Wenn der Kämpfer erwacht: Western
Von Uwe Erichsen
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Über dieses E-Book
Der Umfang dieses Buchs entspricht 120 Taschenbuchseiten.
Nachdem er sechs Jahre im Jail gesessen hat, will Mike Ingram ein neues Leben beginnen. Dafür hat er einige ungebrannte Rinder zusammengetrieben, doch Banditen stahlen die Herde, töteten seinen Freund Dundee und ließen ihn verletzt liegen. Mit letzter Kraft schleppte er sich nach Fairfield - dorthin, wo sein Bruder Allan starb und Frau und Kind zurückließ. Als Ingram kurz darauf Zeuge eines Banküberfalls ist, bei dem seine Nichte Anne entführt wird, verdächtigt man ihn, einer der Täter zu sein. Doch es gelingt ihm die Flucht und die Verfolgung der Bankräuber aufzunehmen, um das Leben des Kindes retten …
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Wenn der Kämpfer erwacht - Uwe Erichsen
München
WENN DER KÄMPFER ERWACHT
Western von Uwe Erichsen
Der Umfang dieses Buchs entspricht 120 Taschenbuchseiten.
Nachdem er sechs Jahre im Jail gesessen hat, will Mike Ingram ein neues Leben beginnen. Dafür hat er einige ungebrannte Rinder zusammengetrieben, doch Banditen stahlen die Herde, töteten seinen Freund Dundee und ließen ihn verletzt liegen. Mit letzter Kraft schleppte er sich nach Fairfield - dorthin, wo sein Bruder Allan starb und Frau und Kind zurückließ. Als Ingram kurz darauf Zeuge eines Banküberfalls ist, bei dem seine Nichte Anne entführt wird, verdächtigt man ihn, einer der Täter zu sein. Doch es gelingt ihm die Flucht und die Verfolgung der Bankräuber aufzunehmen, um das Leben des Kindes retten …
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Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker.
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© dieser Ausgabe 2016 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.
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1
Als die Morgendämmerung blass über das graue Land kroch, trieben sie die Rinder weiter. Ingram spürte jeden Tritt der Stute bis in seinen schmerzenden Schädel hinein. Er wischte den Schweiß aus dem Gesicht und versuchte, sich auf das Treiben zu konzentrieren. Seit Tagen fraß er den beißenden Staub, während ein Feuer in seinem Inneren brannte. Oh Gott, wie dringend brauchte er etwas zu trinken! Nicht das warme stinkende Zeug aus den Feldflaschen. Nein, er brauchte etwas Handfestes, etwas, das die Flammen in seinem Innern zu löschen vermochte. Wie ein Schemen stob Dundee aus dem Dunst. Neben Ingram zügelte er seinen dürren Klepper. „Pass doch auf, Mann!", krächzte der gedrungene Ire heiser. Er ruderte mit den Armen durch den Staub, dann riss er sein Pferd herum, um die rechte Flanke der Herde abzureiten.
Ingram trieb die zurückgebliebenen Tiere wieder an die Herde heran. Aus entzündeten Augen spähte er in die undurchdringliche Wolke. Wie aus weiter Ferne hörte er Dundees heisere Schreie. Der Ire war unglaublich zäh. Wenn Dundee nicht gewesen wäre, hätte Ingram längst aufgegeben. Dabei war es seine, Ingrams, Idee gewesen, versprengte Rinder von den nördlichen Weiden Wyomings zu den Minencamps an der Ostflanke der Wind River Range zu treiben. Wenn sich die Zeiten nicht grundlegend geändert hatten, gab es dort gutes Geld für frisches Fleisch, selbst wenn es zäh war und kaum zolldick die Rippen der Longhorns bedeckte.
Zuerst hatte er geglaubt, es sei nur die Aussicht auf einen schnellen Dollar, die ihn nach Süden trieb. Aber da war noch etwas anderes.
