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Zeitschrift Polizei & Wissenschaft: Ausgabe 1/2020
Zeitschrift Polizei & Wissenschaft: Ausgabe 1/2020
Zeitschrift Polizei & Wissenschaft: Ausgabe 1/2020
eBook164 Seiten1 Stunde

Zeitschrift Polizei & Wissenschaft: Ausgabe 1/2020

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Über dieses E-Book

Kompetentes Handeln basiert allgemein auf der Kombination
praktischer Erfahrung und wissenschaftlicher Erkenntnisse.
Grundlage hierfür ist die Kommunikation und Diskussion
zwischen Wissenschaftlern und Praktikern. Dies gilt ganz
besonders für eine moderne Polizei.
Die Zeitschrift Polizei & Wissenschaft bietet die Möglichkeit
zur wissenschaftlichen Kommunikation polizeirelevanter
Themenbereiche. Sie versteht sich als Schnittstelle zwischen
Wissenschaft und Polizei. Durch ihre interdisziplinäre
Ausrichtung werden unterschiedlichste wissenschaftliche
und praktische Perspektiven miteinander vernetzt. Dazu
zählen insbesondere die Bereiche Psychologie, Rechtswissenschaft,
Soziologie, Politikwissenschaft, Medizin,
Arbeitswissenschaft und Sportwissenschaft. Aber natürlich
wird auch polizeirelevantes Wissen der Disziplinen genutzt,
die nicht klassisch mit dem Begriff Polizei verknüpft sind,
wie z.B. Wirtschaftswissenschaften, Sprachwissenschaften,
Informatik, Elektrotechnik und ähnliche.
Polizei & Wissenschaft regt als breit angelegtes Informationsmedium
zur Diskussion an und verknüpft Themenbereiche.
Sie erscheint vierteljährlich und geht mit ihrer interdisziplinären
Interaktivität über einen einseitigen und fachlich
eingeschränkten Informationsfluss hinaus. Dazu nutzt sie
die Möglichkeiten des Internets und fördert durch die
Organisation von Veranstaltungen auch eine direkte
Kommunikation.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum22. Juni 2020
ISBN9783866766495
Zeitschrift Polizei & Wissenschaft: Ausgabe 1/2020

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    Buchvorschau

    Zeitschrift Polizei & Wissenschaft - Verlag für Polizeiwissenschaft

    Wechselwirkungen zwischen polizeilicher Fehlerkultur und Polizeiwissenschaft und -forschung

    Tamina Preuß

    1. Einleitung

    Die auf Seneca (1 - 65 n. Chr.) zurückgehende Volksweisheit „Irren ist menschlich („Errare humanum est) scheint so selbstverständlich, dass sie nicht auf ihre Validität überprüft werden muss (Chott, 2014, S. 53). Zahlreiche Zitate und Aphorismen zeugen davon, dass Fehler als Chancen zum Lernen genutzt werden sollen,¹ dass die Angst, einen Fehler zu begehen überwunden werden sollte, da sie dem Fortkommen hinderlich ist², und dass das eigentlich Problematische an der Begehung von Fehlern nicht im Fehler selbst, sondern darin, diesen nicht zu erkennen, nicht zu korrigieren oder gar zu vertuschen, liegt.³

