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Steel. Secret Society Band 4
Steel. Secret Society Band 4
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eBook266 Seiten3 Stunden

Steel. Secret Society Band 4

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Über dieses E-Book

Hailey Quinn könnte nicht zufriedener sein. Sie gehört zu den Besten ihres Studienjahrgangs und wird sogar bald ihre erste Ausstellung in einer namhaften Kunstgalerie haben. Um ihren Erfolg gebührend zu feiern, macht sie mit ihren Freundinnen die New Yorker Klubszene unsicher. Doch die ausgedehnte Partynacht endet abrupt, als maskierte Männer ihnen auf einem abgelegenen Parkplatz auflauern. Die Frauen werden brutal aus ihrem Wagen gezerrt und verschleppt, und Hailey ist überzeugt, ihr Leben, wie sie es kennt, wird nach dieser Nacht vorbei sein.

Colton Steel gilt als gefühlskalt und kompromisslos, aber er hat eine Schwäche, von der niemand etwas ahnt: Hailey Quinn. Seit zwei Jahren beobachtet er sie nur aus der Ferne, doch als Hailey in die Fänge von Menschenhändlern gerät, gibt es nichts, das ihn zurückzuhalten vermag. Colton setzt alles daran, sie zu befreien. Selbst wenn er dafür etwas tun muss, womit er die »Secret Society« gegen sich aufbringt.

SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum30. Juni 2021
ISBN9783964150851
Steel. Secret Society Band 4
Autor

Melanie Thorn

Melanie Thorn ist das, was man eine Tagträumerin nennt. Eigentlich ist es ein Wunder, dass sie noch nicht "unter die Räder" gekommen ist, denn sie hat die Angewohnheit, während des Einkaufens oder Spazierengehens ihren Gedanken vollkommen freien Lauf zu lassen, ohne auf ihre Umgebung zu achten. Dabei denkt sie sich immer wieder neue Geschichten aus, die sie in einem dicken Notizbuch festhält. "Obsession: Von dir besessen" war die erste Geschichte, die es aus Melanies Notizbuch herausgeschafft hat, veröffentlicht wurde und sogar Bestsellerstatus auf Amazon erreicht hat. Mittlerweile hat sie auch "Seduction: Von dir verführt" und "Dedication: Von dir gezähmt" veröffentlicht. Aktuell arbeitet sie an ihrer neuen Reihe "Secret Society".

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    Buchvorschau

    Steel. Secret Society Band 4 - Melanie Thorn

    Vorwort

    Liebe/r Leser/in,

    vielen Dank, dass Du Dich für mein Buch entschieden hast. Ich wünsche Dir viel Spaß und gute Unterhaltung mit »Secret Society: Steel«. Bevor Du Dich jedoch in die Geschichte stürzt, habe ich noch ein kleines Anliegen.

    Alle Autoren brauchen Feedback zu ihren Geschichten. Deswegen würde ich mich sehr freuen, von Dir zu hören, wie Dir dieses Buch gefallen hat. Bewertungen helfen Lesern dabei, neue Bücher zu entdecken, vielleicht auch dieses.

    Falls Du mich kontaktieren möchtest, findest Du mich unter: https://www.facebook.com/MelanieThornAutorin/ und https://www.instagram.com/melanie.thorn.autorin/.

    Hinterlasse ein »Like« auf meiner Autorenseite, dann bleibst Du auf dem Laufenden und verpasst keine meiner Ankündigungen und Neuerscheinungen.

    Ich freue mich auf Dein Feedback!

    Alles Liebe

    Deine Melanie Thorn

    Kapitel 1

    Colton

    »Ihr kommt hier nicht raus. Nicht einer von euch kommt an uns vorbei.« Ethans Worte hallten durch den Kellerraum, in den sich immer mehr Männer hineindrängten. Das Geräusch ungeduldig scharrender Füße ließ meine Mundwinkel zucken. Uns waren mehr als ein Dutzend Männer gefolgt und jeder von ihnen wollte ein Stück von Daxton Edwards abhaben. Doch dazu würde es nicht kommen, denn wenn es nach mir ging, würden sie sich alle hinter mir einreihen müssen, um Hand an den Kerl legen zu können, der den Angriff auf uns in Auftrag gegeben hatte und der uns jetzt gegenüberstand.

