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Die Spiele: Eine Weltgeschichte der Olympiade
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eBook835 Seiten10 Stunden

Die Spiele: Eine Weltgeschichte der Olympiade

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Über dieses E-Book

"Die Olympischen Spiele sind das größte Spektakel der Welt. David Goldblatt erzählt ihre Geschichte von den antiken Vorläufern bis zu den Massenevents von heute. Er zeigt, wie die Zahl der Teilnehmer und Disziplinen immer weiter gewachsen ist. Er beleuchtet, wie die Spiele politisch instrumentalisiert wurden. Und er berichtet von den ersten Fernsehübertragungen, der zunehmenden Kommerzialisierung, Dopingproblemen und Bestechungsskandalen. Dabei vergisst Goldblatt nie den eigentlichen Gegenstand der Spiele: den Sport und seine herausragenden Athleten. ""Eines der besten Sportbücher, das je geschrieben wurde."" (Kirkus) ""Eine exzellente, flotte, anekdotenreiche Geschichte der Spiele der Neuzeit."" (The Times) ""Goldblatt ist wohl der führende englischsprachige Sporthistoriker. Dieses Buch ist erhellend, wohlunterrichtet, unvoreingenommen, schön zu lesen, temporeich erzählt und stellt die Spiele in ihren gesellschaftlichen und politischen Kontext."" (Financial Times) ""Eine lebhafte Geschichte der Spiele, die ihnen den Nimbus nimmt, geschrieben mit der Intelligenz und dem sozialen Verständnis, wie man sie von Goldblatt kennt, mit einem hervorragenden Auge für die entlarvenden Details."" (Guardian) ""Ein ambitioniertes Buch, das auch abschrecken könnte, aber Goldblatt ist ein kompetenter Führer. Sein Buch zeichnet das Verständnis und die Reichweite aus, wie man sie von seiner heldenhaften Geschichte des Fußballs The Ball Is Round kennt."" (Observer) ""Eine elegante und anspruchsvolle neue Studie."" (The Economist) ""Eine Hochgeschwindigkeitsrodelfahrt durch die Geschichte."" (New Statesman) 'Goldblatts detailreiche Recherche der politischen und finanziellen Betrügereien der heutigen olympischen Spiele ist beeindruckend. Seine Analyse ist faszinierend zu lesen."" (Wall Street Journal)"
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum22. Jan. 2018
ISBN9783730704028
Die Spiele: Eine Weltgeschichte der Olympiade
Autor

David Goldblatt

David Goldblatt wurde 1965 geboren und erbte von seinem Vater eine Leidenschaft für Tottenham Hotspur. Er veröffentliche drei von der Kritik gefeierte Bücher u¨ber Fußball: The Ball is Round, eine höchst ambitionierte Weltgeschichte des Fußballs, Futebol Nation (2014), eine Geschichte des brasilianischen Fußballs, und The Game of Our Lives (2014) u¨ber die Entstehung und Bedeutung des englischen Fußballs. Letzteres wurde mit dem renommierten »William Hill Sports Book of the Year«-Preis ausgezeichnet. Goldblatt hat zudem das World Football Yearbook herausgegeben, Sportdokumentationen fu¨r BBC Radio produziert und fu¨r den Guardian und die New York Times geschrieben. Außerdem lehrt er an der De Montford University, Leicester und am Pitzer College, Los Angeles.

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    Buchvorschau

    Die Spiele - David Goldblatt

    ließen.

    Dieses großartige und heilsame Werk:

    Die Wiederbelebung der Olympischen Spiele

    Athen 1896

    Wo sind all eure Theater und Marmorstatuen?

    Wo sind eure Olympischen Spiele?

    Panagiotis Soutsos, 1833

    Es ist klar, dass der Telegraf, Eisenbahnen, das Telefon, die leidenschaftliche Forschung in der Wissenschaft, Kongresse und Ausstellungen mehr für den Frieden getan haben als jedes Abkommen und diplomatische Treffen. Nun, ich hoffe, dass der Sport sogar noch mehr tun wird … Schicken wir Ruderer, Läufer und Fechter ins Ausland. Das ist der Freihandel der Zukunft, und an dem Tage, da es sich im Leben und Wandel des alten Europa eingebürgert hat, wird der Sache des Friedens eine neue, mächtige Stütze erwachsen sein. Das ist genug, um Ihren Diener zu ermutigen, nun davon zu träumen … dieses großartige und heilsame Werk, nämlich die Wiederbelebung der Olympischen Spiele, auf der Grundlage unseres modernen Lebens, fortzuführen und zu vollenden.

    Baron de Coubertin, 1892

    EINS

    Baron de Coubertins Rede aus dem Jahr 1892 mag der wichtigste öffentliche Aufruf zur Einführung moderner Olympischer Spiele gewesen sein, aber sie war keineswegs der erste. Mehr als ein halbes Jahrhundert zuvor beschwor der griechische Verleger und Ideologe Panagiotis Soutsos in seinem Gedicht »Dialoge der Toten« den Geist von Platon herauf und ließ ihn zur neuerdings unabhängigen, aber verheerten griechischen Nation sprechen. Was war das moderne Griechenland, das nun endlich von osmanischer Herrschaft befreit war? Wo waren seine großen Spektakel, Künste und sein Sport?¹ Diese Fragen trieben ihn so sehr um, dass er in einem Schreiben an den griechischen Innenminister vorschlug, der griechische Staat solle die antiken Olympischen Spiele wiederbeleben, im jährlichen Wechsel an vier verschiedenen Orten von besonderer Bedeutung für die junge Nation: Athen, die neue Hauptstadt; Tripoli, im Herzen der Peloponnes; Mesolongi, eine Bastion des griechischen Widerstands im Unabhängigkeitskrieg; und die Insel Hydra, von wo ein Großteil der griechischen Seestreitkräfte stammte.² Olympia selbst lag damals noch bis auf wenige Mauern und Säulen unter Schlamm und Schlick begraben.

    In diesem Fall war die Berufung auf die antiken Spiele eng an ein griechischnationales Projekt gebunden. Doch schon seit mehr als 300 Jahren hatten die Europäer, gespeist von der Wiederentdeckung und Neubelebung der verlorenen Literatur des Altertums, die antiken Olympischen Spiele neu interpretiert, sich ihrer Metaphorik und Sprache bedient und sogar eigene olympische Feste ausgerichtet. Diese verknüpften die griechischen Spiele, wenn auch in anachronistischer Weise, mit so unterschiedlichen Motiven wie der Politik der Freuden der Gegenreformation in England und der volkstümlichen Feier der Französischen Revolution.

    In den 60 Jahren zwischen Soutsos’ Gedicht und Coubertins Rede gab es Dutzende weiterer Sportfeste und Spektakel, die sich auf die Olympischen Spiele beriefen. Sie waren inzwischen geprägt vom Aufkommen und der Verbreitung moderner Sportarten sowie der Ausgrabung von Olympia selbst. Soutsos war der Erste, der zur Wiederbelebung der Spiele aufrief. Coubertin war der Erste, der den Gedanken an eine Form von Internationalismus band und in die Tat umsetzte. Beider Ideen aber entsprangen einem langwierigen und bizarren Aufeinandertreffen von europäischer Moderne und einem antiken sakralen Fest, das bereits, als Kolumbus Amerika entdeckte, seit tausend Jahren verschwunden war und über das bis heute nur Bruchstücke bekannt sind.

    Die herkömmliche Geschichtsschreibung lehrt uns, dass der römische Kaiser Theodosius I. die Spiele im Jahr 392 n. Chr. per Edikt verbieten ließ und dass die Kultstätte in Olympia im Lauf der folgenden 200 Jahre durch Feuer und Vernachlässigung allmählich zerstört wurde. Erdbeben und Überflutungen im 5. und 6. Jahrhundert taten ihr Übriges, und die Stätte versank tief in abgelagertem Schlick. Was an Gebäuden noch übrig war, wurde wegen der Steine und der metallenen Halterungen und Dübel, welche die großen Säulen zusammenhielten, geplündert. Das eigentliche Ziel des theodosianischen Edikts waren aber heidnische Bräuche, insbesondere diejenigen der polytheistischen Staatsreligion des altrömischen Reiches, sowie deren Tempel, Orakel und Kultstätten. Die Umsetzung der theodosianischen Verfügung geschah indes relativ halbherzig, denn die Streitkräfte des Kaisers waren vollauf mit einem Bürgerkrieg innerhalb des Reichs und einem Grenzkrieg mit den Goten beschäftigt. Statt einen raschen Tod zu sterben, lebten die Spiele wohl noch eine Weile in verringertem Umfang fort, in einem zunehmend feindlichen Klima gegenüber ihren zentralen religiösen Praktiken und Bezügen. Der byzantinische Historiker Lukian berichtete, dass »die Olympischen Spiele lange Zeit existierten, bis zu Theodosius dem Jüngeren, dem Sohn des Arcadius«. Demnach verschwanden die Spiele endgültig erst unter Theodosius II., um 436 n. Chr.³

    Vom früheren Glanz der Olympischen Spiele war zu diesem Zeitpunkt nicht mehr viel übrig. Dem byzantinischen Geschichtsschreiber aus dem 11. Jahrhundert Georgios Kedrenos zufolge, war die gigantische Zeusstatue aus Gold und Elfenbein, die im Tempel des Gottes in Olympia gestanden hatte, in das Lauseion gebracht worden, wo sie in einem der gewaltigen Brände, von denen Konstantinopel regelmäßig heimgesucht wurde, um 475 n. Chr. schließlich zerstört wurde. Lukian schrieb: »Nachdem der Zeustempel in Olympia niedergebrannt worden war, wurden die Feste der Eleer und die Olympischen Spiele aufgegeben.«⁴ Erdbeben und Überschwemmungen machten der Kultstätte Mitte des 6. Jahrhunderts endgültig den Garaus.*⁵ Nachdem sie im Schlick versunken war, schenkten die jeweiligen Herrscher über die Peloponnes – die Byzantiner, Franken, Osmanen und Venezianer – der Kultstätte keine Beachtung mehr.

