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Lindenbusserl: Österreich Krimi
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eBook228 Seiten2 Stunden

Lindenbusserl: Österreich Krimi

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Über dieses E-Book

Eigentlich sollte alles, was Sankt Lindenbaum so kurz vor dem Valentinstag beschäftigt, der erste Lindenbusserl-Backwettbewerb der Dorfgeschichte sein. Doch dann hat eine der Jurorinnen einen wirklich grauslichen tödlichen Unfall, und der Backwettbewerb tritt plötzlich in den Hintergrund. Schon allein deshalb, weil der Unfall eben gar keiner gewesen ist und die Mörderisch und der frisch verliebte Fesch nun ihren dritten gemeinsamen Mordfall aufzuklären haben. Dabei zeigt sich, dass auch im idyllisch verschneiten Sankt Lindenbaum leider nichts so ist, wie es auf den ersten Blick scheint.

SpracheDeutsch
HerausgeberFederfrei Verlag
Erscheinungsdatum26. März 2021
ISBN9783990741443
Lindenbusserl: Österreich Krimi
Autor

Lisa Gallauner

Lisa Gallauner wurde 1978 in St. Pölten geboren. Sie ist verheiratet und hat einen Sohn. Ende der 90er Jahre ließ sie sich an der PÄDAK Krems zur Diplompädagogin für Englisch, Musik und evangelische Religion ausbilden. Später sollte auch noch die Diplomausbildung für Informatik folgen. 2008 erschien ihr erstes Kinderbuch, seit damals schreibt sie, neben ihrer Arbeit als Lehrerin an einer Neuen Mittelschule, unaufhörlich. Teufelsziel ist der siebte Band der Krimireihe mit Chefinspektor Meierhofer.

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    Buchvorschau

    Lindenbusserl - Lisa Gallauner

    gesund!!

    Kapitel 1

    Also eines muss an dieser Stelle gesagt werden. Der Friedrich, der ist der absolute Lindenbusserl-Profi.

    Was jetzt wirklich nichts Unanständiges ist. Nicht, dass er ein Küsserkönig wäre oder so – wobei er gegen das eine oder andere Busserl von der Sissi Mörderisch absolut nichts einzuwenden hätte. Nein, das Lindenbusserl, muss man wissen, ist eine außergewöhnlich deliziöse Sankt Lindenbaumer Köstlichkeit. Ein Gedicht aus dorfeigenem Lindenblütenhonig vereint mit gleichsam üppiger wie luftiger Buttercreme, flaumigem Biskuitteig und einer dicken Schicht schneeweißem Zuckerguss. Rein äußerlich erinnert es vielleicht ein wenig an ein zu blass geratenes Punschkrapferl, aber geschmacklich spielt es in einer ganz anderen Liga. Ist das Punschkrapferl ein sündiger, reichhaltiger, hochprozentiger Genuss, so spiegelt das Lindenbusserl eine gewisse Unschuld wider.

    Zumindest oberflächlich betrachtet, passt es also einmalig zum idyllischen, von Weingärten, Wald, Wiesen und dem eigenen kleinen See geprägten Ort. Seit Generationen wird das streng gehütete Rezept von Mutter zu Tochter weitergegeben. Die Söhne, sollte an dieser Stelle erwähnt werden, backen in Sankt Lindenbaum äußerst selten, und wenn, dann nur unter strengster Geheimhaltung. Das ist auch einer der Gründe, warum der Friedrich nicht am heuer erstmalig stattfindenden Lindenbusserl-Backwettbewerb teilnimmt. Nur Frauen ist die Anmeldung zu diesem besonderen Event des Sankt Lindenbaumer Dorflebens gestattet, was im ersten Moment unfair klingt, sich aber durch die Tatsache wieder ausgleicht, dass im Schützenverein und bei der Feuerwehr nur Männer aktiv sind. Natürlich spielt auch die Lindenbusserl-Legende bei dieser Geschlechtersache eine Rolle, genau genommen sogar die Hauptrolle.

    »Diese Verantwortung, Friedrich, die ist wirklich nicht zu unterschätzen. Als ob ich mit meinen Tausenden anderen Gschaftln nicht ohnehin schon genug zu tun hätte.« Die Tupfinger Martha seufzt theatralisch und zupft an ihrer rot-weiß gestreiften Bluse, die sich über ihrem üppigen Busen gefährlich spannt. Anscheinend ist der Sankt Lindenbaumer Polizeibeamte nicht der Einzige, dem die Weihnachtsfeiertage figürlich etwas zugesetzt haben. Wobei das bei ihm, einem ausgeprägten Spargeltarzan, buchstäblich nicht so sehr ins Gewicht fällt.

