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Lichtwolf Nr. 69 (Über)
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eBook226 Seiten2 Stunden

Lichtwolf Nr. 69 (Über)

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Über dieses E-Book

Wer groß denkt und hoch hinaus will, landet eventuell im Über – zur näheren Bestimmung dient dieses Heft. Michael Helming nimmt sich auf sprachspielerische Weise des Wörtchens „über“ an, während Sarah Maria Lenk den Aufstieg und Fall dieses Germanismus im Englischen nachzeichnet. Fehlen darf natürlich nicht der Übermensch, den Schneidegger mitsamt eines linken Übermitleids behandelt, und russische Youtube-Philosophen wie „Übermarginal“, den Ewgeniy Kasakow vorstellt. Immer geht es über bzw. um irgendwas, sogar in Zeitaltern – ein Trend, den Marc Hieronimus beobachtet; derselbe eröffnet auch Überlegungen zu Serien über irgendwas, die allen anderen überlegen sind: Hieronimus plädiert für „Dylan Dog“, Bernhard Horwatitsch für die Sopranos und Vasile V. Poenaru für „Orphan Black“. Eher in der klassischen Kunst ist Michael Helming unterwegs mit einer einzigartigen anatomisch-kulturgeschichtlichen Analyse der Putten und ihrer Flügel. Osman Hajjar erzählt eine weitere Messingstadt-Geschichte nach, in der wir etwas über die Überwindung des inneren Schweinehunds und das mußevolle Warten in der Überzeit lernen. Martin Köhler überlegt in seiner Kolumne, wie oft das Wort „über“ bei Rammstein vorkommt (und warum). Wieso dagegen die Bitte, Kaffee zu machen, eine patriarchale Überlegenheitsgeste ist, erklärt Katharina Körting. Markos Hieronymos hat einen bislang unbekannten Platon-Dialog übersetzt. Mit Bdolf, der wieder ein Propädeutikum liefert, überwinden wir die Matrix bzw. Raum und Zeit, ehe es um das Sehen geht, das am besten von oben funktioniert: Bernhard Horwatitsch denkt über Optik im konkreten und übertragenen Sinne nach, Martin Köhler wird grundsätzlich grundgesetzlich zum Thema Überwachung und Wolfgang Schröder führt in seinem letzten Essay den Gedanken des Seins als Gesehenwerden weiter und in die Tiefe.

Wie so oft eröffnen die Kürzestrezensionen, Aphorismen und der tragbare Gedanke mit trotzphilosophischen Miniaturen den hinteren Heftteil, der ansonsten ganz einer traurigen Pflicht gewidmet ist: Wir würdigen unsere verstorbenen Kollegen Norbert Hildebrand und Wolfgang Schröder, dessen Lichtwolf-Beiträge Osman Hajjar zusammen mit Sokrates durchgesehen hat.

SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum2. Apr. 2020
ISBN9780463059722
Lichtwolf Nr. 69 (Über)
Autor

Timotheus Schneidegger

Bücher für alle und keinen. Pirateninsel des Lichtwolf. Novaheißer Independent-Verlag im Nordwesten.

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    Buchvorschau

    Lichtwolf Nr. 69 (Über) - Timotheus Schneidegger

    lw69-cover

    Lichtwolf Nr. 69 (Frühling 2020)

    Titelthema: Über

    Inhalt Nr. 69

    Editorial & Impressum

    Über

    Einleitung ins Titelthema

    Der Jugend zum Geleit

    Propädeutikum und Prolegomena zum Thema „Über"

    von Bdolf

    Überhaltung

    Die beste Serie

    Was wählen, wenn man Kultur und Zerstreuung in einem wünscht, und davon nur das Beste?

    von Marc Hieronimus

    Über die Sopranos

    Der Müll-Pate

    Eine Analyse mit Heidegger und Spoilern

    von Bernhard Horwatitsch

    Über Orphan Black

    Klon-Cloud über alles

    Über die vielen Ichs der Tatiana Maslany

    von Vasile V. Poenaru

    Übermensch

    Drunter- und Drübermenschen

    Muss, wer den Übermenschen will, in anderen Untermenschen sehen? Oder liegt in Nietzsches Idee ein utopisches Potential, das – trotz seines Missbrauchs durch Nazis – Linken weiterhülfe?

    von Timotheus Schneidegger

    Rammstein

    Stufen zum Nichts: Über

    Kolumne von Martin Köhler

    Worthülle & Wortfülle

    Es grüßt dein Bruder Übermut

    Betrachtungen zu einem Wörtchen

    von Michael Helming

    Über alles

    Marginalien über „Übermarginal"

    Zwischen Heidegger und Energydrinks: Der Streamer und Podcaster „Übermarginal" ist ein Star im russischsprachigen Netz.

    von Ewgeniy Kasakow

    Hierarchien

    Kaffeemachen*

    Warum Mikrogesten machostabilisierend wirken

    von Katharina Körting

    Über den Zeiten...

