Mitbestimmen? Bestimmen!: Aus der Parteiendemokratie in eine Bürgerdemokratie
Von Berthold König
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Über dieses E-Book
Art. 20, Abs. 2: Das Volk wirkt bei der politischen Willensbildung der Parteien mit...
Art. 21, Abs. 1: Alle Staatsgewalt geht von den Parteien aus...
Art. 38, Abs. 1: Die Abgeordneten... sind Vertreter der Parteien, an deren Aufträge und Weisungen gebunden und dem Fraktionszwang unterworfen...
Analog zur Macht dieser verdeckten parteienübergreifenden Allianz lässt sich nicht selten ein Ohnmachtsgefühl in der Bürgergemeinschaft registrieren sowie eine Sedierung des Bürgerwillens durch eine die Medien beherrschende Streitinszenierung zwischen den Parteien.
Die Zeichen mehren sich jedoch, dass sich die Bürgergemeinschaft mehr in einer Demokratie mit unmittelbareren Bestimmungsmöglichkeiten organisieren möchte. Es scheint lediglich noch der über die Jahre vertraute Alltag im parteiendominierten demokratischen System zu sein, der verhindert, diesem Impuls zur Selbstbestimmung auch eine konkrete Gestalt zu geben.
Vor 32 Jahren setzte die ostdeutsche Bevölkerung diesem Selbstbestimmungsanliegen mit der Proklamation "Wir sind das Volk!" ein erstes Zeichen. Es scheint nun an der Zeit, die Energie dieser Proklamation aufzugreifen und in eine gleichermaßen starke wie besonnene Handlungsinitiative umzusetzen. Über eine integrative gesamtdeutsche Bürgerinitiative, die sich fokussiert der kreativen demokratischen Reorganisation widmet, könnte vermutlich zudem auch aktuellen radikalen politischen Strömungen Paroli geboten werden.
Berthold König
Berthold König, Dr. phil., ist als Psychoanalytiker, Lehranalytiker und Supervisor/Coach tätig. Darüber hinaus gilt sein psychoanalytisches Interesse der Bewusstseinsentwicklung, dem Geschlechterverhältnis sowie (gesellschafts-)politischen Problemkreisen
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Buchvorschau
Mitbestimmen? Bestimmen! - Berthold König
6).
1. Verfassungsideal und politische Realität: Eine psychodynamische Betrachtung des demokratischen Systems
Zwar scheint die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung aktuell in Corona-Zeiten mit dem Vorgehen der politischen Entscheidungsträger einverstanden. Unabhängig davon jedoch erscheint das Grundgefühl der deutschen Bürger im Hinblick auf die demokratischen Abläufe einerseits von Politik- und Parteiverdrossenheit gekennzeichnet. Andererseits wächst auch der Unmut über mangelnde Transparenz des politischen Geschehens und über Entscheidungen, die über die Köpfe der Bürger hinweg gefällt werden. Oder umgekehrt: Entscheidungen werden schlichtweg ausgesessen, sprich nicht in Angriff genommen – wie dies an der Verschleppung der längst fälligen Wahlrechtsreform augenfällig wird.
Insgesamt besteht der Eindruck, dass die politischen Strukturen den komplexen Herausforderungen der Gegenwart nicht mehr gewachsen sind und Politiker aus Machtkalkül nicht aktiv im Interesse des Gemeinwohls agieren, sondern wegen ihrer Gebundenheit in viele Struktur- und Loyalitätszwänge eher defensiv re-agieren. Daraus erwächst eine Verzettelung in der Verabschiedung neuer Gesetze, die den unterschiedlichen Interessen gerecht werden sollen. In der Folge sieht sich der Bürger einem immer komplexer werdenden Gesetzesdschungel mit teils ausufernder Bürokratie ausgesetzt, was ein Gefühlsgemisch von Ohnmacht, Ärger und Resignation provoziert. Sich häufende Informationen über lukrative Vernetzungen von Politikern mit der Wirtschaft, denen der Geruch von Selbstbereicherung und Korruption anhaftet, tun ein Übriges, das Vertrauen in die Politik zu ramponieren.
Viele Bürger folgen daher beim Gang zur Urne eher einem diffusen Pflichtgefühl als dem Impuls zu einer aktiven demokratischen Willensbekundung.
Es erscheint daher interessant, etwas abseits zu treten und sich die demokratische Szenerie in ihren unbewussten Aspekten – eben psychodynamisch – zu betrachten. Eine Klärung im Hinblick auf aktuelle politische Entscheidungen ist dadurch zunächst nicht zu erwarten, vielleicht aber etwas Aufschluss über die strukturellen Hintergründe der bestehenden Misere und eine sich daraus eröffnende Entwicklungsperspektive.
Politik aus psychodynamischer Sicht
Geht man zunächst von der Definition aus, so ist Politik als ein »auf das Gemeinwohl orientiertes Handeln« umschrieben. Juristisch ausgedrückt ist damit die Idee der »Fremdnützigkeit« angesprochen, d. h. »die Ausrichtung auf Aufgaben und Verantwortlichkeiten« im Dienste des Gemeinwohls, »die von den eigenen Interessen unterschieden sind«.
Ausgehend von Sigmund Freuds bekanntem psychoanalytischen Modell aus Es/Ich/Über-Ich könnte man politisches Handeln daher als eine Ich-Funktion bezeichnen, die sich in den Dienst der Gemeinschaft stellt. Sie soll die unterschiedlichen Interessen, sprich den kollektiven Es-Drang (Interessen, Wünsche) unter Berücksichtigung der kollektiven Gebote und Ideale (Über-Ich) kompromisshaft regulieren und eine kollektive Identifikation ermöglichen.
Dabei lassen sich als Ideale die historisch gewachsenen Rechte wie Menschenrecht, Völkerrecht und das Grundgesetz ausmachen sowie die Ideale der politischen Tradition, wie sie sich z. B. auch in den Parteiideologien abbilden. Im Unterschied zu diesen relativ konstanten Idealsetzungen unterliegen die Gebote unter den zeitgeschichtlichen Anforderungen einem steten Wandel. Das Kollektiv der Abgeordneten ist daher als Gesetzgeber aufgefordert, unter dem Einfluss der Zeiterfordernisse externe Über-Ich-Gebote in Gestalt von Gesetzen, Verordnungen und Regeln herauszubilden, abzuschaffen oder zu modifizieren.
Diese Beschreibung bildet allerdings demokratische Vorstellungen von Politik ab mit der griechischen Polis als Vorbild. Sie macht nachhaltig darauf aufmerksam, welch großer Aufwand in dieser Form der Meinungsbildung und Kompromissfindung betrieben werden muss, wie unbefriedigend der Kompromiss für die Konfliktparteien letztlich ausfallen kann und welche Konsequenzen es zu tragen gilt.
Bekanntlich hat unsere demokratische Regulationsform jedoch Vorläufer in Diktaturen religiöser, ideologischer oder militärischer Prägung, in Monarchien und Gottkönigtümern bis hin zu archaischen Ordnungen bei Naturvölkern.
Diesen vordemokratischen Regulativen ist zunächst gemeinsam, dass sie sich in der Regel hierarchisch-patriarchal organisieren, mit einer Leitfigur an der Spitze, einem Häuptling, Kaiser, Fürst, Führer oder General. Diese Leitfigur wiederum repräsentiert eine kollektive Idee mit Totemqualitäten und für die Mitglieder dieser Gemeinschaft wiederum ist eine