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Being Britney: Die Britney Spears Biografie
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eBook422 Seiten4 Stunden

Being Britney: Die Britney Spears Biografie

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Über dieses E-Book

Die Künstlerin hinter den Skandalen:
die wahre Geschichte der Britney Spears

Sie war die ultimative Pop-Prinzessin: 1998 landete Britney Spears mit ihrer ersten Single »… Baby One More Time« weltweit einen Riesenhit und begründete damit eine steile internationale Karriere. Das dazugehörige Video zeigte eine blonde Lolita mit Zöpfen, bauchfreiem Shirt und kurzem Rock, mit unschuldigem Augenaufschlag und kirschrot geschminktem Mund - ein Look, der schon das Dilemma ankündigte, an dem Britney Spears später beinahe zerbrechen sollte.

Denn: Unschuldig sollte sie sein, aber natürlich auch verführerisch. Erfolgreich, aber trotzdem das Mädchen von nebenan. Selbstbewusst, aber dennoch von den mächtigen Männern im Hintergrund leicht zu lenken. Britney avancierte so zu einer der wichtigsten Stilikonen der 2000er Jahre und schuf mit einem unverwechselbaren Mix aus R&B, Dance und Hip-Hop ihren ganz eigenen, tanzbar-melodischen Sound. Sie erklomm die höchsten Höhen der Pop-Olymps - und stürzte schließlich spektakulär ab.

In Being Britney schildert Jennifer Otter Bickerdike, unter welchen Vorzeichen sich Britneys Aufstieg vollzog und welche medialen Mechanismen das perfide System stützten, das sie gleichzeitig groß machte und kleinhielt. Auf die Hits folgten Drogen, Alkohol, Scheidungen, Sorgerechtsprozesse und Zusammenbrüche. 13 Jahre lang stand Britney unter der Vormundschaft ihres Vaters. Doch jenseits aller Schlagzeilen schuf sie während dieser ganzen Zeit als kreative Künstlerin neue Musik.

Being Britney ist nicht nur die packende Biografie einer faszinierenden Frau, sondern liefert auch aufschlussreiche Einsichten in die Unterhaltungsindustrie und beschreibt, welche Fallstricke auf kreative Frauen warten, die sich jenseits überholter Klischees in einem immer noch männlich dominierten Umfeld durchsetzen wollen. Das Buch zeigt die Britney Spears hinter den Skandalen - als moderne, feministische Pop-Ikone mit großem Einfluss auf den Sound und Stil des 21. Jahrhunderts.
SpracheDeutsch
HerausgeberHannibal
Erscheinungsdatum20. Jan. 2022
ISBN9783854457251
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    Buchvorschau

    Being Britney - Jennifer Otter Bickerdike

    Jennifer Otter Bickerdike

    BEING

    BRITNEY

    Die Britney Spears Biografie

    Aus dem Englischen von Paul Fleischmann

    www.hannibal-verlag.de

    Widmung

    Ich widme dieses Buch einigen Frauen, die ich sehr bewundere: Tante Janet, Tami, Lynne, Julie, Andrea, Margaret.

    Impressum

    JENNIFER OTTER BICKERDIKE gilt als anerkannte Autorität auf dem weiten Feld der Popkultur. Dank ihrer mehr als 30 Jahre umfassenden Branchenerfahrung vermittelt sie eine einzigartige und kompetente Perspektive auf moderne Medien und Musik gleichermaßen. Die Autorin und Historikerin hat bereits mehrere Bücher über Themen aus dem Bereich Pop, Rock, Fandom und Prominente verfasst. Die Professorin betätigt sich außerdem für das British and Irish Modern Music Institute. Jennifer Otter Bickerdike, die ursprünglich aus Santa Cruz in Kalifornien stammt, wohnt mittlerweile mit ihrem Mann James und Hund Alfie in London.

    Deutsche Erstausgabe 2022

    © 2022 by Hannibal

    Hannibal Verlag, ein Imprint der KOCH International GmbH, A-6604 Höfen

    www.hannibal-verlag.de

    ISBN 978-3-85445-725-1

    Auch als Paperback erhältlich mit der ISBN 978-3-85445-724-4

    Titel der Originalausgabe: BEING BRITNEY – Pieces of a Modern Icon

    Text copyright © Jennifer Otter Bickerdike, 2021

    Erstmals veröffentlicht im UK von Nine Eight Books, einem Imprint von Bonnier Books UK, Victoria House, Bloomsbury Square, London, WC1B 4DA

    Im Eigentum von Bonnier Books, Sveavägen 56, Stockholm, Schweden

    ISBN 978-1-7887-0523-3

    Verlagsleiter Nine Eight Books: Pete Selby

    Chefredakteurin: Melissa Bond

    Grafischer Satz in deutscher Sprache und Covergestaltung: Thomas Auer

    Übersetzung: Paul Fleischmann

    Deutsches Lektorat und Korrektorat: Dr. Matthias Auer

    Hinweis für den Leser:

    Kein Teil dieses Buchs darf in irgendeiner Form (Druck, Fotokopie, digitale Kopie oder einem anderen Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlags reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet werden.

