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Blue Planet Meta Defcon – Teil 3: Gefangen in zwei Realitäten
Blue Planet Meta Defcon – Teil 3: Gefangen in zwei Realitäten
Blue Planet Meta Defcon – Teil 3: Gefangen in zwei Realitäten
eBook601 Seiten9 Stunden

Blue Planet Meta Defcon – Teil 3: Gefangen in zwei Realitäten

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Über dieses E-Book

Die metahumane Superheldin Aristonia gilt auf der Erde als vermisst. Als sie auf einem fremden Planeten erwacht, fehlen ihr jegliche Erinnerungen. Während sie versucht, eine Erklärung für ihre missliche Lage zu finden, macht sie an dem unbekannten Ort unglaubliche Entdeckungen, die den Verlauf der Menschheitsgeschichte verändern werden.

Nichts ahnend davon, versucht das angeschlagene Cinderlake-Team um John Mosh, eines seiner Mitglieder ausfindig zu machen, welches in ein mysteriöses Mord- und Terrorkomplott verstrickt ist. Zu spät bemerken sie, dass sie bereits in die Mühlen der Weltuntergangssekte Mutterkorn geraten sind und bald um ihr Leben bangen müssen.

Alex Rodig zieht den Leser in eine mehrschichtige Story mit großen Überraschungen und führt ihn über mehrere Spannungsbögen zu einem emotionalen Finish.

Energiegeladenes und actionreiches Superheldenepos, das mit erhobenem Zeigefinger die Machtgier des Menschen und den skrupellosen Umgang mit seiner Umwelt anprangert.
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum2. Juni 2020
ISBN9783751946537
Blue Planet Meta Defcon – Teil 3: Gefangen in zwei Realitäten
Autor

Alex Rodig

Alex Rodig wurde in Süddeutschland geboren, wo er bis heute lebt und unter anderem als Logistiker und Qualitätsmanager tätig ist. Seine Reiselust und sein Kulturinteresse brachten ihn in jungen Jahren an Orte in Südspanien, Finnland und Japan. Dies stellt den ersten Roman seiner Buchreihe dar.

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    Buchvorschau

    Blue Planet Meta Defcon – Teil 3 - Alex Rodig

    Aristonia war ohne Hoffnung. In ihrer dunkelsten Stunde hörte sie diese Worte, die von einem einst guten Freund zu ihrer Aufmunterung gesprochen wurden: » Wir haben Kriege, Krankheiten, Terror und Hunger, aber dennoch hat die Erde die Chance, ein wahres Paradies zu werden. Die Erde rettet man nicht an einem Tag. Es ist ein langwieriger Prozess. «

    » Na los! Mach es auf! «, sagte ihr Vater, als er in gebückter Haltung der kleinen Vierjährigen ins Gesicht blickte und sie anlächelte. Charles Miles war einen Meter und achtzig groß, Mitte dreißig, schlank bis sportlich, hatte kurzes, braunes Haar, ein leicht gealtertes Gesicht, große graublaue Augen und war stets gut rasiert. Der Amerikaner hatte sich aus beruflichen Gründen in Cardiff, Großbritannien niedergelassen. Eine Entscheidung, die er für die beste seines Lebens hielt. Hier hatte er Annabelle kennengelernt, die Liebe seines Lebens. Mit siebenundzwanzig Jahren kam er aus New York auf die Insel und ließ sich hier häuslich nieder. Im Jahr 2049 lernte er Annabelle auf einem Kongress zur Welternährung kennen. Er verliebte sich in sie, kam mit ihr zusammen und heiratete sie schließlich im Jahr 2051. Es war eine sehr schöne Hochzeitsfeier. Alle geladenen Gäste hielten sich an den gesellschaftlichen Kodex, der im Jahre 2025 ausgearbeitet wurde. Er besagte, dass auf großen Feiern, Veranstaltungen und Festivitäten keine Onlinemedien verwendet werden durften. Selbst die Chips, die sich manche unter die Haut implantieren ließen, wurden mittels eines Konfigurators vorübergehend deaktiviert. Es war nicht mehr gern gesehen, dass sich die Menschen hinter ihren Mobil- und Onlinegeräten versteckten und so nicht mehr viel von den eigentlichen Feiern mitbekamen. An solchen Festivitäten sollten keine Schreckensnachrichten aus dem Internet verbreitet werden und niemand sollte nebenher arbeiten. Freude, Spaß und Feierlaune sollten das reale Leben wieder in den Vordergrund rücken. Annabelle sah in ihrem Hochzeitskleid umwerfend aus. Sie hatte langes, leicht gelocktes, schwarzes Haar, dunkle Augen, war einen Meter siebzig groß und schlank. Ihr bildhübsches, leicht südeuropäisch wirkendes Gesicht, strahlte, während sie auf den Altar zuging. Es wurde eine klassische, katholische Zeremonie abgehalten. Annabelle und Charles gaben sich das Jawort, steckten sich die Ringe an und küssten sich vor ihren Familienangehörigen, Freunden und Arbeitskollegen. Das rauschende Fest dauerte bis tief in die Nacht hinein. Die Hochzeitsreise führte sie nach Paris und ans Meer nach Marseille. Die Zeit verging und zwei Jahre später erwartete Annabelle ihr erstes Kind. Am zwölften Mai 2053 erblickte ihre kleine Tochter das Licht der Welt und machte das Glück der beiden noch perfekter, als es ohnehin schon war. An diesem Tag saßen Charles und Annabelle in dem geräumigen Zimmer der Entbindungsklinik und blickten ihr gemeinsames Baby an. Charles streckte den Finger in das kleine, von Plastikscheiben umgebene Bettchen und ließ seine Tochter danach greifen. » Die Kleine hat Kraft. Sie wird eines Tages eine bedeutende Person werden «, sagte der frisch gebackene Vater voller Stolz. » Ja, das wird sie ganz bestimmt «, sagte Annabelle mit einem leicht besorgten Blick. Charles schaute sie an und fragte: » Stimmt etwas nicht? Ist alles in Ordnung? « Annabelle nickte nur. Sie saß noch im Bett und man konnte ihr ansehen, dass sie von der mehrstündigen Geburt noch sehr erschöpft war. Sie sah müde aus, aber sie lächelte Charles an und antwortete: » Jetzt brauchen wir nur noch einen Namen. « Charles schaute wieder ganz verliebt in das kleine Bettchen und beobachtete seine nun schlafende Tochter. Mit einem glücklichen Gesichtsausdruck streichelte er die Wange des Neugeborenen und sagte: » Weißt du noch, auf unserer Hochzeitsreise? In Marseille gab es diese altertümliche Statue auf der Promenade. « » Ja, ich erinnere mich. Sie war der Schutzpatronin der Stadt gewidmet «, sagte Annabelle lächelnd, als sie sich an die schöne Zeit zurückerinnerte. » Wie hieß sie noch gleich? «, fragte Charles, während er seine Tochter weiterhin mit dem Finger sanft über das Gesicht streichelte. » Der Name dieser Schutzpatronin war Aristonia. «