    Edwards hatte Lilly mit einer Hand fest an der Kehle gepackt und benutzte sie als Schutzschild, in der anderen Hand hielt er eine Waffe, mit der er auf Ethan zielte. Hinter ihm, vor ein paar Tischen, die mit einer dicken Schmutzkruste aus Staub und von den Wänden gebröckeltem Putz bedeckt waren, standen fünf Russen, die sich nicht entscheiden konnten, auf wen von uns sie zielen sollten, weswegen sie ihre Waffen ständig von rechts nach links und wieder zurück schwenkten.

    Und dann war da noch Gregory, der Mann, mit dem ich seit Jahren eng zusammengearbeitet, trainiert und von dem ich – wie alle anderen auch – gedacht hatte, er wäre ein Vertrauter und Freund, der sich jedoch als elender Verräter entpuppt hatte. Ich war so verdammt wütend auf ihn und darauf, dass ich nicht gemerkt hatte, was für eine miese Ratte wir mit ihm in unsere Familie gelassen hatten, dass ich glaubte, bittere Galle auf meiner Zunge zu schmecken.

    Meine Kiefer schmerzten, als ich meine Zähne fest zusammenbiss und meinen Blick auf Greg heftete, dessen Gesicht unnatürlich blass war. Er hingegen hatte jedoch nur Augen für Ethan, starrte ihn an wie eine Erscheinung, beachtete weder John noch mich, obwohl wir direkt neben ihm standen, noch die anderen Männer hinter uns im Durchgang zum Flur.

    Ich rückte ein Stück näher an Frost heran, zielte mit meiner Waffe auf Gregorys Kopf und hoffte inständig darauf, dass er einen Fehler machte. Mir würde es schon reichen, wenn er mit einem Muskel falsch zuckte, wobei ich nicht einmal genau sagen konnte, worin sich falsches und richtiges Muskelzucken unterschieden. Alles war mir recht, Hauptsache er gab mir einen Grund, den Abzug zu drücken. Denn nur in dem Fall würde ich ihm einen schnellen Tod gewähren.

    »Niemand.« Ethan sah zu dem Mann, der uns alle hintergangen und sechs unserer Männer hinterrücks umgebracht hatte, und schüttelte leicht den Kopf, als der Verräter die Lippen zusammenpresste und seinem Blick auswich. »Also ergebt euch.«

    Gregory senkte als Erster seine Waffe, legte sie auf einem der Tische ab und hob die Hände.

    Für beinahe vier Jahre hatte er zu uns gehört, er kannte die meisten von uns in- und auswendig, wusste, wie wir »tickten«, wie ich tickte und dann traf er eine solch dumme Entscheidung? Glaubte er ernsthaft, irgendeiner von uns würde ihn für das, was er getan hatte, ungeschoren davonkommen und ihn nicht bis zu seinem letzten Atemzug leiden lassen? Es wäre die klügere Entscheidung gewesen, wenn er sich die Mündung der Waffe an den Kopf gehalten und abgedrückt hätte. Kurz und schmerzlos. Stattdessen hatte er sich für lange und qualvoll entschieden. Was für ein Idiot.

    Die fünf Russen folgten Gregorys Beispiel, sodass uns nur noch Daxton bewaffnet gegenüberstand, der Lilly weiterhin in seiner Gewalt hatte.

    Ich musste mich nicht nach Ethan umsehen, um zu wissen, wie angespannt er war. In den mehr als zehn Jahren, die wir uns kannten, hatte ich ein hervorragendes Gespür für seine Gemütszustände entwickelt. Die Art, wie er sprach, seinen Körper bewegte oder seinen Kopf manchmal neigte, wenn er die Stirn runzelte, selbst wenn er nur leicht die Lippen zusammenpresste … Es reichten winzig kleine Gesten und ich wusste, wie es ihm ging. Und in diesem Augenblick ging es für ihn um alles.

    Daxton hatte recht gehabt, als er behauptete, er könnte Ethan in die Knie zwingen, wenn er ihm Lilly nahm. Denn Frost hatte es richtig übel erwischt, und das war nichts, worum ich ihn beneidete. Ich wusste, wie sehr er in diesem Moment allein unter der Vorstellung litt, er könnte die Frau verlieren, die er liebte. Sollte Edwards ihm Lilly tatsächlich nehmen, dann wäre das für uns alle ein herber Verlust. Der Schmerz würde Ethan auffressen und ihn aushöhlen, wie er es mit mir getan hatte, ihn eventuell sogar zerstören und damit auch unsere Familie. Und das würde ich keinesfalls zulassen.

