Professor Untergang oder die Rückkehr ins Paradies
Von Mewes Maren
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Über dieses E-Book
beeinflussen sind? Dass selbst Ihre Erinnerungen machen, was sie wollen und Sie nicht mehr wissen, was eigentlich in Ihrem Kopf vorgeht?
Geht es wirklich um einen Mord, wie die Polizei behauptet? Und wie kann es sein, dass alles gegen Sie spricht, obwohl Sie die Tat gar nicht begangen haben?
Oder sind Sie einer weltweiten Verschwörung in die Quere gekommen, die den Klimawandel vorantreibt und für ihre Zwecke nutzen will.
Wahnvorstellungen? Oder sollte sich die größte Geschichte aller Zeiten tatsächlich wiederholen?
Ein Psycho-Thriller?
Die Chronik einer Therapie?
Oder die einzig logische Erklärung für das, was heute auf der Welt geschieht?
Mewes Maren
Mewes Maren kam nach langjähriger Tätigkeit im Bereich der wissenschaftlichen Analyse und Veröffentlichung statistischer Daten zu einer ernüchternden Feststellung: Es kommt weniger auf die Fakten selbst an, sondern darauf, ob und wie sie wahrgenommen werden. Bestimmt also der Empfänger einer Information ihren Inhalt? Eine Frage, die zu dem vorliegenden Roman inspirierte.
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Buchvorschau
Professor Untergang oder die Rückkehr ins Paradies - Mewes Maren
Zum Inhalt
Können Sie sich vorstellen, im Mittelpunkt von Ereignissen zu stehen, die für Sie weder nachvollziehbar und noch zu beeinflussen sind? Dass selbst ihre Erinnerungen machen, was sie wollen und Sie nicht mehr wissen, was eigentlich in Ihrem Kopf vorgeht?
Geht es wirklich um einen Mord, wie die Polizei behauptet? Und wie kann es sein, dass alles gegen Sie spricht, obwohl Sie die Tat gar nicht begangen haben?
Oder sind Sie einer weltweiten Verschwörung in die Quere gekommen, die den Klimawandel vorantreibt und für ihre Zwecke nutzen will.
Wahnvorstellungen? Oder sollte sich die größte Geschichte aller Zeiten tatsächlich wiederholen?
Ein Psycho-Thriller? Die Chronik einer Therapie?
Oder die einzig logische Erklärung für das, was heute auf der
Welt geschieht?
For
Anni, Jan, Leni, Mia, Zeliha
and the future
Inhaltsverzeichnis
Prolog
15. September 2019
08.30 Uhr: Handschellen und Plastiktüte
11.15 Uhr: Verhör
14.30 Uhr: Ruth Kappel und das Gespenst der Freiheit
Aufzeichnung vom 22. Mai 2018
15.30 Uhr: Magische Tabelle
16. September 2019
09.30 Uhr: Pflichtverteidiger und Rentnerblues
11.30 UhrRätsel, düster
17. September 2019
11.00 UhrSchmauchspuren ohne Alibi
19. September 2019
10.00 UhrSinn des Lebens
13.30 UhrDer Schlüssel zum Hof
15.30 UhrZeuge, unbekannt
18.00 UhrLisa erinnert sich ungern
20. September 2019
09.45 UhrOpferstatus
21. September 2019
16.30 UhrSchmerzhafte Begegnung
23.00 UhrTraumhaft fixiert
22. September 2019
15.15 UhrGedächtnislücken mit Erinnerungen
Aufzeichnung vom 8. Juni 2018 / Protokoll, 19.Mai .2019
23. September 2019
04.15 UhrErinnerungen, schön gefärbt
12.30 UhrPsychiatrische Abteilung
