Engel, IBSN 978-3-7418-8018-6

    1. Auflage

    Covergestaltung:

    © 2017 Buchcoverdesign: Sarah Buhr – www.covermanufaktur.de

    unter Verwendung von Bildmaterial von:

    unter Verwendung von Bildmaterial von Andrey Yurlov / www.shutterstock.com

    Impressum

    Copyright: © 2017 Susanne Danzer & Thomas Riedel

    https://www.facebook.com/MontgomeryPrimes

    Druck und Verlag: epubli GmbH, Berlin, www.epubli.de

    ISBN siehe letzte Seite des Buchblocks

    Für Sabrina Z.

    »Rauschgift:

    Eine unverriegelte Tür

    im Gefängnis der Identität.

    Sie führt auf den

    Gefängnishof«

    Ambrose Gwinnett Bierce (1842-1914)

    Er gehörte ohne Zweifel zu denen, die bisher nur die Schattenseiten des Lebens kennengelernt hatten. Doch alles, was er bis jetzt erlebt hatte, war nichts im Vergleich zu dem, wie es im Augenblick um ihn stand.

    Charles Morrison klimperte mit seinen letzten Münzen, als er im Londoner Hafen zum Dock XIII hinüberschlenderte und nach einem geeigneten Platz suchte, an dem er die kommende Nacht verbringen konnte. Selbst für das bescheidenste Zimmer reichte der klägliche Inhalt seiner Taschen nicht mehr aus.

    Hier im geschäftigsten Hafen der Welt, dessen Ankerplätze sich ohne Unterbrechung fast elf Meilen an der Themse entlangzogen, schlief Charles nicht zum ersten Mal. Inzwischen kannte er sich ganz einigermaßen gut aus. Er wusste natürlich, dass es für ihn nicht ungefährlich war einfach in einen der zahlreichen Lagerschuppen zu kriechen. Wenn man ihn dort erwischte, würde man ihn nicht gerade mit Samthandschuhen anfassen und ganz sicher die Polizei alarmieren – auf keinen Fall wollte er sich in einer Zelle wiederfinden.

    Aber zwischen all den vielen Kisten und Fässern am Ladekai, deren Zahlen in die Tausende gingen, war zumeist noch irgendwo ein sicheres Plätzchen für ein halbwegs passables Nachtlager zu finden, das seinen geringen Ansprüchen genügte.

    Es dauerte keine zehn Minuten und hatte gefunden, was er gesucht hatte.

    Aus dem geeigneten Kistenstapel zog er eine der unteren heraus und verschaffte sich so einen Platz, der gerade groß genug war, dass er sich ausstrecken konnte. Es war zwar nicht das ›Savoy‹-Hotel, aber es war gemütlicher, als es den Anschein hatte.

    Die nächste Gaslaterne war immerhin vierzig Yards entfernt, sodass er auf der einen Seite schwer zu entdecken und andererseits nicht durch das Licht gestört werden würde.

    Charles Morrison kroch in den entstandenen Hohlraum und machte es sich bequem. Bevor er sich ausstreckte, breitete er eine Zeitung unter sich aus, um seinen einzigen und deshalb besten Anzug nicht noch mehr zu beschmutzen. Die Tageszeitung hatte er auf seinen Streifzug durch die Stadt auf einer Parkbank gefunden, wo sie jemand hatte liegen lassen.

    Nachdem er sich auf seinem Lager ausgestreckt hatte, verschränkte er die Hände hinter dem Kopf und blickte nachdenklich hinauf in die Dunkelheit. Vielleicht konnte er sich am nächsten Morgen irgendwo wegen Arbeit anstellen – Tagelöhner wurden schließlich immer gebraucht und gerade hier an den Docks fehlte es stets an fest zupackenden Händen. Wenn einer allerdings schon aussah wie ein völlig heruntergekommener Vagabund, dann verringerte das die Chance immens, auch nur für ein paar Stunden arbeiten zu dürfen. Und am Abschluss eines Tages waren ein paar Münzen auf der Hand allemal besser als keine.