    Mehr als ein Jahrtausend lang waren Worte alles, was von den Olympischen Spielen übriggeblieben war, doch auch sie mussten erst durch die humanistischen Gelehrten der Renaissance wiederentdeckt und zusammengetragen werden. Mit der größeren Verfügbarkeit von Büchern ab dem 16. Jahrhundert wurden Schlüsselwerke mit bedeutendem Material zu den Spielen einer kleinen, aber wachsenden lesenden Öffentlichkeit zugänglich, im griechischen und lateinischen Original wie auch in volkssprachlichen Übertragungen. In England beispielsweise erschienen allein im letzten Viertel des Jahrhunderts Übersetzungen von Plutarchs Große Griechen und Römer, Herodots Historien und Homers Ilias. Dank Homers Beschreibung der Leichenspiele für Patroklos vor den Mauern Trojas wussten interessierte Leser, dass Sport ein religiöser Ritus sein konnte. Von Plutarch erfuhren sie von der olympischen Karriere Alexanders des Großen und von Herodot, dass Olympia Ruhm jedweder Form versprach, aber keine Geldpreise.** Spätere Leser profitierten insbesondere von der Beschreibung Griechenlands des Reiseschriftstellers und Geografen Pausanias und seinen brillanten, detailreichen Darstellungen von Olympia und den Spielen.⁶ Das moderne Europa verstand zwar noch nicht, warum die Griechen Spiele ausgetragen und sie dermaßen verehrt hatten, aber wer Pausanias gelesen hatte, wusste gewiss um ihre Bedeutung: »Viel Sehenswertes ist in Griechenland zu schauen, und viele Wunder sind zu hören; nichts aber lässt der Himmel solche Achtsamkeit zuteilwerden wie den Mysterien von Eleusis und den Olympischen Spielen.«

    Auch zeitgenössische Autoren ließen sich inspirieren. Im 3. Teil seines zu Beginn der 1590er Jahre verfassten Heinrich VI. lässt Shakespeare seinen Prinz Georg die Truppen Yorks anfeuern:

    Und wenn’s gelingt, verheißet solchen Lohn,

    Wie der olymp’schen Spiele Sieger tragen;

    Ein Jahrzehnt später, in Troilus und Cressida, beschreibt der greise griechische Prinz Nestor seinen trojanischen Widersacher Hektor in der Schlacht folgendermaßen:

    Dann sah ich dich verschnaufend Atem schöpfen,

    Wenn dich ein Kreis von Griechen rings umschloss,

    Wie ein olympischer Ringer.

    1633 rühmte Michael Drayton den Anwalt Robert Dover als den »großen Erfinder und Helden der englischen Olympien«.⁷ Drayton, ein namhafter Dichter seiner Zeit, war einer von 33 Mitwirkenden der Annalia Dubrensia, einer Anthologie zur Feier von Robert Dovers Cotswold Games. Seit 1612 im natürlichen Amphitheater ausgetragen, das der Dover’s Hill bei Chipping Campden im Westen von England bildet, waren die Cotswold Games eine Mischung aus Volksfest und Historienspiel. Es wurde geschlemmt, getanzt und gespielt, außerdem gab es sportliche und andere Wettbewerbe, bei denen Geldpreise winkten. Auf dem Hügel wurde eine provisorische Burg errichtet, und eine große Menge versammelte sich, um bei Hasenjagd und Pferderennen, Ringen und Schienbeintreten, Stockkampf und Hammerwerfen zuzuschauen.

    Dover wurde 1582 in Norfolk in die katholische Oberschicht des zunehmend protestantischen Englands Elisabeths I. hineingeboren. Nach seinem Studium in Cambridge praktizierte er als Anwalt am Gray’s Inn in London, bevor er sich auf sein kleines Anwesen auf dem Land zurückzog. Dem Vernehmen nach ein charismatischer, charmanter Mann, der Feste und Frohsinn liebte, begründete Dover die Cotswold Olimpick Games sowohl aus lokalpatriotischen als auch politischen Gründen. Ländliche Wettspiele und Volksfeste waren im England der Stuarts weit verbreitet, diskret von ansässigen Gönnern unterstützt, aber Dover stellte sich bei seinen Spielen selbst in den Mittelpunkt, machte sie bedeutend größer als vergleichbare Veranstaltungen und führte in abgelegten Kleidern von König Jakob I. durchs Programm. Die Spiele waren eine bewusste Feier des Regenten und seiner Haltung zu volkstümlichen Freuden und Festen, was angesichts der beständigen Zunahme eher militanter, asketischer und puritanischer Formen des Protestantismus im England des 17. Jahrhunderts eine Sache von dringender politischer Bedeutung war.

    Ab etwa 1630 begannen puritanische Grundherren und Adlige, derlei Aktivitäten auf ihrem Grund zu untersagen, und schoben den Volksfesten einen Riegel vor. Der Ausbruch des Bürgerkriegs 1642 und die Niederlage der Royalisten 1645 machten den Lustbarkeiten endgültig den Garaus. Dover verstarb 1652 unter Cromwells streng asketischem Protektorat, und mit ihm verschwanden auch die Spiele. Nach der Wiederherstellung der Monarchie 1660 gab es eine Reihe von Neubelebungen, aber die Bezeichnung »Olimpick« kam abhanden, und Dovers Spiele, wenngleich stets populär und ausgelassen, waren bald nur mehr »ein versoffenes Volksfest wie jedes andere«.

    Die Cotswold Games mochten ihren Bezug zu Olympia verloren haben, aber in der Vorstellungswelt der europäischen Literatur und Volkskultur behielten die antiken Spiele ihren Platz. Im 17. Jahrhundert beschrieb John Milton in Paradise Lost die Flucht der satanischen Horden folgendermaßen:

    Wetteifernd auf der Ebne miteinander,

    Versuchten sie im schnellen Laufe sich,

    Und schwangen in der Luft sich mit den Flügeln,

    Wie im Olympischen Spiel auf Pythons Feld.

    Etwas gefälliger schilderte Voltaire, wie er während seines kurzen Aufenthalts in England im frühen 18. Jahrhundert bei einem Sportfest am Ufer der Themse eintraf: »Ich glaubte, zu den Olympischen Spielen versetzt worden zu sein.«⁹ Friedrich Schiller, einer der deutschen Universalgelehrten der Aufklärung, führte in seinen Schriften zur Ästhetik die antiken Spiele als Beispiel für das »Spiel als ein Element des Schönen« an. Eher grotesk als grandios: 1786 berichtete die Londoner Presse von einer »burlesken Nachahmung« der Olympischen Spiele, bei der weibliche Kandidaten »auf ein Podium gestellt wurden, mit Pferdegeschirr, durch das sie sich präsentierten«. Über ihren Köpfen stand: »Der hässlichste Grinser wird der Sieger sein.« Als Preis winkte ein »goldverzierter Hut«. 1794 beschrieb die Times ein Wagenrennen, bei dem es in Newmarket zwischen Nanny Hodges und Lady Lads um die damals exorbitante Summe von 500 Guineas ging, als »so etwas wie eine Wiederbelebung der Olympischen Spiele, um den Rennbahn-Adel und den rapiden Verfall des Pferdesports anzusprechen«.*¹⁰

    Ein weiteres halbes Jahrhundert lang waren populäre – wenn auch nicht elitäre – Einsichten in die Olympischen Spiele eher im Zirkus zu gewinnen als in der Bibliothek. Noch in den 1850er Jahren waren olympische Spektakel zu Pferde in New York in Franconi’s Hippodrome zu bestaunen, in ganz Großbritannien in Pablo Fanques fahrendem Circus Royal und in Edinburgh in Madame Macarte’s Magic Ring and Grand Equestrian Establishment. Pablo Fanque, Großbritanniens erster schwarzer Zirkusdirektor, und seine »unerreichte Reitertruppe« boten »neue und einfallsreiche Besonderheiten in den Olympischen Spielen«. Madame Macartes Plakate versprachen, dass die »außergewöhnlichen Umläufe der gymnastischen Lehrmeister klassischen Geistern nachdrücklich die alten Olympischen Spiele ins Gedächtnis rufen«.

    Der ambitionierteste, aber glückloseste Erneuerer war Colonel Charles Random, ein Mann von unklarer sozialer Herkunft und noch unklarerer militärischer Vergangenheit, der das stattliche Anwesen Cremorne House in Chelsea im Londoner Westen erstand und dort 1831 »The Stadium« errichtete, mit vollem Namen »The British National Arena for Manly and Defensive Exercises, Equestrian, Chivalric, and Aquatic Games, and Skilful Amusing Pastimes«, also die »britische nationale Arena für mannhafte und wehrhafte Übungen, reiterliche, ritterliche und aquatische Spiele und kunstfertige unterhaltsame Kurzweil«. 1832 und noch einmal 1838 regte Random an, zur Feier der Krönung von Queen Victoria Olympische Spiele abzuhalten. Leider war seinen Bemühungen kein Erfolg beschert, und in »The Stadium« waren in den folgenden Jahrzehnten vor allem die Feste, Jahrmärkte und Spektakel zu sehen, wie sie typisch waren für einen etwas gewagten Lustgarten in viktorianischer Zeit.