24. September 2019
07.00 UhrNatur, schwarz-bunt
25. September 2019
10.00 UhrBeschlossene Psychiatrie
14.00 UhrMüller-Vorfeld und mein dubioser Umgang
29. September 2019
09.00 UhrBetty und Sven
11.15 UhrProfessor Untergang
30. September 2019
10.15 UhrDr. Severin und mein Leben
6. Oktober 2019
09.45 UhrBettys Gefühle
12.30 UhrJus primae noctis
7. Oktober 2019
08.45 UhrDie vier großen K
14.00 UhrFritz Perl´s Therapiephasen
9. Oktober 2019
11.30 UhrSchlechter Allgemeinzustand
13.00 UhrToxische Theorien
11. Oktober 2019
10.15. UhrNatur des Fortschritts
12. Oktober 2019
09.30 UhrLisas Therapiestunde
DVD vom 14. Oktober 2004
13. Oktober 2019
11.45 UhrUm die Ecke denken
16. Oktober 2019
12.30 Uhr: Verdauungstherapie
13.30 UhrKünstliche Intelligenz im Klimawandel
17. Oktober 2019
10.30 UhrSeverins Diagnose
DVD vom 14. Oktober 2004
18. Oktober 2019
12.00 UhrEine Messerattacke
19.15 UhrMenschen und Pflegekräfte
23.00 UhrEinzugsfete
20. Oktober 2019
10.30 UhrDas gewisse Etwas
21. Oktober 2019
00.15 UhrWütende Träume
22. Oktober 2019
14.00 UhrScholtens Theorie
23. Oktober 2019
09.45 UhrGenesis
24. Oktober 2019
8.30 UhrBetty und der Teflon-Mann
25. Oktober 2019
10.30 UhrUntergangs Geständnis
26. Oktober 2019
10.00 UhrKnast oder Klapsmühle
14.00 UhrMasterplan
14.30 UhrAuserwählt
28. Oktober 2019
11.00 UhrNebenwirkungen
15.00 UhrDrogenkartell
29. Oktober 2019
14.30 UhrRuth Kappel und der Untergang
14.45 UhrAreale
15.00 UhrFrauenquote und Moral
15.15 UhrTobias´ Fragebogen
15.30 UhrSchöpfungsgeschichte
16.15 UhrAttentat
1. November 2019
11.00 UhrDrei kurze Antworten
2. November 2019
10.30 UhrMüller-Burgsteins Taktik
14.30 UhrWas bleibt
14. November 2019
13.00 UhrEin undankbarer Typ
8. Januar 2020
15.30 UhrWiedersehen
16.15 UhrDer goldene Lord
17.00 UhrAbgehoben
17.30 UhrPrometheus
Epilog
Prolog
1. „Alles was schiefgehen kann, wird auch schiefgehen." Ja, Murphy´s Gesetz. Das kennen Sie vielleicht und denken sich, so viel Pech wird wohl kaum jemand haben.
Sie irren sich. Es geht sogar noch schlimmer. Im letzten Jahr ist jedenfalls über mich ein Chaos hereingebrochen, bei dem selbst Murphy mit den Ohren schlackern würde.
Innerhalb weniger Tage hatten sich nämlich so viele Fronten aufgetan, dass ich nicht mehr hätte sagen können, wo die eine anfing und die andere aufhörte. Nicht mal meine Erinnerungen blieben verschont.
Unmöglich? Nein! Manches ist sogar in Protokollen und anderen Unterlagen dokumentiert. Darüber kann ich Ihnen also recht ausführlich berichten.
Und es gibt auch noch meinen Kalender, in dem ich stichwortartig eine Art Tagebuch geführt hatte. Als Gedächtnisstütze sozusagen.
Man hatte es mir gelassen. Meine kurzen Notizen schienen auch so harmlos und nichtssagend zu sein, dass niemand ihre Brisanz erkannte. So weit, so gut.
Andererseits sitze ich nun vor diesem Tagebuch-Kalender und grübele darüber nach, was ich mir eigentlich dabei gedacht hatte, gerade diese Worte aufzuschreiben.
