Verwirrung um den Erben von Trewitz: Fürstenkinder 17 – Adelsroman
Von Hella Birken
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Über dieses E-Book
Ihre Lebensschicksale gehen zu Herzen, ihre erstaunliche Jugend, ihre erste Liebe – ein Leben in Reichtum, in Saus und Braus, aber oft auch in großer, verletzender Einsamkeit.
Große Gefühle, zauberhafte Prinzessinnen, edle Prinzen begeistern die Leserinnen dieser einzigartigen Romane und ziehen sie in ihren Bann.
»Hör mal, Claudia, das kann doch nicht wahr sein! Dein Vater ist der gütigste und beste Mensch der Welt, und niemals würde er dich zwingen, den unsympathischen, ältlichen Ulf von Winters zu heiraten. Das kann ich einfach nicht glauben.« Ulla von Rammen sah abwartend auf ihre Freundin Claudia von Trewitz, doch diese hatte offenbar nicht die Absicht zu antworten. Ihre übergroßen Augen in dem schmalen, feingeschnittenen Gesicht glühten in einem unnatürlichen Feuer, ihr Blick ruhte auf den fernen bewaldeten Hügeln, aber es war offensichtlich, daß sie diese nicht sah. Sie sah eine Welt, in die die Freundin ihr nicht zu folgen vermochte. Ihre schmalen, gepflegten Hände ruhten in ihrem Schoß, nur hin und wieder zuckten sie nervös und verrieten den Aufruhr in ihrem Innern. Hier oben auf dem Hügel, dem Lieblingsplatz der Freundinnen, herrschte eine fast sonntägliche Ruhe. Selbst die Vögel hatten ihr Zwitschern eingestellt, und die Gräser und Blumen ließen traurig die Köpfe in der mittäglichen Sommerhitze hängen. Das Tal lag flirrend im Sonnenschein und wirkte wie ausgestorben. »Verzeih, Ulla, aber ich war weit fort in meinen Gedanken« »Auch das wird nun bald ein Ende haben – unsere herrlichen Stunden hier auf dem Kaiserberg...« »Hör' auf, so zu reden«, sagte betont energisch die ältere Ulla. »Du redest dir das alles nur ein. Gut, vielleicht hat dein Vater einmal eine Andeutung gemacht, daß ihm der reiche Ulf als Schwiegersohn nicht ungelegen käme. So denkt sich jeder Vater, der seine Tochter gern gut versorgt sehen möchte; aber das heißt noch lange nicht, daß er wirklich von dir erwartet, daß du ohne Liebe heiratest. Mein Gott, Claudia, dein Vater liebt dich doch... Ich habe dich oft um diese Liebe beneidet, und niemals würde er zulassen, daß du unglücklich wirst.« »Das ist es ja eben, was ich nicht verstehe«
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Buchvorschau
Verwirrung um den Erben von Trewitz - Hella Birken
Fürstenkinder
– 17 –
Verwirrung um den Erben von Trewitz
Ein kleiner Graf im Mittelpunkt dramatischer Ereignisse
Hella Birken
»Hör mal, Claudia, das kann doch nicht wahr sein! Dein Vater ist der gütigste und beste Mensch der Welt, und niemals würde er dich zwingen, den unsympathischen, ältlichen Ulf von Winters zu heiraten. Das kann ich einfach nicht glauben.«
Ulla von Rammen sah abwartend auf ihre Freundin Claudia von Trewitz, doch diese hatte offenbar nicht die Absicht zu antworten. Ihre übergroßen Augen in dem schmalen, feingeschnittenen Gesicht glühten in einem unnatürlichen Feuer, ihr Blick ruhte auf den fernen bewaldeten Hügeln, aber es war offensichtlich, daß sie diese nicht sah. Sie sah eine Welt, in die die Freundin ihr nicht zu folgen vermochte. Ihre schmalen, gepflegten Hände ruhten in ihrem Schoß, nur hin und wieder zuckten sie nervös und verrieten den Aufruhr in ihrem Innern.