    Damit Europa einen umfassenderen Einblick in die Welt der antiken Spiele erhielt und sich ihr Einfluss auf die Vorstellungskraft des Kontinents herausbildete, brauchte es mehr als nur Worte. Jemand würde leibhaftig nach Olympia reisen und sich die Sache vor Ort anschauen müssen.

    *Jüngere Analysen der Ablagerungen in Olympia haben ergeben, dass sie viel zu dick sind, um allein vom Fluss Kladeos zu stammen, der an der Kultstätte vorbeifließt. Tatsächlich deutet die Zusammensetzung der Sedimente, darunter Reste mariner Mikroorganismen, darauf hin, dass Olympia von katastrophalen Überschwemmungen heimgesucht wurde, verursacht durch Tsunamis – von unterseeischen Beben hervorgerufene Wellen, die gewaltige Wassermassen den Fluss hinauf und bis zur Kultstätte spülten.

    **Herodot zufolge sehr zum Erstaunen der Perser: »Mardonios, was sind das für Menschen, gegen die du uns kämpfen lässt? Nicht für Geld treten sie an, sondern nur um des Ruhmes willen!«

    *Man kann sich kaum etwas vorstellen, das weniger von einer Wiederbelebung der Olympischen Spiele hat als der Showdown in Newmarket. Zwar war Glücksspiel bei den antiken Spielen durchaus nicht unbekannt, Frauen und Geldpreise fehlten aber gänzlich, und die Spiele wurden eher zu Ehren Zeus’ abgehalten als zum Heil von Pferdenarren. Die besten Schilderungen der Spiele aus dem 18. Jahrhundert – wie die Dissertation on the Olympick Games des englischen Dichters Gilbert West aus dem Jahr 1749 und Jean-Jacques Barthélemys pittoresker Roman Reisen des jungen Anacharsis durch Griechenland von 1778 – basierten auf einer systemischeren und wissenschaftlicheren Lektüre der antiken Quellen als zuvor und hätten zumindest dies verdeutlicht. Aber warum sich von solchen Kleinigkeiten die schöne Show verderben lassen?

    ZWEI

    Schon seit dem 15. Jahrhundert hatten Wissenschaftler, Altertumsforscher, Grabräuber und Schatzsucher in den Ruinen der europäischen Antike herumgestochert. Ab Ende des 17. Jahrhunderts fingen sie damit an, einige Stätten auch tatsächlich auszugraben. Pompeji und Herculaneum wurden Mitte des 18. Jahrhunderts freigelegt. Napoleons Ägyptenfeldzug wurde von einer großen wissenschaftlichen Mission begleitet, die u. a. den Stein von Rosette zutage förderte. Eine wachsende Zahl von Antiquitätensammlern und seriösen Hellenisten fragte sich, ob man Olympia ausfindig machen könnte und was es dort zu entdecken gäbe. Der französische Benediktinermönch und unersättliche Altertumsforscher Bernard de Montfaucon schrieb 1723 an den Bischof von Korfu, zu dessen Diözese die alte Kultstätte von Olympia gehörte: »Welcher Reichtum an Schätzen liegt dort begraben. Das Eigenartige ist, dass, so glaube ich, noch niemand daran gedacht hat, Ausgrabungen an der Stätte zu unternehmen.« Johann Joachim Winckelmann, der bedeutendste Klassizist des 18. Jahrhunderts und zentrale Interpret griechisch-römischer Kunst und Architektur, war tief bewegt von der homoerotischen Komponente der Kunst jener Epoche sowie der Kultur der Gymnasia und der Spiele. Mehrfach rief er seine Gönner im Vatikan dazu auf, Olympia zu erforschen, aber vergebens.

    Doch bevor mit Grabungen begonnen werden konnte, sollte erst einmal jemand von außerhalb der westlichen Peloponnes Olympia aufsuchen und ergründen, ob dort überhaupt etwas war: der englische Archäologe Richard Chandler. Er war von der Society of Dilettanti, einer Londoner Vereinigung adliger Sammler und Liebhaber griechisch-römischer Kunst, beauftragt worden, durch Griechenland zu reisen und Artefakte zu sammeln, Schriften zu kopieren und Illustrationen antiker Ruinen anzufertigen. Chandler erstand nicht nur einige Fragmente des Parthenon in Athen, sondern suchte 1766 auch Olympia auf, wo er von Insekten fürchterlich gebissen und von der Sonne verbrannt wurde. Seine Ernüchterung bei der Ankunft war spürbar: »Wir nahmen die Untersuchung der Stätte mit einem Maß an Erwartung auf, das nur von unserer Enttäuschung, sie fast bloß vorzufinden, übertroffen wurde.« Sie fanden nichts weiter als »verstreute Überbleibsel von Ziegelbauten und die Reste von Steinmauern«.¹

    So enttäuschend dies auch war, wussten die Hellenisten aus Westeuropa nun zumindest, wie man nach Olympia kam. 1787 fertigte Louis Favel im Auftrag des französischen Botschafters in Konstantinopel die ersten topografischen Skizzen der Stätte an.* 1828 landete ein bedeutendes französisches Expeditionskorps auf der Peloponnes, um die griechischen Rebellen im Unabhängigkeitskrieg gegen das Osmanische Reich zu unterstützen. Ebenso wie bei Napoleons Ägyptenfeldzug wurde die Armee, wenn auch in geringerem Umfang, von einer Gruppe von Altertumsforschern, Geografen, Botanikern und Künstlern begleitet, der Expédition scientifique de Morée (Morea-Expedition; Morea ist die romanische Bezeichnung der Peloponnes). In sechs Wochen Arbeit legten sie 1829 weite Teile der Ruinen des Zeustempels frei, inklusive einer Reihe von Metopen. Diese gemeißelten Marmortafeln stellen die zwölf Taten des Herkules dar und bildeten einen Teil der Außenfassade des Gebäudes. Sie wurden in den Louvre in Paris gebracht, wo sie noch heute zu sehen sind. Die fünf Meter Schlick, die den Tempel einschlossen, ganz zu schweigen von den schieren Ausmaßen der Stätte, erforderten jedoch eine wesentlich systematischere Herangehensweise.²

    Es dauerte sechs Jahre, den Tempel vollständig freizulegen, aber fast 25, ehe der deutsche Klassizist Professor Ernst Curtius grünes Licht dafür erhielt. Nach zwei Jahrzehnten komplexer diplomatischer Verhandlungen zwischen Griechenland und Deutschland wurde 1874 endlich eine Einigung erzielt, derzufolge die Deutschen bezahlen und graben durften, während die griechische Regierung die Funde behalten würde. Sechs Jahre Arbeit förderten nicht nur den Zeustempel zutage, sondern einen Großteil der von Pausanias und den anderen Hauptquellen erwähnten Gebäude, wie den Tempel der Hera, die Echohalle sowie den Statuentempel der makedonischen Königsfamilie, das Philippeion. Die Ausgrabung der gesamten Stätte dauerte ein weiteres Jahrhundert und wurde erst in den 1970er Jahren vollendet, als schweres Gerät zum Einsatz kam, um Stadion und Hippodrom freizulegen. Zum materiellen Ertrag kam ein Jahrhundert wissenschaftlicher Analysen, die die Olympischen Spiele in ein wesentlich breiteres Verständnis der hellenischen Welt und ihrer Körper- und Sportkultur einbetteten. Nachfolgend eine Zusammenfassung unserer heutigen Sicht der antiken Spiele, wobei einzelne Punkte nach wie vor heftig umstritten sind.³

    Die Griechen selbst datierten die erste Olympiade – konventionell, wenn auch sehr unzuverlässig – auf 776 v. Chr., aber schon mehr als zwei Jahrhunderte zuvor diente die Kultstätte von Olympia als ein Ort religiöser Verehrung und Riten. Es gibt sogar Hinweise auf Opferrituale in mykenischer Zeit, ein halbes Jahrtausend vorher. Wahrscheinlicher scheint, dass die Spiele, ursprünglich unter der Ägide des Stadtstaates Elis abgehalten und möglicherweise aus Bestattungsritualen entstanden, im 8. Jahrhundert v. Chr. ausgetragen wurden und im 7. Jahrhundert schließlich panhellenische Bedeutung und Aufmerksamkeit erhielten. Diese Verschiebung lässt sich nachvollziehen, indem man sich die geografische Herkunft olympischer Sieger anschaut. Zunächst stammten sie nur von der westlichen Peloponnes, dann aus Athen und Sparta und ab dem 6. Jahrhundert v. Chr. auch aus Thessalien in Nordgriechenland und den Kolonien in Sizilien in Süditalien. Zu Olympia gesellten sich später die ebenfalls vierjährlich ausgetragenen Pythischen, Nemeischen und Isthmischen Spiele, was die zentrale Rolle unterstreicht, die sportliche Wettkämpfe in der griechischen Religion, Kultur und Politik spielten.

