Die Zofe der Gildenfrau: Verbotene Liebe Anno 1602
Von W. A. Hary
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Über dieses E-Book
Die Zofe der Gildenfrau
Verbotene Liebe Anno 1602
Historischer Roman von W. A. Hary
Der Umfang dieses Buchs entspricht 126 Taschenbuchseiten.
Im Jahre des Herrn 1602, im Kreise der Obrigkeit der Hansestadt Hamburg, spinnt Gildenfrau Margarethe Brinkmann ihr Netz aus Intrigen und Verschwörungen, um ihre in der Gilde vereinigten Hansekaufleute ganz oben zu halten, in Konkurrenz zur noch einflussreicheren Wetkengilde. Doch als Frau darf sie stets nur aus dem Hintergrund heraus handeln, weil offiziell nur Männer das Sagen haben innerhalb der damaligen Obrigkeit.
Zum Beispiel auch mittels ihrer Zofe! Wobei sie bei dieser ansonsten genialen Intrige eines jedoch nicht einkalkuliert: Die Liebe!
Bisher erschienen:
Wilfried A. Hary: Die Gildenfrau
Wilfried A. Hary: Die Tochter der Gildenfrau
Wilfried A. Hary: Die Zofe der Gildenfrau
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Die Zofe der Gildenfrau - W. A. Hary
Die Zofe der Gildenfrau
Verbotene Liebe Anno 1602
Historischer Roman von W. A. Hary
Der Umfang dieses Buchs entspricht 126 Taschenbuchseiten.
Im Jahre des Herrn 1602, im Kreise der Obrigkeit der Hansestadt Hamburg, spinnt Gildenfrau Margarethe Brinkmann ihr Netz aus Intrigen und Verschwörungen, um ihre in der Gilde vereinigten Hansekaufleute ganz oben zu halten, in Konkurrenz zur noch einflussreicheren Wetkengilde. Doch als Frau darf sie stets nur aus dem Hintergrund heraus handeln, weil offiziell nur Männer das Sagen haben innerhalb der damaligen Obrigkeit.
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Wilfried A. Hary: Die Tochter der Gildenfrau
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Alfred Bekker
© Roman by Author /COVER WERNER ÖCKL
© dieser Ausgabe 2020 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.
Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.
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1
Das alte, verhutzelt wirkende Weib ging tief gebeugt, wie unter einer zentnerschweren Last. Jeder einzelne Schritt schien ungeheuer schwer zu fallen. Gehen war eigentlich noch zu viel gesagt. Man hätte eher sagen müssen, es schleppte sich mühsam dahin.
Bis die herrschaftliche Kutsche des Weges kam, nur dürftig von einer Öllampe auf nächtlicher Straße beleuchtet, was die Kutsche mit ihren zwei feurigen Rössern wie ein Schemen erscheinen ließ, das dahin glitt. Man hörte kaum das Rumpeln der eisenbeschlagenen Räder auf dem Kopfsteinpflaster, weil das Tappen der Hufe es übertönte. Ein Geräusch, das schaurig von den hohen Häuserwänden widerhallte.
Das alte, verhutzelt wirkende Weib war der einzige Fußgänger. Seine lumpenverhüllte Gestalt kam in Bewegung, als es sich spontan vor die trabenden Rösser stellte und wie gebieterisch die Hand hob.
Der Kutscher erschrak sichtlich. Er entdeckte das alte Weib buchstäblich im letzten Moment. Ohne die an der Kutsche befestigte Laterne hätte er es nicht geschafft, das Gespann rechtzeitig zum Stehen zu bringen.
Kaum war der Stillstand erreicht, als die Alte an den Rössern vorbei zur Kutsche schlurfte. Dort öffnete sich die Tür, und ein noch recht jung erscheinender Mann sah nach draußen, offenbar neugierig, was seine Kutsche wohl zum Halten gebracht hatte.
Erschrocken wurde er des alten Weibes ansichtig. Er sah die Lumpen und wunderte sich insgeheim darüber, dass sie eigentlich recht sauber wirkten. Oder war die Beleuchtung nur zu schlecht, um den Schmutz sehen zu können?