    » Ja, richtig. Aristonia. «

    Die vierjährige Aristonia öffnete das Geschenk was sie von ihrem Vater zum Geburtstag bekommen hatte. Etwas unbeholfen rupfte sie das Geschenkpapier von der kleinen Schachtel und ließ es auf den Rasen fallen. Charles hob das abgerissene Papier von dem Grundstück hinter seinem Haus auf und beobachtete die Kleine. Ganz langsam öffnete sie die Plastikschachtel und fand darin ein goldenes, herzförmiges Amulett, was an einer goldenen Kette hing. » Was ist das, Papa? «, fragte die Kleine, als sie es an der Kette aus der Schachtel zog. » Das ist ein Medaillon, mein Schatz. « Er nahm es ihr aus der Hand, legte es ihr um den Hals und machte den kleinen Verschluss in ihrem Nacken zu. Nun öffnete er den Anhänger und zeigte ihr was sich darin befand. Als Charles das herzförmige Medaillon aufklappte, sah Aristonia ein Foto ihrer Eltern darin. Sie schaute es mit ihren großen, runden Augen an und berührte es mit ihrem kleinen Zeigefinger. » Damit hast du uns immer bei dir, mein Schatz «, sagte er, klappte das Medaillon wieder zu und streichelte ihren Kopf. Er richtete sich auf und blickte sich in seinem Garten um. Es war später Nachmittag. Charles ging durch die Terrassentür in sein Haus und betrat die Küche, wo seine Frau Annabelle die Geburtstagstorte vorbereitete. Er umarmte sie von hinten und küsste ihren Hals. » Hat sie sich gefreut? «, fragte Annabelle. » Sie war ganz fasziniert davon «, antwortete Charles. Die kleine Aristonia rannte durch den Garten, sprang umher und machte Purzelbäume. Immer wieder hielt sie inne und schaute nach, ob ihr Medaillon noch da war. Meistens setzte sie sich auf die Wiese und klappte, etwas unbeholfen, das Medaillon mit ihren kleinen Fingern auf. Staunend betrachtete sie das Bild ihrer Eltern darin. Schließlich rief sie ihre Mutter ins Haus, wo ihre Eltern den großen, bunten Geburtstagskuchen mit den vier Kerzen darauf präsentierten. Aristonia strahlte. Ihr vierter Geburtstag war der erste, an den sie sich später erinnern konnte. Sie verbrachte einen schönen, unbeschwerten Tag mit ihren Eltern. Sie aßen von der Torte und sie spielten zusammen. Am Abend brachte Annabelle ihre vierjährige Tochter ins Bett, deckte sie zu und setzte sich noch neben sie auf den Bettrand. » Mami, erzählst du mir noch eine Geschichte? «, fragte die Kleine, die die schwarzen Haare ihrer Mutter hatte. » Na gut, mein Engel. Aber dann wird geschlafen, okay? « Aristonia nickte und kuschelte sich tiefer unter ihre Bettdecke. Annabelle erzählte ihr eine Kindergeschichte, die sie noch aus ihrer eigenen Kindheit kannte. Sie betonte die Adjektive auf die typische, für Kinder ansprechende, Art und Weise. » Es war einmal eine Giraffe mit einem langen Hals. Ihr Hals war so lang, dass ihr Kopf hoch oben über den Wolken emporragte. Die Giraffe schaute nach unten, doch sie konnte niemanden sehen, denn die Wolken versperrten ihr die Sicht. Über den Wolken kam ein kleiner, frecher Vogel zu ihr geflogen und flatterte um den Kopf der großen Giraffe herum. Die Giraffe fragte was bist du denn für ein Tier? Ich bin ein Vogel, sagte das kleine freche Vögelchen. Und was bist du? Die Giraffe antwortete, wenn du hier oben mit mir über den Wolken bist, dann muss ich wohl auch ein Vogel sein. Das freche Vögelchen rief seine Freunde herbei und sagte, seht euch dieses merkwürdige Tier an. Es denkt, es sei ein Vogel. Alle anderen Vögel lachten und flogen um die große Giraffe herum. Die Giraffe war traurig, weil sie ausgelacht wurde. Sie fragte, darf ich nicht euer Freund sein? Ich will auch ein Vogel sein. Doch die Vögelchen piepten und flatterten lachend um sie herum. Du siehst so komisch aus. Du bist doch kein Vogel, sagten sie. Ganz plötzlich zog ein Sturm auf. Es donnerte und blitzte und die Vögel suchten Schutz in den Bäumen. Doch der Sturm war so stark, dass er die Bäume entwurzelte und hinforttrug. Nicht nur die Bäume, auch die Wolken wurden vom Sturm weggeweht und die Giraffe konnte nun ihren restlichen Körper sehen. Der lange Hals, der große, schlanke Körper mit den lustigen Flecken darauf und die langen Beine, die fest auf der Erde standen. Da sagte die große Giraffe, schnell, fliegt unter mich. Ich schütze euch vor dem Sturm. Die kleinen Vögelchen suchten Schutz unter der Giraffe und klammerten sich an ihre langen, kräftigen Beine. Als der schlimme Sturm vorbeigezogen war, bedankten sich die Vögel artig. Du hast uns gerettet. Jetzt sind wir Freunde und du kannst auch ein Vogel sein, wie wir. Doch die Giraffe sagte, nein, ich bin kein Vogel, ich bin eine Giraffe. Alle lachten und freuten sich. « Aristonia lag mit ganz kleinen Augen im Bett und schaute ihre Mutter an. Annabelle streichelte ihre Tochter noch ein paar Minuten lang, dann fielen Aristonia allmählich die Augen komplett zu und sie schlief ein. Noch immer hatte sie das Herzamulett um den Hals was sie von ihrem Vater geschenkt bekommen hatte. » Vergiss nie, wer du bist, mein Schatz «, flüsterte Annabelle.

    Aristonia öffnete langsam die Augen. Sie sah alles verschwommen. Direkt vor ihr befand sich ein dunkelgrüner Stein. Noch konnte sie keinen klaren Gedanken fassen. Nichts hören, nichts fühlen und nur minimal sehen. Dann, ganz langsam, stellten sich die ersten Gedankengänge ein. Was... ist... geschehen? Ihr Blick schärfte sich langsam und sie spürte einen Schmerz in ihrem Kopf. Wo... bin... ich? Sie fühlte sich, als wäre sie aus einem monatelangen Koma erwacht. Noch immer blickte sie den grünen Stein direkt vor ihren Augen an. Diesen sah sie von Minute zu Minute klarer. Mein... Kopf... tut... weh. Jeder Versuch, eine Bewegung auszuführen, endete in einer völligen, motorischen Verweigerung ihres Körpers. Oh mein Gott. Ich fühle mich, als wäre ich von einem Güterzug überfahren worden. Sie spürte nun, dass sie auf einem relativ harten Boden lag und die Umgebungstemperatur nicht gerade angenehm war. Ein paar Grad über Null. Ich kann die Augen kaum offen halten. Ich bin völlig platt. Ihr Blick wurde wieder etwas klarer und die Kopfschmerzen intensiver. Es vergingen wieder ein paar Minuten in denen sie einfach nur dalag und versuchte, wach zu bleiben. Irgendwann blickte sie an dem grünen Stein vorbei und ihre Augen stellten sich auf eine weitere Distanz ein. Was ist das hier? Das sieht aus, wie eine große Höhle, dachte sie bei sich, jedoch ohne sich dabei zu rühren. Immerhin konnte sie nun ihre Augen bewegen und sich umblicken, auch wenn jede Bewegung des Augapfels einen pulsierenden Schmerz in ihrem Kopf auslöste. Ich habe keine Ahnung wo ich hier bin. Müdigkeit und Erschöpfung überkamen sie. Ihre Augenlider wurden schwerer und sie sank wieder in einen tiefen Schlaf, der eher einer Ohnmacht gleichkam.