    „Polizist kokst, trinkt, baut Unfall und unterrichtet weiterhin Kinder in Verkehrssicherheit" (Stern, 2019) – diese sehr plakative Überschrift ist ein Beispiel dafür, dass tatsächliche und vermeintliche Fehler der Polizei dagegen immer wieder in den Fokus der Medienberichterstattung und öffentlichen Diskussion geraten. In die Geschichte eingegangen ist die bis heute nicht vollständig aufgearbeitete⁴ Erschießung des damals 26-jährigen Studenten Benno Ohnesorg, der an einer Demonstration in West-Berlin teilgenommen hatte, durch einen Polizisten am 02. Juni 1967, die maßgeblich zur Ausbreitung und Radikalisierung der westdeutschen Studentenbewegung in den 1960er-Jahren beitrug (Soukup, 2017, S. 178 ff.; Spiegel, 2012). Hinsichtlich der den Ermittlern im NSU-Verfahren vorgeworfenen Fehler und Versäumnisse kam es zur Errichtung von zahlreichen NSU-Untersuchungsausschüssen – zwei Bundestagsausschüssen und acht durch die Landesparlamente errichteten Ausschüssen. Der Umfang des über 1.800 Seiten umfassenden Berichts des zweiten Bundestagsausschusses lässt die Vielzahl und Komplexität der Vorwürfe nur erahnen (BT-Drucks. 18/12950). Ein aktuelles Beispiel ist der Fall der seit dem 18.02.2019 vermissten 15-jährigen Rebecca Reusch aus Berlin. Diskutiert wird in diesem Zusammenhang, ob die zufällige Speicherung des Autokennzeichens von Rebeccas Schwager und die Übermittlung durch die Brandenburger Polizei an die Berliner Polizei eine Form der rechtswidrigen Datenerfassung „auf Vorrat darstellt (Kaufmann, 2019). Auch die derzeitige Debatte, ob Rassismus als strukturelles Problem innerhalb der Polizei zu sehen ist (Singelnstein, 2019), ordnet sich in diesen Kontext ein. Diese exemplarische Zusammenstellung für öffentlich wahrgenommenes polizeiliches Fehlverhalten ließe sich noch weiter fortführen.⁵ Sowohl seitens der Öffentlichkeit als auch seitens der Polizeiwissenschaft wird der Polizei eine unausgereifte Fehlerkultur unterstellt (Prantl, 2013; Seidensticker, 2019, S. 63). Gewaltmissbrauch werde mit einzelnen ‚„schwarzen Schafen‘ innerhalb einer sonst makellosen Herde erklärt, ohne innerhalb der Organisation begründete Ursachen überhaupt zu erwägen (Jasch, 2017, S. 100). Die Polizeiwissenschaft habe sich bislang noch nicht systematisch mit Fehlern innerhalb der Polizei auseinandergesetzt; insbesondere sei eine negative Fehlerkultur der Polizei nicht hinreichend empirisch belegt (Seidensticker, 2019, S. 72 f.; Andersson, 2018, S. 16). In jüngster Zeit deutet sich hier aber ein Wandel an. Auch zeigt sich anhand der Medienberichterstattung zunehmend die Tendenz, dass die Polizei sich öffentlich zu Fehlern bekennt, zumal sich Überschriften wie „Polizisten geben Ermittlungspanne zu (Spiegel, 2019a) und „Polizei räumt Fehler ein (Spiegel, 2019b), häufen.

    Zusammenfassung

    Polizeiliche Fehler sind oftmals Gegenstand der öffentlichen Berichterstattung. Der Polizei wird seitens der Öffentlichkeit, aber auch seitens der Polizeiwissenschaft vorgeworfen, über eine defizitäre Fehlerkultur zu verfügen, die Fehler verdeckt und einzelnen „schwarzen Schafen" innerhalb der Organisation zuschreibt, anstatt sie selbstkritisch und konstruktiv aufzuarbeiten. Bislang fehlt es jedoch an einer systematischen Untersuchung der polizeilichen Fehlerkultur durch Polizeiwissenschaft und -forschung. Eine defizitäre Fehlerkultur könnte eine der Ursachen für die Krise der Polizeiwissenschaft und -forschung sein und Forschung in diesem Bereich könnte dabei förderlich sein, diese Krise zu überwinden

    Polizeiliche Fehlerkultur, Polizeiforschung, Polizeiwissenschaft, Fehlerforschung.

    Abstract

    Errors of the police are often subject of public reporting. The police are accused by the public, as well as by police science, of having a deficient error culture, that conceals errors and ascribes them to individual „black sheep" within the organisation instead of working them up self-critically and constructively So far, however, there has been no systematic empirical study of the police error culture by police science and police research. A deficient error culture could be one of the causes of the crisis in police science and research and research in this field could help to overcome this crisis

    Police error culture, police research, police science, error research.