    Der Autor hat sich mit größter Sorgfalt darum bemüht, nur zutreffende Informationen in dieses Buch aufzunehmen. Alle durch dieses Buch berührten Urheberrechte, sonstigen Schutzrechte und in diesem Buch erwähnten oder in Bezug genommenen Rechte hinsichtlich Eigennamen oder der Bezeichnung von Produkten und handelnden Personen stehen deren jeweiligen Inhabern zu.

    Inhalt

    Einleitung

    Eine amerikanische Schande

    Kapitel 1

    Ein Stern geht auf

    Kapitel 2

    Mäusetränen

    Kapitel 3

    Der Max-Faktor

    Kapitel 4

    Die Magie von

    „… Baby One More Time"

    Kapitel 5

    Das Busen-Debakel

    Kapitel 6

    Eine Denim-Fantasie

    im Doppelpack

    Kapitel 7

    Was sich ein Mädchen wünscht

    Kapitel 8

    PETA vs. Britney

    Kapitel 9

    Nicht ganz John Hughes

    Kapitel 10

    Rivalinnen

    Kapitel 11

    Die Sponsoren

    Kapitel 12

    Betschwester

    Kapitel 13

    Toxische Verwicklungen

    Kapitel 14

    Ein Hauch von Britney

    Kapitel 15

    Eine chaotische Zukunft

    Kapitel 16

    Britneys Body

    Kapitel 17

    Britney in Serie

    Kapitel 18

    Extrablatt, Extrablatt

    Kapitel 19

    Eine haarige Situation

    Kapitel 20

    In (fast) geheimer Mission

    Kapitel 21

    Sollbruchstelle

    Bilderstrecke

    Kapitel 22

    Lasst Britney in Ruhe!

    Kapitel 23

    Britneys Bravourstück

    Kapitel 24

    Liebe im Angebot

    Kapitel 25

    Auf der Suche nach Britney

    Kapitel 26

    Der Kampf um Britney

    Kapitel 27

    Jagged Little Thrill

    Kapitel 28

    Die Pop-Prinzessin der Herzen

    Kapitel 29

    Die Heimsuchung

    der Britney Spears

    Kapitel 30

    Das Britney-Museum

    Kapitel 31

    Britney bei The X Factor

    Kapitel 32

    Viva La Britney

    Kapitel 33

    Eine Villa voller Trophäen

    Kapitel 34

    Am Ende des Regenbogens

    Kapitel 35

    Lasst die Show beginnen!

    Kapitel 36

    Die Anfänge von #FreeBritney

    Kapitel 37

    Geheimcode: Britney

    Kapitel 38

    Britneys Business

    Kapitel 39

    Die Magd

    Kapitel 40

    Britney nach Zahlen

    Kapitel 41

    Ist Britney nun endlich frei?

    Fazit

    „Born To Make You Happy"?

    Danksagungen

    Quellenangaben

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    Einleitung

    Eine amerikanische Schande

    Die frühen Jahre der Britney Spears entsprechen haargenau jenem altbekannten Narrativ, das sich in der amerikanischen Kultur seit jeher großer Popularität erfreut: Ein Individuum aus bescheidenen Verhältnissen setzt zu einem schwindelerregenden Höhenflug an und wird berühmt, erfolgreich und wohlhabend. Anfangs erfreute sich Spears deshalb so großer Beliebtheit, eben weil sie uns so ähnlich war. Sobald der erste Marketing-Glanz aber zu verblassen drohte, wurde uns eine Version der Sängerin präsentiert, die ein bisschen zu sehr versuchte, sie uns wie ein normales Mädchen erscheinen zu lassen. War sie zunächst als ehrgeizige Jungfrau/Sexbombe eingeführt worden, wurde sie nun zum Inbegriff des kleinsten gemeinsamen Nenners Amerikas – eine wohlvertraute, medial fast allgegenwärtige Verkörperung dessen, was sich vielen offenbarte, wenn sie nur einen genauen Blick auf sich selbst warfen.