    Seit jeher polytheistisch, wurde dort vielen Göttern gehuldigt, aber vom frühen 5. Jahrhundert v. Chr. an wurden die Spiele in Olympia mit dem Zeuskult gleichgesetzt und zum wichtigsten der panhellenischen Sportfeste. Der Bau des Zeustempels, dem größten und prächtigsten im Kernbereich von Olympia, der Altis, wurde um 490 v. Chr. begonnen. Das Gebäude selbst wurde um 430 v. Chr. aber noch übertroffen mit der Errichtung der großen Zeusstatue des Phidias. Von Herodot als eins der sieben Weltwunder der Antike erachtet, war sie eine gewaltige und imposante, auf einem Thron sitzende Figur aus Marmor, Gold und Elfenbein, die in der einen Hand eine mannsgroße Nike – die Göttin des Sieges – hielt. Zugleich wurde das Stadion von Olympia, entstanden im 6. Jahrhundert v. Chr., nach Süden verlegt und vergrößert und um ein enormes Hippodrom mit Schotterpiste ergänzt; beide waren von Erdwällen umgeben, auf denen mindestens 45.000 Zuschauer Platz fanden.

    Die Zahl der Besucher stellte einen erheblich Anteil der Freigeborenen der gesamten griechischen Welt dar – wohl um die fünf Prozent. Sie nahmen nicht nur erhebliche Distanzen bei der Anreise auf sich, sondern mussten auch in der sengenden Sonne des griechischen Augusts ziemlich leiden. Für die Oberschicht gab es Villen und Herbergen. Die Römer stellten, wie gewohnt, ihre imposante Infrastruktur bereit, inklusive neuer Hotels, Kaiser Neros persönlicher Villa, der Bäder am Kladeos und des zivilen Wunders fließenden Trinkwassers, das per Aquädukt zum Nymphäum transportiert wurde. Dabei handelte es sich um eine monumentale mehrstöckige Brunnenanlage aus Marmor, erbaut vom reichsten Mann im Griechenland des 2. Jahrhunderts, Herodes Atticus. Die meisten aber schlugen sich mit den beschwerlichen Zuständen in den provisorischen Zeltstädten herum, die auf den Wiesen rund um das Heiligtum entstanden. Wie von einem Stoiker nicht anders zu erwarten, befand Epiktet, dass sich die Mühen lohnten: »Kommst du nicht schier um vor Hitze? Bist du nicht eingepfercht in der Menge? Ist Baden nicht schwierig? Leidest du nicht unter dem Lärm und dem Tumult und anderen Ärgernissen? Aber ich glaube, du wirst all diese Mühsal ertragen um der Herrlichkeit des Schauspiels willen.«

    Was so enorme Zuschauermassen zu den Spielen lockte, war eine komplexe Mischung aus Motiven, die den Körperkulturen der hellenischen und römischen Welt entstammten. Mehr als 1.000 Jahre lang war das Gymnasion – buchstäblich ein Ort, den man nackt aufsucht – das Zentrum des bürgerlichen und sportlichen Lebens für die Oberschicht der freigeborenen Männer, die aufgrund von Wohlstand, patriarchalen Familienstrukturen und Sklavenarbeit von den meisten praktischen Aktivitäten entbunden waren. Der Zusammenhang zwischen bürgerlichen Pflichten und der körperlichen Ertüchtigung im Gymnasion variierte von Ort zu Ort. In manchen Stadtstaaten diente Sport der Vorbereitung auf den Krieg, denn alle Bürger waren verpflichtet, bei Bedarf zu den Waffen zu greifen. In anderen wurde die Beziehung zwischen körperlichem Wohlbefinden, geistiger Gesundheit und bürgerlicher Tugend betont, und überall bedeutete der Kult um athletisch-männliche Schönheit, dass die meisten Griechen der Ansicht waren, dass gut auszusehen auch hieß, gut zu sein.

    Sportler ebenso wie Zuschauer wurden einige Monate im Voraus von Herolden, die durch die hellenische Welt reisten, um die Spiele anzukündigen, nach Olympia gerufen. Sogar inmitten der erbitterten Kämpfe der Peloponnesischen Kriege im 5. Jahrhundert wurden die Spiele durchgeführt.

    Im 5. Jahrhundert v. Chr. wurde ein fünftägiges Wettkampfprogramm festgelegt, das bis ins 2. Jahrhundert v. Chr. unverändert blieb, als Griechenland von den Römern erobert wurde. Die neuen Herren tauften Zeus in Jupiter um, machten aus den Spielen eine sechstägige Veranstaltung und behielten es so bei bis zum Niedergang der Spiele fast 600 Jahre später. Am Eröffnungstag mussten Richter und Offizielle – die Hellanodiken –, Athleten sowie deren Trainer und Angehörige sich am Zeustempel versammeln und einen Eid schwören, sich fair zu verhalten und nicht bestechen zu lassen.⁴ Wie aber die Zanes – eine Reihe von Bronzefiguren, die den Weg zum Olympiastadium säumten – bezeugen, waren Lug und Trug wohl an der Tagesordnung. Diese Zeusstandbilder wurden mit den Bußgeldern finanziert, mit denen Schwindler belegt wurden, und sollten künftigen Athleten als Warnung dienen. Es gab außerdem Wettbewerbe für Trompeter und Herolde – die salpinktes bzw. keryx –, deren Sieger den Rest der Woche über die Ehre hatten, die Athleten anzusagen und von ihren Heldentaten zu künden.

    Der zweite Tag begann mit Blutopfern vor den vielen Altären und Tempeln von Olympia, danach begab sich die Menge zum Hippodrom, um Wagen- (Zwei- und Vierspänner) und Galopprennen zu verfolgen. Ungeachtet des gefährlichen Charakters dieser Rennen, wurden die Preise jeweils an die wohlhabenden Besitzer der Pferde statt an die Reiter vergeben. Tag drei war dem Pentathlon vorbehalten, bei dem die Teilnehmer sich im Laufen, Diskuswerfen und Speerwurf maßen sowie im Weitsprung mit Gewichten, dessen genauer Ablauf nicht vollständig überliefert ist. Falls nach vier Disziplinen noch kein Sieger ermittelt wurde, musste ein Ringkampf die Entscheidung bringen. Tag vier war dem Fest des Pelops gewidmet sowie der Schlachtung von 100 Rindern und den Wettkämpfen der Knaben, begleitet von allerlei Festessen und Gelagen.

    Am fünften Tag ging es zurück ins Stadion zum Laufen und Kämpfen. Es gab drei Rennen, jeweils mit Vor- und Finalläufen mit etwa 20 Athleten. Die stade war ein Sprint über eine Stadionlänge (192,28 m); der diaulos eine stade und zurück; und der dolichos – wörtlich »der Lange« – war ein Lauf über 24 Stadien, also um die 5.000 Meter. Ringkampf gab es in zwei Formen: kato pale, bei der auch auf dem Boden gerungen wurde, und orthia pale, eine eher formelle Variante, bei der sich die Kontrahenten im Stehen bekämpften. Der dem heutigen Boxen ähnliche Faustkampf wurde ohne Handschuhe ausgetragen, die Römer aber regten, gewohnt blutrünstig, die Einführung von Schlagringen an. Schließlich gab es noch das pankration, den Allkampf, bei dem außer Beißen und in die Augen stechen so ziemlich alles erlaubt war. Der letzte Tag war dem Feiern vorbehalten: Zunächst gab es eine Prozession, bei der die Teilnehmer mit Zweigen und Blumen überschüttet wurden, danach folgte im Zeustempel die Verleihung von Ölzweigen an die siegreichen Athleten, die in der Altis, dem heiligen Hain von Olympia, geschnitten wurden, und abschließend ein Opferfest nur für die Kampfrichter und Sieger.

    Vieles davon war bekannt in Coubertins Zeit, und wie er die spirituelle Feier der Athletik und des Körpers, den Wettkampfruhm und die Ehre eifriger Bemühung und Teilnahme interpretierte, ließ sich in vielen Aspekten mit seiner Auffassung der angelsächsischen Sportund Erziehungsethik verbinden. Freilich herrschte eine enorme Kluft zwischen den beiden, aber Coubertins Versuch, sie zu überbrücken, war – wenn auch schrecklich bieder, ungelehrt, romantisch und patriarchal –zumindest plausibel.

    Was einer eingehenden Analyse nicht standhält, ist seine Lesart der Beziehung der antiken Spiele zu Amateurismus und Politik. Der Ausschluss professioneller Teilnehmer bei den modernen Spielen und die ungemein strengen Bestimmungen, die an die Idee des Amateurismus geknüpft waren, wurden mehr als ein halbes Jahrhundert lang unter Berufung auf eine imaginierte Vergangenheit gerechtfertigt und moralisch aufpoliert. Avery Brundage, IOC-Präsident in den 1960er Jahren, konnte noch behaupten: »Der Amateurkodex, der aus der Antike zu uns kommt, folgt den höchsten moralischen Grundsätzen.«

    In Wahrheit waren die Olympischen Spiele, obwohl es keine Geldpreise gab, in eine oftmals hoch professionalisierte und kommerzialisierte Sportkultur eingebettet. Jenseits von Olympia gab es eine ganze Reihe von Sportfesten im gesamten östlichen Mittelmeerraum, bei denen um Geldpreise und andere Güter gestritten wurde. Die Teilnahme an solchen Wettkämpfen bedeutete für die Athleten keineswegs den Ausschluss bei Olympia. Ehrgeizige Politiker, wie der Athener Solon im 6. Jahrhundert, lobten Preise für heimkehrende Sieger aus. 500 Jahre später notierte Marcus Antonius, dass olympische Ehren häufig mit einer Freistellung vom Militärdienst, Ländereien, Renten und Steuervergünstigungen belohnt wurden. Pausanias berichtete, dass der Kreter Sotades nach seinem Olympiasieg im Langlauf zu den nächsten Spielen erneut anreiste, diesmal aber für Ephesos antrat, denn die Stadt hatte ihn für seine Gefolgschaft großzügig entlohnt.

