Zum Teufel! – Die Frage nach dem Bösen
Von Paul Metzger
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Über dieses E-Book
Er ist ausgewandert in die Deutung der Welt. Als Symbol für das Böse gibt es ihn. Er ist eine Antwort auf die Frage: Warum leiden wir? Doch es gibt noch andere Fragen: Sind wir daran selbst schuld? Sind wir verantwortlich für das Böse? Oder hat Gott damit etwas zu tun? Warum gibt es das Böse überhaupt? Und was ist eigentlich "böse?
Das Buch gibt Antworten und stellt Fragen. Damit am Ende nicht alles "zum Teufel" geht.
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Buchvorschau
Zum Teufel! – Die Frage nach dem Bösen - Paul Metzger
Vorwort
Die „Biographie" des Teufels habe ich in einem kleinen Buch skizziert, das 2012 erschienen ist.¹ Darin habe ich dargestellt, wie der Teufel geboren wird, welche Vorfahren er hat und wie er zu der Figur wurde, die wir heute kennen. Diese Darstellung wird im vorliegenden Band durchgängig vorausgesetzt. Wo es für den vorliegenden Zusammenhang nötig ist, werden Gedanken daraus hier aufgegriffen und fokussiert.
Das vorliegende Buch will die Frage nach dem Teufel auf die Frage nach dem Bösen konzentrieren. Ist der Teufel, der „Mörder und „Lügner von Anfang an
, wie es im Evangelium nach Johannes heißt (Joh 8), verantwortlich für das Böse? Wer ist schuld am Bösen? Und wie können wir mit dem Bösen umgehen? Das sind die Fragen, mit denen sich dieses Buch beschäftigen wird. Gleich vorweg möchte ich eine Warnung aussprechen. Ich fürchte, dass sich diese Fragen nicht so beantworten lassen, dass wir alle am Ende damit zufrieden sind. Es werden Aporien bleiben und wir werden uns bescheiden müssen. Wäre dieses Buch ein Kriminalroman, würde uns die Auflösung vielleicht nur mäßig zufriedenstellen, vielleicht würde uns auch der Täter nicht gefallen. Aber wir beschäftigen uns mit dem Leben aus der Perspektive der Theologie. Und auch wenn die Theologie zuweilen Romane schreibt, so ist das Leben nun mal kein Roman.
Das Buch hat dann sein Ziel erreicht, wenn der geneigten Leserin und dem geneigten Leser deutlich wird, wie die moderne Theologie Themen wie „Teufel oder „das Böse
angeht und sie so bearbeitet, dass sie für unser Leben Relevanz haben. Dabei greife ich das Thema vor allem aus bibelwissenschaftlicher Perspektive auf, sodass auch ein gewisser Einblick gegeben wird, wie man heute mit biblischen Texten umgehen und sie zur Deutung der eigenen Wirklichkeit heranziehen kann.
Ich danke denjenigen, die sich für die Entstehung dieses Buchs eingesetzt haben: Frau Dr. Kristina Dronsch, Frau Dr. Valeska Lembke und Frau Corina Papp vom Narr Verlag, die dieses Buch angeregt und seine Entstehung umgesetzt haben.
Korrektur gelesen haben mit freudigem Einsatz: Roswita Barthels, Volker Keller, Alfred Metzger, Ute Metzger, Dr. Jochen Wagner und vor allem meine Sekretärin, Frau Elke Weingardt. Ihnen allen sei herzlich gedankt.
1. Einleitung
Der Teufel hat keine Lust mehr auf die Hölle. Deshalb hat er sie verlassen und lebt heute in Los Angeles. Er nennt sich „Lucifer Morningstar und betreibt dort einen Nachtclub mit dem sprechenden Namen „Lux
(„Licht"). Außerdem hilft er einer jungen Polizistin, in die er sich verliebt hat, Kriminalfälle zu lösen. Nebenbei macht er eine Psychotherapie und versucht, familiäre Probleme aufzuarbeiten. Insbesondere leidet er unter einem Vaterkomplex.
So präsentiert zumindest die US-amerikanische TV-Serie „Lucifer", die von Jerry Bruckheimer Television, DC Entertainment und Warner Bros. Television produziert wird und auf der Comic-Vorlage von Neil Gaiman und Mike Cary beruht, den Teufel und seine Geschichte in der Gegenwart. Gespielt von dem britischen Schauspieler Tom Ellis handelt es sich beim Teufel um einen eloquenten, gutaussehenden, hedonistisch veranlagten jungen Mann, der mit seiner teuflischen Bestimmung und seinem schwierigen Verhältnis zu seinem Vater, also Gott, hadert.
Noch vor Beginn der Ausstrahlung dieser aktuellen Teufelsadaption regte sich Protest. 2015 forderten bereits konservative christliche Verbände die Absetzung der Serie, die allerdings erst ab 2016 ausgestrahlt wurde, lediglich aufgrund eines Trailers, der die Serie bewarb. Dieser Protest wundert nicht. Er zeigt vielmehr eine grundsätzliche Problematik der Gegenwart auf. Wie kann, darf oder muss man biblische oder generell religiöse Themen oder Figuren verstehen?
Genau wie bei Gott selbst ist dieser Streit gerade beim Teufel besonders „brennend". Steht er doch in der christlichen Tradition für das Böse (oder den Bösen) schlechthin. Darf man sich mit ihm Scherze erlauben, ihn satirisch überarbeiten?