    Je erfolgreicher Britney wurde, desto mehr strebte sie nach jener Normalität, die sie angeblich personifizierte. Als ihre Berühmtheit auf ihren Charakter abzufärben begann, versuchte sie verzweifelt, sich an die letzten Fasern ihres früheren Lebens zu klammern. Dabei war sie zuerst noch so froh darüber gewesen, ebenjenem entkommen zu sein! Doch je weiter sie sich davon entfernte, desto reizvoller erschien dieses im Rückspiegel. Als sie in einem frühen Interview mit Teen Celebrity gefragt wurde, was sie an ihrem Job als am anstrengendsten empfinde, erwiderte Spears: „Meine Identität und Privatsphäre aufgeben zu müssen. Außerdem fügte sie noch hinzu: „Was soll daran lustig sein, wenn man sich mit seinen Freunden verabredet und der Bodyguard andauernd dabei ist?¹

    Nur wenige Jahre, nachdem sie zu einem Weltstar avanciert war, begannen Albenverkäufe, Auftritte und Nummer-1-Hits für Britney an Bedeutung einzubüßen. Stattdessen wuchs in ihr das Verlangen, das zu tun, was ganz normale Menschen so taten. Das Bedürfnis, bloß jemand anderes als Britney Spears zu sein, wurde allumfassend. Eine Freundin der Sängerin verriet: „Sie hat davon gesprochen, Lehrerin oder Kellnerin werden zu wollen – sie wollte einfach nicht mehr sein, wer sie tatsächlich war.² Dieser Traum von einem gutbürgerlichen Dasein kam auch wiederholt bei Interviews mit Spears zur Sprache. So erzählte sie 2003 in einer britischen Talkshow, dass sie sich bis zu ihrem 40. Geburtstag „fünf oder sechs Kinder und „ein hübsches Zuhause" wünsche.³

    Diese Diskrepanz zwischen Britneys realem Leben und dem, was sie sich unter Normalität vorstellte, begann sich in Panikattacken und Stimmungstiefs zu manifestieren. Innerhalb ihrer Entourage sorgte man sich über ihre sich offenbar beständig verschlimmernde Depression. Um ihre mentale Verfassung zu stabilisieren, verschrieben Ärzte ihr daraufhin das Antidepressivum Prozac. Allerdings genehmigte sich Spears, anstatt das Medikament wie empfohlen täglich einzunehmen, nur gelegentlich eine Pille, wann immer sie sich niedergeschlagen fühlte. Als handelte es sich dabei um Aspirin, das man gegen Kopfschmerzen schluckte. Dies führte letztendlich bloß noch zu einer Verschlechterung ihres emotionalen Zustandes.

    Zu Beginn ihres Aufstiegs in den Olymp der Popmusik wurde Britney Spears als Abbild eines anständigen, christlich erzogenen Mädchens aus den Südstaaten gefeiert – als offenkundiger Inbegriff uramerikanischer Tugendhaftigkeit. Als die Teenagerin jedoch zur jungen Erwachsenen heranreifte, wurden diese Attribute gegen sie verwendet. Die Presse und die Öffentlichkeit warfen Spears ein Verhalten vor, das sie als inakzeptabel brandmarkten. Während ihre Berühmtheit stetig zunahm, griff man sie nun für dieselben Dinge an, für die man sie ursprünglich noch gelobt hatte. Die dünkelhaften Medien porträtierten Britney nun nicht länger als „Mädchen aus der Kleinstadt, das völlig in Ordnung war, sondern als „durchgeknallt-zugedröhnter Hillbilly, der sich irgendwie Zugang zur Prominenz erschlichen hat.

    Anekdoten, die davon berichteten, wie ihr Vater Jamie in den Wäldern hinter dem Haus der Familie mit der Flinte einst das Abendessen habe jagen müssen, wurden nun nicht mehr als Erzählung eines ums Überleben kämpfenden ehrbaren Familienclans präsentiert. Stattdessen war die Rede von hinterwäldlerischen Freaks, die wehrlose Kaninchen und Eichhörnchen mit bloßen Fingern am Küchentisch ausweideten. Ein anderer Artikel ging noch einen Schritt weiter. Darin wurde behauptet, Britneys Onkel ernähre sich von im Straßenverkehr getöteten Tieren. In einer Titelgeschichte aus dem Rolling Stone von 2008 wurde ein ehemaliger Manager von Spears anonym zitiert, der der Sängerin unterstellte, „das Resultat sehr, sehr mangelhafter Gene" zu sein.⁴