    »Lass sie endlich los, Daxton«, forderte Ethan ruhig und ich richtete meinen Fokus von Greg, der momentan keine Gefahr darstellte, auf Edwards. Sogar in Bedrängnis wirkte dieser Kerl noch wie geleckt mit seinen zurückgegelten Haaren, von denen sich nicht eines wagte, ihm in die Stirn zu fallen. Er mochte mit einem Silberlöffel im Mund geboren worden sein, aber er war die Vogelscheiße nicht wert, die an der Seite seiner PRADA-Slipper klebte. »All deine kleinen Spielchen, deine Intrigen und Angriffe auf mich haben nichts gebracht. Ich weiß über alles Bescheid.«

    »Und wenn schon. Wen interessiert das? Mich ganz sicher nicht.«

    »Mag sein. Das ändert aber nichts daran, dass du verloren hast.«

    »Ich habe keineswegs verloren. Glaubst du ernsthaft, dass ausgerechnet du mich in den Knast bringen wirst? Niemand kann mir irgendetwas nachweisen.«

    Glaubte der Idiot eigentlich selbst, was er von sich gab? Wie kam er auf den absurden Gedanken, dass wir ihn der Justiz übergeben würden? Die Justiz war nicht immer so »blind«, wie sie es sein sollte, um der Gerechtigkeit Genüge zu tun. Nein, es war sehr viel effektiver und vor allem deutlich weniger zeitaufwendig, wenn wir ihm seine gerechte Strafe zukommen ließen. »Auge um Auge und Zahn um Zahn« kam eben niemals aus der Mode.

    »Ein letztes Mal, Daxton: Lass Lillian los!«

    »Sonst was, Bruder?« Das letzte Wort spie er Ethan entgegen, wofür ich ihm mit einem gezielten Fausthieb die Zähne ausschlagen wollte – am besten alle zweiunddreißig auf einmal. Dabei würde ich mir wahrscheinlich ein paar Fingerknöchel brechen, aber sein Anblick »danach« wäre den Schmerz und die paar Tage, die ich meine Hand eingeschränkt würde nutzen können, allemal wert. »Willst du mich umbringen? Wir beide wissen, dass du es nicht tun wirst, weil du Angst hast, sie könnte dein wahres Ich sehen. Und dann würdest du sie genauso verlieren, als hätte ich sie dir genommen.«

    Mein Blick zuckte zu Lilly und ich musste an mich halten, nicht zu grinsen. Würde Edwards den Ausdruck in ihren Augen sehen, wüsste er, dass er längst verloren hatte. Denn in ihnen stand grenzenloses Vertrauen und tiefe Zuneigung für Ethan. Sie war sich absolut sicher, dass sie gerettet werden würde.

    Yes, Lady, genau deswegen waren wir hier. Wurde Zeit, dieser Scharade ein Ende zu bereiten, bevor Edwards uns alle mit seinem Gerede zu Tode langweilte.

    Die Glock, die ich mit beiden Händen umfasst hielt, wechselte in die linke Hand und ich griff nach einem der Messer, die an meinem Schulterholster befestigt waren, als ich John sagen hörte: »Er hat recht. Du wirst es nicht tun, Ethan.«

    Ich ließ das Messer fliegen und traf mit der Präzision eines Chirurgen punktgenau die kleine Fläche an Daxtons Hals, die nicht von Lillys blonder Lockenmähne verdeckt wurde. Sie schrie erschrocken auf und Edwards taumelte mit einem urkomischen Gesichtsausdruck rückwärts, als könnte er nicht fassen, was passiert war. Dann brach er zusammen und riss Lilly mit sich zu Boden.

    Ich nahm den ausgestreckten Arm herunter und beobachtete, wie Ethan nach vorn stürzte, sich neben Lilly auf die Knie fallen ließ und sie in seine Arme zog.

    »Es ist alles okay, Kleines«, hörte ich ihn murmeln und ahnte, dass er weniger Lilly, sondern vielmehr sich selbst damit beruhigen wollte. Er tastete ihren Körper ab, um sicherzugehen, dass sie nicht verletzt war, vergrub sein Gesicht in ihren Locken und atmete tief ihren Duft ein, während ein kaum wahrnehmbarer Schauer durch seinen Körper lief.