Ingram schüttelte die bohrenden Gedanken ab. Wieder blieben zwei, drei Rinder zurück. Er drängte sie auf den Trail zurück. Ein junger Stier brach in die Knie. Ingram fluchte. Er schlug mit dem losen Ende des Lassos nach ihm, doch das Tier war so schwach, dass es nicht einmal mehr den Kopf zu heben vermochte. Ingram zog seinen Revolver und zügelte die Stute. Er zielte auf das linke Auge des Stiers. Es glänzte schwarz inmitten des grauen Fells. Da krachte ein Schuss. Weiter vorn. Hatte Dundee geschossen? Ingram neigte den Kopf. Es hatte sich eher wie ein Gewehrschuss angehört. Er riss die Stute herum und hieb ihr die Absätze seiner Stiefel in die Flanken. Die Rinder stoben auseinander. Ingram hörte ihren polternden Lauf, doch da war auch der Hufschlag mehrerer Pferde, und dann tauchte unvermittelt eine unförmige Gestalt neben Ingrams Pferd auf.
Der Reiter riss sein Tier herum. Er trug einen hohen Hut und eine Weste, alles von einer gleichmäßigen Staubschicht bedeckt. Ein Tuch verbarg Nase, Mund und Kinn vor Ingrams Blicken.
Ingram hob seine Hand mit dem Revolver. Der Fremde schnellte im Sattel zur Seite. Das zusammengerollte Lasso in seiner Hand peitschte Ingram aus dem Sattel. Er stürzte. Sein Fuß verfing sich im Steigbügel. Die Stute spürte den Widerstand. Sie blieb reglos stehen, bis der Fremde ihr das zusammengerollte Lasso über die Kruppe hieb. Dann schoss sie davon. Ingrams Kopf schlug gegen einen Stein. Er verlor das Bewusstsein.
Sein Körper brannte. Durch die halb geschlossenen Lider hindurch sah er, dass die Sonne hoch am Himmel stand. Er spürte ein feines Vibrieren des harten Bodens, und mühsam öffnete er die verklebten Lider.
Er sah zwei Beine, die in staubverkrusteten Stiefeln steckten, eine hagere Gestalt und ein Paar durchdringende Augen über dem schweißgetränkten Tuch, das die untere Hälfte des Gesichts verbarg.
Ingram ließ seine Augen umherwandern. Die Herde war weg. Sie hatte sich verlaufen, oder sie war von den Komplizen dieses Mannes davongetrieben worden. Dundee, dachte er. Dundee ...
„Wie heißt du?", fragte der Fremde. Er hatte eine flache, etwas tonlose Stimme.
Ingram antwortete nicht. Der andere versetzte ihm einen Fußtritt. Ingram wälzte sich herum, seine Augen starrten in den weißglühenden Himmel über der Alkali-Ebene. Der Schatten des fremden Mannes fiel über ihn. Mühsam richtete er sich auf.
„Ich habe keinen Namen mehr", stieß er hervor. Sein Mund war verquollen. Nein, er hatte keinen Namen mehr. Vor einigen Jahren noch hatten sie ihn den Puma genannt, weil er so wild wie ein Berglöwe war. Aber das war längst vergessen.
Der andere hatte Ingrams Krächzen nicht verstanden. Wieder krachte die Stiefelspitze in seine Rippen.
„Dundee, keuchte Ingram. „Was habt ihr mit ihm gemacht?
„Ihr habt die Rinder gestohlen, stimmt’s?"
Ingram schüttelte den Kopf. Seine Augen brannten wie sein Körper. „Es sind nur ungebrannte Rinder. Wir wollten sie verkaufen ..."
Der Fremde lachte. „Das besorgen wir jetzt." Er zog seinen Revolver. Ingram sah ein schmales, intensiv leuchtendes blaues Auge über dem hässlichen Loch der Waffe.
Das also ist das Ende, dachte er, und er spürte, wie der Schmerz aus seinem Körper wich. Als ob der Gedanke an den Tod den gepeinigten Leib von aller irdischen Last befreite.