    Charles fand in einer seiner Taschen noch ein paar zerknautschte Zigaretten und glücklicherweise ein Päckchen Zündhölzer. Er riss eines der wenigen Hölzchen an einem der Kopfpflastersteine und steckte sich eine der völlig verbogenen Kippen an. Genüsslich nahm er einen tiefen Zug und sah nachdenklich zur Hallendecke.

    Es schien eine warme Nacht zu werden. Wärmer als erwartet. In der Nähe lag ein Frachter aus Schweden. Durch einen Spalt in der Holzwand konnte er die Deckwache gut erkennen.

    Ihr habt es gut, dachte er bei sich, immer genug zu essen, in jedem Hafen eine süße Braut und gute Bezahlung. Aber zur See fahren? Ist nicht gerade ungefährlich. Schwimmen kann ich auch nicht – im Fall der Fälle. Nein, das ist nichts für mich. Will ja nicht als Fischfutter enden.

    Plötzlich wurde er aus seinen Gedanken gerissen. Schritte waren zu hören. Charles bewegte sich keinen Inch mehr. Auf keinen Fall wollte er entdeckt werden und seinen Platz verlieren, denn das Loch, in dem er die Nacht zuzubringen gedachte, gefiel ihm.

    Durch eine Ritze in der Wand konnte er zwei Männer erkennen, die zielstrebig an ihm vorbeigingen und unter einem schmächtigen Kran stehen blieben – aber es waren nur grobe Umrisse im Halbdunkel.

    Einer der Männer schien Matrose zu sein, der Kleidung nach zu urteilen, die er trug, und dem breitbeinigen Gang, der den meisten Seeleuten nach Jahren auf einem Schiff zu eigen war. Der andere trug einen dunklen Anzug aus Tweed, wie Charles unbewusst registrierte.

    Etwas Besonderes fiel ihm auf. Der Mann im feinen Zwirn trug einen schwarzen Bowler, keinen Zylinder, und Charles fand dies ungewöhnlich. Jeder, der irgendetwas auf sich hielt und keinen Geldmangel hatte, trug zurzeit einen Zylinder wie es in Mode war.

    Schon bald war Charles‘ Interesse an den beiden Männern verflogen. Sein Magen knurrte vernehmlich, denn seit dem Morgen hatte er nichts mehr zu sich genommen. Allerdings war er daran gewohnt, dass Mahlzeiten eher unregelmäßig in seinem Bauch landeten.

    London war nicht das richtige Pflaster für ihn, wie er sich resigniert eingestand. Die Stadt hatte es ihm noch nie leicht gemacht. Bereits bei seiner Ankunft lief alles daneben und er schien vom Pech verfolgt zu sein. Über diesen Gedanken nickte er schließlich ein.

    Wie lange er bereits in dem Kistenstapel gelegen hatte, konnte er später nicht mehr sagen.

    Er wachte aus einem Halbschlaf auf, als er ganz in seiner Nähe Stimmen hörte. Jemand machte sich an den neben und über ihm gestapelten Kisten zu schaffen. Sehen konnte er nichts, denn die Männer standen in seinem Rücken, und sein Versteck war so eng, dass er sich nicht umdrehen konnte, ohne Gefahr zu laufen, bemerkt zu werden.

    »Los, rauf mit der Kiste«, hörte er einen Mann leise sagen. »Und dann nichts wie weg von hier. Ich will auf keinen Fall erwischt werden. Dafür ist die Kohle nicht genug.«

    Charles bewegte sich auch jetzt nicht.

    Was habt ihr Gangstertypen nur vor?, fragte er sich.

    Er hörte, wie sie unmittelbar über ihn eine Kiste hoch wuchteten und zog unwillkürlich den Kopf ein.

    Charles bekam nur einen von den Männern zu sehen – den mit dem dunklen Anzug und dem Bowler. Er schien zu denen zu gehören, die sich an dem Kistenstapel zu schaffen gemacht hatten.