    »Weißt du, die Organisation eines derartigen Großereignisses, die geht einem auf Dauer ganz schön an die Nieren. Da musst du zuallererst die perfekte Location finden, dann brauchst du eine hundertprozentig integre Jury, außerdem ein ansprechendes musikalisches Rahmenprogramm. Die Presse musst du informieren, die Richtlinien für den Wettbewerb festlegen, Plakate, Einladungen und Eintrittskarten drucken lassen. Und was ist der Dank für all diese Anstrengungen und Mühen?« Ein weiteres gequältes Seufzen entfährt der Sankt Lindenbaumer Ober-Dorfgatschn. Der Friedrich konzentriert sich darauf, nicht auf den knallroten Blusenknopf in Herzform zu starren, der kurz davor ist, seinen Dienst zu quittieren.

    »Nicht einmal einen feuchten Händedruck darfst du erwarten. Geschweige denn eine kleine Aufwandsentschädigung. Undank ist der Welten Lohn. Es ist wirklich ein Jammer. Wenn ich nicht so eine gute Seele wäre...«

    »Aber zum Glück bist du das, Martha. Ohne dich wäre Sankt Lindenbaum aufgeschmissen«, ringt sich der Polizeibeamte dazu durch, der Frau Tupfinger zu geben, wonach sie lechzt. Das fällt ihm zwar prinzipiell alles andere als leicht, erhöht aber die Wahrscheinlichkeit, einem weiteren detailreichen Wortschwall zu entkommen.

    Tatsächlich erscheint nun ein zufriedenes Lächeln auf dem Gesicht der Martha. »Du sagst es, Friedrich, du sagst es. Wenigstens einer, der erkennt, was dieser Ort an mir hat.«

    »Eine schier unversiegbare Quelle an Gerüchten, Tratsch und halbseidenen Pseudo-Informationen, ohne die das Sankt Lindenbaumer Dorfleben weit unspektakulärer, aber auch weitaus friedlicher ablaufen würde«, denkt der Polizeibeamte. Natürlich spricht er diesen Gedanken nicht aus. Schon seine Mama hat immer gesagt: »Manche Dinge, mein Schatz, die denkt man sich besser nur.« Diplomatie in Reinkultur, eine Grundhaltung im Leben, mit der er schon von Schulzeiten an gut gefahren ist.

    »Wann findet der Wettbewerb eigentlich statt?«, fragt der Friedrich nun aus ehrlichem Interesse. Er überlegt nämlich, die Schwester der Michi Mörderisch, die Sissi, zu diesem einzuladen. Seit ihrem ersten Treffen Anfang November haben die beiden zarte Bande geknüpft, und der Polizeibeamte setzt alles daran, diese vorsichtig, Schritt für Schritt, zu verstärken. Hätte dem Friedrich damals, als er seine Exfrau mit dem Toni erwischt hat, irgendjemand prophezeit, dass er noch einmal das Glück des Verliebtseins erleben würde, hätte er schallend aufgelacht. Aber nun ist es tatsächlich passiert, und das in seinem Alter! Er fühlt sich wie ein frisch verknallter Teenager, denkt an nichts anderes als an seine Sissi, telefoniert stundenlang mit ihr und freut sich, wenn sie einander alle paar Wochen in echt sehen. Ob er sie wirklich schon als seine Sissi bezeichnen darf, das weiß er zwar nicht mit Sicherheit, er hofft aber, dass es ihr genauso geht wie ihm. Nägel mit Köpfen zu machen, das traut er sich daher noch nicht. Deshalb das vorsichtige Schritt-für-Schritt-Vorgehen. Zu groß ist die Sorge, das gerade aufkeimende Beziehungs-Pflänzchen durch eine überschwängliche Bewegung zu zerstören.

    »Am Valentinstag. Passt perfekt zum Lindenbusserl, gell? Es geht doch nichts über die Verbindung von Liebe mit kulinarischem Genuss.«

    Der Friedrich nickt abwesend. Seine Gedanken sind bei der Sissi. Ob er es wagen wird, am Valentinstag? Ihr ihn endlich zu geben. Diesen ersten Kuss, der ihre Liebe, so hofft er zumindest, besiegeln wird? Nun ist es der Polizeibeamte, dem ein Seufzer auskommt. Allerdings kein entnervter, sondern ein sehnsüchtiger.