Es dauerte auch. Erst als ich nicht mehr versuchte, mich an jede Einzelheit zu erinnern wurde es besser. Es gelang mir nun in etwa nachzufühlen, was sich damals abgespielt haben könnte.
2. Zugegeben. Emotionen verzeichnen manches ein wenig anders als ein akribischer Historiker. Doch im Großen und Ganzen halten sie schon fest, was tatsächlich gewesen war.
Dabei ist mir durchaus bewusst, dass sich die Perspektive mit der Zeit verändert. Man vergisst ja schnell. Genau genommen steht nur der Ausgang einer Geschichte unveränderlich fest und diktiert den Erinnerungen dann auch wie es begonnen haben und weitergegangen sein musste.
Aber ich hatte ja meinen Kalender, der mit etwas Phantasie die Lücken schließen und alles in eine richtige Reihenfolge bringen konnte.
Kennen Sie das? Wenn ihr Gedächtnis erst mal etwas wiedergefunden hat, dann reiht sich das eine an das andere. Und in dieser Erinnerungskette melden sich auch Momente zurück, an die Sie gar nicht denken wollten.
3. Es fällt mir schwer, nicht vorzugreifen. Denn ich war auf etwas gestoßen, das überlebenswichtig war. Nicht nur für mich.
Wahrscheinlich gibt es mich ja bald nicht mehr. Zumindest nicht in dieser Welt. Vielleicht ist jetzt sogar die letzte Gelegenheit die Wahrheit ans Licht zu bringen.
Aber wie erzählt man eine Geschichte, die so unglaublich ist, dass sie sich kaum in Worte fassen lässt.
Nun. Am Besten wohl von Anfang an.
15. September 2019
08.30 Uhr
Handschellen und Plastiktüte
Gott sei Dank waren die ersten Stichworte nicht besonders schwer zu entschlüsseln. Nur wenige Sekunden später sah ich es wieder vor mir. So lebendig als sei es gerade erst passiert.
Also! Der ganze Wahnsinn begann mit meiner Festnahme.
Verhaftung. Stellen Sie sich vor, es klingelt an ihrer Tür. Sie öffnen und vor ihnen steht ein halbes Dutzend Polizeibeamte. Nicht in ihrer schönen blauen Uniform, sondern ganz in schwarz mit dicken Schutzwesten bekleidet.
Natürlich sind Sie durch das martialische Erscheinungsbild irritiert und erwarten, dass man Ihnen mit ein paar beruhigenden Worten erklärt, was eigentlich los ist oder dass man nur ein paar Fragen an sie hat. Schließlich sind Sie ein normaler Bürger und haben sich nichts zu Schulden kommen lassen.
Wahrscheinlich wären Sie genauso überrascht wie ich, wenn Sie stattdessen einen Stoß vor die Brust erhalten, zu Boden fallen, plötzlich das Gewicht eines bulligen Typen auf ihrem Körper spüren, ihre Arme auf den Rücken gedreht werden, sie ein metallisches Klirren hören und sich in Handschellen wieder finden.
Ich kann Ihnen sagen. Das ist eine ziemlich schmerzhafte Angelegenheit. Nicht nur für jemanden mit altersgemäßen Zipperlein.
2. Der auf mir sitzende Beamte war ganz schön schwer, vielleicht auch wegen seiner dicken Schutzkleidung. Sicher kam es mir nur so vor. Aber er blieb so lange auf mir sitzen, als wollte er es sich dort gemütlich machen.
Ein hinter seinem Rücken stehender Beamter sagte etwas, das ich nicht verstehen konnte. Sehen konnte ich nur seinen rechten Arm und die Hand, mit der er eine Plastiktüte herumwedelte.
Durch die Folie waren nur verschwommene Umrisse zu erkennen. Ein dunkler, eckiger Gegenstand. Ich glaubte, das Wort „Pistole" zu hören.