    Insgesamt waren sie zu viert, wie Charles feststellte – drei Männer und eine Frau. Er hatte den Eindruck, dass sie sehr in Eile waren.

    Charles Morrison ahnte nicht, dass ihn dieses Erlebnis noch lange beschäftigen würde. Er wusste nur, dass sie keine der Kisten mitgenommen hatten. Also störte ihn die Sache nicht weiter – und selbst wenn, dann wäre es nicht seine Angelegenheit gewesen. Es war besser, sich nur um sich selbst zu kümmern.

    Wo sie ihn nun schon aus seinem sanften Schlummer gerissen hatten, steckte er sich noch eine Zigarette an, obwohl er sie sich eigentlich für den nächsten Tag aufbewahren wollte. Er wusste nie, wann er wieder etwas zum Rauchen bekam – und dann war da noch der Hunger, der ihn nicht so rasch wieder einschlafen lassen wollte. Ein knurrender Magen war kein gutes Schlaflied.

    Charles Morrison hatte noch nicht ganz aufgeraucht, als ihn der erste Tropfen auf die Wange traf. Er dachte sich nichts dabei – letztlich war es in einem Hafen immer irgendwie feucht.

    Er wischte sich den Tropfen ab und starrte durch den Spalt zwischen den Kisten.

    Ein appetitlicher Geruch erfüllte die Luft – ein Duft, der vom Schweden zu ihm herüberkam. Offensichtlich war der dortige Smutje an der Arbeit.

    Sein Magen begann lauter zu knurren.

    Der nächste Tropfen erwischte seine Stirn. Er spürte ihn, wischte ihn aber nicht direkt ab.

    So gemütlich wie ich gedacht habe, scheint mein Versteck doch nicht zu sein, dachte er.

    Er holte die Zeitung unter sich hervor und legte sie sich über seinen Kopf.

    Erst als die Tropfen in regelmäßigen Abständen auf das Papier tropften, begann es ihn zu stören. Langsam aber sicher wurde es ungemütlich.

    Als er sich endlich aufrappelte und mühsam aus seinem Loch herauskrabbelte, spürte er etwas Warmes … etwas Klebriges.

    Charles Morrison traute seinen Augen nicht, als er die Flüssigkeit entdeckte, die auf den Boden tropfte.

    Blut!

    Er war von Blutstropfen übersät ...

    sein Anzug ...

    und sein Hemd!

    Wie erstarrt stand er da und blickte auf den Lebenssaft, der dunkelrote Flecken auf dem Stoff gebildet hatte.

    Sofort fielen ihm die drei Männer und die Frau ein, die eine Kiste über ihm aufgestapelt hatten. Die Kiste, aus der jetzt das Blut tropfte.

    Er kramte ein altes Messer aus seiner Manteltasche, setzte es an einem Spalt der Lade an, schob behutsam die Spitze weit genug hinein und hebelte langsam den Deckel hoch.

    Kaum hatte er ihn abgehoben und einen Blick auf den Kisteninhalt geworfen, lief ihm ein eisiger Schauer über den Rücken.

    In der Holzkiste lag zusammengekrümmt ...

    ein Mann ...

    ein toter Mann!

    Charles Morrison hatte allerhand Mühe, die schwere Kiste allein vom Stapel zu wuchten. Immer wieder sah er sich ängstlich um. Auf keinen Fall wollte er sich jetzt bei seiner momentanen Tätigkeit erwischen lassen. Glücklicherweise konnte ihn die Deckwache auf dem schwedischen Schiff, das in unmittelbarer Nähe festgemacht hatte, hinter dem schützenden Kistenstapel nicht ausmachen.

    Endlich stand die Kiste zu seinen Füßen und er richtete sich von der Anstrengung keuchend auf. Diese Holzkiste war nicht sehr massiv, doch durch ihren leblosen Inhalt überraschend schwer.

    Charles starrte auf die goldene Kette, die in die Westentasche lief, die der Tote trug, und an deren Ende er eine kostbare Uhr vermutete.

