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Ihr werdet es schon sehn: Florenz, Bogota, Manchester – Hauptsache VfL
Ihr werdet es schon sehn: Florenz, Bogota, Manchester – Hauptsache VfL
Ihr werdet es schon sehn: Florenz, Bogota, Manchester – Hauptsache VfL
eBook188 Seiten2 Stunden

Ihr werdet es schon sehn: Florenz, Bogota, Manchester – Hauptsache VfL

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Über dieses E-Book

Was macht man bloß als Fan mit einem Verein, der allenthalben als "graue Maus" oder "Fahrstuhlklub" gilt? Der im Ausland entweder gar nicht oder bestenfalls als "Bokum" oder "Butschum" bekannt ist? Der nie eine Trophäe gewann? Man verfällt ihm trotzdem. Oliver Birkner erzählt davon, mit Leidenschaft, Witz und rotzigem Revier-Charme. Ob er im Ruhrstadion seltene VfL-Siege feiert, in seiner Wahlheimat Italien einsam vor dem Internet- Liveticker hockt oder seinen kolumbianischen Schwiegereltern satte Flüche auf den BVB beibringt – Birkner gelingt es, den Fußball-Underdog als schelmischen Gewinner triumphieren zu lassen. Und er schreibt darüber so mitreißend wie nur wenige vor ihm.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum1. Mai 2011
ISBN9783895337338
Ihr werdet es schon sehn: Florenz, Bogota, Manchester – Hauptsache VfL

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    Buchvorschau

    Ihr werdet es schon sehn - Oliver Birkner

    Oliver Birkner

    Ihr werdet es schon sehn

    Florenz – Bogota – Manchester:

    Hauptsache VfL

    verlag die werkstatt

    Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek:

    Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

    Copyright © 2010 Verlag Die Werkstatt GmbH

    Lotzestraße 22a, D-37083 Göttingen

    www.werkstatt-verlag.de

    Alle Rechte vorbehalten.

    Umschlagfoto: Gerrit Starczewski

    Satz und Gestaltung: Verlag Die Werkstatt

    ISBN 978-3-89533-733-8

    Widmung

    Die folgenden Seiten werden sich beim Berühren von Anhängern des FC Bayern München, Schalke 04 oder Borussia Dortmund in genau 49 Sekunden in einer flammenden Implosion selbstauflösen.

    … 48, 49, 50. All denen, die jetzt noch ein vollständiges Exemplar in den Händen halten, sei dieses Buch gewidmet.

    Inhalt

    Prolog

    Kapitel I: Heimspiel 1970 bis 1993

    Am Anfang war das Licht

    Like a Rolling Stone

    Die Titanen

    Der beste Fußballer der Welt

    Stiller Genuss

    Der beste Song der Welt

    Ich hasse Lajos Detari

    Abschiedsmusik

    Kapitel II: Auswärtsspiel

    In seinem Fuß sangen die Vögel

    Cesarini, Hörner und das Tor des Ex

    Wir steigen auf, wir steigen ab

    … und zwischendurch UEFA-Cup

    „Jamás en Segunda Division" – Die Karibik bebt

    Irmengards Werk und Edus Beitrag

    Kapitel III: Die beste Saison aller Zeiten

    Das Turnier der Frauen

    Das Franken-Syndrom

    80 DD und Portugals Außenpolitik

    You only sing when you’re winning!

    Sind aber auch viele Stammspieler verletzt

    BVB, hijos de puta

    Trainer-Versenken

    Nie Deutscher Meister

    Kapitel IV: Auswärtsspiel Reloaded

    Calcio parlato

    Mit Fidel Castro im Stadion

    Currywurst um Mitternacht

    Mann, der Grote!

    Der Birkner-Preis

    Epilog

    Danksagung

    Der Autor

    Zum Weiterlesen

    Prolog

    „You ain’t a beauty but hey you’re alright."

    Bruce Springsteen

    Für den VfL Bochum und Urlaub in Armenien gibt es keine plausible Rechtfertigung. Fraglos mag Armenien die Urlaubskasse jetzt nicht ganz so tief in den Abgrund reißen. Doch am zehnten Hochzeitstag vorzuschlagen: „Schatz, warum nicht mal zwei Wochen Jerewan?", und dort im VfL-Trikot neben der entgeisterten Frau, vor einem unbekannten Bier, auf einem obskuren Sender, in einer nebulösen Sprache Bochum gegen Cottbus zu schauen, da gibt es graziösere Freizeitgestaltungen.