    Coubertins Bemühen, klassische Vorläufer für seine internationalistischen und pazifistischen modernen Spiele zu finden, bedeutete außerdem, eine Sportkultur zu evozieren, die sich von jeglicher politischer Macht und deren Belangen gelöst wähnte. Dies deckte sich aber keineswegs mit der Auffassung des Altertums. Herodot zufolge war es sein Olympiasieg im diaulos im Jahr 640 v. Chr., die den Athener Kylon dazu ermutigte, daheim einen Staatstreich anzuzetteln. Kimon wiederum, ein athenischer Aristokrat, der vom Stadtherrscher Peisistratos verbannt worden war, »errang den Olympiasieg im vierspännigen Wagenrennen … Bei den nächsten Olympischen Spielen gewann er mit dem gleichen Gespann, gestattete aber Peisistratos, sich zum Sieger erklären zu lassen, und indem er jenem den Sieg überließ, kehrte er aus dem Exil zurück zu den Seinigen.«⁶ Andere griechische Tyrannen, die auf der olympischen Siegerliste erscheinen, sind u. a. Kypselos von Korinth und die Orthagoriden von Sikyon.

    Wie Coubertin selbst erfahren sollte, als er schließlich damit begann, Sportfeste auszurichten, war Olympia bezeichnenderweise ein Ort, an dem Politiker sich gerne zeigten. So heißt es z. B. in Plutarchs Darstellung der Ankunft des athenischen Staatsmanns und Feldherrn Themistokles bei den Spielen im 5. Jahrhundert: »Den ganzen Tag wandten die Zuschauer den Blick ab von den Athleten, um ihn zu betrachten, und zeigten ihn unter bewunderndem Applaus den anwesenden Fremden, so dass auch er erfreut war und seinen Freunden gestand, dass er nun voll und ganz die Ernte seiner Mühen in Hellas’ Namen erntete.«⁷ Olympia war seit jeher ein Ort, an dem politisches Kapital generiert und gehandelt wurde. Wie Coubertin feststellen sollte, verhielt es sich in der modernen Welt nicht anders; im Gegenteil würde sich dieser Aspekt der Spiele noch um ein Vielfaches vergrößern und verstärken.

    *Colonel William Leake, ein erfahrener Militärkartograf, wurde von der britischen Regierung im Zusammenhang mit dem Schattenkrieg, den sie in der Region gegen die Franzosen führten, beauftragt, Albanien und die Peloponnes zu vermessen. 1805 erreichte er Olympia und unternahm eine umfassende und genaue Untersuchung der Stätte, deren Ergebnisse jedoch erst 1830 in seinen Travels in the Morea veröffentlicht wurden.

    DREI

    Europas Klassizisten und Gelehrte hatten die schriftlichen Aufzeichnungen über die antiken Spiele bewahrt und interpretiert, Archäologen und Altertumsforscher Olympia erforscht und ausgegraben, Literatur, Presse und Zirkus die Idee der Olympischen Spiele am Leben erhalten. Keiner von ihnen war jedoch auf den Gedanken gekommen, selber Spiele auszurichten oder die Kultur des antiken Sports mit den neuen Turn- und Leibeserziehungsbewegungen in Europa zu verknüpfen. Tatsächlich hatte es seit Robert Dovers Cotswold Games Mitte des 17. Jahrhunderts keine »Olympischen« Sportfeste mehr gegeben. Ende des 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde diese Idee in Deutschland, Frankreich und Schweden erstmals wieder aufgenommen. Doch die erfolgreichsten und einflussreichsten Bewegungen zur Wiederbelebung der Olympischen Spiele und diejenigen, die Coubertins eigene Vision nachhaltig prägten, entstanden Mitte des 19. Jahrhunderts in Großbritannien und Griechenland. Dort war die Idee der Olympischen Spiele an mächtige gesellschaftliche Kräfte gebunden: im britischen Königreich das Aufkommen der Sportethik und moralischen Tugenden des modernen Sports, in der noch jungen griechischen Republik das Nationalgefühl.

    Auch in Frankreich wurde den Spielen neues Leben eingehaucht, jedoch mit ganz anderen politischen Vorzeichen. Dort wurde die Wiederbelebung von Charles-Gilbert Romme vorangetrieben, einem der führenden politischen Köpfe der Französischen Revolution. Mitglied des Nationalkonvents und Anhänger von Robespierre, war Rommes wichtigster Beitrag die Schaffung eines neuen, rationalisierten Revolutionskalenders, der jeglicher royalistischer und religiöser Bezüge entledigt war und die Dezimalisierung nutzte, die mit dem neuen metrischen System eingeführt wurde. Fünf zusätzliche Tage wurden ergänzt, um ihn ans Sonnenjahr anzupassen, und alle vier Jahre gab es einen Schalttag. Romme glaubte, der Schalttag wäre eine schöne Gelegenheit, um öffentliche Feste und Spiele zu veranstalten: »Wir schlagen vor, dies die französische Olympiade zu nennen und das letzte Jahr das Olympische Jahr.«¹ Der Vorschlag fand großen Anklang unter Republikanern aller Couleur. Pierre Daunou forderte: »Lasst Frankreich diese herrlichen Festlichkeiten als die eigenen übernehmen. Es ist an der Zeit, diese heilsame Erfindung wiederzubeleben: Versammelt dort die Ausübungen von allen Spielen, Musik, Tanz, Laufen, Ringen.« 1793 sprach Georges Danton, damals Leiter des ersten Wohlfahrtsausschusses, vor dem Nationalkonvent: »Eingedenk der Olympischen Spiele, beantrage ich, dass der Konvent das Marsfeld für nationale Spiele zur Verfügung stellt.«

    Danton würde bald seinen Posten und dann seinen Kopf verlieren, aber die Idee von Spielen auf dem Marsfeld lebte fort. 1796 veranstaltete Paris die Olympiade de la République (Republikanische Olympiade), ein Volksfest mit Sport und Wettkämpfen, das Hunderttausende Zuschauer anlockte. Le Monitor berichtete, dass »sie den jungen Spartanern glichen, die, in der Arena der Olympischen Spiele geschart, der versammelten griechischen Bevölkerung ein leuchtendes Beispiel der Sitten der Nation gaben«. Geboten wurden »Spiele, Rennen, Übungen voller Bewegung und Pracht«. Herolde, die im republikanischen Rot, Weiß und Blau gekleidet waren, kündigten die Wettbewerbe an; Militärkapellen begleiteten die Rennen. Ein Pariser Metzger gewann den Ringkampf, der Langstreckenlauf ging an einen Sergeant-Major. Die Sieger wurden mit Lorbeer gekränzt, bekamen in Frankreich gefertigte Güter wie Pistolen, Säbel, Vasen und Uhren und hielten eine Parade vor der Menge ab. Zwei weitere olympische Feste wurden durchgeführt, und 1798 gab es sogar Forderungen, die Spiele, ebenso wie die Revolution, ins benachbarte Ausland zu tragen. Aber 1799 kam Napoleon an die Macht, und für Spiele war keine Zeit mehr, bis Coubertin fast ein Jahrhundert später auf den Plan trat und eine seriöse und tragfähige olympische Erneuerungsbewegung anstieß.

    Das viktorianische Großbritannien war die dominante Macht der Epoche und gleichzeitig Erfinder und Verbreiter zahlloser moderner Sportarten. Außerdem war man der Schmelztiegel der modernen Sportethik, die Leibeserziehung als ein wesentliches Element der emotionalen, moralischen und intellektuellen Entwicklung ihrer Elite betrachtete. Die Briten scheinen deshalb als der logische Katalysator für die Erneuerung der Spiele. Es waren aber nicht die von aristokratischen Sportsmännern und Klassizisten wimmelnden Privatschulen oder Universitäten wie Oxford und Cambridge, die die olympische Idee aufnahmen, sondern Dr. William Penny Brookes, ein Arzt und Friedensrichter aus dem kleinen Marktstädtchen Much Wenlock in Shropshire.² 1850 rief er, als Unterabteilung der Much Wenlock Agricultural Reading Society, die Wenlock Olympian Class ins Leben, deren Ziel im Eröffnungsprotokoll dargelegt wurde: »Die Förderung der moralischen, körperlichen und intellektuellen Vervollkommnung der Bewohner der Stadt … mittels der Ermunterung zu Betätigungen im Freien und der jährlichen Verleihung von Preisen bei Volksversammlungen für Geschick in sportlicher Übung und industriellen Fertigkeiten«.