Hier oben auf dem Hügel, dem Lieblingsplatz der Freundinnen, herrschte eine fast sonntägliche Ruhe. Selbst die Vögel hatten ihr Zwitschern eingestellt, und die Gräser und Blumen ließen traurig die Köpfe in der mittäglichen Sommerhitze hängen. Das Tal lag flirrend im Sonnenschein und wirkte wie ausgestorben. Als die Glocken jetzt die zwölfte Stunde verkündeten, fuhr Claudia, wie aus einem Traum erwachend, zusammen und mit um Entschuldigung bittender Stimme sagte sie:
»Verzeih, Ulla, aber ich war weit fort in meinen Gedanken«, und mit unendlicher Traurigkeit fügte sie hinzu:
»Auch das wird nun bald ein Ende haben – unsere herrlichen Stunden hier auf dem Kaiserberg...«
»Hör’ auf, so zu reden«, sagte betont energisch die ältere Ulla. »Du redest dir das alles nur ein. Gut, vielleicht hat dein Vater einmal eine Andeutung gemacht, daß ihm der reiche Ulf als Schwiegersohn nicht ungelegen käme. So denkt sich jeder Vater, der seine Tochter gern gut versorgt sehen möchte; aber das heißt noch lange nicht, daß er wirklich von dir erwartet, daß du ohne Liebe heiratest.
Mein Gott, Claudia, dein Vater liebt dich doch... Ich habe dich oft um diese Liebe beneidet, und niemals würde er zulassen, daß du unglücklich wirst.«
»Das ist es ja eben, was ich nicht verstehe«, unterbrach Claudia die Freundin. »Papa ist in letzter Zeit überhaupt so anders geworden, gar nicht mehr so fröhlich, wie er immer war. Er wirkt bedrückt, als hätte er Sorgen. Aber nicht nur das – er erscheint so traurig und einsam... Ja, einsam ist das richtige Wort. Ich weiß nicht, wie ich es erklären soll; aber ich habe Angst, eine entsetzliche Angst. Es kommt etwas auf uns zu, für das ich keinen Namen weiß, das aber unser ganzes Leben verändern wird...«
Betroffen sah Ulla auf die Freundin, und sie selbst spürte plötzlich, daß Claudia recht hatte. Sie fröstelte trotz der Hitze. Burschikos aber sagte sie:
»Komm, laß uns gehen, man wird mit dem Essen auf uns warten. Du kennst doch meine Tante... Pünktlichkeit ist die Höflichkeit der Könige. Nun, ich werde nie eine Königin werden, aber trotzdem bemühe ich mich, pünktlich zu sein.«
Unten an der Abzweigung nach Schloß Trewitz, trennten sich die Freundinnen mit einem innigen Kuß. Ulla von Rammen sah Claudia nach, bis der Wald sie verschluckte. Wütend wischte sie sich ein paar unerwünschte Tränen aus den Augenwinkeln, und laut vor sich hin brummelnd, schimpfte sie:
»Was heulst du denn, du alte Gans? Noch ist doch nichts passiert, und was soll denn überhaupt passieren? Claudia sieht wieder einmal Gespenster, wie schon oft.«
Aber ihre eigenen Worte vermochten sie nicht zu beruhigen, und wie gehetzt lief sie nach Hause.
*
»Paps, ich kann Ulf Winters nicht heiraten, bitte, versteh mich doch! Er ist so viel älter als ich, und ganz abgesehen davon, ich mag ihn einfach nicht. Alles an ihm ist irgendwie weichlich und fad, und wenn er lacht, dann meckert er wie eine Ziege. Auch ist er kein guter Mensch. Seine Angestellten tyrannisiert er und zahlt ihnen den schlechtesten Lohn. Seine wertvollen Reitpferde quält er. Fritz meinte letzthin, man sollte den Baron als Tierschinder anzeigen.
Und solch einen Menschen soll ich heiraten? Papi, das ist doch nicht dein Ernst? Bitte, sag, daß das alles nur ein Scherz ist, bitte!«
Jörg Graf von Trewitz war ein Mann in den besten Jahren, und er sah blendend aus. Nie hatte man in der Nachbarschaft verstanden, daß er nach dem frühen Tod seiner Frau nicht wieder geheiratet hatte. Gewiß, die Ehe der Trewitzes war eine selten glückliche gewesen, und doch, es tat nicht gut, wenn ein damals noch junger Mann mit einer kleinen Tochter allein blieb, das jedenfalls war die Meinung vieler heiratsfähiger Mädchen und ihrer Eltern.
Der Graf selbst hatte zu all den Spekulationen, die man um seine Person anstellte, nur gelächelt, und dieses etwas hochmütigen Lächelns wegen hielt man ihn für anmaßend und arrogant. Man bemängelte, daß er und die alte Amme Claudia völlig allein erzogen und daß er mehr ein Freund denn ein Vater seiner Tochter zu sein schien. All diese Kritiken, zum Teil sogar berechtigt, erreichten wohl sein Ohr, aber nicht sein Herz.