    »Friedrich! Hörst du mir überhaupt zu?«, reißt die Tupfingerin ihn aus seinen romantischen Gedanken.

    »Sicher, Martha, sicher. Valentinstag, ich kann’s kaum erwarten. Viel Spaß noch beim Vorbereiten, mach’s gut«, murmelt er, bevor er auf seine Vespa steigt, die er heuer ungewöhnlich früh aus ihrem Winterschlaf geholt hat, weil es sowieso nicht richtig kalt werden, geschweige denn schneien will. Als er an der Sankt Lindenbaumer Promenade vorbeizuckelt, muss er plötzlich daran denken, dass diese eigentlich der perfekte Ort für einen ersten Kuss wäre, für ihn aber auf immer und ewig gedanklich als Tatort besetzt sein wird. Auch einige Monate nach Aufklärung des letzten abscheulichen Mordfalls steckt ihm dieser noch in den Knochen. Er kann nur hoffen, dass nun wieder für einige Jahre Ruhe einkehren wird, hier in Sankt Lindenbaum. Ein hehrer, wenn auch illusorischer Wunsch, wie er bald schmerzhaft erfahren wird, zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht ahnt.

    *

    Als er einige Stunden später zuhause an seinem Esstisch sitzt, einen dampfenden Teller Linsensuppe und ein resches Vinschgerl vor sich, und dem heimeligen Geplapper seiner zwei Mitbewohner, dem Joseph und dem Wolfgang, zuhört, hat der Friedrich das Gespräch mit der Tupfingerin schon fast wieder vergessen. Für alle, die den Herrn Fesch noch nicht so genau kennen, muss an dieser Stelle wohl erwähnt werden, dass er keineswegs in einer mittelalterlichen Männer-WG lebt. Nein, der Joseph und der Wolfgang sind zwei quietschfidele Wellensittiche, die dem Sankt Lindenbaumer Polizeibeamten das Leben nachhaltig verschönern. Dank der beiden fühlt er sich nämlich nur sehr selten allein oder gar einsam, hier in seinem erstaunlich gut organisierten Single-Haushalt. Trotzdem hätte der Friedrich natürlich nichts gegen die dauerhafte Anwesenheit einer gewissen rothaarigen Schönheit einzuwenden.

    Der Polizeibeamte taucht gerade seinen antiquarischen Silberlöffel, ein Erbstück seiner Großmutter, in die Linsensuppe und denkt dabei wieder einmal an die Sissi Mörderisch, als ihn das Klingeln seines Handys abermals aus seinen romantischen Gedanken reißt. Ein Blick auf dieses Smartdings, mit dem er sich immer noch nicht zu hundert Prozent angefreundet hat, reicht, um ihn endgültig zurück in die harte Sankt Lindenbaumer Realität zu holen. Was will der Thomas um diese Uhrzeit von ihm?

    »Hallo, Thomas, was gibt’s?", fragt der Friedrich interessiert. Wenn ihn sein junger Kollege beim Abendessen stört, muss etwas Relevantes vorgefallen sein. Eine Weile lauscht der Herr Fesch konzentriert, dann meint er, einen wehmütigen Blick auf den Teller Linsensuppe werfend: »Nein, kein Problem, ich komme gleich.«

    Sich aus seinem bequemen Hausanzug aus feinstem beigefarbenen Schnürlsamt schälend, denkt der Friedrich über die Informationen, die er vom Thomas gerade bekommen hat, nach. Ein Einbruch ist in Sankt Lindenbaum an sich schon etwas Ungewöhnliches, aber das, was sein Kollege ihm erzählt hat, macht den erfahrenen Polizeibeamten besonders stutzig.

    Missmutig schlüpft er in seine Uniform, trägt den vollen Suppenteller zurück in die Küche, dreht die Stereoanlage, aus der eine seiner Lieblingsaufnahmen der Oper Carmen plätschert, ab und macht sich auf den Weg zu seinem Auto. Für eine Ausfahrt mit der Vespa ist es ihm jetzt, so ganz ohne Sonnenschein, nämlich zu kalt. Außerdem liegt das Haus der Süßberger Barbara am anderen Ende des Ortes, schon eher Richtung Unterlindenbaum.

    Was ihn dort erwarten wird, interessiert den Friedrich brennend. Sein Bauchgefühl sagt ihm, dass da irgendetwas im Busch ist. Und wenn es etwas gibt, worauf sich der Herr Fesch immer verlassen kann, dann ist das sein Bauchgefühl.