    Waren Britneys bescheidene Anfänge zunächst noch gefeiert worden, wurden diese nun unter dem Sammelbegriff „White Trash neu definiert. (Dieser Ausdruck wird in erster Linie verwendet, um arme weiße Amerikaner zu beschreiben, die zumeist in den ländlicher geprägten und südlicher gelegenen US-Bundesstaaten leben. Sie vegetieren am Rande der Gesellschaft und besitzen kaum Einfluss auf politische und wirtschaftliche Entscheidungsprozesse.⁵) Selbst in Artikeln, in denen Spears nicht explizit als „pöbelhafter Bauerntrampel diffamiert wurde, kam es doch implizit zu dieser Unterstellung. „Spears war schon immer so", schrieb 2011 ein anderer Journalist des Rolling Stone, „albern, lieb, schlicht. Sie war noch nie sehr eloquent, aber sie gibt sich stets alle Mühe, zuvorkommend zu sein."⁶

    Die Boulevardpresse folgte Britney wie ein Schatten auf Schritt und Tritt, um jede ihrer Aktivitäten zu dokumentieren – stets auf der Lauer, um sich auf jedweden (scheinbaren) Fehltritt zu stürzen, ganz egal, ob sie nun eine Trucker-Kappe trug und rauchte oder barfuß aus einer öffentlichen Toilette an einer kalifornischen Tankstelle kam. „Britney Spears’ Ruf, sich kaum um Hygiene zu scheren, wurde wieder einmal bestätigt", posaunte etwa die Website Popdirt 2004 hinaus.⁷ Spears’ diverse Mode-Statements – vor allem die Kombination aus abgeschnittenen Denim-Shorts und wenig eleganten UGG-Boots – waren dabei auch nicht sonderlich hilfreich. Obwohl ihr Look zur Mitte der 2000er Jahre von vielen jungen Frauen getragen wurde, galt er bei Britney selbst als ordinär und als Versinnbildlichung ihres Abstieges, den sie seit ihrem Auftritt als unbeflecktes (und doch zugleich sexy) Schulmädchen hingelegt hatte, als das sie im Rahmen ihrer ersten Single präsentiert worden war. Als Spears an der Seite ihres damaligen Verlobten Kevin Federline ein T-Shirt mit dem Aufdruck „I’m a virgin, but this is an old shirt" trug, konnten die Medien gar nicht mehr zu geifern aufhören. Sie hatten diese Frau einst ins Rampenlicht geschubst und bastelten nun daran, sie vom Olymp in den Orkus zu stürzen.⁸

    Als ob man damit hätte betonen wollen, dass Britney doch auch nur ein weiterer Abkömmling einer im Kern beschädigten Familie wäre, wurde der tragische Freitod ihrer Großmutter als Beispiel für einen quasi vorherbestimmten mentalen Zusammenbruch, der sich am Horizont auch für die Sängerin abzeichne, ins Feld geführt. Emma Jean, Jamies Mutter, war gerade einmal 31 Jahre alt gewesen, als sie mit der großen Zehe ihres rechten Fußes den Abzug einer Flinte Kaliber 12 auslöste, um ihrem Leben kurz vor 4 Uhr morgens am 29. Mai 1966 ein Ende zu setzen. Ihr Leichnam wurde knapp fünf Kilometer von Kentwood entfernt auf einem Friedhof gefunden – unweit des Grabes ihres Sohnes Austin Wayne, der neun Jahre zuvor gestorben war. Er hatte nur drei Tage gelebt, und Emma Jean war niemals über diesen Verlust hinweggekommen. Sie hatte zu diesem Zeitpunkt bereits drei Suizidversuche hinter sich.

    All die Geschichten über Britney und ihre Familie mögen teilweise oder sogar gänzlich der Wahrheit entsprechen, doch rückten sie erst in den Fokus des Britney-Narrativs, als die junge Frau schließlich ganz öffentlich zu entgleisen drohte und mit Nonstop-Stress und postnatalen Depressionen zurechtkommen musste. Am 17. Mai 2021 verkündete ein Posting auf Spears’ Instagram-Profil: „So viele Dokumentarfilme über mich in diesem Jahr, in denen die Meinungen anderer Leute über mein Leben zu hören sind … Diese Dokus sind ja so heuchlerisch … sie kritisieren die Medien und verhalten sich dann völlig gleich?"⁹ Es ist nicht sonderlich schwierig zu erkennen, dass Spears hier die Ironie und Rätselhaftigkeit des Lebens als Person von öffentlichem Interesse auf den Punkt bringt, indem sie auf das Ungleichgewicht zwischen echten News und Informationen sowie dem offenbar unersättlichen Appetit nach Skandalen und Tragödien hinweist.