Endlich stieg der Koloss von mir herunter. Nicht ohne sich energisch auf meinen Schultern abzustützen. Fast zeitgleich wurde ich an den Armen von zwei weiteren Beamten hochgerissen, so dass ich vor die Plastikvisiere unter den Helmen mehrerer Männer schaute. Und in die Mündungen ihrer Maschinenpistolen, die auf mich gerichtet waren.
Nachbarn. Aus den Augenwinkeln sah ich einige Leute auf dem Bürgersteig vor unserem Haus stehen, die zu uns herüber sahen.
Ich kannte sie aus der Nachbarschaft und nickte Ihnen zu; hätte ihnen auch gerne erklärt, was hier los war.
Da ich das selbst nicht wusste, war ich froh, dass einige Uniformierte sie mit ihrem „bitte gehen Sie weiter. Hier gibt es nichts zu sehen" aufforderten zu verschwinden.
Rechte. „Über Ihre Rechte sind Sie ja gerade belehrt worden!", hörte ich die Stimme von jemandem, der hinter mir stand.
Sie klang nach einem jüngeren Mann und so dumpf, als wäre sein Visier noch heruntergeklappt. „Alles, was Sie sagen kann gegen Sie verwendet werden."
Nun. Da bestand in diesem Augenblick keine Gefahr, denn es hatte mir ohnehin die Sprache verschlagen. Unsicher, beinahe ängstlich, suchte ich nach einem Gesicht, in der Hoffnung dort vielleicht eine menschliche Regung zu entdecken.
Ja, da. In der dritten Reihe. Ein älterer, grauhaariger Mann in Zivil, der nur eine Schutzweste trug. Er lächelte verlegen und wandte sich von mir ab.
Alibi. Die Frage, wo ich mich zur Tatzeit aufgehalten hatte, klang schon ein wenig deutlicher. Offenbar hatte der junge Beamte jetzt sein Visier hochgeklappt oder den Helm ganz abgenommen.
Kein Wort darüber, um welche Tat es sich überhaupt handelte. Etwas in der Art gab ich wohl auch von mir, denn ich erfuhr, dass die Gerichtsmedizin da erst einmal genaueres herausfinden müsste.
Gleichwohl schauten mich die angespannten Gesichter hinter den Visieren vorwurfsvoll an, weil ich kein Alibi parat hatte.
2. „Wann haben Sie ihn denn zuletzt gesehen?", fragte nun der ältere Polizist, der keinen Kampfanzug trug.
Er ging wohl davon aus, dass ich das Opfer kannte. Normaler Weise hätte ich mich natürlich höflich nach dem Namen und Befinden des Opfers erkundigt.
Aber in diesem Pulk von Testosteron-Zombies, die nun ziemlich unkoordiniert an mir herumzerrten, hatte ich genug mit mir selbst zu tun.
Es ist ja gar nicht so leicht mit den Händen auf den Rücken in einen Bus einzusteigen.
Dass mein Kopf dabei zweimal gegen die Wagentür knallte, wurde als Widerstand gegen die Staatsgewalt gewertet. Wie gesagt. Es lief nicht gut.
Transfer. Immerhin blieb es auf der kurzen Fahrt bis zum Revier einigermaßen ruhig. Rechts und links neben mir saßen zwei Uniformierte, die angestrengt nach vorne schauten, mich aber nicht aus den Augen ließen.
Die Straßen waren leer, so dass wir nur an den Ampeln zum Stehen kamen. Ich war froh, dass die Fenster unseres Fahrzeuges klein und dunkel getönt waren. So konnten die Leute von draußen nicht sehen, wer denn in dieser ´grünen Minna´ saß.
2. Auch vor dem Polizeipräsidium war wenig los. Kaum jemand schien sich für uns zu interessieren. Selbst als die beiden Schwarzwesten mich aus dem Bus zerrten.
Auch im Gebäude, wo sie sich an einigen Uniformierten vorbei quetschen mussten, wurden wir kaum wahrgenommen.
Geschrumpft. Anders als erwartet führten mich die Polizisten nicht in einen Raum, um mich zu verhören.