    Kapitel 2

    Die Süßberger Barbara und der Thomas warten bereits auf den Friedrich, als er endlich am Haus der jungen Frau eintrifft. Der sympathischen, ein wenig molligen Blondine, die mit einem Sankt Lindenbaumer Gemeinderat verheiratet und Mutter zweier entzückender kleiner Kinder ist, steht die Sorge ins Gesicht geschrieben.

    »Grüß Gott, Herr Fesch. Danke, dass Sie so schnell gekommen sind«, begrüßt sie den Polizeibeamten mir einem leicht zittrigen Handschlag, ihre Angst nur wenig erfolgreich überspielend.

    »Kein Problem, Frau Süßberger. Dafür bin ich ja schließlich da. Also, erzählen Sie, was ist hier los?«

    Die junge Frau deutet den beiden Polizisten, ihr zu folgen. »Also, mein Mann und die Kinder sind zu Besuch bei meiner Schwiegermutter, die gerade eine Reha macht. Ich bin zuhause geblieben, weil ich nächste Woche eine wichtige Prüfung habe, und mich darauf vorbereiten wollte. Ich nutze die Karenz, um ein Fernstudium zu machen: Eventmanagement, ein Beruf mit Zukunft.«

    Der Friedrich muss beim Wort Eventmanagement an die Tupfinger Martha und den Lindenbusserl-Backwettbewerb denken. Ob es derartige Veranstaltungen sein werden, die die Frau Süßberger nach erfolgreichem Fernstudiums-Abschluss planen wird? Eventmanagement und Sankt Lindenbaum – diese Kombination klingt für den Polizeibeamten nur wenig zukunftsträchtig. Aber wer weiß, vielleicht versteht er von diesen Dingen auch einfach nichts.

    »Ich hab’ die sturmfreie Bude genutzt, um heute Nachmittag einmal in Ruhe die Dinge zu tun, für die ich sonst mit zwei kleinen Kindern einfach keine Zeit habe. Ein bisschen shoppen gehen, ein Termin bei der Jessy, nicht nur zum schnellen Schneiden, sondern auch zum Färben, sowas halt. Dann war ich noch ausgiebig mit der Daisy spazieren, und als ich vor zirka einer Stunde nachhause gekommen bin, hab’ ich sofort gemerkt, dass etwas nicht stimmt.« Wie um die Aussage ihres Frauchens zu bestätigen, bellt die Daisy, eine kleine, herzige Mischlingsdame, an dieser Stelle aufgeregt.

    Gedankenverloren streichelt sie der Friedrich, bevor er nachfragt: »Was genau meinen Sie damit?«

    Die junge Frau zuckt mit den Schultern. »Na ja, ich weiß nicht, wie ich das erklären soll. Halten Sie mich jetzt bitte nicht für verrückt, aber mein Bauch hat mir das gesagt.« Der Friedrich nickt verständnisvoll. Nie im Leben würde er einen Menschen für verrückt halten, nur weil er ein ausgeprägtes Bauchgefühl besitzt.

    »Ich hab’ einfach gespürt, dass etwas anders ist als sonst. Wissen Sie, Herr Fesch, mein Mann, der Simon, der neigt dazu, seine Schlüssel zu verlegen. Deshalb haben wir einen Ersatzschlüssel unter diesem Blumentopf versteckt.«

    Nun muss sich der Friedrich ehrlich bemühen, die zynische Bemerkung, die ihm auf der Zunge liegt, hinunterzuschlucken. Ein noch weniger originelles Versteck für einen Hausschlüssel kann man wohl kaum finden.

    Die Süßberger Barbara scheint die Gedanken des Polizeibeamten zu lesen. »Ich weiß, dass das nicht vernünftig ist, Herr Fesch, aber wir sind davon ausgegangen, dass wir den Sankt Lindenbaumern trauen können. Nie im Leben hätte ich geglaubt, dass jemand diese Situation ausnutzen und in unser Haus einbrechen könnte.«

    Nun mischt sich der Thomas ein: »Na ja, wenn die Person einen von Ihnen selbst hier draußen deponierten Schlüssel benutzt hat, um in Ihr Haus zu gelangen, ist es streng genommen kein Einbruch.«

    Tränen rinnen der Frau Süßberger über die Wangen. Die Bemerkung des jungen Polizisten trifft sie augenscheinlich.

    »Was genau wurde denn gestohlen, Frau Süßberger?«, versucht der Friedrich das Thema zu wechseln. Diesen juristischen Spitzfindigkeiten können sie sich auch später noch widmen.