    Als sie ihre Augen wieder öffnete, sah alles genau so aus wie vorher. Der dunkelgrüne Stein lag direkt vor ihrem Gesicht, die seltsame Höhle erkannte sie auch aus dem Augenwinkel und selbst die Lichtverhältnisse waren exakt gleich. Sie wusste nicht, ob sie für eine Minute, eine Stunde oder einen Tag weggetreten war. Ihr Körper fühlte sich immer noch unglaublich erschöpft an. Mit zusammengekniffenen Augen blickte sie sich wieder um. Dabei verlor sie komplett ihr Zeitgefühl und irgendwann fragte sie sich, wie lange sie schon dalag und die relativ dunkle Umgebung anstarrte. Eine Minute? Eine Stunde? Oder gar einen Tag? Plötzlich aktivierte sich ein weiterer ihrer Sinne und meldete eine Wahrnehmung an ihr Gehirn. Sie konnte etwas hören. Es war ein weit entfernter Ton, eine Art Zischen. Es war sehr leise, doch in der akustisch sterilen Umgebung hob sich das Geräusch deutlich heraus. Das Zischen wurde allmählich lauter. Es... es kommt näher. Etwas nähert sich mir. Und ich bin zu erschöpft, um mich zu bewegen. Was sich Aristonia näherte war nicht die Geräuschquelle an sich, sondern das Echo, was sich durch die Höhlen des ihr unbekannten Ortes arbeitete. Es... es hört sich beinahe an... wie... eine Stimme. Ein Flüstern. Als das Geräusch lauter und deutlicher wurde, riss sie die Augen auf und blickte sich nervös um. Sie hörte und erkannte nun auch eine flüsternde Stimme, die immer wieder das selbe Wort wiederholte: » Zerstörung, Zerstörung, Zerstörung... « Doch nach ein paar Sekunden wurde es leiser und entfernte sich wieder. Was zum Geier war das? Und warum will mein Körper nicht so, wie ich will? Zu größeren Anstrengungen war sie noch nicht bereit. Wieder überkam sie eine zehrende Müdigkeit und sie schloss ihre Augen.

    » Aristonia! Warum sind deine Leistungen in der Schule nur so schlecht? «, fragte Charles erzürnt. Er hielt ihr Abschlusszeugnis in der Hand und schnippte mit den Fingern seiner anderen Hand dagegen. » So kommst du nicht nach Cambridge! «, sagte er und ärgerte sich darüber. » Vielleicht will ich ja gar nicht nach Cambridge «, antwortete sie aufmüpfig. » Achte auf deinen Ton, junge Dame! «, mahnte ihr Vater mit einem strengen Blick. » Mom hätte mich nie wegen so was angeschnauzt! «, warf sie ihm mitten im Wohnzimmer entgegen und machte so ihrem Frust und Ärger etwas Luft. » Sie wäre genauso enttäuscht von dir, wie ich es jetzt bin, Aristonia! «

    » Aber sie hätte mich nicht angeschrien! Ich wünschte, du wärst an ihrer Stelle... « Charles blickte sie mit aufgerissenen Augen an und Aristonia unterbrach ihren Satz, bevor sie etwas sagte, was sie für den Rest ihres Lebens bereuen würde. Beide starrten sich an. Charles mit einem erschrockenen und gleichzeitig enttäuschten Blick. Aristonia mit einem Ausdruck von Reue. Erschrocken schlug sie ihre Hand vor den Mund und wisperte: » Dad, es tut mir leid. « Charles nickte nur und streckte ihr das Abschlusszeugnis wortlos entgegen. Sie nahm es zaghaft an sich und sagte: » Wirklich, Dad. Es tut mir leid. Ich habe das nicht so gemeint. «

    » Schon gut. Manchmal wünschte ich, ich wäre tatsächlich an ihrer Stelle gewesen. « Er setzte sich auf die Wohnzimmercouch und starrte mit leerem Blick auf den Boden. » Nein, Dad. Sag so etwas bitte nicht «, entgegnete sie ihm und schüttelte den Kopf. Ihre Augen waren glasig und sie fühlte sich mies. » Vielleicht... vielleicht kannst du in den Staaten studieren. Du musst es eben versuchen. « Sie nickte und sagte dann leise: » Ich... ich werde es versuchen. Tut mir leid, dass es nicht so gut ausgefallen ist, Dad. « Charles nickte und rieb sich mit Zeigefinger und Daumen die Nasenwurzel. Der Verlust seiner Frau Annabelle, die vor einem Jahr verstorben war, schmerzte noch sehr. » Es... ist schon gut. Bitte... lass mich einen Moment allein «, sagte er und atmete tief durch. Er rang mit seinem seelischen Schmerz. Aristonia drehte sich um und ging bedrückt aus dem Zimmer hinaus. » Zerstörung «, sagte ihr Vater. » Was? «, fragte Aristonia, die sich schon außerhalb des Wohnzimmers befand, stehen blieb und sich umdrehte. » Was hast du gesagt? «, fragte sie erneut. Mit einem leeren Blick schaute Charles sie an und flüsterte: » Zerstörung, Zerstörung, Zerstörung. « Sie schaute ihn ungläubig an.

    Aristonia riss die Augen auf und blickte sich um. Sie hörte das Flüstern wieder, was sich durch einen der grünen Höhlengänge hindurchbewegte. Ach, das schon wieder, dachte sie sich. Sie blieb ruhig liegen und wartete, bis das Flüstern vorübergezogen war. Anschließend versuchte sie aufzustehen, doch ihr Körper gehorchte ihr nicht. Verdammt. Ich kann doch nicht bis in alle Ewigkeit hier liegen bleiben. Ich bin bei Bewusstsein, bei klarem Verstand. Aber ich kann mich nicht rühren. Mein Körper fühlt sich an, als hätte ich tausend Jahre Schlaf nachzuholen. Was ist das nur? Und wieso kann ich mich an nichts erinnern? Wie bin ich hierher gekommen? Sie spürte wieder die Müdigkeit über sich kommen. Ihre Augenlider, das einzige was sie leicht bewegen konnte, wurden wieder schwer. Nein. Nicht schon wieder. Wenn ich einschlafe, träume ich von meiner Vergangenheit. Ich möchte das nicht mehr. Ich möchte das nicht mehr. » Ich möchte das nicht mehr!«

    » Du tust was ich dir sage, Fräulein! Ist das klar? «, schrie Charles. » Was ist denn hier los? «, fragte Annabelle, als sie aus der Küche in das Wohnzimmer eilte. » Dad sagt, dass ich diesen Sommer schon wieder arbeiten soll. Zeitungen austragen. «

    » Es ist ein Job. Daran ist nichts falsch. Andere würden es als Ehre ansehen, die Daily Sun austragen zu düfen. Eine der traditionsreichsten Zeitungen dieses Landes «, sagte Charles ernst und bestimmend. » Mom, meine Freunde lachen mich schon aus, weil ich jeden Sommer arbeiten muss. «

    » Wenn sie dich deswegen auslachen, sind es keine richtigen Freunde, mein Schatz. «

    » Aber mit wem soll ich denn sonst abhängen? «

    » Du bist fünfzehn, junge Dame. Du solltest überhaupt nicht abhängen, sondern dir lieber etwas Verantwortung und Eigenständigkeit aneignen «, sagte Charles mit leicht gerötetem Kopf. » Wenn du einen Job hättest, müsste ich nicht arbeiten gehen! «, schrie Aristonia und rannte auf ihr Zimmer. » Hey! Komm sofort wieder her! Das nimmst du zurück! «, brüllte Charles aufgebracht und wollte ihr hinterhergehen. Annabelle stellte sich ihm in den Weg und sagte in ihrer ruhigen, gefassten Art: » Charles, bitte beruhige dich. Sie hat es bestimmt nicht so gemeint. « » Sie macht mich wahnsinnig mit ihrer rebellischen Art «, sagte Charles, beruhigte sich aber wieder, da Annabelle sich an ihn schmiegte und seine Zuneigung suchte. » Du findest bestimmt bald wieder einen Job, Schatz «, sagte sie und lehnte ihren Kopf an seine Brust. Er umarmte sie und küsste ihre Stirn. » Es ist gerade schwierig. Ich weiß nicht, ob wir das Haus halten können. «

    » Dann ziehen wir eben um. Das wäre doch auch kein Beinbruch. Das Wichtigste ist doch, dass wir zusammenhalten «, sagte sie und blickte ihn dabei von unten an. » Du hast recht. Wie immer. Ich liebe dich. « » Ich liebe dich auch. « Draußen im Flur, neben dem Eingang zum Wohnzimmer, stand Aristonia und hatte ihre Eltern belauscht. Etwas verstimmt ging sie auf ihr Zimmer. An diesem Abend schnitt sie sich ihre langen, schwarzen Haare ab, als Zeichen ihres Protests.