    Noch im gleichen Jahr wurden die ersten Wenlock Olympian Games ausgetragen (und werden es, außer während der Weltkriege, bis heute). Überaus vielseitig, waren die Spiele eine Mischung aus ländlichem Volksfest und Schulsporttag. Die Teilnehmer waren Profis und Amateure, Männer und Frauen, Einheimische und Auswärtige, es gab Veranstaltungen für Jung und Alt. Auf dem Programm standen Cricket, Fußball, Bogenschießen, Hindernis- und andere Läufe, mit beträchtlichen Geldpreisen für die professionelle Variante der Wettkämpfe. Daneben gab es Rennen mit verbundenen Augen, Schubkarrenrennen und Sackhüpfen, Eselreiten, Blinde Kuh und, ganz besonders beliebt, das pseudomittelalterliche Ringreiten. Als die Spiele immer größeren Anklang fanden, ergänzte Brookes sie um Prozessionen und prunkvolle Umzüge, Gedichtwettbewerbe, Schießen, Radfahren und einen Pentathlon mit wechselnden Disziplinen.

    Abgesehen von der einen oder anderen klassischen Referenz wie dieser, hatten die Spiele von Much Wenlock nur einen sehr losen Bezug zu ihren olympischen Vorläufern. Die Bezeichnung »Olympian« sollte lediglich ein für die viktorianische Zeit typisches soziales Unterfangen veredeln, das Bürgerstolz und Mäzenatentum, sinnvolle Freizeitgestaltung und Unterhaltung sowie Brookes aufrichtig empfundene Sorge um das Wohlergehen der armen Landbevölkerung und der urbanen Arbeiterklasse miteinander verknüpfte. 1860 wandte sich Brookes an die Bürgermeister von fünf Gemeinden in der Gegend und schlug vor, die Kräfte zu bündeln und gemeinsam die Shropshire Olympian Games auszurichten. Diese wurden in den folgenden vier Jahren ausgetragen und lockten bis zu 15.000 Zuschauer an, bis die Spiele 1864 in Shrewsbury von sintflutartigen Regenfällen heimgesucht wurden und mangelnder bürgerlicher Enthusiasmus das Ende der Shropshire Olympian Games bedeutete.

    Über mangelnden bürgerlichen Enthusiasmus konnte sich der Liverpool Athletic Club nicht beklagen, der 1862 mit dem ausdrücklichen Ziel gegründet wurde, den Amateursport und die ritterlichen Tugenden des Fairplay zu fördern und sowohl die niederen Stände als auch die im Sitzen arbeitenden Skeptiker des Bürgertums von den Vorzügen der Leibeserziehung zu überzeugen.³ Die treibenden Kräfte des Klubs waren Charles Melly und John Hulley. Melly, der am Rugby College studiert hatte, einer Bastion der Sportethik, war ein umtriebiger Philanthrop, der die Stadt mit Trinkbrunnen, neuen Parks und Grünanlagen beschenkte und Sportanlagen bauen ließ. John Hulley war ein extravaganter, selbsternannter »Gymnasiarch« mit Hang zu ausgefallener Garderobe, der immensen Enthusiasmus für die moralischen und körperlichen Segen der sportlichen Betätigung hegte. Beide stimmten Juvenals inzwischen wohlbekanntem Motto mens sana in corpore sano zu – ein gesunder Geist in einem gesunden Körper – und nutzten es im Juni 1862 als Überschrift für eine Anzeige, mit der sie in der Liverpool Daily Post für ihr »Grand Olympic Festival« warben. Anders als in Much Wenlock gab es keine Geldpreise und Startplätze für Profis, sondern stattdessen Silber- und Bronzemedaillen für »gentlemen amateurs« und entsprechend gesalzene Ticketpreise. Die betuchte Klientel ergötzte sich an Hindernisrennen, Turnen, Fechten (mit Säbel und Schwert), Ringen und Boxen, Laufen, Springen und Cricketball-Wurf. »Das Komitee wird keine Mühen scheuen …, um ein Festival auszurichten, das sich seines unsterblichen Titels würdig erweist«, hieß es.

    Das Liverpool Grand Olympic Festival gestaltete sich chaotisch, war aber immens populär. Trotz eines hanebüchenen Zeitplans und Zuschauermassen, die sich bis auf die Spielfelder ergossen, erlebte das Festival drei Austragungen. Bei der zweiten von 1863 waren 12.000 Zuschauer dabei. Die Liverpool Post schrieb entzückt: »Sollte je ein Name in ziemlicher Weise von einer antiken auf eine moderne Institution übertragen worden sein, dann im Falle dieser olympischen Allusionen, mit denen sich die großen Sportfeste unserer Zeit von bloßen schäbigen Wettkämpfen unterscheiden.« Das Festival von 1864, abgehalten im Zoologischen Garten, erwies sich als weniger erbaulich: Den zahlreich angereisten professionellen Athleten wurde samt und sonders die Teilnahme verweigert. Unbeirrt stellten sie ein eigenes Rahmenprogramm auf die Beine, das von örtlichen Buchmachern gesponsert wurde.

    1865 trafen in London führende Vertreter dieser proto-olympischen Bewegungen zusammen, um die National Olympian Association (NOA) zu gründen. Unter den Anwesenden waren u. a. John Hulley und andere Vertreter aus Liverpool, Dr. Brookes sowie Ernst Raven-stein von der in London ansässigen German Gymnastic Society. Die NOA sollte eine Organisation sein, um die »vielen Klubs für Sport und Leibesübungen, die sich im ganzen Land ausbreiten, zu bündeln« und landesweite Spiele »für jedermann« auszurichten – wobei »jedermann« Frauen und Profis nicht einschloss, aber immerhin war man hinsichtlich der sozialen Herkunft neutral. London war die naheliegende Wahl als Schauplatz der ersten von der NOA ausgetragenen Spiele im Jahr 1866. Abgesehen von der immensen Bevölkerung und dem damit verbundenen Zuschauerpotenzial, war London Sitz der meisten wichtigen Sport-organisationen – wie dem Marylebone Cricket Club und der neu gegründeten Football Association – und die Heimat für viele der herausragenden aristokratischen Sportsmänner.

    Keiner von ihnen war besonders angetan von der Gründung der NOA und dem Aufruf, den Spielen beizuwohnen. Dass ein paar Niemande aus der Provinz und ein deutscher Turner die organisatorische und symbolische Aufsicht über den Sport an sich reißen könnten, war einfach undenkbar. Rasch wurde eine alternative Organisation ins Leben gerufen, der Amateur Athletics Club (AAC). Dessen im Februar 1866 veröffentlichtes Programm indes wies, wie damals angemerkt wurde, »Anzeichen auf, über Weihnachten zusammengeschustert worden zu sein mit keiner anderen Absicht, als die National Olympian Association zu vereiteln«.⁴ Um ihre Opposition zu verdeutlichen, trug die neue sportliche Elite ihre eigenen nationalen Meisterschaften in den eleganten Gärten von Beaufort House im Londoner Westen aus, verlangte als Eintrittsgeld die astronomische Summe von einem Guinea und verfügte, dass jeder, der an einem offenen Wettkampf oder den Spielen der NOA teilgenommen hatte, bei den ihrigen nicht zugelassen wäre. Die National Olympian Games erwiesen sich als volksnäher und lockten 10.000 Zuschauer zur Leichtathletik im Crystal Palace im August 1866. Eine ähnliche Zahl versammelte sich ein Jahr später in Birmingham, um bei Schwimmen, Laufen und Turnen zuzuschauen.

    Das war aber auch schon der Höhepunkt des olympischen Revivals in Großbritannien. Von der sportlichen Elite der Hauptstadt und der Universitäten isoliert und bisweilen aktiv bekämpft, hatte diese Allianz provinzieller Enthusiasten und Philanthropen weder das finanzielle noch das politische Kapital, um ein dauerhaftes und erfolgreiches Sportfest oder gar eine Bewegung zu etablieren. 1868, außerstande einen namhaften Sportklub in einer der größeren Städte als Gastgeber zu gewinnen, wichen die Spiele auf die kleine Ortschaft Wellington in Shropshire aus. 1874 und 1875 wurden zwei weitere Male Spiele in Shropshire ausgetragen, die aber in keiner Weise mehr als national bezeichnet werden konnten. Unterdessen stärkte die AAC ihren Einfluss auf die landesweite Leichtathletikszene und wandelte sich in die Amateur Athletics Association (AAA) um, die sich zum Dachverband der britischen Leichtathletik mauserte. Die letzten Spiele der NOA, 1883 im winzigen Dorf Hadley nördlich von Much Wenlock ausgetragen, waren mikroskopisch klein.

    Dr. Brookes und die Spiele von Much Wenlock lebten fort. Brookes machte sich weiter bei der britischen Regierung für die Förderung der Leibeserziehung stark und korrespondierte mit den griechischen Behörden und anderen über die Möglichkeit, die Olympischen Spiele wiederzubeleben, doch seine Bemühungen blieben lange wirkungslos. Die olympische Idee überdauerte in Großbritannien lediglich im kleinen Städtchen Morpeth in Nordosten. Dort wurden von 1870 bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs die Morpeth Olympic Games ausgetragen – eine urbanere, wüstere und kommerziellere Version der Spiele von Much Wen-lock, ohne pseudoklassischen Pomp oder auch nur einen Funken von deren hellenischen Ambitionen.