Er sah in die verkniffene Miene der Alten, die plötzlich den Arm wieder hoch riss und mit dem erhobenen Zeigefinger drohte.
Kurz verschwand der Mann im Inneren, aber nicht, weil ihn das alte Weib nicht mehr interessierte, sondern um seinen Diener zurückzurufen, der bereits nach der Stichwaffe griff, um nötigenfalls das Leben seines Herrn mit dem eigenen zu verteidigen.
„Lass stecken!, befahl er dem Diener. „Das alte Weib wirkt nicht gerade wie eine tödliche Bedrohung.
Aber auch der Kutscher hatte seine Waffe gezogen, ein gewaltig wirkender Vorderlader. Man musste auf nächtlicher Straße stets gewappnet sein. Vor allem dann, wenn man sich nicht gerade in der feinsten Umgebung befand, sondern sozusagen in deren Nachbarschaft.
Und dann keifte das alte Weib mit schriller Stimme, so unangenehm in den Ohren klingend wie das Kreischen einer hoffnungslos verrosteten Türangel:
„Wehe dir, Volker Mulich, Hansekaufmann des Hauses Mulich! Wehe! Es droht großes Ungemach. Missgönner sind eine stete Bedrohung, und der feine Herr badet sich indessen in seinem Selbstmitleid, anstatt die Geschäfte stets wachsam im Auge zu behalten.
Ja, wehe! Doch es naht bereits Rettung. Der feine Herr muss sie nur rechtzeitig als solche erkennen. Sie begegnet ihm in der Gestalt einer wunderschönen jungen Frau, die sein Schicksal zum Besseren wenden kann. Als einzige.
Ansonsten: Wehe! Wehe!"
Und schon tauchte die Alte in den Schatten der Nacht unter, so schnell, wie es ihr niemand zugetraut hätte.
Vergeblich hielt Volker Munich Ausschau nach ihr, doch er konnte sie nirgendwo mehr entdecken. Als wäre sie gar nicht real gewesen, sondern nur ein böser Traum.
Er wechselte einen Blick mit seinem Diener, der diesen Blick genauso irritiert erwiderte. Dann beugte er sich wieder nach draußen, um dem Kutscher zuzurufen:
„Was war das denn nun gewesen?"
„Keine Ahnung, mit Verlaub, werter Herr Mulich. War sie nur ein Geist?"
„Ein böser Geist gar?", murmelte der Diener, immer noch unter dem Eindruck des Erlebten.
„Ach was, kein Geist!", entschied Volker Mulich und schloss die Tür. Er klopfte kräftig gegen das Holz. Das Zeichen für den Kutscher, den Weg fortzusetzen.
Nein, kein Geist, sondern vielleicht eine Wahrsagerin?, ging es ihm durch den Kopf. Aber für gewöhnlich tun die doch nichts ohne Bezahlung. Und wieso ist diese dann einfach wieder untergetaucht, so überraschend wie sie aufgetaucht ist?
Es war schade, dass er nicht mehr gesehen hatte, was mit dem alten, verhutzelt wirkenden Weíb geschehen war, nachdem es in die Schatten der Nacht untergetaucht war. Plötzlich wirkte es nämlich ganz und gar nicht mehr verhutzelt. Ganz im Gegenteil. Die vordem so tief gebeugte Gestalt straffte sich zu voller Größe. Jetzt wirkte das alte Weib stolz und aufrecht, und über das vordem noch viel älter wirkende Gesicht ging ein Lächeln.
Allerdings lächelten die Augen nicht mit, was diesem Lächeln etwas Diabolisches verlieh.
2
Die Zofe der Gildenfrau Margarethe Brinkmann war es gewöhnt, grundsätzlich ihre Herrin niemals anzusehen und stets demütig den Kopf gesenkt zu halten. Es sei denn, sie wurde dazu aufgefordert, den Blick zu heben. Und nur dann war es ihr erlaubt.
Eugene Castorp war bereits seit Jahren die Zofe der mächtigsten Gildenfrau Hamburgs. Sie war von daher gesehen beinahe zwangsläufig bereits in Dinge eingeweiht, die Normalsterblichen für immer verborgen bleiben mussten. Zum Beispiel eben, wie mächtig ihre Herrin wirklich war.