    Im Rahmen einer Titelgeschichte aus dem Rolling Stone von 2008, die unter der reißerischen Schlagzeile „The Tragedy of Britney Spears erschien, verkündet die Unterzeile vollmundig: „Sie war eine Pop-Prinzessin. Jetzt frequentiert sie Krankenhäuser, Entzugsanstalten und Gerichtsäle. Wie Britney alles verloren hat. Die Reportage berichtet von einem Vorfall, bei dem ein Fan Spears um ein Autogramm gebeten habe, worauf der Star entgegnet haben soll: „Ich habe keinen blassen Schimmer, wer du glaubst, dass ich bin, Bitch, aber ich bin nicht diese Person.¹⁰ Eigentlich war Britney in der Tat nie „diese Person gewesen. Vielmehr war es die Öffentlichkeit, die sie zu etwas „Übermenschlichem stilisiert hatte. Ihre Fans verstanden nicht (oder wollten nicht verstehen), dass genau jene „Gewöhnlichkeit, die sie an Britney so liebten, in Wahrheit eine Spiegelung ihrer selbst war – ein Spiegelbild, das ihnen nicht länger sonderlich zusagte, sobald es ihnen vor Augen gehalten wurde.

    Den Großteil ihrer Karriere sprach immer jemand anders für Spears. Artikel, die damit warben, „exklusiv und unmittelbar die privaten Gedanken und Gefühle der Sängerin vorzutragen, strotzten tatsächlich bloß vor Zitaten ihrer Plattenfirma und Manager, der mit ihrer Vormundschaft Beauftragten oder einfach zufälliger „Bekannter, zahlloser „Quellen und irrelevanter „Vertrauter. Dies verursachte ein Vakuum. Spears blieb außen vor und meldete sich nicht zu Wort. Die eigentliche Person des Interesses war völlig abwesend.

    Schließlich, am 23. Juni 2021, äußerte sich Britney zum ersten Mal in 13 Jahren zu ihrer Vormundschaft und ermöglichte endlich einen Einblick in ihre Erfahrungen während dieser Zeit.

    Ihr ganzes Leben lang schon, so behauptete Britney Spears, sei sie schon ausgenutzt, manipuliert und hintergangen worden – von jenen, die ihr am nächsten stünden: Familie, Beziehungspartner, Manager. Sogar vom Bundesstaat Kalifornien. Wo andere indes längst das Handtuch geworfen und sich vollkommen zurückgezogen hätten, schaffte es Britney, als kreativer Kopf und als Marke erfolgreich zu bleiben. Sie fungierte dabei als kultureller Katalysator, dem aber nur selten jene Anerkennung zuteilwurde, den sie für ihren einzigartigen Einsatz für radikale Veränderungen und das Empowerment ihrer zahllosen Fans verdient hätte. Außerdem war sie nicht zuletzt auch eine eindrucksvolle Geschäftsfrau, die sich aus bescheidenen Verhältnissen emporgearbeitet hatte. Und sie ist schließlich eine wahre Meisterin darin, sich selbst neu zu erfinden. Ihr Selbstvertrauen sucht seinesgleichen.

    Britney mag aufgrund vieler Einzelaspekte als echte Ikone gelten: etwa wegen ihrer Persönlichkeit, ihrer Musik, ihrer Looks und ihrer Arbeitsmoral. Selbst wenn man noch nie zum Refrain von „I’m A Slave 4 U ins Schwitzen geraten ist (obwohl man eigentlich das Abendessen kochen wollte) oder beim Spaziergang mit dem Hund zu „Gimme More die Straße entlanghüpfte: Es lässt sich kaum leugnen, dass Britney Spears eine taffe Persönlichkeit ist, die unsere Bewunderung und unseren Respekt verdient: Immerhin hat sie sich mit höchst heftiger und hochnotpeinlicher Kritik herumschlagen müssen, einen der ärgsten Fälle juristischen Missbrauchs überstanden und endlose private Enttäuschungen erlebt. Trotz aller Hindernisse ist Britney letzten Endes jedoch siegreich geblieben. Sie hat Platten aufgenommen, ein Parfümimperium aufgebaut, Vegas auf den Kopf gestellt und noch vieles mehr. Angesichts all dieser nur schwer zu meisternden Herausforderungen stellt ihr Triumph eine Lektion in Sachen Würde dar. Aber vor allem – und trotz aller Abgründe und Widerstände – ist Britney Spears eine echte Überlebenskünstlerin und Superheldin, die uns allen zeigt, wie man sich von krassen Rückschlägen erholt und sich als nahezu unverwüstlich entpuppt – egal, wie aussichtlos die Umstände eine Situation auch erscheinen lassen mögen.