    Hellenische Ambitionen fielen im modernen Griechenland weitaus stärker ins Gewicht. Wie wir gehört haben, hatte der Dichter Panagiotis Soutsos 1835 – wenige Jahre nachdem Griechenland die Unabhängigkeit vom Osmanischen Reich erlangt hatte – als Erster dazu aufgerufen, die Olympischen Spiele wiederzubeleben. Soutsos begeisterte auch den sagenhaft reichen Schiffsmagnaten Evangelos Zappas für die Sache.⁵ Der wollte sein Vermögen seinem Vaterland vermachen und schlug 1856 König Otto eine Neuauflage der Olympischen Spiele vor. Sie sollten im dann von Grund auf sanierten Panathinaiko-Stadion (300 v. Chr. erbaut, aber seit Langem zerstört) mitten in Athen ausgetragen werden und sahen Preise für die Sieger vor, das alles finanziert durch eine ansehnliche finanzielle Zuwendung. Außenminister Alexandros Rhankaves, dem ein solches Interesse am Sport unbegreiflich war, entgegnete, man solle das Geld vielleicht lieber in einen neuen Bau investieren, in dem alle vier Jahre eine Ausstellung der landwirtschaftlichen, industriellen und erzieherischen Fortschritte Griechenlands gezeigt werden könnte. Einen Tag im Ausstellungsprogramm würde man dann für sportliche Veranstaltungen vorsehen. 1858 wurde Einigkeit erzielt und ein Jahr später die ersten Olympien ausgetragen. Sie bildeten allerdings nur einen kleinen Bestandteil des vierwöchigen Programms mit Landwirtschaftsmessen, Industrieausstellungen und Kunst- und Dramawettbewerben.

    Ausgetragen an drei Sonntagen auf einem gepflasterten Platz in Athen, waren Läufe, Pferdeund Wagenrennen, auf antiken Quellen basierende Wettbewerbe im Diskus- und Speerwerfen und das Erklettern eines eingefetteten Masts zu sehen. Die Spiele wurden vom Königspaar eröffnet, es gab Medaillen mit der Aufschrift »Erste Olympische Krone« und Preise im Überfluss. Der Zuschauerandrang war offenbar groß, Athleten reisten aus dem gesamten griechischsprachigen Raum an, um teilzunehmen, doch die Organisation ließ zu wünschen übrig. Nur wenige Zuschauer konnten tatsächlich etwas von den Wettbewerben sehen, und als die wogende Menge nach vorne drängte, so berichtete die lokale Presse, erwies sich ein Polizist, »der eigentlich für Ordnung sorgen sollte, als so unfähig, dass sein Pferd durchging und nach Männern und Frauen trat«.⁶ Ein besonders verächtlicher Kolumnist befand, es habe »nie eine so lächerliche Affäre gegeben wie die Komödie, die sich auf der Plateia Loudovikou abspielte, und man ginge wahrlich fehl, sie als Olympische Spiele zu bezeichnen«.⁷

    Zappas verstarb 1865 und hinterließ einen Großteil seines gewaltigen Vermögens der weiterhin bestehenden Aufgabe, die Spiele wiederzubeleben. König Otto war mittlerweile im Exil; 1862 war er von Georg I. abgelöst worden, einem 18-jährigen dänischen Prinzen, auf den sich die europäischen Großmächte und die griechische Elite geeinigt hatten. Als Sport-enthusiast, aber auch eingedenk seiner bedingten hellenischen Legitimation, stimmte Georg bereitwillig der Austragung der zweiten Olympien im Jahr 1870 zu, erneut im Rahmen eines größeren agrarindustriellen Festivals. Mit einem Teil des Geldes aus Zappas’ Nachlass wurde das Panathinaiko-Stadion neu erbaut – wenn auch noch nicht in Marmor ausgekleidet –, eine kleine Haupttribüne errichtet und Sportlern, die aus der ganzen griechischen Welt anreisten, die Übernahme der Reisekosten und Preise in Aussicht gestellt. Darüber hinaus gab es eher symbolische Anleihen an das Altertum: So waren Teilnehmer gehalten, einen feierlichen Eid zu schwören, und es gab Herolde, die die Wettbewerbe ankündigten. Die Spiele begannen mit dem Singen der olympischen Hymne, und die Sieger erhielten Lorbeerkränze.

    Die Spiele lockten 30.000 Zuschauer an und wurden von den meisten Griechen als voller Erfolg gewertet. Manche aber, wie Philip Ioannou, ein aristokratischer Klassizist und Mitglied des Organisationskomitees, waren bestürzt über die Teilnahme von Athleten aus der Arbeiterklasse – wie Troungas, der Mastkletterchampion und Steinmetz – und verzagten angesichts des Fehlens »wohlerzogener Jugend«. Bei den nächsten Spielen 1875 sorgte der Organisator und Sportlehrer Ioannis Fokianos dafür, dass nur Athleten von »höchstem gesellschaftlichem Stande« mitmachen durften. Potenzielle Kandidaten mussten sich über ihre Universitäten bewerben und dann zwei Monate lang Fokianos’ eigene Turnhalle besuchen. Somit war gewährleistet, dass das Teilnehmerfeld gespickt war mit »jungen Männern aus kultivierten Kreisen … statt den Burschen aus der Arbeiterschicht, die zu den ersten beiden Olympien gekommen waren«. Obwohl die Presse frohlockte, dass sie »viel anständiger« sein würden, gerieten die Spiele zum Desaster. Das Stadion war für die Wettbewerbe völlig ungeeignet, die Zuschauer mussten Sträucher und Steine entfernen, um einen Sitzplatz zu finden, und die angesichts der unseligen Organisation der Veranstaltung ohnehin gereizte Stimmung verschlechterte sich noch durch die langatmigen und unverständlichen Reden von Fokianos.

    Wenig überraschend hielt sich das Komitee der Olympien in den folgenden Jahren bedeckt und investierte seine Zeit und einen Großteil von Zappas’ Nachlass in den Bau eines prachtvollen, seit Langem in Aussicht gestellten Ausstellungsgebäudes: das tempelartige, neoklassizistische Zappeion, das 1888 vollendet wurde. Sie regten eine vierte Auflage der Olympien an, aber so richtig mit dem Herzen bei der Sache waren sie nicht. Der Erneuerungsgeist lebte fort in Gestalt der neu gebildeten Panhellenischen Gymnastischen Gesellschaft – dem Zentrum des aristokratischen Sports in Athen –, die 1891 und 1893 eigene kleine panhellenische Spiele abhielt und sowohl König Georg als auch Kronprinz Konstantin als Zuschauer und Schirmherren gewann. 1890 erließ Konstantin eine königliche Verordnung, derzufolge im Jahr 1892 erneut ein vierjähriger Zyklus griechischer Olympien aufgenommen würde. Aber für die Wiederbelebung der Spiele sollten die griechische Krone und ihre Verbündeten auf Unterstützung von außerhalb angewiesen sein.

    VIER

    Pierre de Coubertins Körper ruht in Lausanne, sein Herz liegt in Olympia begraben, aber er kam in Frankreich zur Welt und wurde maßgeblich geprägt von den Mühen der Dritten Republik. Geboren 1863 in Paris als Baron Charles Pierre Fredy de Coubertin, war er das vierte Kind einer alteingesessenen französischen Adelsfamilie. Coubertin empfing seine Erstkommunion 1870, dem Jahr der Schlacht von Sedan, in der die Preußen Kaiser Napoleon III. gefangen nahmen und die französischen Truppen in der Frühphase des kurzlebigen Deutsch-Französischen Krieges in die Flucht schlugen. Nach dem Fall von Paris 1871 setzten die siegreichen Armeen des inzwischen vereinten Deutschen Reichs einen Friedensvertrag zu ihren Bedingungen durch, zogen wieder ab und nahmen Elsass-Lothringen sowie die letzten Reste französischen Nationalstolzes mit sich. Mit dem Kaiser im Exil und der alten Garde in Verruf, wurde die Dritte Französische Republik ausgerufen.

    Coubertins Eltern hatten für ihren Sohn eine Laufbahn als Priester vorgesehen und schickten ihn ab 1874 auf die Jesuitenschule Saint Ignace. Das stramme Curriculum machte nur wenige Zugeständnisse an das 19. Jahrhundert und konzentrierte sich auf klösterliches Ritual und fromme Ergebenheit, intensive Studien des Griechischen und Lateinischen und Sonderunterricht in Rhetorik. »Vom Lateinischen kam man zu Jura; von der Rhetorik zum Salongespräch, zum Redenhalten im Generalrat und zum politischen Leben.«¹ Dazu kam, dass unter den Schülern eine Atmosphäre geschaffen wurde, die von Konkurrenzdenken und Rivalität geprägt war. Noten wurden veröffentlicht und verglichen, Preise für die Besten ausgelobt und – ganz im Sinne der klassischen Ausgewogenheit von Körper und Geist – Fechten, Reiten, Boxen und Rudern gefördert, an denen sich auch Coubertin eifrig beteiligte.