    »Ich habe gesagt, du würdest es nicht tun.« John ging hinter Lillys Rücken in die Hocke und löste die Fessel um ihre Handgelenke. »War doch klar, dass Colton sich diese Genugtuung nicht nehmen lassen würde. Nicht mal von dir.« Und damit hatte er verdammt noch mal recht. Es fühlte sich gut an, zu wissen, dass Daxton Edwards uns keinen Schaden mehr zufügen konnte. Ein Mistkerl weniger auf dieser Welt, den niemand ernsthaft vermissen und dem auch niemand eine Träne nachweinen würde.

    »Bring mich hier weg.« Lilly schlang ihre Arme um Ethans Nacken und drückte ihr Gesicht in seine Halsbeuge, und ich ging neben Edwards, der mit aufgerissenen Augen röchelnd um Atem rang, in die Hocke und betrachtete mein Messer, das tief in seinem Hals steckte. Blut quoll um die Klinge herum aus der Wunde hervor, lief seitlich an seinem Hals herab und sammelte sich in einer Pfütze auf dem schmutzigen Boden. Zitternd hauchte Daxton seinen letzten Atemzug aus, dann wurde sein Blick starr und ich sah zu Ethan hoch, der mit Lilly in den Armen aufgestanden war und zu mir herabsah.

    »Er war vielleicht dein Bruder, aber er gehörte nicht zur Familie.«

    Statt einer Antwort nickte er nur knapp und wandte sich ab.

    »Ethan?«, rief ich ihm hinterher und wartete, bis er mich noch einmal ansah. Dann wies ich mit dem Kopf in Gregs Richtung, der wie ein geprügelter Hund mit hängendem Kopf und herabgesackten Schultern im Raum stand. Dabei hatte seine Bestrafung noch nicht einmal ansatzweise angefangen. »Überlässt du ihn mir?«

    »Von mir aus kannst du ihn haben.«

    ***

    »Wie lange soll das hier noch dauern?«

    Ich legte mein Messer auf den kleinen Klapptisch, auf dem ich meine »Instrumente« ausgebreitet hatte, damit ich sie nicht auf den verdreckten Boden legen musste, und nahm eine der Fertigspritzen in die Hand. Dann zog ich mit blutverschmierten Fingern die kleine Kappe von der Nadelspitze, klopfte gegen die Spritze und übte leichten Druck auf den Kolben aus, bis etwas Flüssigkeit aus der Spitze trat.

    Eigentlich war es egal, ob sich Luftbläschen in der Spritze befanden, denn Gregory war ohnehin so gut wie tot. Das war er schon gewesen, als ich ihn geknebelt und fest verschnürt, wie einer von Marys Rollbraten, in den Kofferraum meines SUVs gesteckt hatte. Nur dass er zu jenem Zeitpunkt noch alle Finger und Zehen besessen hatte und kein blutig geschlagener Klumpen Fleisch gewesen war, der aussah, als hätte man ihm mit einem Hobel die Haut großflächig vom Körper geraspelt.

    »So lange, wie es eben dauert«, brummte ich und drehte mich zu Josh um, der in einigen Metern Entfernung mit vor der Brust verschränkten Armen neben der geschlossenen Tür stand. Er, Greg und ich waren allein in diesem Raum, genau genommen im ganzen Gebäude – einem vergessenen Lagerhaus in der Nähe des Hafens. Die Zufahrtsstraße war überwuchert, voller Löcher, in denen man problemlos einen Smart versenken konnte, und viel zu schmal, als dass ein Truck vorfahren konnte, um irgendwelche Güter her- oder abzutransportieren, weswegen das Lagerhaus seit Jahren nicht mehr dafür genutzt wurde, wofür es ursprünglich erbaut worden war. Das machte es perfekt für Aktionen wie diese. »Langweilst du dich etwa? Dann frag bei John nach, vielleicht brauchen Marco, Braden und er Hilfe mit den Russen.«

    Josh seufzte und schüttelte den Kopf. »Nein, die Jungs kommen gut ohne mich zurecht.« Der Blick, mit dem er Gregory bedachte, der an den Handgelenken gefesselt an einem Fleischerhaken von der Decke hing, hatte etwas Grüblerisches, beinahe schon etwas Mitleidiges. »Als du mich angeheuert hast, hast du gesagt, es wäre von Vorteil, etwas verrückt zu sein, um perfekt zu euch zu passen. Aber du hast nicht gesagt, ich müsste so irre sein wie du. Jeder von uns besitzt Grenzen, nur scheinst du deine zu ignorieren.«