Inoffiziell natürlich, denn offiziell war Margarethe nur die Ehefrau des Hansekaufmanns Hermann Brinkmann, Oberhaupt der gleichnamigen Gilde, in der eben nicht nur das Hansehaus Brinkmann Mitglied war, wenngleich tonangebend, sondern beispielsweise auch das Hansehaus Lemberg.
Zu jener Zeit, im Jahre des Herrn 1602, war es opportun, dass ausschließlich Männern die Macht gehörte. Zumindest offiziell gesehen. Was für Margarethe Brinkmann natürlich enorme Vorteile mit sich brachte, denn so musste sie niemals für ihre Entscheidungen gerade stehen, weil jegliche Entscheidungen ihrerseits von Männern durchgesetzt werden mussten.
Nun, fast jegliche, denn die Zofe der Gildenfrau wusste durchaus von Ausnahmen, obwohl sie niemals Dritten gegenüber solche überhaupt auch nur jemals erwähnen würde. Nicht aus schierer Loyalität ihrer Herrin gegenüber, sondern allein schon aus unverbrüchlichem Überlebenswillen heraus. Denn wer sich Margarethe Brinkmann in den Weg stellte, musste stets mit schlimmsten Konsequenzen rechnen.
Betreffend Zofe Eugene Castorp hieß das: Nicht nur sie selbst würde jeder Fehltritt – zumindest das, was in den Augen Margarethes als Fehltritt gelten würde - hart treffen, sondern darüber hinaus ihre ganze Familie, denn diese überlebte nur deshalb, weil Eugene Castorp das ganz besondere Privileg hatte, in den Diensten von Margarethe Brinkmann zu stehen.
Das war für eine junge Frau aus dem Armenviertel sogar ein ganz besonderes Privileg, und um dies zu erhalten, war sie mit beinahe allem einverstanden, was diese unmittelbare Nähe zur mächtigsten Gildenfrau Hamburgs zwangsläufig so mit sich brachte.
Dabei war Eugene Castorp eine ungemein hübsche Person, die jedes Männerherz zum Pochen brachte. Obwohl speziell solches die junge Frau ganz und gar nicht interessierte. Denn als Zofe im Dienste einer Margarethe Brinkmann war es völlig unmöglich, auch nur Freundschaft zu irgendeinem Menschen zu pflegen, geschweige denn eine Beziehung zu einem Mann einzugehen. Denn sie war so etwas wie das persönliche Eigentum der Gildenfrau, musste ohne jegliche Einschränkung rund um die Uhr zur Verfügung stehen und stets völlig fehlerfrei funktionieren. Sonst war sie ihre Stellung sehr schnell los, falls ihr nicht noch Schlimmeres widerfuhr.
Und wie sollte sich dann ihre Familie weiterhin über Wasser halten können?
Und sie selbst? Wollte sie es wirklich jemals riskieren, zurückkehren zu müssen in dieses schreiende Elend, dem sie mit Mühe und Not entkommen war?
Eine Frage, die sich schon von selbst beantwortete. Also funktionierte sie lieber, war sie loyal bis auf das sprichwörtliche Blut und stand ansonsten wirklich völlig uneingeschränkt zur Verfügung.
Auch an diesem Morgen. Natürlich! Als etwas für sie sehr Überraschendes geschah, was eigentlich alles in einem völlig neuen Licht erschienen ließ.
Obwohl Eugene Castorp zunächst nicht zu sagen vermochte, ob schon die ersten Anzeichen wirklich Positives versprachen oder nicht doch eher Schreckliches vermuten ließen.
Es begann damit, dass Margarethe Brinkmann in ihrer unnachahmlich sanften, ja gutmütigen, um nicht zu sagen einlullenden Art von ihr verlangte, ihren Blick zu heben und sie unmittelbar anzusehen.
Eugene, die stets hundertprozentig funktionierte, versagte trotzdem beinahe in diesem Moment, denn es fiel ihr verständlicherweise schier unendlich schwer, dieser mächtigsten Frau Hamburgs ins Antlitz zu schauen.
Weil es eben bislang strikt verboten gewesen war und sie sich daran bislang immer hatte halten müssen.
Als