    Abu Mohammed, der Faulpelz

    Eine weitere Geschichte aus der Messingstadt lobt das Warten auf den günstigen Augenblick und verweist auf ein koranisches Konzept der Überzeit.

    von Osman Hajjar

    Wortkunde

    Aufstieg und Fall eines Präfixes

    Von Nietzsche zu den Nazis, über Punkrock bis in die Randbereiche der Kulturindustrie führt der Weg des über/uber.

    von Sarah Maria Lenk

    Kater Dolorosa

    von Georg Frost

    Überfälligkeiten

    Die Zeit ist uns über

    Zeitgenössische Kunst ist immer über etwas. Damit folgt sie aber nur dem Zeitgeist, der für alles einen Namen braucht.

    von Marc Hieronimus

    Puttenflügel

    Wohin mit den Dingern?

    Amoretten, Eroten, Putten, Genien – das pausbäckige Knabengeflügel ist eine anatomische Anomalie und bildgewordenes Hummel-Paradoxon. Seit der Antike erheben diese nackten Überflieger sich und ihre liebliche Ästhetik nicht nur über die Gesetze der Aerodynamik.

    von Michael Helming

    Raus aus der Simulation

    Die Überwindung der Matrix

    von Bdolf

    Error multiplex, veritas una

    Wer Augen hat, der sieht alles in allem

    Das Licht der Aufklärung leuchtet über uns allen, in uns hinein und aus uns heraus. Überlegungen zur Optik im üblichen und übertragenen Sinne

    von Bernhard Horwatitsch

    Neuer Versuch

    Die Überwindung von Raum und Zeit

    von Bdolf

    Überwachung

    Wir sehen was, was du nicht siehst

    Überwachung ist nichts Neues, erst recht nicht in Deutschland. Neu aber ist ihr Ausmaß und das Hinnehmen sowie die Heilsversprechen, die mit ihr einhergehen.

    von Martin Köhler

    Überreste

    Alkibiades III

    Neue Scan-Verfahren machen die Lektüre der beim Ausbruch des Vesuv 79 n.Chr. versteinerten Pergamentrollen möglich. Transkript und Übersetzung

    von Markos Hieronymos

    Wahr-Nehmung

    Über-Blick

    Sein heißt Gesehenwerden: über das Sehen, Gesehenwerden und Erkanntsein zwischen Behütung und Überwachung, Ästhetik und Identität

    von Wolfgang Schröder

    Rezensionen in < 800 Z.

    Kurz & Klein 69

    von Bdolf (bd), Michael Helming (mh) und Marc Hieronimus (hi)

    Kurz lesen, lang nachdenken

    Der tragbare Gedanke 69

    von Bdolf (bd), Filbinger (fi), Michael Helming (mh), Marc Hieronimus (hi), Bernhard Horwatitsch (bh), Jean-Baptiste O’Lebigmac (ol) und Wolfgang Schröder (ws)

    Schröder (†) & Hildebrand (†)

    Die Avantgarde geht voran

    Zum Tode zweier Lichtwolf-Kollegen

    von Timotheus Schneidegger

    In memoriam Rüdiger Spiegel

    LADEHEMMUNGEN (KEINEM ZUR LAST GEFALLEN!)

    von Stefan Krückmann

    Wolfgang Schröder (†)

    Über einen edlen Mitstreiter

    Rückschau auf die Beiträge Wolfgang Schröders in einer Form alter Schule

    von Osman Hajjar

    Sentenzen für die Latrinentür

    Pro Domo et Mundo 69

    von Filbinger (fi), Michael Helming (mh), Marc Hieronimus (hi) und Jean-Baptiste O’Lebigmac (ol)

    Autoren & Illustratoren

    Rückseite

    LXIX. Alles nicht so einfach

    Aus der Offizin 69

    Rückschläge gehören zum Geschäft wie die Routine und wenn man nur lange genug dabei bleibt, kann man immer mehr Leichen zum Kollegenkreis zählen: Wolfgang Schröder und Norbert Hildebrand sind gestorben – sie seien ab S. 99 gewürdigt.