    »Du hältst mich für irre, weil ich alles – und das meine ich wörtlich – tun würde, um meine Familie zu schützen?«

    »Nein, ich halte dich für irre, weil du ihn weiterhin quälst, obwohl es dich dabei selbst zerreißt. Jeden Schnitt, den du ihm zugefügt hast, jeder Finger und jeder Zeh, den du ihm genommen hast … Je mehr du ihn verstümmelst, umso mehr verstümmelst du auch dich.« Joshs mitleidiger Blick hatte nicht Greg gegolten, sondern mir, und dafür würde ich ihn am liebsten meine Fäuste spüren lassen. Wie kam er dazu, ausgerechnet mich zu bemitleiden? Mitleid war das Letzte, was ich brauchte oder wollte. »Wenn du so weitermachst, gehst du irgendwann daran kaputt.«

    Ich lachte freudlos. »Ich bin seit Jahren kaputt und ich bin mir sehr sicher, dass du das längst weißt.« Weil er ein verflucht guter Beobachter war, ein besserer sogar, als ich anfangs angenommen hatte, als ich ihn tagelang belagert hatte, damit er das Jobangebot annahm und für Ethan arbeitete.

    »Ein Grund mehr, das hier endlich zu beenden.«

    »Nein, ich denke, er hat noch nicht genug.« Ich trat an den sanft hin und her schwingenden Körper heran, hielt ihn mit einer Hand fest und stach die Nadel in einen Arm, in der Hoffnung, dass ich die Vene tatsächlich getroffen hatte. Bei all dem Blut, das aus unzähligen offenen Wunden an seinem Körper herablief, war es gar nicht so einfach, überhaupt noch etwas von dem Mann zu erkennen, der er vorher gewesen war.

    Ich trat zurück und wartete darauf, dass das Adrenalin Gregorys Kreislauf wieder in Gang brachte. Wenn er Glück hatte, war sein Körper schon zu geschwächt und er wachte aus seiner Bewusstlosigkeit nicht mehr auf. Wenn er Pech hatte, war noch genug Leben in ihm, dass er eine letzte Runde mit mir durchstehen musste.

    Ich wandte mich zum Klapptisch um und nahm dieses Mal ein Skalpell in die Hand statt des Messers mit dem Sägeblatt, mit dem ich sogar Knochen durchtrennen konnte, als wären es dünne Zweige.

    »Ich brauche und will dein Mitleid nicht, Hunter, und Greg hat dein Mitleid nicht verdient …«, nahm ich das Gespräch wieder auf, »… denn er hatte auch keines mit den Männern, die er Freunde genannt und trotzdem umgebracht hat. Und er hätte auch kein Mitleid mit Lilly gehabt, wenn Edwards sie vergewaltigt und danach an seine Männer weitergereicht hätte.«

    »Ich verstehe deine Wut und dass du ihn für seinen Verrat bestrafen willst. Trotzdem ist das, was du hier tust, krank, Colton.«

    »Nenn es meinetwegen krank, ich nenne es Rache. Und die bevorzuge ich nun einmal blutig.«

    Das Adrenalin schien anzuschlagen, denn Gregory holte hörbar tief Luft und strampelte mit den Beinen, dass er an seinem Haken zappelte wie ein Fisch. Ich trat wieder näher an ihn heran, setzte das Skalpell an seinem Brustkorb leicht schräg an und löste die oberen Hautschichten in einem ungleichmäßigen Rechteck. Dann schob ich meine Finger unter die gelöste Haut und zog sie mit beiden Händen herunter, sodass seine Rippen hell durch das rohe Fleisch hindurchschienen. Noch mehr Gezappel, noch mehr schmerzvolles Stöhnen, das sich wie Balsam auf meine Seele legte.

    Ich wollte, dass er ebenso litt, sich genauso zerrissen fühlte, wie ich es tat. Denn auch wenn Gregory es gewesen war, der den Abzug gedrückt hatte, um unsere Männer umzubringen, hatte ich ihren Tod in gewisser Weise mitverschuldet, weil ich nicht bemerkt hatte, dass mit ihm etwas nicht stimmte.

    Ich konzentrierte mich weiter auf Greg, der bereits so sehr geschwächt war, dass er nicht einmal mehr richtige Schreie ausstoßen konnte. In meinen Ohren klangen sie nur noch wie ersticktes Krächzen.