    Kapitel 1

    Ein Stern geht auf

    Als im Jahr 1983 die amerikanische TV-Show Star Search auf Sendung ging, galt sie als bahnbrechende Innovation. Jahre vor der unüberschaubaren Flut von Reality-Formaten, die heute praktisch allgegenwärtig sind, funktionierte Star Search knapp zwei Jahrzehnte vor Talenteschmieden wie American Idol und The X Factor als deren Vorläuferin. Mit zehn unterschiedlichen Kategorien (u. a. Tanz, Modelling, Comedy, weiblicher und männlicher Gesang, Teen- und Kinder-Gesang sowie Gruppengesang) bot die Show völlig Unbekannten die einmalige Möglichkeit, sich vor einem landesweiten Publikum zu präsentieren – ganz nach dem amerikanischen Prinzip: Jeder kann es zu etwas bringen, wenn er oder sie nur ausreichend Fleiß und Courage an den Tag legt.

    Der Weg in die Show gestaltete sich relativ unkompliziert. Potenzielle Kandidaten mussten für ihre jeweilige Kategorie eine Audition absolvieren. Brachte man diese Prüfung erfolgreich hinter sich, trat man direkt gegen einen amtierenden Champion an, bevor man von einer Jury mit bis zu vier Sternen ausgezeichnet wurde. Jene Performer, die die meisten Sterne einheimsen konnten, trugen den Sieg davon. Falls es jemandem gelang, mehrere Episoden hintereinander zu triumphieren, zog er oder sie in das Semifinale ein. Wer auch dort erfolgreich blieb, qualifizierte sich für die Finalrunde, wo für die erwachsenen Champions ein Preisgeld von 100.000 Dollar winkte und die Junior-Klassen immer noch mit jeweils 10.000 Dollar dotiert waren. Star Search, das von Ed McMahon moderiert wurde, bot ein dem Schein nach familientaugliches und lohnendes Sehvergnügen, das Eltern gemeinsam mit ihren Kindern genießen konnten.

    Die Show wurde so geschnitten, dass es wirkte, als würde sich der Wettbewerb über mehrere Wochen erstrecken. Allerdings dauerten die Dreharbeiten in Wirklichkeit nur wenige Tage und fanden allesamt in einem Studio in Los Angeles statt. Der Kandidatenschar wurde vorab eingebläut, ausreichend Songs einzustudieren und genug Kostüme mitzubringen, um es so aussehen zu lassen, als würde zwischen den einzelnen Auftritten viel mehr Zeit vergehen, als dies tatsächlich der Fall war. In Wirklichkeit vergingen zwischen den einzelnen Takes gerade einmal ein paar Stunden. Performer und die Eltern von Künstlern, die noch keine 18 Jahre alt waren, mussten Stillschweigevereinbarungen unterzeichnen, die ihnen verboten, die Resultate der Show preiszugeben.

    Nachdem sie von ihrem damaligen Agenten zu einer Audition angemeldet worden war, brillierte Britney Spears während des gesamten Prozesses und wurde als Herausforderin in der Kategorie „Junior Singer" in die Show eingeladen. „Für uns hier in Louisiana ist Star Search eine große Sache, verkündete eine Freundin in einem Interview mit VH1. Britneys Mum war derselben Meinung. „Das war vermutlich die erste große Leistung, die sie in unseren Augen je erbracht hatte.

    Star Search war eine richtig große Sache für sie. Sie hatte schon immer davon geträumt, ergänzt eine weitere Freundin aus Britneys Kindheit, Cortney Brabham. Dass Britney einen Platz in der Show ergatterte, stellte einen wichtigen Aspekt bei der Etablierung ihres Images als „Mädchen von nebenan dar. „Ich bin mit ihr aufgewachsen. Ich kenne sie", sagt ihre Freundin. Dieses Gefühl des gemeinsamen Aufwachsens sollten später Millionen ihrer Fans auf der ganzen Welt mit ihr teilen.

    Britneys erster Auftritt bei Star Search zeigt die damals Zehnjährige, wie sie selbstsicher auf eine sehr karg wirkende Bühne hinausstolziert. In ihrem glitzernden schwarz-weißen Kleid performt sie ganz auf sich gestellt und mit viel Emotion den Track „I Don’t Care, womit sie ihre Dreikäsehoch-Konkurrentin mit einem halben Stern Vorsprung und einem Gesamtscore von 3,75 Sternen zu besiegen vermag. Nach diesem ersten Sieg auf nationaler Ebene wird das junge Mädchen gefragt, wie sie sich jetzt fühle. Britney antwortet mit einem so breiten wie authentischen Grinsen im Gesicht: „Ich fühle mich wunderbar. McMahon sagt zu ihr: „Du gehst deinen Weg."