    »Um die wäre es schade«, murmelte er vor sich hin, zog an der Uhrenkette, löste sie von der Weste und steckte die Taschenuhr ein. Dafür würde er sicher ein oder zwei Pfund bekommen.

    Er fand auch einen Geldbeutel, den er ohne weiter darüber nachzudenken in seiner Hosentasche verschwinden ließ – gleiches geschah mit einer kleinen ledernen Mappe, in der sich augenscheinlich Papiere befanden.

    Mit einem solchen Zufallstreffer hatte er nicht gerechnet. Umso vergnügter war er. Warum sollte ihm das Glück nicht auch einmal hold sein?

    Niemand störte ihn bei dieser Unternehmung, bei der er nicht das geringste schlechte Gewissen hatte.

    Nachdem er alle Taschen des Mannes in der Kiste durchwühlt hatte und ihm auch noch die wertvoll erscheinenden Manschettenknöpfe sowie einen Schlüsselbund abgenommen hatte, schob er die Kiste in die Lücke, in der er eigentlich hatte schlafen wollen, ohne den Deckel zu schließen.

    Rasch sah er sich ein letztes Mal vorsichtig nach allen Seiten um. Die Luft war rein – Zeit sich unbemerkt zu entfernen. So schnell Charles Morrison konnte, machte er sich aus dem Staub, immer darum bemüht jedem menschlichen Wesen möglichst aus dem Weg zu gehen. Entdeckt zu werden war in seinen Augen wenig erstrebenswert.

    Erst als der Hafen weit hinter ihm lag und er ihn kaum noch sehen konnte, wagte er es, einen genaueren Blick in den Geldbeutel und das Ledermäppchen zu werfen.

    Im Beutel waren eine Unzahl an Münzen und in der Mappe lagen zweihundert Pfund in Banknoten, die Papiere eines Mannes aus London, ein Scheckbuch, zwei abgegriffene Fotografien und eine Karte mit einer markanten Schrift, die Charles Morrison nicht kannte.

    Unter einer Laterne stellte er fest, als er im Schein der Lampe an sich hinunterblickte, dass er sich nirgends sehen lassen durfte. Die Blutflecken fielen zu sehr auf. Er verkroch sich zwischen zwei Häusern und wartete ab. Zwar hatte er nun genügend Geld, aber er wagte es nicht, eines der Lokale zu betreten.

    Was er jetzt am Dringendsten brauchte, war saubere Kleidung. Gerne neue, in Anbetracht des Vermögens, dass er an sich genommen hatte.

    Auf keinen Fall wollte er durch den neuen Reichtum leichtsinnig werden, jeder Schritt wollte reiflich überlegt sein.

    Der Mann in der Kiste war einem Verbrechen zum Opfer gefallen, was bedauerlich für den armen Kerl war. Daran gab es nichts zu rütteln. Er hatte die Mörder sogar gehört und gesehen. Besonders an den einen erinnerte er sich genau: an den Mann im dunklen Anzug mit dem Bowler.

    So gekleidet ging seiner Meinung kein wahrer Gentleman; wenn schon korrekt, dann nur mit Zylinder.

    Charles tastete nach dem Metall in seiner Tasche und zog es heraus. Jetzt besaß er zum ersten Mal in seinem Leben eine Uhr. Er beobachtete den Zeiger, der ihm nicht schnell genug die Runde machte. Einige Stunden musste er noch warten, bis er sich aus dem Versteck wagen durfte.

    Der Tote wohnte in ›Mayfair‹, wie er herausgefunden hatte, als er die Papiere inspizierte.

    In dieser Gegend kannte sich Charles Morrison noch nicht aus, denn es war eine feine Gegend von London, und einer wie er, war dort nicht gerade erwünscht.

    Den Papieren nach schien es George Manning ausgezeichnet gegangen zu sein. Zweihundert Pfund in bar, ein Scheckheft und die Uhr.

    Eigentlich konnte es Charles egal sein. Da er jedoch den Entschluss gefasst hatte, dem Haus des Toten einen Besuch abzustatten, versuchte er ein bisschen über das Opfer nachzudenken.