    Aristonia öffnete ihre Augen. Da war er wieder, der dunkelgrüne Stein, direkt vor ihrem Gesicht. Ich bin wach. Wie lange ich wohl dieses Mal weggetreten war? Jetzt muss ich es schaffen. Ich muss mich endlich bewegen. Ich muss aufstehen. Komm schon, beweg dich. Aristonia strengte sich an. Noch immer fühlte sie eine unendliche Müdigkeit, eine erdrückende Trägheit, der sie sich liebend gerne hingegeben hätte, aber sie musste und sie wollte endlich auf die Beine kommen. In ihrem tiefsten Inneren fühlte sie etwas. Es gelang ihr, einzuatmen. Es fühlte sich seltsam an. Ihre Lungen füllten sich langsam mit einem seltsamen Luftgemisch, das in ihrer Luftröhre brannte. Doch nun konnte sie ihren Körper spüren. Endlich. Er reagiert auf meine Anstrengungen. Mit einer weiteren Schnappatmung füllte sie ihre Lungen vollständig. Durch die Anstrengung entwich ihr ein Stöhnen was leicht in der dunkelgrünen Höhle nachhallte. Nun spürte sie ihr Gesicht wieder. Danach kribbelte es in ihren Fingern und Zehen. Es wanderte langsam ihre Gliedmaßen entlang und fühlte sich zunehmend wie Nadelstiche an. Ihr Blutkreislauf war in Gang gekommen und nun konnte sie ihre Finger schon leicht bewegen. Unter Anstrengung presste sie die Luft aus ihrem Körper und drückte sich mit den Armen langsam vom Boden weg. Stoßartig atmete sie wieder ein, pausierte kurz und schöpfte Kraft für die Bewegung ihrer Beine. Sie spürte ihre Oberschenkel als das Blut hineinströmte. Es war, als würden tausend kleine Ameisen über ihre Beine krabbeln. Nun zog sie ein Bein nach vorne und richtete sich langsam in eine kniende Position auf. Aristonia hustete lautstark und rang erneut nach Luft. Nur langsam bekam sie wieder eine regelmäßige, automatisierte Atmung zu Stande. Mit einem letzten Kraftakt richtete sie sich auf und stand nun endlich aufrecht. Der grüne Stein, der vor ihrem Gesicht gelegen hatte, lag nun vor ihr auf dem Boden. So. Jetzt behinderst du meine Sicht nicht mehr. Scheiße, war das anstrengend. Sie blickte sich leicht schwankend in der gut dreißig Meter hohen Höhle um und fand langsam ihre Motorik wieder. Bevor sie den ersten Schritt machte, atmete sie noch ein paar Mal tief durch. Die Müdigkeit, die Kopfschmerzen und die Trägheit verschwanden allmählich und Aristonia ging langsam in der Höhle umher. Grüne Höhlenwände habe ich noch nie gesehen. Durch diverse, kleinere Öffnungen in der Decke trat Licht ein. Es erfüllte den Raum mit einem warmen, aber auch hart wirkenden Licht. Gerade so viel, dass man die unterschiedlichen Grüntöne an den Wänden erkennen konnte. Die Höhle hatte viele Zugänge und sie wirkte nicht wie eine typische Felshöhle, sondern sah aus, als wäre das grüne Gestein vor langer Zeit einmal organisch gewesen. Keine Stalagmiten zierten die Böden, sondern geschwungene Bögen, die mit fließenden, bizarren Formen den Boden mit den Wänden verbanden. Ich werde einfach einen der Zugänge ausprobieren. Irgendwo muss es ja nach draußen gehen. Sie machte genau zwei Schritte, als sie abrupt stoppte und sich umsah. Sie hatte das plötzliche Gefühl, als wäre sie nicht allein in der Höhle. Eine Person, oder vielleicht so etwas wie ein Geist musste sich in unmittelbarer Nähe befinden. Sie drehte den Kopf langsam nach hinten, doch es war niemand da. Hier ist jemand... oder etwas. Ich... ich kann es irgendwie fühlen. Mit langsamen, zaghaften Schritten ging sie rückwärts auf einen der Höhlenausgänge zu, als ein Geräusch durch die Gänge hallte. Es klang wie das tiefe Stöhnen einer sehr alten Stimme. Okay. Ich hab genug von der Geisterbahn. Nichts wie raus hier.

    » Du bist erwacht «, sagte eine voluminöse, tiefe und alt klingende Männerstimme, die durch sämtliche Höhlengänge tönte. Aristonia erschrak und drehte sich mehrmals um, denn die Stimme schien aus allen Richtungen zu kommen. » Wer spricht da? «, fragte sie verunsichert. Ihre eigene Stimme klang noch heiser und kratzig. » Ich bin die Stimme von Moklam. Und mit wem habe ich das Vergnügen? «, fragte die geisterhafte Präsenz. Sie sprach relativ langsam und ihre Echos wanderten die Höhlengänge entlang. Aristonia blickte sich um und sagte: » Ich höre deine Stimme, aber wo ist der Rest von dir? «

    » Es gibt nur noch diese Stimme «, erhielt sie als traurig klingende Antwort. Aristonia blickte sich ungläubig um. Was war das für ein seltsamer Ort, an dem sie sich aufhielt? Während sie sich noch umschaute, fiel ihr auf, dass noch Fetzen des NASA-Astronautenanzugs an ihr hingen. Ihr darunter befindliches, schwarzes Lederdress, was sie sonst immer bei ihren Einsätzen getragen hatte, war relativ unversehrt geblieben. Das... das ist mein Astronautenanzug Ein paar Bruchstücke der jüngeren Vergangenheit schossen in ihr Gedächtnis. Ihre Miene wirkte angestrengt, ihre Augen blickten ziellos umher, ohne dass sie den Kopf dabei bewegte. Immer mehr Erinnerungen strömten nun an ihrem geistigen Auge vorbei. » Scheiße! Das Meta-Space-Travel-Programm. Ich muss das Labor finden! «, entwich es ihr panisch. » Das Schiff, mit dem du durch den Raum gereist bist, ist zerstört «, sagte die Stimme darauf und Aristonia schüttelte den Kopf. Ihre Augen blinzelten mehrmals, schnell hintereinander und sie fragte ungläubig: » Zerstört? Das... das kann doch nicht sein. «

    » Ich kann es dir zeigen. Es liegt auf der Oberfläche von Moklam «, sagte die Stimme in ihrer gemächlichen Art. » Moklam? «