Auf der einen Seite der Gegenwart ist der Teufel also eine Figur in einem Comic oder einer TV-Serie. Eine kulturelle Chiffre, die gefüllt werden muss. Er ist Gegenstand von unzähligen Rock- und Popsongs (der bekannteste dürfte „Sympathy for the Devil von den „Rolling Stones
sein), er taucht in Sprichwörtern, Romanen, Comics und TV-Serien auf, ist Maskottchen von Fußballvereinen (1. FC Kaiserslautern; Manchester United), eine Figur im Puppentheater und ein beliebtes Karnevalskostüm.
Die offizielle römisch-katholische Sicht
Auf der anderen Seite stehen die Lehren der römisch-katholischen Kirche und vieler fundamentalistisch orientierter Freikirchen. Die römisch-katholische Glaubenslehre legt den maßgeblichen und kulturell einflussreichsten Entwurf des Teufels vor. Sie hat das Bild des Teufels, wie wir ihn kennen, maßgeblich bestimmt. Im „Katechismus der katholischen Kirche" (KKK; 1997), der allen Katholiken zum gläubigen Gehorsam vorgelegt wird, ist ein recht eindeutiges Teufelsbild zu erkennen (KKK 391–397).
Am Anfang ist er ein guter Engel Gottes. Allerdings wurde er von sich selbst aus böse (KKK 391). Warum, wissen wir nicht. Mit anderen Engeln fiel er von Gott ab und entschied sich unwiderruflich für das Böse (KKK 392). Deshalb kann er auch niemals gerettet, seine Sünde nicht verziehen werden. Er hat von Beginn an die Menschen getäuscht. Seine schlimmste Tat besteht in der „Verführung, die den Menschen dazu gebracht hat, Gott nicht zu gehorchen (KKK 394). Im Paradies stürzt er Adam und Eva so ins Unglück, indem er sie zum Ungehorsam gegenüber Gott anstiftet. Er tat dies, weil er auf die Menschen und ihre ausgezeichnete Gottesbeziehung neidisch war. Warum und auf was er genau neidisch war, erklärt der KKK nicht. Der Teufel habe Adam und Eva letztlich mit der Lüge verführt, dass sie sein könnten wie Gott. Diese Lüge ist das Grundverbrechen des Teufels. Von da an gilt: Der Teufel lügt und betrügt (KKK 2482): „Der Teufel ist ,Sünder von Anfang an‘ (1.Joh 3,8), ,der Vater der Lüge‘ (Joh 8,44).
(KKK 392) Weil Gott den Menschen schließlich aus dem Paradies vertreibt, ist also der Teufel letztlich schuld an Tod und Sünde. Er kämpft als reines Geistwesen aus Hass gegen Gott und gegen den Aufbau des Reiches Gottes in dieser Welt, also gegen die Kirche. Er schadet den Menschen auf psychische und physische Weise. Warum er das kann, wissen wir nicht. Denn: „Dass Gott das Tun des Teufels zulässt, ist ein großes Geheimnis" (KKK 395).
Durch die Sünde Adams und Evas, der „Stammeltern" (KKK 407), hat der Teufel eine gewisse Macht über alle Menschen erlangt, obwohl diese trotzdem in ihren Entscheidungen frei bleiben. Allerdings sind sie ständig durch den Teufel bedroht.
Die zentrale Verführung des Teufels besteht also in dem Versuch, Menschen davon abzubringen, Gott zu gehorchen. Der Glaube des Menschen wird durch den Teufel bedroht. Der Teufel kann letztlich das Werk Gottes nicht aufhalten, aber den einzelnen Menschen doch von seinem Weg abbringen. So warnt Papst Johannes Paul II.:
Die Tätigkeit Satans besteht vor allem darin, die Menschen zum Bösen zu verführen, indem er ihr Vorstellungsvermögen und ihre höheren Fähigkeiten beeinflusst, um sie in die dem Gesetz Gottes entgegengesetzte Richtung zu lenken.¹
Er stellt damit eine reale Gefahr dar, sowohl für das Individuum wie auch für ganze Gesellschaften:
Die besondere Gewandtheit des Teufels in dieser Welt besteht darin, die Menschen dazu zu verführen, seine Existenz zu leugnen, und zwar im Namen des Rationalismus und eines jeden derartigen Denksystems, das alle möglichen Ausflüchte sucht, um ja nicht das Wirken des Teufels zugeben zu müssen.²
Papst Franziskus und der Teufel
Gegenwärtig greift Papst Franziskus die Rede vom Teufel betont auf. Für ihn ist seine Existenz eine Tatsache. Ausdrücklich warnt der Papst in den Abschnitten 160–161 des Apostolischen Schreibens „Gaudete et exsultate („Freut euch und jubelt
– Über den Ruf zur Heiligkeit in der Welt von heute), das am 9. April 2018 veröffentlicht wurde, dass der Teufel mehr sei als ein Mythos:
Wir würden die Existenz des Teufels nicht anerkennen, wenn wir darauf beharrten, das Leben nur mit empirischen Kriterien und ohne übernatürlichen Sinn zu betrachten. Gerade die Überzeugung, dass diese böse Macht unter uns gegenwärtig ist, lässt uns verstehen, weshalb das Böse manchmal eine so zerstörerische Kraft besitzt […].
Als Jesus uns das Vaterunser lehrte, wollte er tatsächlich, dass wir am Ende den Vater bitten, er möge uns von dem Bösen erlösen. Der dort benutzte Ausdruck bezieht sich nicht auf etwas Böses im abstrakten Sinn, sondern lässt sich genauer mit „der Böse" übersetzen. Er weist auf ein personales Wesen hin, das uns bedrängt. Jesus lehrte uns, täglich um diese Befreiung zu bitten, damit die Macht Satans uns nicht beherrsche. Wir sollen