    Weniger schmerzlich, bloß nervig sind die Mühlen der Bürokratie: Der im letzten Heft angekündigte Förderverein für unser kleines Weltmagazin hängt noch in ebendiesen fest – in dieser Sache also leider noch nichts Konkretes wie Spendenkonto und Mitgliedsantrag.

    Das mahnt zur Vorsicht bei Ankündigungen im Editorial. Darum hier lediglich der Hinweis auf den anstehenden Sommer 2020, in dem die „Zeitschrift trotz Philosophie" 18 Jahre alt wird; ihre Eltern sind dann mit dem Womo in Skandinavien unterwegs und sie hat somit die eine Gelegenheit, den überheblichen Magazinen aus dem Kioskregal zu zeigen, dass sie doch ganz cool ist (und z.B. natürlich weiß, wofür 69 steht; hihi). 

    Einladungen folgen.

    Ihr 

    Timotheus Schneidegger

    Impressum

    Lichtwolf - Zeitschrift trotz Philosophie

    Ausgabe 1 / Jahrgang 19 (Nr. 69)

    Elektronische Ausgabe

    Veröffentlicht Ende März 2020

    Verlagsanschrift:

    catware.net Verlag / Timotheus Schneidegger

    Erlenstraße 4 / 26524 Hage

    Tel.: (+0049) 1520 3825888

    E-Mail: redaktion@lichtwolf.de

    V.i.S.d.P.: Timotheus Schneidegger

    Heftgestaltung & Umschlag: Georg Frost

    Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung von Herausgeber, Redaktion oder Verlag wieder. Beiträge (Text oder Bild) dürfen nicht – auch nicht auszugsweise – ohne Zustimmung ihrer Urheber weiterverbreitet werden. Zur Verwendung kommt eine Hausorthographie. Redaktionelle Beiträge sende man per E-Mail an:

    redaktion@lichtwolf.de

    Der Lichtwolf ist keine Literaturzeitschrift: Bitte keine Kurzgeschichten und Gedichte schicken!

    Einleitung ins Titelthema: Über 

    Der Übermensch ist ein verfrühtes Ideal, das den Menschen voraussetzt.

    – Karl Kraus, Die Fackel Nr. 264, 18.11.1908, S. 24.

    Wer groß denkt und hoch hinaus will, landet eventuell im Über – zur näheren Bestimmung dient dieses Heft. Michael Helming nimmt sich auf sprachspielerische Weise des Wörtchens „über an, während Sarah Maria Lenk den Aufstieg und Fall dieses Germanismus im Englischen nachzeichnet. Fehlen darf natürlich nicht der Übermensch, den Schneidegger mitsamt eines linken Übermitleids behandelt, und russische Youtube-Philosophen wie „Übermarginal, den Ewgeniy Kasakow vorstellt. Immer geht es über bzw. um irgendwas, sogar in Zeitaltern – ein Trend, den Marc Hieronimus beobachtet; derselbe eröffnet auch Überlegungen zu Serien über irgendwas, die allen anderen überlegen sind: Hieronimus plädiert für „Dylan Dog, Bernhard Horwatitsch für die Sopranos und Vasile V. Poenaru für „Orphan Black. Eher in der klassischen Kunst ist Michael Helming unterwegs mit einer einzigartigen anatomisch-kulturgeschichtlichen Analyse der Putten und ihrer Flügel. Osman Hajjar erzählt eine weitere Messingstadt-Geschichte nach, in der wir etwas über die Überwindung des inneren Schweinehunds und das mußevolle Warten in der Überzeit lernen. Martin Köhler überlegt in seiner Kolumne, wie oft das Wort „über" bei Rammstein vorkommt (und warum). Wieso dagegen die Bitte, Kaffee zu machen, eine patriarchale Überlegenheitsgeste ist, erklärt Katharina Körting. Markos Hieronymos hat einen bislang unbekannten Platon-Dialog übersetzt. Mit Bdolf überwinden wir die Matrix bzw. Raum und Zeit, ehe es um das Sehen geht, das am besten von oben funktioniert: Bernhard Horwatitsch denkt über Optik im konkreten und übertragenen Sinne nach, Martin Köhler wird grundsätzlich grundgesetzlich zum Thema Überwachung und Wolfgang Schröder führt in seinem letzten Essay den Gedanken des Seins als Gesehenwerden weiter und in die Tiefe.