    Träume von diametralem Vergnügen sind immerhin legitim: Europapokalfinale in einer mondänen europäischen Metropole, über den Pottgewinn jauchzen, anschließend im Hotel rein zufällig die Nachbarstochter samt bester Freundin auf Studienreise treffen, beide hauchen, dass sie nicht nur Begrüßungsfloskeln austauschen wollen, sinngemäß fallen Worte wie „Gehirn, „raus und „nageln".

    Mit dem Genuss-Antichristen VfL würde trotz suggestiver Anstrengungen plötzlich a) aus einer mondänen Metropole vielleicht Fürth, b) aus dem Cupgewinn eine Niederlage im Regenguss, c) aus den weiblichen Protagonisten zwei Mitt-Fünfzigerinnen, die sich d) nach der Aufwärmphase als Männer herausstellen, und e) müsste man am Ende für all das noch bezahlen.

    New-Age-Langeweiler entschärfen die Spaßwüste dann gern mit dem Zwiebelvergleich: Wie hinter jeder Schale ein neuer Sonnenschein hervorlugt, bis im Nukleus die Offenbarung tobt. Das ist nun aber das Problem: Im Bochumer Zwiebelkern wartet nämlich null Komma nichts. Sie ist und bleibt eine verdammte Zwiebel – rohe 100 Gramm, 88 Gramm Wasser. Und läufst du durch ein Zwiebelfeld, riechst du auch danach.

    Zudem klingt „Verein für Leibesübungen" beinahe so dämlich wie der Name meines ersten Jugendklubs DJK, Deutsche Jugendkraft, mit dem ich beim Auflaufen vor den Heimspielen als Einstimmungs-Gassenhauer irgendwie stets das Horst-Wessel-Lied erwartete.

    So ist der potenzielle Fußballanhänger, wenn er irgendwann zu Bochum verführt wird, zur richtigen Zeit einfach am falschen Platz. Doch schließlich intrigiert die zukünftige Braut den Mann ja auch mit durchtriebenem Kalkül und farbenfrohen Versprechungen in die Ehe. Dort sind schweißtreibende Europapokal-Nächte flugs Vergangenheit, man spielt höchstens noch DFB-Pokal und macht nach der ersten Runde schlapp. Im Grunde müsste man als nobelste Instanz des freien und rechten Willens eigentlich umspringen können – auf Barcelona oder die Freundinnen der Frau, insbesondere deren beste Freundin! Größere Brüste und Trophäen. Aber nun bist du mittendrin und dabei, weit hinter der ersten Reihe, mit dem ganzen Sich-Durchschlängeln und den charmanten Erinnerungen für schlechtere Zeiten – bis am Ende der allerletzten Saison das Flutlicht für immer ausgeknipst wird.

    Meine naive Bildungsreise führte mich als Köttel in Kutte durch die Ostkurve, entlockte mir die ersten animalischen Grunzer bei Siegen gegen die Stuttgarter Kickers oder Düsseldorf. Die Erkenntnis, dass man im Fußball auch Trophäen erringen kann, kam leider zu spät. Seit den Siebzigern bin ich VfL-Fan, lange verschworen mit Aspirin, bisweilen mit drei Punkten. Irgendwann blieb ich dabei aus Trotz, so wie man täglich zur Arbeit schlurft oder manche freitags Lotto spielen. Es ist die Hingabe in die resignierende Hoffnung, ein Cocktail aus Minderwertigkeitskomplex und transzendentaler Erwartung. „2010, ihr werdet es schon sehn. Schnell reimen sich zum Glück 2013 bis 2019 wieder auf „sehn, dann müssen wir den Song bis 2110 archivieren.

    Erdrückt zwischen Gazprom- und Signal-Iduna-Despoten will ich tapferer Realist bleiben. Wer an Bochum und Titel glaubt, glaubt auch, dass Hulk Hogan beim Wrestling wirklich den Finger in die linke Iris des Clowns im Indianerkostüm sticht. Mit dem Doppelpass machen wir stets Bielefeld, manchmal unsere eigene U19 nass.