Claudia wuchs in völliger Freiheit heran, und schon als ganz kleines Mädchen sah sie in ihrem Vater den besten Freund und Kameraden, an dem sie mit einer geradezu schwärmerischen Liebe und Verehrung hing.
Immer hatten sie sich verstanden, und nun auf einmal verlangte der Vater diese unsinnige Heirat, das konnte er doch nicht wirklich meinen, oder? Zitternd und doch voller Hoffnung sah Claudia auf ihren Vater, der unruhig im Zimmer auf und ab lief. Endlich hielt er in seiner Wanderung inne, und indem er sich neben Claudia auf das Biedermeiersofa setzte, sagte er, während er den Arm liebevoll um ihre Schultern schlang:
»Claudia, es ist mein Ernst. Bitte, unterbrich mich jetzt nicht!
Du mußt Vertrauen zu mir haben, aber ohne zu fragen, denn es gibt da Dinge in meiner Vergangenheit, die ich dir nicht sagen kann, und nicht sagen will. Tatsache ist jedenfalls, daß uns Schloß Trewitz vielleicht in ganz kurzer Zeit schon nicht mehr gehört. Wenn dieser Fall eintritt, dann bedeutet es nicht nur den Verlust der Heimat, sondern viel mehr. Der Name Trewitz wird in der Verbrecherkartei stehen, und du wirst dich schämen, ihn jemals getragen zu haben.
Darum wirst du ihn rechtzeitig ändern, indem du Baronin von Winters wirst. Ich will nicht, daß du in den zu erwartenden Skandal mit hineingezogen wirst, ich möchte dich versorgt wissen –, gut versorgt. Du wirst mich eines Tages verdammen, du wirst deinen Vater verleugnen; aber wenn der Tag eintritt, dann sollst du nicht allein sein. Du sollst einen Menschen an deiner Seite haben, der zu dir hält, und du sollst keine Not leiden müssen.
Ulf aber wird zu dir halten, denn er liebt dich. Ich weiß schon lange von seiner Liebe, und ich bedauerte ihn, weil ich ahnte, daß sie zum Sterben verurteilt sein würde. Ich wußte, er war dir gleichgültig, und darum erwähnte ich es dir gegenüber nie. Jetzt aber ist alles anders. Du brauchst eine Heimat, und du brauchst einen Menschen, der dich liebt, denn wenn das eintritt, was ich befürchte, dann werde ich nicht mehr...
Bitte, Kind, erlaß es mir, darüber zu sprechen. Ich liebe dich, Claudia, und dein Wohl hat mir immer am Herzen gelegen. Darum glaube mir, wenn ich dir sage: Du mußt den Baron heiraten, es gibt keinen anderen Weg.«
Schwer atmend hielt der Graf inne. Große Schweißperlen standen auf seiner Stirn, und mit zitternder Hand fuhr er sich wieder und wieder über die Augen.
Claudia aber saß wie gelähmt. Zu ungeheuerlich war das, was der Vater ihr da eben offenbart hatte. Sie wußte nicht, was des Vaters Worte bedeuteten, aber sie spürte die Gefahr, die seelische Not, in der sich der geliebte Vater befand, und sie wußte, sie mußte helfen, aber wie? Ganz bestimmt nicht, indem sie davonlief und sich hinter dem Rücken des Baron von Winters versteckte. Sie mußte an des Vaters Seite stehen, ganz gleich, was da auf sie zukam. Der Vater war kein Verbrecher, er hatte bestimmt nichts Böses getan, und wenn, dann gehörte sie erst recht zu ihm.
Ganz ruhig sagte sie daher jetzt:
»Paps, ich weiß, du hast immer nur an mich gedacht, du hast sogar auf Liebe verzichtet, nur weil ich egoistisches Ding dich mit keiner fremden Frau teilen wollte.
Ich liebe dich wie sonst keinen Menschen auf der weiten Welt, und ich lasse mich nicht von dir fortschicken in dem Moment, da vielleicht Sorgen und Kummer auf uns zukommen. Ich möchte sie mit dir teilen, Paps, bitte, das darfst du mir nicht verweigern, wenn du mich liebst.«
Mit schwimmenden Augen sah sie flehentlich auf den Grafen, der ihrem Blick beharrlich auswich. Plötzlich wandte er sich ihr zu, und