    » Das ist der Ort, an dem du dich befindest. «

    » Also gut. Dann zeige es mir. Ich kann mich nicht an alles Geschehene erinnern «, sagte sie und sah immer noch leicht verwirrt aus. » Dann folge meiner Stimme und ich leite dich. « Aristonia ging durch einen Tunnel, der immer wieder einmal helle und dunkle Passagen aufwies. Überall zierten die flüssig und fast schon organisch wirkenden Muster die Höhlenwände und -decken. Aristonia bewegte sich verhältnismäßig langsam, da sie immer noch ziemlich wackelig auf den Beinen war. Als sie an eine Kreuzung innerhalb des Tunnelsystems kam, hörte sie wieder das Flüstern. Aristonia blieb mitten auf der Kreuzung stehen und blickte sich um. » Zerstörung. Zerstörung. Zerstörung. « Es kam näher, produzierte ein Echo in den Höhlenkanälen und entfernte sich langsam wieder. » Was ist das immer? «, fragte sie leise. » Das ist ein Requiem. Ein Überbleibsel des Untergangs «, sagte die alte Stimme zur ihr. » Untergangs? Welches Untergangs? «, fragte sie. » Des Untergangs von Moklam «, antwortete die Stimme. Nachdenklich ging Aristonia weiter. Die Stimme führte sie an die Oberfläche des seltsamen Ortes. Als sie den Ausgang aus dem Tunnelsystem erreichte und sich umblickte, sah sie nur eine schwarze Leere um sich herum. Eine weit entfernte Sonne, deren Licht bis zu Moklam durchdrang und ein paar Felsbrocken, die uninspiriert im All umhertrieben war alles, was sie in der unendlichen Leere erkennen konnte. Sie spürte nun, dass Moklam eine geringe Anziehungskraft besaß. Eine Gravitation, die ungefähr nur einem Fünftel der Anziehungskraft der Erde entsprach. Hier, auf der Oberfläche war die Atmosphäre des Zwergplaneten noch dünner und Aristonia konnte ihre Lungen nur mühsam füllen. Was sie einatmete entsprach nicht dem Luftgemisch, wie es auf der Erde vorkam. Es waren viel mehr schwere und flüchtige Gase darin. » Da vorne ist es «, sagte die Stimme und Aristonia ging zaghaft ein paar Schritte auf der Oberfläche entlang. Auch hier war der Boden dunkelgrün und sah anders aus, als alle Gesteine und Felsformationen, die sie auf der Erde gesehen hatte. Sie erreichte einen Krater. Um diesen herum lagen schon kleinere Teile von Space Lab One. In dem Krater befand sich das völlig ausgebrannte, verrußte Wrack. Ein paar Komponenten der kugelförmigen Kanzel waren noch zu erkennen, doch alles in allem war das gesamte Konstrukt völlig zerstört. Es war mit einer unglaublichen Geschwindigkeit auf den grünen Zwergplaneten geprallt. Die Chancen, in den Trümmern etwas Brauchbares zu finden, waren gleich Null. Doch als Aristonia die Unglücksstelle eine Zeit lang betrachtete, fand sie etwas: Ihre Erinnerungen.

    » Ich erinnere mich. Ich wurde von diesem Planeten angezogen und konnte nicht mehr ausweichen «, keuchte sie mit dünner Stimme und holte lange und angestrengt Luft, nachdem sie ausgesprochen hatte. » Da war... ein Licht. Kurz vor dem Aufprall. « Die Stimme schwieg und antwortete nicht darauf. » Hast du mich aus dem Schiff geholt und in die Höhlen gebracht? «, fragte sie mit einem kritischen Unterton. » Ich konnte nicht mehr für dich tun. Es tut mir leid. Als du in der Höhle lagst, dachte ich, du würdest nie wieder aufstehen. «

    » Was... was soll das heißen? Wie lange lag ich dort unten? «

    » Ich weiß nicht, in welchen Maßstäben du die Zeit berechnest. Daher kann ich dir keine Antwort darauf geben. «

    » Auf meinem Heimatplaneten dauert ein Tag vierundzwanzig Stunden. Ein Jahr besteht aus dreihundertfünfundsechzig Tagen. Mein Heimatplanet umrundet die Sonne innerhalb eines Jahres. «

    » In dem System, in dem unsere Wege sich kreuzten? « » Ja. Es war der äußerste Rand des Sonnensystems «, sagte sie und zog wieder mühsam das luftarme Gasgemisch in ihre Lungen. » Welcher Planet aus diesem System ist dein Heimatplanet? «, fragte die Stimme nach einer längeren Pause. » Der dritte, von der Sonne aus gesehen. «

    » Dann befindest du dich seit vierhundertneunzig Tagen auf Moklam. «

    » Was? Das sind... fast anderthalb Jahre. Ich habe so lange in dieser Höhle gelegen? « Die Stimme antwortete nicht, denn sie betrachtete die Frage als rein rhetorisch. Aristonias Blick wanderte langsam zum Wrack des Space Lab One. Sie haben bestimmt nicht nach mir gesucht. Aber... jetzt habe ich das was ich immer wollte. Ich bin weg von der Erde und kann dort keine Katastrophen mehr auslösen. » Du wirkst nachdenklich «, sagte die Stimme. » Ich habe gerade an meinen Heimatplaneten gedacht. «

    » Ist es schön dort? «

    » Ja. Sehr schön «, sagte sie und bekam glasige Augen. » Moklam war einst auch eine schöne Welt. «

    » Was ist hier geschehen? «, fragte sie und sah sich etwas auf der kargen, dunkelgrünen Oberfläche um. » Ich führe dich zu einem Ort, an dem ich dir die Geschichte Moklams besser darstellen kann «, sagte die Stimme und führte Aristonia zurück ins Innere des Höhlensystems. Wieder ging sie eine längere Zeit durch die Höhlen Moklams und konnte sich dabei kaum orientieren. Das Höhlennetz war riesig, durchzog den ganzen Zwergplaneten und wies überall die gleichen, organisch wirkenden, Strukturen auf. Während sie meilenweit durch die Tunnel wanderte, fiel der Rest ihres Astronautenanzugs ab und landete auf dem Boden. Unter dem klobigen Raumanzug hatte sie ihre schwarze Einsatzkleidung. Auch diese Kleidungsstücke waren etwas in Mitleidenschaft gezogen worden, hatten Löcher und Risse. » Ich habe draußen keine anderen Planeten gesehen. Sind wir überhaupt noch in meinem Sonnensystem? «, fragte Aristonia nachdenklich. » Dort kehren wir erst wieder in... nach deiner Zeitrechnung über neunhundert Jahren zurück. «

    » Was? «

    » Moklam bewegt sich sehr schnell durch den Raum. Wären wir auf der anderen Seite an die Oberfläche gegangen, hättest du seinen Methanschweif sehen können. Dennoch ist seine Umlaufbahn so groß, dass er zwei Sonnensysteme passiert. «

    » Ich... verstehe «, murmelte sie. Nach vielen Stunden Fußmarsch erreichte sie eine Art steinernes Tor, welches ebenfalls dunkelgrün war und leicht exorganisch anmutete. » Was ist denn das? «, fragte sie und betrachtete den gut zwölf Meter hohen Eingang. » Das ist der Zugang zu Moklams Herz. Hier haben einst die Bewohner dieser Welt gelebt. «

    » Und du? Hast du hier auch gelebt? «

    » Ich war hier eine Zeit lang zu Hause. « Aristonia stellte sich direkt vor das versteinerte Tor und blickte an ihm hinauf. » Ich kann das Tor nicht öffnen, Aristonia, aber ich kann dich über einen Höhlenzugang in das Innere führen. «

    Etwas später ging Aristonia langsam durch dunkle, niedrige Höhlengänge. Sie konnte in der Dunkelheit nicht viel erkennen und so ertastete sie sich ihren Weg. Die kalten Steinwände führten sie immer weiter in das Innere des Zwergplaneten. Sie hatte an diesem Ort überhaupt kein Zeitgefühl und so vergingen die Stunden, während sie sich ihren Weg durch die Dunkelheit suchte. Irgendwann wurde es schließlich heller. Sie konnte nun immer mehr Konturen erkennen und vermutete, dass der Ausgang nicht mehr weit war. Am Ende der Höhle angelangt, stand sie drei senkrecht verlaufenden Stäben gegenüber. Auch sie waren von der dunkelgrünen Schicht überzogen und wirkten wie versteinert. Fast kam es ihr wie das Ende eines Abwasserkanals vor welcher mit Gitterstäben verschlossen wurde. Sie griff nach einem der Stäbe und schaute in das Innere, schaute auf den Ort, auf den sie stundenlang in der Dunkelheit zugewandert war. Der Anblick überwältigte sie. Vor ihr lag eine antike Stadt, von einer außerirdischen Rasse erbaut. Die Gebäude waren recht groß und schmiegten sich an die riesigen, natürlichen Stützpfeiler der Höhle. Durch ein geschicktes Zugangssystem wurde Licht von oben direkt auf die versteinerte Stadt geleitet. » Das ist das Herz von Moklam «, sagte die Stimme, die ihr nun nicht mehr unheimlich war, sondern eher wie ein vertrauter Freund klang. Erstaunt zwängte sich Aristonia zwischen zwei der Absperrstäbe hindurch.