    So drakonisch die jesuitische Erziehung auch sein mochte, hatte sie auf die Persönlichkeitsbildung ihrer Zöglinge längst keinen so großen Einfluss wie die ökonomischen, gesellschaftlichen und technologischen Umwälzungen der Dritten Republik. Paris war ein gewaltiger kosmopolitischer Schmelztiegel der Belle Époque, der wichtigste Knotenpunkt der europäischen und globalen Netzwerke von Kunst, Philosophie, Literatur, Musik und Design und die Heimat einer ganzen Reihe großer Messen und Weltausstellungen. Als Coubertin die Schule verließ, hatte der nach außen hin angepasste Jüngling längst gebrochen mit vielen Ansichten seiner Eltern und der Mehrheit seiner gesellschaftlichen Schicht, lehnte eine Karriere als Priester ab und war zu un rallié geworden – einem aristokratischen Verfechter der Republik. Coubertin schrieb sich an der École Libre ein, einer Eliteschule der neuen Sozial- und Verwaltungswissenschaften und Sammelbecken für Internationalisten, Pazifisten und Progressive aller Couleur, wo er eine Reihe von Fächern belegte, die ihm gerade zusagten. Es herrschte eine intellektuelle, von Experimentierfreude und Aufbruch geprägte Atmosphäre, die ganz nach seinem Geschmack war. Aber so nützlich das ganze Studieren auch sein mochte, sehnte sich Coubertin offenbar nach etwas, das ihm als Aristokraten und Mann mit einem gewissen Ansehen in der Welt eher entsprach.

    Den vielleicht besten Einblick in Coubertins Befindlichkeit in den frühen 1880er Jahren erhält man in seinem Roman d’un rallié, ein sehr dünn verschleiert semi-autobiografischer Roman, in dem ein pittoresker Reisebericht und eine unerträglich süßliche Liebesgeschichte den Rahmen bilden für Coubertins Memoiren und gesellschaftliche und moralische Ansichten.² Die zentrale Figur, Étienne, ist ein junger Aristokrat, der sich schwer damit tut, seinen Platz und seine Aufgabe in der Welt zu finden: »Étienne war es überdrüssig, zum Handeln gestoßen zu werden, aber nicht imstande zu sein zu handeln. Das Handeln, er sah es überall, in den unterschiedlichsten und reizvollsten Formen. Wonach er unterbewusst in seinen privaten Studien suchte, waren Motive zum Handeln.«³

    Den Großteil der 1880er Jahre verbrachte Coubertin auf der Suche nach einer Rolle in der Welt, aber auch nach einer höheren Bestimmung. Selbststudium war Teil der Lösung, aber der Schlüssel war für Coubertin das Reisen – Privileg jedes Aristokraten mit akademischen Ansprüchen. Es waren seine Aufenthalte in Großbritannien und den Vereinigten Staaten, die es ihm ermöglichten, seine Interessen für Sport, Bildungsreform und nationale Entwicklung zu fokussieren.

    Coubertin stand in einer langen Reihe französischer Reisender und Autoren, die Britannien besucht hatten. Er war sowohl anglophil als auch anglophob, ein Zwiespalt, der sich oft in der Einstellung des Autors zur Aristokratie der Nation äußerte: War sie eine Bastion des Monarchismus und würdiger Traditionen oder immer mehr ein Anachronismus? Coubertin war weder Monarchist noch wollte er zum Anachronismus werden, wie er verächtlich einen Teil seiner Klasse beschrieb, »gefangen in den Ruinen einer toten Vergangenheit«. Aber ihm stand noch eine alternative Meinung zur Verfügung. Einer der meistgelesenen Reiseberichte seiner Zeit, mit dem auch Coubertin sehr vertraut war, war Hippolyte Taines Aufzeichnungen über England.⁴ In seiner Darstellung der britischen Aristokratie befand er, dass »die Adligen … als Bürger die aufgeklärtesten, unabhängigsten und nützlichsten der ganzen Nation« seien.

    Was machte sie dazu? 1883 bereiste Coubertin die Bildungsinstitutionen Oxford, Cam-bridge, Eton, Harrow und Rugby und bis 1887 noch Christ’s Hospital, Charterhouse, Marlborough, Wellington, Westminster und Winchester. Coubertins wichtigster literarischer Leitfaden dabei war eine englischsprachige Ausgabe von Thomas Hughes’ Tom Browns Schuljahre. Nach eigenem Bekunden hatte er sie »auf all meinen Reisen durch die Privatschulen in England dabei gehabt, um sie wieder lebendig werden zu lassen und so besser verstehen zu können«.⁵ Tatsächlich sind seine Aufenthalte in England und das Buch, das 1888 folgte, L’éducation en Angleterre, eher als eine herrliche Bestätigung seiner eigenen Lektüre von Tom Brown zu verstehen als eine kritische Auseinandersetzung mit dem, was er zu sehen bekam.

    Tom Browns Schuljahre, eins der meistverkauften Bücher des 19. Jahrhunderts, ist eine Mischung aus moralisierenden Memoiren und Wunschdenken seitens des Autors Thomas Hughes, ein Schüler in Rugby in den 1840er Jahren. Das Buch sollte über Generationen das Bild einer Sportethik bestimmen, wie man sie an den Privatschulen erlebte. Bei näherer Betrachtung wird die schwerfällige Didaktik, moralische Blasiertheit und süßliche Sentimentalität hier und da von subversiveren Gedanken durchbrochen – eine kaum verschleierte Homoerotik, Anflüge echter menschlicher Wärme sowie eine Verachtung der grausamen und gewalttätigen Exzesse in diesen abstoßenden Institutionen –, aber mit näheren Betrachtungen hatte Coubertin wenig am Hut. Er argumentierte, es sei »oberstes Ziel der englischen Lehrmeister, Männer zu formen, um andere zu führen«.

    Was die Frage anging, wie die Engländer das anstellten, war die Antwort ganz simpel: »Alle, die ich zu diesem Thema befragt habe, waren sich einig: Der Schlüssel hierfür ist die Schulmoral, und sie verkünden lauthals, dass der Sport die Ursache dafür sei.« Coubertin glaubte fest daran, dass dies alles das Werk von Thomas Arnold war, der als Rektor der Rugby School ab 1828 dort reformerisch tätig war. Kein Wunder, dass diese Schule dann auch der Schauplatz seiner eigenen berühmten Erleuchtung war: »Im Zwielicht, allein in der großen gotischen Kapelle von Rugby, meinen Blick auf die große Begräbnisplatte gerichtet, in die, ohne Epitaph, der große Name von Thomas Arnold eingemeißelt war, wähnte ich, vor mir den Grundstein des Britischen Empires zu sehen.«

    Ob diese Darstellung von Arnolds Einfluss und Coubertins Aufenthalt in Rugby ein »bewusst kreierter Mythos«⁷ ist oder eine Form »tiefer und vielfach bedingter Wunscherfüllung«, wie seine Biografen argumentieren, sie war auf jeden Fall unrichtig.⁸ In Wirklichkeit stand Arnold dem Sport ganz und gar gleichgültig gegenüber; bisweilen schaute er dem Treiben vom Spielfeldrand aus zu, aber er war weder Teilnehmer noch Fürsprecher. Grundstein seiner erzieherischen Revolution waren nicht etwa Spiele, sondern das Einimpfen von Religiosität, um so christliche Gentlemen zu formen. Dazu wurde dem moralischen und emotionalen Wohl der Schüler etwas mehr Aufmerksamkeit geschenkt, als es bis dahin der Fall war. Gleichzeitig waren Disziplin und Ordnung von nicht minderer Bedeutung. Arnold war besessen von der angeborenen Sündhaftigkeit junger Burschen. Sein Regime machte freigebigen Gebrauch von körperlicher Züchtigung, wie es die Norm war in England. Auch der hinlänglich bekannte Missbrauch des abscheulichen Fagging-Systems, in dem jüngere Schüler niedere Dienste für die älteren verrichten mussten, war weiterhin gang und gäbe.

    Coubertin gelang es, dies alles in seinem Bericht unter den Teppich zu kehren. Tatsächlich waren die sportlichen Traditionen von Rugby und anderen Privatschulen das Werk einer jüngeren Generation von Lehrern. Obgleich sie sich nach Arnold richteten, waren sie der Meinung, dass Spiele die wirkungsvollste Methode waren, um ihre Schützlinge zu kontrollieren und deren moralische Anschauung und Verhalten zu formen. Vor allem der Mannschaftssport diente zur Kultivierung von männlicher Physis und ritterlicher Gesinnung. In einem ernsthaften, aber nicht verbissenen Wettstreit vermittelte er Respekt vor Obrigkeit und Gesetz, ohne das Individuum zu brechen. Die breitere Sportkultur strebte nach den hellenischen Tugenden der Ausgewogenheit von Körper und Geist. Vor allem aber konnte man im Sport Ruhm und Ehre erlangen und sich mit Tapferkeit und Mut auszeichnen.

    Coubertins Destillat der Sportethik der Privatschulen war geprägt von dieser Generation junger Lehrer und christlicher Wortführer der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wie Charles Kingsley und würde nach und nach eine Kernkomponente seiner synkretischen Vorstellung des Olympismus bilden. Ende der 1880er Jahre griff er es auf, um für eine grundlegende Reform des französischen Erziehungssystems zu werben, und zwar nicht nur für die Eliten, sondern auch für die Massen. Ohne Zweifel war er der Ansicht, dass das englische Modell und dessen Schwerpunkt auf Mannschaftsport und Ballspielen dem reglementierten Turnsport deutscher Prägung vorzuziehen sei. Viele Franzosen hatten auf Preußen geschaut, seine Traditionen nationalistischen Turnsports, Drills und militärischen Erfolgs, und eine Umbildung der französischen Leibeserziehung und der Streitkräfte nach deutschem Vorbild gefordert. Coubertin hingegen argumentierte: »Es sind eher Bürger als

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