    »Colton!«

    Verflucht, würgte Hunter etwa? Ich sah mich nach ihm um und schnaubte abfällig, als ich ihn angestrengt schlucken sah. »Wenn du einen zu empfindlichen Magen hast, Prinzessin, dann geh raus, bis ich fertig bin.«

    Josh sah mich mit verkniffener Miene an und schüttelte den Kopf. »Gott, du bist vollkommen durchgeknallt.«

    Meine Lippen zuckten. Deswegen war ich so gut in dem, was ich hier tat.

    Ich überließ Josh seiner Magenverstimmung, richtete meine Aufmerksamkeit wieder auf Gregory und griff nach oben in seine Haare. Dann zog ich seinen Kopf zurück, damit ich ihm in die blutunterlaufenen und beinahe gänzlich zugeschwollenen Augen sehen konnte. Seine Augen zuckten unruhig hin und her, ehe sein Blick sich auf mich fokussierte.

    »Bring … es … endlich … zu Ende«, röchelte er kaum verständlich.

    »Du hast dir dein Ende noch nicht verdient.«

    Er gab ein Geräusch von sich, das wie eine Mischung aus Stöhnen und Lachen klang. Dann fing er an zu husten, Blut lief aus seinem Mund, über das Kinn und auf seine nackte, von diversen Stichwunden gezeichnete und abgeschälte Brust. Wenn jemand Blut in dieser Menge hustete, war das ein sicheres Zeichen für schwere innere Verletzungen.

    »Glaubst du …«, blubberte er vor sich hin und verdrehte die Augen, weil er angestrengt versuchte zu reden, »… Toni … hatte es sich … verdient?«

    Eine eisige Faust rammte sich in meinen Magen, drückte sich tief in meine Gedärme und mir wurde übel, als Bilder in meinen Kopf gespült wurden, von denen ich gehofft hatte, ich hätte sie so tief in meinen Erinnerungen vergraben, dass sie es niemals wieder an die Oberfläche schafften. Ich zerrte seinen Kopf weiter zurück und versuchte, einen Hinweis in seinen von Schmerz getrübten Augen zu finden. Ich musste wissen, was er noch alles über meine Vergangenheit wusste. »Was weißt du darüber, was in Pittsburgh passiert ist? Und was weißt du über Toni?«

    »Zu … spät. Du kommst … zu spät. Immer zu spät.« Er rang angestrengt nach Luft, dem Tod näher als dem Leben, und dennoch blitzte in seinen Augen eine bösartige Genugtuung auf, zu der er in seinem Zustand nicht mehr fähig sein sollte. »Der dunkle Held … verliert. Du verlierst … wieder. Immer …«

    »Was – zur verfickten Hölle – willst du damit sagen?« Gregs Blick wurde starr, sein gesamter Körper erschlaffte und ich schüttelte fluchend seinen Kopf. »Verdammter Drecksack, was weißt du noch?«, brüllte ich ihn an. »Woher weißt du von Toni?«

    Hunter verließ seinen Posten bei der Tür und stellte sich neben mich. »Du kannst aufhören. Aus dem bekommst du nichts mehr raus, der ist endgültig hinüber.«

    Ich löste meine Finger aus Gregorys mit Schweiß und Blut verklebten Haaren, trat zurück und beobachtete, wie sein Kopf nach vorn auf seine Brust fiel. Ein dünner Faden aus Speichel und Blut zog sich Richtung Boden und tropfte in die gelblich-rote Lache, die sich allmählich zu seinen zehenlosen Füßen bildete, als sich seine Blase entleerte.

    Mehr als zwei Stunden hatte ich ihm zugesetzt und alles, was er getan hatte, war, darum betteln, dass ich es beendete. Und jetzt krepierte er einfach, nachdem ich herausgefunden hatte, dass er anscheinend mehr über mich wusste, als ich geahnt hatte? Gottverdammt, ich wünschte, ich könnte ihn dafür noch einmal umbringen.

    Josh schob die Hände in die Hosentaschen und stieß geräuschvoll den Atem aus. »Himmel, das stinkt zum Erbrechen. Dass die aber auch jedes Mal zum Abschluss noch pissen und scheißen müssen. Ich hoffe, du erwartest nicht, dass ich Aschenputtel spiele und für dich den Dreck wegräume.«

    Ich bedachte Josh mit

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