    Im Ausland kann nicht einmal jemand unfallfrei unseren Vereinsnamen aussprechen. Meine Ohren mussten sich jenseits der Republikgrenzen an Bokum, Butschum, Bojum, Boum, Raiiivairiipavirstadium und Revirpowirschitadion gewöhnen. Borussia und Schalke gehen verbal leider überall. Selbst Luzifers Gebräue DAB und Veltins sind im Gegensatz zu unserem Nektar Fiege Pils bizarrerweise in fremden Ländern zu erwerben.

    Aber während die Sauerländer und Bueraner sich in diamantener Vergangenheit suhlen und von opulenter Zukunft palavern, bleiben sie ohne Gegenwart. Das haben wir ihnen voraus. Der Bochumer ist Allegorie des Alltags: gelegentlich schüchterne Zwischenhochs unter einer Mittelmaß-Front, ein fragiles Hier des Ernüchtertseins, ein tröstender, hängender, reifer Busen.

    Nach dem Remis in Cottbus saufen ist eben vor der Heimniederlage gegen Leverkusen saufen, in unserem blau-weißen Dorado der Masochisten, die selbst bei einer 3:0-Führung zur Pause an der Pinkelrinne ihren Bierbecher warnend vor solidarisierte Gesichter strecken: „Ein schnellet Gegentor und dann is die Kacke aba gehörich am Dampfn!, und nach dem 4:2-Endergebnis fluchen: „Wat für Stutenkerle! Nach sonne Leistung hättn die eigntlich verliern müssn! Wahrscheinlich sind wir die einzigen Fans, die nicht so recht wissen, was sie mit Siegen eigentlich anstellen sollen – wir lechzen nach Niederlagen, nur um vorausahnende Gewissheiten tumb abzunicken. Ja, im Grunde muss der VfL verlieren, um das eigene Weltbild im Gleichgewicht zu halten.

    Doch wenn die Bayern sich uns deshalb als Notopfer-Verbündete auserkoren haben, sollen sie gefälligst nach anderen Strichjungen fahnden. Jackpots und Titel kommen nicht nach Bochum. Aber das macht uns noch lange nicht zu Prostituierten von Latzhosen. Die, die keine durchgeschnittene Currywurst kennen. Würde behalten wir auch nach 2110 für uns. Niemals Rot-Weiß, außer bei Currywurst-Pommes. Natürlich durchgeschnitten und von Dönninghaus – dem Mythos, der uns mit einem Fiege selbst nach einem 1:4 gegen die Bayern richtig scharf macht.

    Kapitel I

    Heimspiel 1970 bis 1993

    Am Anfang war das Licht

    „Was ist das? – „Blaues Licht. „Was macht das? – „Es leuchtet blau.

    Rambo III

    Meine Eltern wussten womöglich nicht wirklich, wohin besagte Sache führte, die sie 1969 gerade anstellten – waren ja die sechziger Jahre. Wäre aber meine Erlaubnis gefragt gewesen, hätte ich die Einreiseerlaubnis für meinen Vater staatstragend abgenickt. Mutter aus Gelsenkirchen, na ja, Vater aus Bochum, ausgezeichnete Wahl. Mittlerweile bin ich in Italien gelandet, und das Ruhrstadion ist genau 1.203 Kilometer von meinem Schlafzimmer entfernt. Das habe ich letztens bei Google nachgeschaut. Verdammte 1.203 Kilometer! Mit zwei Fingern grob auf der Landkarte geschätzt, wohne ich näher an Tunis, Libyen oder Craiova als an der Castroper Straße. Na ja, wenigstens internationales Flair.

    In meinem Kopf gehe ich wie damals an jedem zweiten Wochenende trotzdem zur Castroper. Für mich sind diese Worte jedes Mal eine schäumende Gischt. Sie fangen mit dem behutsamen „ich gehe an, schwingen sich zum Crescendo „gerade, um sich in einem Furioso „zur Castroper zu vollenden. In meinem überschaubaren Kosmos ist dieser Satz stets der Einstieg in ein neues Kapitel eines großen Fortsetzungsromans. „Ich gehe gerade zur Castroper ist mein „Nennt mich Ismael".