    Der vorliegende Beitrag untersucht die Wechselwirkungen zwischen polizeilicher Fehlerkultur und Polizeiwissenschaft und -forschung in ihrer zeitlichen Entwicklung. Vor diesem Hintergrund gilt es aufzuzeigen, ob die polizeiliche Fehlerkultur in den vergangenen Jahren bereits der systematischen und tiefgehenden polizeiwissenschaftlichen Analyse unterzogen wurde. Da der Polizeiforschung – wie auch der Polizeiwissenschaft – nachgesagt wird, sie befände sich seit einiger Zeit in einer Phase der Stagnation (Feltes & Reichertz, 2019, S. 27) oder – mit anderen Worten – „auf dem Weg in die Nische" (Reichertz, 2015, S. 11), stellt sich die Frage, ob die vermeintlich unzureichende Fehlerkultur der Polizei (mit)verantwortlich für den Stillstand in Wissenschaft und Forschung ist. Nach einem Überblick über die zum Verständnis der Thematik notwendigen Grundlagen und Begriffsbestimmungen, wird die polizeiliche Fehlerkultur als Gegenstand der Polizeiwissenschaft untersucht, um sodann auf die Kernfrage zu sprechen zu kommen, inwieweit ein Zusammenhang zwischen der Fehlerkultur und dem gegenwärtigen Stand der Polizeiwissenschaft und -forschung besteht.

    2. Grundlagen und Begriffsbestimmungen

    Voranzustellen ist, wie die Begriffe Polizeiwissenschaft und Polizeiforschung, Fehler und Fehlerkultur im hiesigen Kontext zu verstehen sind. In diesem Zusammenhang wird außerdem erläutert, inwieweit der Fehler eine Voraussetzung für das Lernen bildet und worin die Unterschiede zwischen positiver und negativer Fehlerkultur liegen. Zudem erfolgt ein kursorischer Überblick über die Geschichte der Fehlerforschung.

    2.1 Polizeiwissenschaft und Polizeiforschung

    Unter Polizeiwissenschaft versteht man die eigenständige Wissenschaftsdisziplin von der Polizei und anderen Sicherheitsdienstleistern, deren Handeln im Kontext der Gewährleistung von individueller Sicherheit und der politischen Verortung und Bewertung dieser Aufgaben liegt (Feltes, 2015, S. 5). Teilweise wird der Begriff der Polizeiwissenschaft enger verstanden, indem er nur auf ein Handeln der Polizei im institutionellen Sinne bezogen wird. So verstanden ist Polizeiwissenschaft die Wissenschaft von der Polizei im institutionellen Sinne, polizeilichem Handeln und der Polizei in ihren gesellschaftlichen, rechtlichen und institutionellen Bezügen (Stock, 2007, S. 31; Stock, 2000, S. 110).⁶ Gegenstand der Polizeiwissenschaft ist das Polizieren, d. h. das gesamte staatliche, private, von Verbänden und Bürgerinitiativen getragene Handeln, das auf die Erreichung und Erhaltung von „innerer Sicherheit" zielt (Feltes & Reichertz, 2019, S. 22, 43 f.). Die Aufgabe der Polizeiwissenschaft besteht auch darin, das über verschiedene Disziplinen verteilte und verborgene Wissen zur Polizei zu erheben und zu systematisieren (Feltes, 2015, S. 5; Stock, 2000, S. 111). Darüber hinaus ist das Ziel der Polizeiwissenschaft eine wissenschaftlich informierte und geübte Polizei, insbesondere auf Führungsebene, und die wissenschaftliche Information der Öffentlichkeit über polizeiliches Handeln (Kersten, 2012, S. 8 f.).