    »Das ist ja das Seltsame«, erwidert die Befragte, »nichts, überhaupt nichts. Wer auch immer im Haus war, hat zwar alle Schubladen im Wohnzimmer und der Küche durchwühlt, aber alles Wertvolle unangetastet zurückgelassen. Schmuck, Laptop, Münzsammlung, das ist alles noch da. Sogar meine Handtasche steht genauso auf dem Kasterl im Vorhaus, wie ich sie vor dem Spaziergang zurückgelassen habe. Ich war nach dem Shoppen Geld abheben – die dreihundert Euro sind immer noch in meiner Geldbörse. Das ergibt doch keinen Sinn.«

    Allerdings, das tut es wirklich nicht. »Fehlt aus den durchwühlten Schubladen etwas?«, hakt der Friedrich nach.

    Ein Schulterzucken ist die Antwort. Gefolgt von einem: »Ich denke nicht. Und selbst wenn, kann es nichts Wertvolles sein. Wir heben in den Küchen- und Wohnzimmerschubladen nichts Wichtiges auf. Das übliche Krimskrams halt. Keine Ahnung, was der Einbrecher hier gesucht hat.«

    Der Friedrich wirft dem Thomas, der beim Wort Einbrecher merkbar zu einer erneuten Richtigstellung ansetzen will, einen strengen Blick zu. Es macht keinen Sinn, der Frau Süßberger an dieser Stelle Vorhaltungen zu machen. Nein, viel wichtiger ist es, herauszufinden, was hinter dieser Sache steckt. Irgendetwas stimmt hier nämlich ganz und gar nicht, und eines weiß der Herr Fesch mit Sicherheit: Er wird alles daransetzen, herauszufinden, was das ist.

    *

    »Vielleicht was politisch Motiviertes?«, meint der Thomas, der gerade damit beschäftigt ist, den obligaten Papierkram zu erledigen. »Eventuell wollte jemand den Herrn Gemeinderat ausspionieren.«

    Amüsiert lacht der Friedrich auf. »Geh’ bitte, Thomas. Politisch motiviert? Der Herr Süßberger ist ein junger, eher unauffälliger Gemeinderat, der noch dazu das gleiche Parteibuch hat wie der Herr Bürgermeister und zirka achtzig Prozent der Sankt Lindenbaumer Bevölkerung. Was sollte man bei dem denn ausspionieren? Also wenn jemand keine Leichen im Keller hat, dann der Herr Süßberger.«

    »Das kann man nie so genau wissen, Chef«, erwidert der Thomas lapidar, »ich denke ja, jeder Mensch hat so seine Leichen im Keller.«

    Der Friedrich überlegt einen Moment, kommt aber zu dem Schluss, dass er das so nicht unterschreiben kann. Er selbst hat nicht die klitzekleinste Leiche in seinem Keller versteckt, weil er dafür einfach viel zu ehrlich ist, und er kennt auch einige andere Leute, für die er diesbezüglich jederzeit die Hand ins Feuer legen würde. Die Mörderisch-Schwestern zum Beispiel. Allerdings, wenn er genauer darüber nachdenkt, hätte er auch für seine Exfrau die Hand ins Feuer gelegt, bis er sie mit dem Toni im gemeinsamen Ehebett erwischt hat. Vielleicht ist seine Menschenkenntnis doch fehleranfälliger als ihm lieb ist.

    Um seine düsteren Gedanken zu verdrängen, scherzt er in Richtung seines jungen Kollegen: »Aha, was weiß ich denn da nicht von dir, Thomas? Sag’ schon, wie schauen sie aus, die Leichen in deinem Keller?«

    »Das wird für immer mein Geheimnis bleiben, Chef«, erwidert der Thomas schmunzelnd. Dann überlegt er laut weiter: »Was ist, wenn es mit dem Privatleben der Süßbergers zu tun hat? Vielleicht hat einer der beiden Ehepartner eine Affäre? Oder einen heimlichen Verehrer beziehungsweise eine heimliche Verehrerin. Sie sind doch beide ganz fesch, die Süßbergers. Ist also nicht auszuschließen, dass da was Außereheliches läuft.«

    Erneut muss der Friedrich schmunzeln. »Ein Verehrer oder eine Verehrerin, der oder die es auf die Wohnzimmer- und Küchenschubladen der Süßbergers abgesehen hat. Klingt auch nicht sehr plausibel,

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