Das Auge wurde größer. Es bohrte sich in Ingrams Hirn. Aus weiter Ferne drangen Worte in Ingrams Schädel.
„Die Sonne gibt dir den Rest ..." Das Auge verschwand. Mit einer heftigen Bewegung steckte der andere die Waffe ins Holster zurück.
„Du bist nur zu feige ...", keuchte Ingram.
Der Fremde bewegte sich mit langen Schritten um Ingram herum. Irgendwo schnaubte ein Pferd. Ingram hörte das Knarren des Sattelgurts, dann trommelten Pferdehufe über den harten Boden.
2
Mit seinen Händen, dem Messer und den Gebissstangen der toten Pferde scharrte er ein Loch in den harten Boden. Als die Sonne hinter den scharfen Graten der Wind River Range versank, bettete er Dundees geschundenen Körper in die flache Grube und häufte den feinen Sand über den Leichnam des Freundes.
Er richtete sich auf. Mit unbeholfenen Schritten umrundete er das Grab. „Ich habe kein Kreuz für dich, Dundee", murmelte er. Seine eigene Stimme klang dumpf wie aus einem tiefen Brunnen.
Ingram entdeckte die Spuren von vier Reitern. Er blickte nach Westen. Die Schatten hatten die Staubwolke aufgesogen. Die Reiter waren aus dem Nichts gekommen. Ihre Pferde waren frisch. Vielleicht gab es dort im Westen Wasser. Vielleicht konnte er es erreichen? Einen Brunnen. Er schluckte.
Langsam und ziellos wanderte er umher. Die Halunken hatten die beiden Pferde getötet und alles aus den Satteltaschen genommen, was für sie von irgendeinem Wert sein konnte. Viel war es nicht. Ein paar Büchsen Bohnen, etwas Speck und die Wasserflaschen.
Er musste etwas trinken, wenn er die nächsten Stunden überleben wollte.
Wollte er leben?
Er wagte die Frage nicht zu beantworten. Da fiel ihm der junge Stier ein. Ingram torkelte in der breiten Spur der Herde zurück. Er sah das schwarze, glänzende Auge vor sich. Das staubbedeckte Fell. Er hasste diesen beißenden Alkalistaub, der so lebensfeindlich war.
Er stolperte über einen flachen Stein und fiel auf die Knie. Oh verdammt, er war so schwach. Der Stier lag zwanzig Schritte von ihm entfernt.
Auf Händen und Füßen kroch er auf das Tier zu. Er ließ sich gegen seinen Hals fallen. Er spürte die Wärme des Körpers an seiner Wange, und er packte das Messer fester. Mit einer wütenden Bewegung jagte er die schartige Klinge in den Hals des Jungstiers.
Der Körper, die Beine schlugen krampfhaft in die Luft. Ein gurgelnder Laut brach aus dem Maul.
Ingram brachte seinen Mund an den Riss, aus dem das warme Blut sprudelte. Er trank, bis er sich übergeben musste. Danach trank er noch einmal. Dieses Mal rebellierte sein Magen nicht.
Ingram richtete seinen Blick nach Westen. Dort irgendwo lagen die Minen. Kleine Camps mit Baracken. Und eine Siedlung am Ende des Wind River Canyon, an dem alten Indianerpfad, der in die Reservation führte und zu der Indianer-Agentur. Neuerdings hatte die Siedlung sogar einen Namen. Fairfield.
Und sein Lebenswille ein neues Ziel.
3
Er brauchte drei Tage, um sich bis zum Beaver Creek durchzuschlagen, der hier unten nahezu ausgetrocknet war und nur einige brackige Tümpel bildete.
Unterwegs war er mehrmals auf die Kadaver verendeter Rinder gestoßen, aber er schätzte, dass immerhin so an die vierzig Stück das steinige Ufer des kleinen Flusses