    Die nächste Runde, die erst eine Woche nach Britneys erstem Auftritt zur Ausstrahlung kam, wurde bereits wenige Stunden nach ihrem Premierensieg aufgezeichnet. Die Produzenten der Show teilten ihr dafür den mit einem Grammy ausgezeichneten Song „Love Can Build a Bridge" zu, den sie während des großen Finales vortragen sollte. Dass Britney mit der Nummer nicht vertraut ist, merkt man ihr schon an, als sie auf die Bühne kommt, um ihren Titel zu verteidigen. Anders als bei ihrem selbstbewussten Debüt wirkt sie zurückhaltender und unsicher. Britney singt zaghaft und scheint nicht zu wissen, wie sie ihre gesanglichen Fähigkeiten im Kontext dieses Songs über Mühsal und Sehnsucht zum Einsatz bringen soll. Nach 30 Sekunden erwacht sie jedoch zum Leben. Die einsame Gestalt auf der Bühne strahlt eine Energie aus, die eher an eine Gospelsängerin als ein mageres Kind mit großer Schleife im Haar denken lässt.

    Doch reichte das fulminante Finale der Performance nicht aus, um ihr den Sieg zu sichern. Auf dem Set von Star Search befand sich an diesem Tag auch ein 12-jähriger Newcomer aus Missouri namens Marty Thomas. „Ich verfolgte meine Konkurrenten genau, um sie einschätzen zu können, erinnert sich Thomas. „Ich wusste, dass ich entweder gegen Britney oder das andere Kind würde antreten müssen. Ich fand sie beide gleich hassenswert, lacht er. Nachdem er Britney gesehen hatte, rechnete sich der Junge kaum Chancen aus. „Sie war eine Naturgewalt. So wie dieses Mädchen das Mikrofon hielt und die Bühne beherrschte, war klar, dass sie verdammt gut war.¹¹ Marty trat dann direkt nach Britney auf. Mit seiner Schnurkrawatte, grauem Anzug und stufig geschnitten Haaren sah er prachtvoll aus. Der Herausforderer sang eine schmalzige Ballade. Jahre später erinnerte sich Marty an das Gefühl, als er die Bühne verließ: „Sie wird mich schlagen.¹²

    Alle Kameras schwenken daraufhin auf die Juroren der Show, die mit ihren Wertungen das Schicksal der jungen Sangeskünstler besiegeln. Es folgt ein peinlicher Moment zwischen Moderator McMahon und Britney. McMahon teilt dem Kind mit, dass ihm „in der Vorwoche aufgefallen sei, dass sie die „entzückendsten hübschen Augen habe. Dann erkundigt er sich, ob sie zu Hause in Louisiana einen Freund habe, worauf sie mit „Nein, Sir antwortet. McMahon hakt nach und will wissen, warum nicht. In einer beängstigenden Vorwegnahme zukünftiger Ereignisse antwortet Britney: „Weil sie gemein sind. McMahon fragt Britney daraufhin, ob nicht er ein geeigneter Kandidat sei. Ein erster Vorgeschmack auf viele unbehagliche und wohl auch unangemessene Fragen, die Britney in ihrem Leben noch gestellt würden. Dennoch antwortet sie mit vornehmer Anmut. Nicht einmal ein Jahrzehnt später sollte sie sich mit zahllosen Fragen hinsichtlich ihrer Jungfräulichkeit, ihren Brüsten und anderen höchst intimen Details konfrontiert sehen. Oftmals in Interviews mit älteren Männern. Während des kurzen Gesprächs mit McMahon, der damals 69 Jahre alt war, wirkt Britney peinlich berührt, bleibt aber höflich und charmant, als sie ihm antwortet: „Es kommt drauf an."¹³

    Dann werden die Benotungen bekanntgegeben, wobei es Marty mit einer makellosen Bewertung von vier Sternen gelingt, Britney zu übertrumpfen. Sie erzielte aber immerhin auch 3,75 Sterne. Britney bewahrt ihr Lächeln und schenkt dem Gewinner eine Umarmung. Marty räumte später ein, angesichts des Ergebnisses richtiggehend schockiert gewesen zu sein.¹⁴ Mitbewerber Timothy Arbolida spendete Britney Trost, als sie von der Bühne kam: „Sie tat mir leid, also ging ich zu ihr hinüber. Sie saß zusammengekauert auf einer Couch und war richtig geknickt, weil sie verloren hatte. Ich sagte: ‚Tut mir leid für dich, aber du warst dennoch richtig gut.‘"