    Der Jugend zum Geleit

    Propädeutikum und Prolegomena zum Thema „Über"

    von Bdolf

    1.) Nehmen wir das „über wörtlich – dann hieße das: Jenseits des „Menschlichen – genau! Das wäre wirklich schön …! (Kann ja nur besser werden …)

    2.) „Über den Wolken muss die Freiheit grenzenlos sein … !, so schniedelte der beliebte Deutschchansonierser Reinhard „icke un’ mine Fluppe Mey – was Blödsinn ist - in den Lüften gilt die Luftverkehrsregelung - in den Niederungen die New World Order - 

    3.) Allen Menschen wäre immer und besser geholfen, würden sie das „über" ganz, ganz wörtlich nehmen – nämlich: immer besser denken, immer besser verstehen, sich-immer-besser-erinnern – sich zu einem Kompositum bekennen – dem Überwinden der eigenen Dummheit … -

    4.) Alle Menschen wollen überwinden – die Sterblichkeit, die Sinnlosigkeit, die Ziellosigkeit, die Verhältnisse, jeden anderen Blödsinn - nur nie die eigene, blödsinnige Dynamik - Und wenn alle alles überschreiten – denn wird das Gebot „Überschreitung ist ALLES – nur noch - idiotisch - 

    6.) Der geistigen Gesundheit tut allgemein gut, nicht immer „über - sondern auch mal „hier und jetzt - und sowieso und überhaupt … - 

    7.) Der allseitig beliebte Dichter-Filosof „Fritz" Nietzsche hatte es für alle, die es wissen wollen, gesagt - : Wer rüber will – muss wissen, was er denn dann DRÜBEN will - 

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    Macht arm, aber sexy glücklich: Comics sammeln. (Photo: Marc Hieronimus)

    Überhaltung

    Die beste Serie

    Die Güte eines Kunstwerks lässt sich nicht messen, nur erläutern. Umgekehrt ist der Erfolg mancher Unterhaltungsprodukte offensichtlich, aber schwer erklärlich. Was wählen, wenn man Kultur und Zerstreuung in einem wünscht, und davon nur das Beste?

    von Marc Hieronimus

    Das Beste ist so eine Sache, überhaupt der Superlativ. Ein relatives Höchstmaß lässt sich nur bei wenigen Eigenschaften wie Höhe, Breite, Länge, Temperatur, Geschwindigkeit feststellen. Darum wohl haben Sprachen noch andere Möglichkeiten, Adjektive zu steigern. Im Deutschen haben wir bekanntlich idiomatische Wortverbindungen wie rabenschwarz, mausetot, eiskalt, um eigentlich nicht steigerbaren Wörtern mehr Stärke zu verleihen. Im Türkischen gibt es dafür eine aus phonetischen Gesetzmäßigkeiten mehr oder weniger ableitbare Vorsilbe:

    kırmızı (rot) - kıpkırmızı (knallrot, „rorot")

    dolu (voll) - dopdolu (rappelvoll, „voppvoll")

    yaş (nass) - yamyaş (klitschnass, „nappnass")

    temiz (sauber) - tertemiz (blitzsauber, „samsauber") 

    çıplak (nackt) - çırçıplak (splitternackt, „narnackt")

    mor (lila) - mosmor (???)

    Man fragt sich, wie lange es noch dauert, bis die deutsche Produktwerbung die Form auch bei uns einführt. Denn die Propaganda des Kapitalismus mit ihrem Budget, ihren Künstlern und Wissenschaftlern hat schon oft durch Vermassung regionaler Besonderheiten oder durch Wortneuschöpfung (unkaputtbar) die Sprache verändert und wäre längst der superlativste Ort überhaupt, wenn der Gesetzgeber sie nicht in die Schranken wiese. Duplo ist einem alten TV-Spot zufolge darum nur vermutlich „die längste Praline der Welt", und weil sich jeder Spruch irgendwann abnutzt, wurde aus dem Süßkram erst die längste Praline des Universums (vermutlich), dann hat man es ganz drangegeben.   