    Toronto, im Jahre 2077. Aristonia tanzte an einer Stange in einem zwielichtigen Nachtklub der Stadt. Ihre Blicke wanderten immer wieder durch das Publikum. Sie wollte auf keinen Fall von ihren Mitstudenten oder Dozenten bei ihrer Nebentätigkeit erwischt werden. Aristonia war mit ihrem schlanken, gut proportionierten Körper eine gern gesehene Tänzerin in Mister Timmons Nachtklub. Allerdings lehnte sie es ab, sich dabei auszuziehen und so wurde sie nur als eine Art Anheizerin eingesetzt, zu Beginn des Abends, wenn der Klub öffnete. Immerhin nahm sie selbst diesen Job ernst, denn sie musste sich damit ihr Studium in den Staaten finanzieren. Sie zeigte Bewegungen und Figuren an der Stange, die für eine gewöhnliche Poletänzerin eher unüblich waren und versuchte dem Ganzen noch einen Hauch Würde zu verleihen. Ein Gast war ihr dabei schon eine ganze Weile aufgefallen. Er war schon etwas angetrunken und schaute sie mit einem verkniffenen Blick an. Der Klub war noch recht leer so früh am Abend, aber dieser langhaarige, blonde Mann, stand ganz vorne an der Bühne, wo später Geldscheine in die Slips der Stripperinnen gesteckt werden würden. Aristonia schaute immer wieder weg und versuchte ihn zu ignorieren. Nachdem ihr Song zu Ende war, ging sie zurück hinter den Vorhang und von da aus in die Umkleide. Sie setzte sich vor ihren Spiegel, um das Make-up etwas nachzubessern, als plötzlich die Tür geöffnet wurde. Der große, blonde Mann stand da und gaffte sie förmlich an. » Der Zutritt ist den Gästen hier untersagt, Sir «, sagte Aristonia höflich. Der Mann reagierte gar nicht darauf, sondern betrat das kleine Umkleidezimmer und warf die Tür hinter sich zu. » Haben Sie nicht gehört? Verlassen Sie den Raum, oder ich rufe den Rausschmeißer! «, ermahnte sie ihn. Der Mann zog seine Brieftasche aus der Hose und fragte lallend: » Wie viel, Schätzchen? «

    » Ich bin keine Prostituierte «, sagte Aristonia angewidert und stand langsam von ihrem Stuhl auf. » Auch du hast deinen Preis, Kleine! Also: Wie viel? «, sagte der Mann undeutlich und leicht grinsend. » Also das reicht mir jetzt. Ich rufe nach Jerry, wenn Sie nicht augenblicklich den Raum verlassen! « Da ging der Mann auf sie zu und wurde handgreiflich. Da er sehr groß und beleibt war, konnte er sie leicht in die Ecke des Raumes drücken, in der ein altes Sofa stand. Hier ruhten sich sonst die Tänzerinnen aus, wenn sie zwischen zwei Auftritten eine Pause machten. Als Aristonia schreien wollte, hielt er ihr, mit seiner nach Nikotin stinkenden Hand, den Mund zu. Aristonia wehrte sich und bekam langsam Panik, denn er drückte sie auf das Sofa und war dabei, sich auf sie zu legen. Aristonia winkelte ein Bein an und brachte so ihren Fuß zwischen sich und ihren Angreifer. Angewidert drückte sie ihn von sich weg und es geschah etwas Merkwürdiges. Der Mann wurde gegen die Decke des Zimmers geschleudert, obwohl er weit über einhundertdreißig Kilogramm wog. Dort prallte er mit dem Rücken dagegen und landete auf dem Boden. Etwas Putz rieselte von der Zimmerdecke auf ihn herab. Er rührte sich nicht mehr und sein starrer Blick ließ auf einen Genickbruch schließen. Aristonia bewegte sich langsam auf ihn zu. Sie konnte nicht begreifen was gerade geschehen war. Da ging plötzlich die Tür erneut auf und Mister Timmons, ihr Chef, betrat das Zimmer. Er sah erst den Toten und dann Aristonia. » Was... was hast du getan? Aristonia! Was hast du getan? «, schrie er aufgebracht, wollte er doch jeglichen Kontakt mit der Polizei vermeiden. » Ich... ich weiß es nicht «, sagte sie und rannte zur Tür. Sie wollte nur noch weg. Doch Mister Timmons hielt sie am Arm fest und sagte: » Sag mal, bist du verrückt geworden? Du hast einen Gast umgebracht! « Aristonia ergriff seine Hand, um sich von ihm zu lösen, doch als sie zupackte, brachen mehrere Knochen in Mister Timmons Handwurzel. Finger bogen sich unnatürlich in sämtliche Richtungen und er stieß einen hohen Schrei aus. Er ging in die Knie und hielt sich seine gequetschte Hand. » Aristonia! Du... du Miststück! Bist du verrückt geworden? «, schrie er unter Schmerzen mit hochrotem Kopf. Aristonia sah ihn erschrocken an und lief dann davon. Was eben geschehen war, wirkte so surreal auf sie. Wie ein böser Traum, der einfach nicht enden wollte. Während sie in ihrer Auftrittskleidung die Straße entlangrannte sagte sie zu sich: » Oh mein Gott! Was habe ich nur getan? «

    » Wie meinst du das? «, fragte die tiefe, alte Stimme. » Was? Oh... ich... ich habe mich nur an etwas erinnert «, antwortete sie und ging weiter auf die ausgestorbene Stadt zu. Deren Häuser waren hoch, hatten keine Fenster, sondern nur vereinzelt, viereckige Löcher. Die Fassaden waren komplett von der dunkelgrünen, steinernen Schicht überzogen, welches alte Ablagerungen aus der methangashaltigen Atmosphäre des Zwergplaneten waren. Die Häuser sahen aus, als wären sie vor langer Zeit verlassen worden. » Hier lebten einst über einhunderttausend Moklamer «, sagte die Stimme, als Aristonia langsam über die Hauptstraße ging und sich die hohen, massiven Häuser anschaute. » Was ist ihnen zugestoßen? «

    » Sie wurden von einer Armee angegriffen... und alle wurden umgebracht. «

    » Das ist ja schrecklich. Wie konnte das geschehen? Ich meine, der Planet bewegt sich doch so schnell durch den Raum. «

    » Diese Armee kam nicht mit Raumschiffen nach Moklam. Sie sind durch Tore gekommen. « Aristonia blieb augenblicklich stehen und riss die Augen auf. » Was sagst du da? Durch Tore? «

    » Richtig. Leuchtende Tore öffneten sich überall im Höhlensystem und brachten schreckliche Dämonen zum Vorschein, die alles Leben vernichteten. «

    » Kannst du... sie beschreiben? «, fragte sie mit einem Kloß im Hals. Sie hatte die starke Vermutung, dass es sich hierbei um Zaikattore handelte, die bekanntlich ihren Ursprung auf der Erde hatten. » Es waren Dämonen. Abscheuliche Kreaturen, die keinen verschonten. « » Das... das tut mir leid. «