    Für mich ist das Ruhrstadion Hure und Heimat. Ich habe jeden Geruch gespeichert – den Duft des Rasens, wenn man unten am Ostkurven-Zaun steht, das Aroma des abgestandenen Fetts der Würstchen, den Gestank der Ecken, an denen man die überfüllten Klos vermeiden kann, die Witterung der Bier- und Senfflecken auf meinem Schal, das Parfüm der tausend Atem, die vor dem Anpfiff unseren Grönemeyer grölen, den Geruch des Flutlichts. Bis heute riecht nach dem Spieltag beim Einschlafen alles nach dir, VfL. Und beim Aufwachen nimmst du mir dann manchmal den Atem.

    Meine Frau Alejandra behauptet immer, es gebe keine Zufälle. Also kann es kein Zufall sein, dass ich 1970 geboren wurde – und zwar wenige Wochen, bevor der VfL unter Hermann Eppenhoff seine Aufstiegssaison von der Regionalliga West in die Bundesliga anging. Zum ersten Mal stiegen wir ab, als ich mich 1993 entschieden hatte, Deutschland den Rücken zu kehren. Bis heute werfe ich mir vor, die Jungs hängen gelassen zu haben, denn das kann auch kein Zufall sein.

    Man wird VfLer, weil man entweder aus Bochum kommt und der Spielplan beim ersten naiven Vorhaben eines Stadionbesuches gerade keine andere Option in die Nähe gelost hatte. Oder weil man unter passioniertem Propagandaflüstern eines Verwandten zu diesem Verein verlogen verführt wurde. In meinem Fall trägt die Hauptschuld mein Bochumer Opa Rudi. Dass der VfL nie einen Titel ergattern würde und dieses Axiom in die Satzung des Vereins zementierte, hatte er mir geschickt verheimlicht, als er 1979 eines Freitagabends sagte: „Komm, wir fahren mal zum Ruhrstadion."

    Mein Vater ist Arzt, und deshalb war ich auf Schulfahrten eine Art Ersatz-Doktor-Sommer für die Frühteenies der Achtziger. Es war Sven, der mich beim Klassenausflug fragte, ob der Mann beim Geschlechtsverkehr rein und raus muss oder die ganze Zeit drinbleiben. Ich müsste das wissen, weil ich schließlich Sohn eines Arztes sei. Und ich sagte, die ganze Zeit drinbleiben, weil ich schließlich Sohn eines Arztes war.

    Einige Jahre später bewies mir eine Freundin, dass rein und raus mehr Sinn machte und dass dieser düstere Dämon Geschlechtsverkehr durchaus enormen Spaß brachte. In einer Top Ten der prickelnden Freuden steht Sex sicher weit vorne. Ganz nach oben schafft er es jedoch nicht.

    Davor steht auf Platz fünf Monica Bellucci.

    Auf vier das erste Tor. Onkel Gerd sagte mir in der Halbzeitpause meines bis dahin anonym verlaufenen Aktivendebüts, dass ich forscher in die Spitze stoßen, meine Mutter vor dem Spiel, dass ich gut auf meine Wertsachen aufpassen sollte, in Gelsenkirchen wisse man ja nie. Also stieß ich in Hälfte zwei mit Haustürschlüssel um den Hals in die Spitze, nahm eine Flanke mit der Brust an, stöhnte kurz auf, weil der Ball die Schlüssel bis in die rechte Herzklappe drückte – zumindest waren sie dort sicher –, dann schoss ich mit rechts. Die Welt lief in Super-Zeitlupe ab, der Ball löste sich vom Fuß, flog, das Herz inklusive Haustürschlüssel pochte, in der Vorahnung, der Gewissheit, er würde gleich das Netz küssen. Eine Tunnelvision. Ich dachte an zwei „Tim und Struppi"-Ausgaben, die mir noch fehlten, und dass es vielleicht doch nicht richtig war, meiner Mutter aus ihrem Portemonnaie eine Mark zum Flippern geklaut zu haben. Dann war das Ding drin. Das allererste echte Tor, vor allerersten echten Zuschauern.

    Rang drei Spinat, Stampfkartoffeln und Spiegelei von meiner Oma. Nummer zwei meine Springsteen-Konzerte 2009 im legendären New Yorker Madison Square Garden.

    Aber es konnte nur eine Nummer eins geben – Flutlicht.

    Meine schon damals etwas zu große Nase ans Fenster gedrückt, auf der Rückbank des Opels meines Opas am 2. November 1979, die Wittener Straße hinunter, rechts über den Lohring, dem Straßenverlauf links folgen, und dann aus der Nähe vier pompöse Masten in gleißendem Licht, das

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