    Polizeiforschung bezeichnet jede im weitesten Sinne sozialwissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Thema Polizei, die basierend auf der Methodologie empirischer Sozialforschung theoretisch inspiriert und methodisch kontrolliert Daten erhebt, analysiert und/oder interpretiert (Ohlemacher & Liebl, 2000, S. 7). Das empirische Material gewinnt die Polizeiforschung u. a. durch qualitative und quantitative Befragungen, (teilnehmende) Beobachtungen, Gruppendiskussionen, Aktenanalysen und Heranziehung von Statistiken (Ohlemacher & Liebl, 2000, S. 7). Bislang noch nicht abschließend geklärt ist die Streitfrage, ob Polizeiforschung die Forschung in der Polizei, für die Polizei und/oder über die Polizei mitumfasst (Feltes & Reichertz, 2019, S. 27 ff.; Feltes, 2002, S. 245; Ohlemacher & Liebl, 2000, S. 7 ff.). Zwischen Polizeiwissenschaft und Polizeiforschung besteht ein enger Zusammenhang. Eine Polizeiwissenschaft ohne Polizeiforschung würde zu Beliebigkeit führen und damit politischen Einflussnahmen ausgesetzt sein, und einer Polizeiforschung ohne Polizeiwissenschaft würde es am wissenschaftlichen Fundament fehlen und sie würde daher „sekundär und rudimentär" bleiben (Feltes, 2015, S. 10; Feltes, 2002, S. 245).

    2.2 Der Begriff des Fehlers

    Der Begriff „Fehler" ist fester Bestandteil der Alltagssprache (Jäger, 2005, S. 160). Dennoch existiert eine allgemein anerkannte, transdisziplinäre Fehlerdefinition bislang nicht (Andersson, 2018, S. 16; Hofinger, 2008, S. 3). Stattdessen hat sich eine Vielzahl spezieller, disziplinärer Fehlerklassifizierungen herausgebildet (Löber, 2012, S. 14).

    Weimer, der Begründer der wissenschaftlichen Fehlerkunde, verstand unter einem Fehler die Abweichung von einer Norm und grenzte zwischen Fehlern und Irrtümern ab: Wer einen Fehler macht, weiß es eigentlich besser, wer sich im Irrtum befindet, wusste es nicht besser (Weimer, 1925, S. 1 ff.). Auch heute noch wird unter einem Fehler teilweise ein von der Norm abweichender Sachverhalt oder Prozess verstanden (Oster & Hascher, 1997, S. 3). Die Norm in diesem Sinne ist das Bezugssystem, ohne das es nicht möglich wäre, fehlerhaftes von fehlerfreiem Verhalten zu unterscheiden (Oser & Hascher, 1997, S. 3). Hofinger definiert eine Abweichung von einem als richtig angesehenen Verhalten oder von einem gewünschten Handlungsziel, das der Handelnde eigentlich hätte ausführen bzw. erreichen können, als Fehler (Hofinger, 2008, S. 37). Danach können Fehler nur von Menschen begangen werden und setzen voraus, dass Wissen und Können für die richtige Handlungsausführung vorhanden war und dass ein intendiertes Verhalten nicht wie geplant ausgeführt werden konnte. Weiter ist zur Feststellung eines Fehlers eine subjektive Bewertung nach einem normativen Maßstab notwendig (Löber, 2012, S. 14 ff.). Nach Weingardt bezeichnet ein Subjekt als Fehler angesichts einer Alternative jene Variante, die von ihm – bezogen auf einen damit korrelierenden Kontext und ein spezifisches Interesse – als so ungünstig beurteilt wird, dass sie unerwünscht erscheint (Weingardt, 2004, S. 234). Weingardts Ansatz einer transdisziplinären Fehlerdefinition betont, dass das Vorliegen eines Fehlers alternativ denkbare Verhaltensweisen voraussetzt und dass die Einordnung als Fehler auf einem subjektiven Urteil beruht und geht von einem Toleranzbereich von Verhalten, das suboptimal, aber nicht schlichtweg unerwünscht ist, aus (Löber, 2012, S. 17; Schüttelkopf, 2008, S. 167 ff.).

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