    » Es ist nicht deine Schuld, Aristonia. Hätten wir damals jemanden wie dich gehabt, wären unsere Überlebenschancen höher gewesen. « Aristonia blickte etwas nach oben, ohne zu wissen, wo sich die Quelle der Stimme, die zu ihr sprach, genau befand. » Es ist mir nicht entgangen, dass du außergewöhnliche Fähigkeiten besitzt. Du hast die Explosion schadlos überstanden, hast auf beispiellose Weise dem Tod getrotzt und hast aus eigener Kraft den Weg ins Leben zurückgefunden. « » Diese Tore... mit denen die Armee hier eingefallen ist... « Aristonia atmete tief ein, auch wenn die Luft in ihren Lungen brannte. Ihr Blick wanderte nach oben und sie blickte an die weit entfernte, grüne Höhlendecke. » Sie kamen von der Erde. Diese Tore wurden auf der Erde erschaffen, meinem Heimatplaneten.«

    » Dann bist du einer dieser Dämonen? Gehörst du auch zu dieser Armee? «

    » Nein. Auf der Erde sehen alle so aus wie ich. Wir sind Menschen, Erdenmenschen. Humanoiden, wenn du so willst. «

    » Wie kommt es dann, dass diese Dämonen in Moklam eingefallen sind? «

    » Wir haben die Tore nur erschaffen, aber wir hatten keine Kontrolle über sie. Die Tore drifteten in Raum und Zeit umher und verbanden Welten miteinander, die sich niemals hätten begegnen dürfen. «

    » Es ist sehr bedauerlich, dass ich nun erfahren muss, dass dein Volk Schuld hat. Schuld am Aussterben Moklams. « » Diese Dämonen kamen sicher nicht von der Erde. « » Aber eure Tore haben den Einfall ermöglicht, der mein ganzes Volk vernichtet hat. «

    » Ich sagte doch, dass es mir unendlich leid tut. «

    » Damit kannst du keinen Genozid ungeschehen machen, Aristonia «, sagte die Stimme traurig und vorwurfsvoll zugleich. » Ich weiß. Das kann ich nicht. « Minutenlang stand sie inmitten der ehemaligen Metropole von Moklam und blickte an die Höhlendecke, die sich gute vierhundert Meter hoch über ihr befand. Ich wollte weg von der Erde, weil ich die Apokalypse nicht herbeiführen wollte. Und nun muss ich feststellen, dass diese verdammten Tore andere Welten in den Untergang gestürzt haben. Ich glaube, es war ein Fehler davonzulaufen. Was, wenn das Gleiche auf der Erde passiert? Die Menschen hätten keine Chance... es sei denn... jemand wie ich ist da und verteidigt sie. Ich... ich glaube, ich habe einen schrecklichen Fehler begangen. Ich muss zurück.

    » Du siehst bedrückt aus «, sagte die Stimme nach einiger Zeit zu ihr. » Wie lange würde man von Moklam zur Erde benötigen? «, fragte sie nachdenklich. » Du willst zurück nach Hause? «

    » Ja, falls es mir möglich ist. «

    » Ich kann es dir nicht verübeln. Ich würde an deiner Stelle vermutlich genauso handeln. «

    » Wieso? Was ist falsch daran? «

    » Ich dachte, deine Wahrnehmung von Ehre und Schuld sei etwas ausgeprägter. Aber es ist wahrscheinlich die genetische Veranlagung deiner Spezies. «

    » Was? Wovon redest du? «

    » Die Tore deines Planeten haben meinem Volk die Vernichtung gebracht. «

    » Ich kann nicht stellvertretend für alle Erdenbewohner... «

    » Das sollst du auch nicht, Aristonia «, unterbrach sie die Stimme. » Also was soll ich deiner Meinung nach tun? « » Jemand mit deinen Fähigkeiten könnte dafür sorgen, dass sich ein solch schreckliches Ereignis nicht wiederholt. « Sie schaute etwas ungläubig ins Leere und dachte kurz über das Gesprochene nach. » Wenn ich dich zu den Dämonen führe, könntest du sie vernichten? «, fragte die Stimme mit einem düsteren Unterton. » Du willst Rache für dein Volk? «

    » Nein. Ich bin schon so lange tot, dass mich Rache nicht mehr interessiert. Aber ich will dir helfen, dir und deinem Volk, sich von der Schuld reinzuwaschen. «

    » Indem ich die Dämonen bekämpfe? «

    » Somit verhinderst du wenigstens, dass sie nicht noch eine Welt überfallen. Würdest du auch so lange zögern, wenn sie die Erde ausrotten würden? «

    » Nein, ich würde keine Sekunde zögern, da die Zaikattore ihren Ursprung auf der Erde haben, wäre ein Angriff nicht abwegig. «

    » Das ist genau der Punkt, denn in kosmischen Maßstäben trennt Moklam und deinen Heimatplaneten nur eine winzige Distanz. «

    » Und du könntest mich zu ihnen führen? «

    » Mit etwas Vorbereitung kann ich dich zu ihnen bringen und dich sogar unterstützen. Sie sind vor langer Zeit wieder in ihre Heimat zurückgekehrt. « Aristonia dachte nach. Ist das meine Chance, meine Fehler wiedergutzumachen? Es ist auf jeden Fall nicht verkehrt, eine rassenmordende Armee auszuschalten. Ich muss endlich anfangen, meine eigenen Entscheidungen zu treffen. » Ich tue es. Für die Zaikattore bin ich als Erdenmensch mitverantwortlich. Ich werde die Dämonenarmee zerschlagen «, sagte sie selbstsicher. » Das ist gut. Ich bin dir zu großem Dank verpflichtet. « » Nein. Es ist nur eine minimale Wiedergutmachung. Ein Tropfen auf den heißen Stein, verstehst du? «

    » Ich denke, ich verstehe diese Metapher. Es liegt ein langer Fußmarsch vor dir, Aristonia. Wir müssen uns auf den Kampf vorbereiten. «

    » Ich bin nicht an den Boden gebunden «, sagte sie, kurz, nachdem die Stimme ihren Satz beendet hatte. » Wie meinst du das? « Aristonia hob langsam vom Erdboden ab und schwebte knapp dreißig Zentimeter darüber. » Du kannst die Gravitation ohne Hilfsmittel überwinden? Das ist sehr beeindruckend. «

    » Leite mich und ich folge dir. «

    Das unbekannte Wesen leitete sie mehrere Stunden durch die teils riesigen Höhlen. Sie flog nicht allzu schnell und musste sich auch nicht sonderlich konzentrieren, um den Geräuschen zu folgen, die das Wesen von sich gab. Natürlich machte sie sich auch Gedanken über dieses geisterartige Wesen was keine physische Form mehr besaß. Nach einigen Stunden erreichten sie eine Höhlenkammer, weit abseits des einst belebten Zentrums. » Hier ist es «, sagte die Stimme und zentrierte ihre Präsenz in der Mitte einer riesigen Höhle. Zweihundert Meter im Durchmesser, gute sechzig Meter hoch und mit drei Zugängen. » Hier willst du mich vorbereiten? «, fragte sie, als sie landete und sich in der Höhle umsah. Auch hier waren die organisch wirkenden Steinstrukturen zu finden und der überwiegende Farbton bestand aus einem dunklen Grün, wie fast überall auf Moklam. » Hier werden wir uns vorbereiten. Es wird genauso mein Kampf werden, Aristonia. « Sie nickte und ging langsam zu einer Pfütze, die sich am Boden befand. » Hier gibt es Wasser? «, fragte sie. » Nein, das ist kein Wasser. Du solltest das nicht trinken «, sagte die Stimme, während Aristonia sich näherte und in die gelblich grüne Pfütze hineinblickte. Sie sah ihr Spiegelbild darin und verharrte nachdenklich in dieser Position. Sie hatte etwas Ruß auf der Stirn, ihr Make-up was sie sich vor dem Start aufgetragen hatte, war völlig verschwunden. Ihre nackenlangen, schwarzen Haare waren zerzaust und zwei lange Strähnen hingen ihr links und rechts am Gesicht herunter. » Wie haben die Bewohner von Moklam ausgesehen? Waren das auch Humanoiden? «, fragte sie nachdenklich. » Sie waren nicht so vollkommen wie ihr Erdenmenschen. Aber sie waren ein sehr soziales Volk. Das mussten sie sein, anders hätten sie hier nicht überlebt. «