    Viel kam allerdings nicht dabei heraus.

    Dieser Mister Brownhill war mausetot, abgemurkst von ein paar zwielichtigen Gestalten, und man hatte ihn einfach in eine der am Kai stehenden Kisten gepackt. Hätte er nicht die Blutstropfen abbekommen, wäre die Kiste vermutlich ohne weiteres auf einen Themsekahn verladen und einige hundert Meilen weiter befördert worden. Was wiederum schade um das kleine Vermögen gewesen wäre, das der Tote bei sich trug.

    Die Mörder hatten Charles‘ bescheidener Meinung nach einen großen Fehler begangen: Sie hätten ihrem Opfer die Papiere abnehmen müssen.

    Charles schlug sich gegen die Stirn. Wie konnte ich nur so dumm sein?

    Was, wenn sie zurückgekommen waren, um ihren Fehler wieder gutzumachen, dann hatten sie die Kiste auf einem anderen Platz gefunden.

    Die werden einen schweren Schock bekommen haben, schmunzelte er.

    Erst gegen zwei Uhr morgens wagte sich Charles Morrison schließlich aus seinem Versteck. Jetzt, endlich, waren die Straßen menschenleer. Zudem war ihm das Glück hold, denn es zog Nebel von der Themse heraus und hüllte die Nacht in einen kaum durchdringbaren Schleier. Selbst das Licht der Gaslaternen konnte die Schwaden kaum durchdringen. Charles war das nur recht. Es war, als hätte ihm das Schicksal einen Wink gegeben und würde sein Vorhaben nun unterstützten

    Er wählte nicht den kürzesten Weg nach ›Mayfair‹, sondern vermied alle Polizeistreifen, indem er sich durch kleine schmale Gassen schlich, die kaum von Gaslaternen erhellt wurden.

    Erst gegen vier Uhr erreichte er das Haus von Mister Brownhill und es verschlug ihm den Atem. Mit einer so prachtvollen Villa hätte er niemals gerechnet, geschweige denn sich eine solche überhaupt vorstellen können. Mit großen Augen betrachtete er das wundervolle Gebäude inmitten eines gepflegten Gartens. Charles war selten sprachlos, doch in diesem Moment gelang es ihm vor lauter Staunen nur anerkennend durch die Zähne zu pfeifen. Gefolgt von einem leisen Kichern und einem breiten Grinsen.

    Bevor er über den Zaun kletterte, sah er sich eine Weile um.

    Die Villa lag völlig im Dunkeln. Nicht der kleinste Lichtschein war zu sehen, noch ein Geräusch zu vernehmen.

    Nachdem er sich Zutritt zum Gelände verschafft hatte, untersuchte er zuerst den Schuppen. Die Tür war nicht verschlossen. Er fand einen kleinen Zweisitzer und eines der immer mehr in Mode kommenden Fahrräder. Im hinteren Bereich standen in einer Box zwei Pferde. Er verstand nicht viel von diesen Tieren, aber sie wirkten verschwitzt, so, als hätten sie erst vor kurzem eine mächtige Kraftanstrengung hinter sich gebracht. Wurden sie nicht im Anschluss immer trocken gerieben? Er wusste es nicht genau zu sagen, meinte aber so etwas einmal gehört zu haben.

    Charles griff nach den Schlüsseln, die er beim Toten gefunden hatte. Unbemerkt näherte er sich dem Haupthaus. Er sah das Namensschild neben der Tür und wusste, dass er richtig war.

    George A. Brownhill war in feinen, schnörkeligen Buchstaben kunstvoll in das Messingschild eingraviert worden. Da es keine Flecken aufwies, wurde es zweifelsohne regelmäßig poliert bis es glänzte.

    Er probierte einige Schlüssel durch, ehe er den richtigen herausgefunden hatte, und die Tür geräuschlos öffnen konnte.

    Als er die Villa betrat, kam er sich nicht wie ein Dieb

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