    Lynne erinnerte sich später, dass ihre Tochter „sehr gekränkt gewesen sei, als sie unterlag. Sie wollte unbedingt gewinnen.¹⁵ Allerdings reihte sich Britney damit in eine sehr lange Liste von „Verlierern bei Star Search ein, die irgendwann doch zu weltweiten Ikonen avancierten. So wie das auch in jüngerer Vergangenheit bei Reality-Talentshows der Fall war – etwa bei One Direction –, muss man aus Formaten wie Star Search nicht unbedingt als Sieger hervorgehen. Lange vor Basic Instinct etwa trat Sharon Stone in der Modelling-Kategorie auf. Als Teenager überstand Comedian Dave Chapelle immerhin zwei Runden bei Star Search, bevor er die Segel streichen musste. Auch Kalibern wie die Kanadierin Alanis Morissette, Beyoncé Knowles, Kelly Rowland und Usher blieb der Einzug ins Finale verwehrt. Britneys spätere Kollegen im Mickey Mouse Club, Christina Aguilera und Justin Timberlake, traten ebenfalls bei Star Search auf, bevor sie von Disney engagiert wurden. Erstere im zarten Alter von neun, Letzterer als Elfjähriger unter dem Pseudonym „Justin Randall. Aber auch die Hoffnungen dieser beiden blieben unerfüllt. Obwohl Christina ihre beneidenswerte Fähigkeit, Etta James zu interpretieren, eindrucksvoll unter Beweis stellte, stolperte Moderator McMahon über die Aussprache ihres Nachnamens. Herausforderer Timberlake/Randall gab sich rotzfrech und trug einen weißen Cowboyhut, ein farbenfrohes Westernhemd und eine übergroße Gürtelschnalle. Allerdings schaffte er es nicht, den amtierenden Champion – die zehnjährige Anna Nardona – zu entthronen. Nardona, die heute an einer Vorschule im Bundesstaat Connecticut beschäftigt ist, erinnert sich gern an ihre kurze Zeit in der Show zurück. „Ich liebte die Aufmerksamkeit, das Publikum, den Applaus, sagt sie. Allerdings musste sie ihren Platz räumen, als sie von einer Fünfjährigen bezwungen wurde. Ein Rückschlag, der ihr den Mut nahm, weiterhin aufzutreten. „Das war mir ja so peinlich. Ich verlor zwar nicht mein Talent – aber das Interesse. Doch tief drinnen weiß ich, dass ich zum Singen bestimmt bin."¹⁶

    Britneys Bezwinger Marty Thomas singt auch heute noch, viele Jahre nach seinem Debüt bei Star Search. Er ist ein gut gebuchter Performer in New York City, der schon in Broadway-Produktionen wie Wicked und The Secret Garden zu sehen war. Seit ein paar Jahren versucht sich Marty im Zweitberuf als Friseur. Er betreibt seinen eigenen Salon und kümmert sich für Disney International um deren Perücken. Dennoch glaubt Marty immer noch an den großen Wurf. 2019 teilte er in einem Interview einen Ratschlag mit, den ihm sein Mentor Billy Porter, der ebenfalls bei Star Search aufgetreten war, einst gab: „Er hat mich ermutigt, einfach ich selbst zu sein und darauf zu warten, dass die Welt bereit für mich ist.¹⁷ Obwohl er gesteht, seit Jahren keinen direkten Draht mehr zu Britney gehabt zu haben, betont er, dass seine und ihre Eltern sehr wohl noch in Kontakt miteinander stehen würden. Zu Britneys psychischen Problemen zur Mitte der 2000er Jahre hin äußert sich Marty ganz ehrlich: „Sie hat einen Augenblick lang den Verstand verloren, aber ich wäre an ihrer Stelle schon komplett jenseits von Gut und Böse. Sie hat alles, was man für ein Comeback braucht.¹⁸

    Kapitel 2

    Mäusetränen

    An diesem Tag änderte sich in der Schulkantine vermutlich der gesamte weitere Lebensweg von Britney Spears. Eine Freundin übergab ihr einen Ausschnitt aus einer Zeitung. Darin stand etwas von einem öffentlichen Vorsprechen in Atlanta, Georgia, für eine neue Show auf dem Disney Channel mit dem Titel The All-New Mickey Mouse Club. Talentspäher durchkämmten das ganze Land und machten dabei nicht nur Halt in Atlanta, sondern auch in Dallas, Miami, New York, Detroit, Chicago und Los Angeles, um dort „ein gewöhnliches amerikanisches Kind mit außergewöhnlichem Talent ausfindig zu machen. Britney überzeugte ihre Mutter Lynne davon, die 750 Kilometer lange Autofahrt und die damit verbundenen Kosten auf sich zu nehmen. Sie hatte für die Audition eine dreiminütige Nummer einstudiert, die Rückwärtssalti und eine Darbietung des Jazz-Standards „Sweet Georgia Brown umfasste.

    Britneys Fleiß zahlte sich aus, und sie hinterließ bei Casting-Direktor Matt Casella einen bleibenden Eindruck. „Wir sahen sie gleich am ersten Tag, und

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