    » Du sprichst von ihnen so, als hättest du nicht dazugehört. Bist du nicht von Moklam? «

    » Ich war hier genauso zu Hause wie alle anderen. « Diese Antwort war für Aristonia nicht zufriedenstellend, doch sie bohrte nicht weiter nach. Das Wesen würde ihr schon noch seine Geschichte erzählen, wenn die Zeit dafür reif wäre, dachte sie bei sich. » Willst du dich noch etwas ausruhen, bevor wir unser Vorhaben starten? «, fragte die alte Stimme, die durch die ganze Höhle hallte. » Ich bin eine Metahumane, eine Parachronata. Ich brauche mich nicht auszuruhen. «

    » Dann begib dich in den Höhleneingang vor dir. Er führt in eine Grotte. « Aristonia blickte zu dem Höhlengang und ging langsam darauf zu. » Kommst du nicht mit? «, fragte sie. » Nein, denn in dieser Grotte musst du ein Bad nehmen. «

    » Ein Bad? «

    » Es ist notwendig, damit ich dich später im Kampf unterstützen kann. «

    » Wie soll ich das verstehen? «

    » Das Bad wird es mir ermöglichen, dich telepathisch zu unterstützen. Ich kann Moklam nicht verlassen, aber ich kann trotzdem bei dir sein, wenn du in die Heimat der Dämonen gehst, verstehst du? « Aristonia nickte, ging weiter und verschwand in der dunklen Höhle, die in eine abgelegene Grotte führte. Sie konnte die Präsenz des Wesens tatsächlich nicht mehr wahrnehmen. Als sie das Höhlenende erreichte, stand sie vor einem unterirdischen Weiher, tief im Inneren des Planeten. Es war still. Nur das leise Plätschern der Flüssigkeit an den Steinwänden war zu hören. Es war die selbe gelblich grüne Flüssigkeit, die sie oben gesehen hatte, doch in der Dunkelheit erkannte sie es nicht. Sie schlüpfte aus ihren schwarzen Lederstiefeln und entledigte sich ihrer Kleidung. Nun machte sie einen Schritt auf den Teich zu. Ihre Zehen berührten die Flüssigkeit. Sie fühlte sich warm und schwer an. Viel dichter in der Konsistenz als Wasser. Ich muss es tun. Ich bin es ihm ja schuldig. Mein Heimatplanet hat mit der Erschaffung der Zaikattore großes Unglück über das Universum gebracht. Ich tue es, um das Verbrechen, das die Menschheit am Volk von Moklam begangen hat, zu sühnen. Sie machte einen Schritt in den flach abfallenden Weiher welcher einen Durchmesser von circa zehn Metern hatte. Die Höhle war hier nur knapp über zwei Meter hoch. Aristonias Augen gewöhnten sich langsam an die Dunkelheit, doch sie konnte in der Höhle nur Umrisse erkennen. Sie ging weiter in die leicht klebrige Flüssigkeit hinein und stand nun mitten in dem Teich. Er war nicht sehr tief, sondern reichte ihr gerade bis zum Bauch. Er sagte ich solle ein Bad nehmen. Also werde ich wohl oder übel in das Zeug eintauchen müssen. Sie ging langsam in die Knie und die Flüssigkeit bedeckte ihren Brustkorb, ihre Schultern und erreichte schließlich ihr Kinn. Aristonia schloss die Augen, presste den Mund zusammen und tauchte ganz hinein.

    » Alles Gute zum Einundzwanzigsten, Babe! «, sagte Samuel Wednesday aufgedreht, umarmte Aristonia, küsste sie und drückte ihr ein kleines Geschenk in die Hand. Sie befanden sich an einer Anhöhe, von wo aus man einen guten Überblick über einen Vorort von Toronto hatte. » Mach es auf «, sagte Samuel und grinste sie an. Er war ein Aufreißer, ein Typ, der junge Frauen sehr gut umwerben konnte. Seine schwarzen Haare waren immer mit Gel gestylt, er trug goldene Kettchen, hatte gebleichte Zähne und hielt sich öfters in Solarien auf, was man ihm auch ansah. Was man ihm nicht zutraute, wenn man ihn so sah, waren seine außergewöhnlichen, mathematischen Fähigkeiten, die ihm schließlich einen Studienplatz einbrachten. Aristonia hatte ihn während ihres Studiums in Toronto auf der Uni kennengelernt. Sie öffnete die kleine Box und fand ein Schmuckstück darin. Sie zog die Silberkette heraus und sah einen kunstvoll verzierten, silbernen Anhänger daran. » Samuel, die ist... echt wunderschön «, sagte sie. » Komm, Babe. Ich mach sie dir um «, erwiderte er und stellte sich hinter sie. » Die war bestimmt teuer «, sagte sie, als sie ihre Haare vom Nacken zur Schulter strich. » Klar, Babe. Für dich nur das Beste. Die Leute müssen doch sehen, dass wir zusammengehören «, pranzte er und fragte: » Willst du die andere Kette anbehalten? « Aristonia überlegte kurz und sagte: » Nein, du kannst sie abmachen. « Danach drehte er sie zu sich um und erzwang erneut einen langen Kuss. » Dankeschön. Sie gefällt mir sehr gut «, sagte Aristonia und betrachtete den Anhänger, der sich auf Höhe ihres Brustbeins befand. » Hier! Deine alte Kette «, sagte Samuel und streckte ihr die Goldkette entgegen, die er ihr eben abgenommen hatte. Aristonia nahm sie an sich und betrachtete den herzförmigen Anhänger, den sie zum vierten Geburtstag von ihrem Vater bekommen hatte. Sie ging ein paar Schritte auf dem Hügel entlang und blickte nachdenklich in den Himmel. » Babe? Alles okay? « » Ja. Alles ist gut «, sagte sie, wirkte aber etwas traurig dabei. » Komm, wir gehen lieber. Es sieht nach Regen aus «, sagte er und umfasste ihre Taille. Tatsächlich waren am Himmel seltsame Wolken zu erkennen, die eine leicht bräunliche Färbung hatten. Sie steckte die Kette in die Seitentasche ihrer Jeanshose und ging mit Samuel zurück ins Studentenwohnheim, wo eine Überraschungsparty auf sie wartete.

    Die Beziehung mit Samuel hielt nur ein paar Monate und seine geheuchelte Liebe wurde durch seine Flirts und Techtelmechtel mit anderen Mädchen immer mehr zur Lachnummer. Als Aristonia ihn abservierte, spielte er den Überraschten, tröstete sich aber schnell mit einer anderen. Das silberne Amulett welches er ihr zum Geburtstag geschenkt hatte, korrodierte alsbald auf der Oberfläche. Es war aus einem billigen Material mit einer schlechten Beschichtung hergestellt worden und Synonym für den Charakter von Samuel.

    Aristonia öffnete die Augen. Sie erhob sich langsam wieder und tauchte aus der Flüssigkeit auf. Das gelblich grüne Fluid lief langsam an ihrem Oberkörper herunter. Sie blickte sich um, erkannte mit Mühe die Stelle, an der sie den Weiher betreten hatte und stieg vorsichtig wieder heraus. Keine Ahnung wie lange ich da drin gewesen bin. Ich hoffe, es ist ausreichend. Sie zog ihre teils beschädigten Klamotten wieder an, wrang sich kurz die Haare aus und

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