    Dabei ist Länge ja messbar. Der Witz und Trick, wie Ferrero sich unangreifbar macht, ist die Bezeichnung ihres Schokoriegels als Praline. Wenn ich den Rhein als den längsten Bach Europas bezeichne, ist das auch kaum widerlegbar. Die Donau ist länger, aber sie ist kein Bach. Der Rhein auch nicht? Und Duplo ist keine Praline? Da wir jeder sprachlichen Äußerung Bedeutung unterstellen („sei relevant" lautet die oberste der Grice’schen Konversationsmaximen), suchen wir in solchen Fällen wie generell bei uneigentlichem Sprechen nach einem zweiten, tieferen Sinn. Im Beispiel: Lassen Sie sich nicht täuschen, Duplo ist eine Praline (und als solche vermutlich die längste der Welt), sie sieht nur aus wie ein Schokoriegel. Es geht um ein Alleinstellungsmerkmal. Und darum, das meiste Naschi zu verkaufen.

    Messbar ist mehr, als man denkt, z.B. auch Drogengüte (die besten Halluzinationen erzeugt wohl DMT, am heldenhaftesten fühlt man sich mit Heroin), aber kein Superlativ bleibt bestehen. Ja, es gibt in der phyischen Welt wohl keinen einzigen alten, nicht eingeholten Rekord: Was sind die sieben Weltwunder gegen das, was heute gebaut wird? Sind bzw. kommen wir nicht, von der ungeheuren Lebenserwartung einiger Bibelgestalten einmal abgesehen, in allem größer, schneller, weiter? Selbst im Immateriellen, in der Welt der Kunst, wo sich Superlative fast verbieten, scheinen mir viele Klassiker in den letzten Jahren verblasst zu sein. 

    Musikalisch geht noch einiges (LW66), aber bislang Bestes lässt sich durchaus nennen. Es ist wenig originell, die Beatles der Jahre von 1965 bis 1968 die innovativste und am nachhaltigsten prägende Popmusikformation aller Zeiten (bis heute) zu nennen, aber weiß der Laie auch, warum die Fab Four den Titel verdienen? Die vier Komponisten (ja, auch George Harrison und Ringo Starr) haben ab 1965, also mit dem Verzicht auf Live-Konzerte (bei denen sie immer öfter von ihren kreischenden Fans übertönt wurden) gemeinsam mit ihrem Produzenten George Martin (dem „fünften Beatle") ausgelotet, was ging. Es ging just zu ihrer Zeit technologisch und kompositorisch eine Menge Neues, und wer als Erster kommt, ist auch auf lange Zeit erstmal der Beste. Nicht zu unterschätzen ist außerdem die Inspiration durch Drogen, namentlich Cannabis (hier war Bob Dylan der Initiator) und LSD, aber sie schwammen auch auf einer Welle allgemeinen Aufbruchs. In der richtigen Zeit, unter den richtigen Produktionsbedingungen ist beinah alles möglich.

    Das scheint auch für Literatur und Geisteswissenschaft zu gelten. Arno Schmidt schwärmte vom Höhepunkt des deutschen Denkens und Dichtens, als Goethe, Herder, Wieland, Klopstock, Lessing sowie (der von ihm wenig geschätzte) Schiller gleichzeitig wirkten, und jede fast immer nur im Nachhinein festgelegte „Literaturepoche" hat ihre Sterne. Wer aber ist der beste Autor aller, auch zukünftiger Zeiten? Ich tippe auf Shake-speare, auch weil er, wie noch auszuführen ist, zu seiner Zeit sehr erfolgreich war. Heute freilich bewegen Musik und v.a. Literatur weit weniger als damals. Man verbringt seine Zeit mit Serien.

    Der Welt.

    Wie soll eine Fantasygeschichte größer und besser erzählt werden als Game of Thrones (USA 2011-2019)? Es fängt schon mit dem Wortspiel im Namen an: game bedeutet neben Spiel auch Jagdwild, und in den acht Staffeln à zehn einstündige Folgen ist jeder einmal Wild und Jäger. Man kann sich zwar bei kulturindustriellen Massenprodukten darauf verlassen, dass am Ende das Gute siegt, aber welche/r Gute all die Intrigen und das fortdauernde Gemetzel überlebt und wer

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