Ich wurde durch lange Gänge geschoben, vorbei an einigen Büros bis wir schließlich vor Türen aus grauem Metall standen, die in Brusthöhe eine Klappe hatten und von außen verriegelt waren.
Dort befand sich auch ein größerer, offener Raum. Hinter einem schmalen Tisch standen zwei Uniformierte und schauten mir gelangweilt entgegen. Nicht gerade der Empfangstresen eines Hotels, aber die beiden widmeten mir beim Einchecken ihre ungeteilte Aufmerksamkeit.
Die Wand hinter ihnen war mit einem überdimensionalen Zentimetermaß tapeziert. Sie schoben mich dahin.
Blitzlichter? Vermutlich wurde mein Gesicht von vorne, von rechts und links im Profil abgelichtet.
Die nunmehr amtliche Feststellung, dass von meinen früher stolzen 1,86 m inzwischen fünf Zentimeter verloren gegangen waren, schockierte mich mehr als ich gedacht hätte.
Papiere. Ein Beamter führte die Leibesvisitation durch und nahm mir meinen Hosengürtel ab. Mit Schnürsenkeln konnte ich nicht dienen, denn in meiner Wohnung trage ich Pantoffeln.
Ansonsten konnte ich meine Klamotten anbehalten. Sogar die dünne Jacke. Ich hatte sie als es an der Haustür klingelte, noch schnell übergeworfen.
Die ausgedruckten DIN A4 Seiten aus der Innentasche wurden einer eingehenden Prüfung unterzogen. Der Beamte überlegte laut sie einzubehalten, konnte aber nicht begründen, warum.
Vor allem, weil das amtliche Siegel ihren offiziellen Charakter bestätigte und ich ihm glaubhaft machen konnte, dass die Staatsanwaltschaft mich gebeten hatte, sie bis Ende dieser Woche noch einmal durchzusehen. Nach einigem Hin und Her gab er mir die Papiere schließlich entnervt zurück.
2. Kennen Sie das auch? Sie wissen selbst nicht, was geschieht, aber alle tun so, als trügen Sie die Schuld daran.
Ich war beinahe erleichtert, als sie mich in eine Zelle brachten und mich erstmal in Ruhe ließen.
11.15 Uhr
Verhör
Anwalt. Das Verhör fand in einem Raum ohne Fenster nach außen statt. Es gab zwar Glasscheiben. Durch die waren aber nur Büros und ein Flur zu sehen. Und auch das nur so lange bis die Jalousien heruntergelassen wurden.
Der Tisch in der Mitte und die vier Plastikstühle drumherum wirkten steril und nichtssagend. Na gut, die Möbel sollten ja auch nicht reden.
2. Neben mir nahm ein gewisser Dr. Schillmann Platz, der sich als mein Pflichtverteidiger vorstellte.
Hmh? Heute war zwar sowieso alles durcheinander geraten. Aber dass bereits so kurz nach meiner Verhaftung für mich ein anwaltlicher Beistand organisiert worden war?
So konnte ich nicht einmal selbst die Initiative ergreifen und energisch nach meinem Anwalt verlangen. Schade.
In den TV-Krimis veränderte sich die Lage des Verdächtigen ja dann immer auf wundersame Weise zum Besseren. Zumindest ärgerten sich die Polizisten darüber und der Verdächtige wirkte deutlich souveräner.
Schillmann drehte seinen Kopf zu mir. „Frau Dr. Kappel hat mich gebeten, dem Gericht meine anwaltlichen Dienste für Sie anzubieten."
Hmh. Die Oberstaatsanwältin? Keine Ahnung, was ich davon halten sollte. Beim Anblick seiner massigen Gestalt war ich nur froh, das Anwälte nicht nach Gewicht bezahlt wurden.
Kommissare. Mir gegenüber saßen zwei Beamte in Zivil. Der jüngere von ihnen, ein pausbäckiger, dunkler Lockenkopf, stellte sich als Oberkommissar Scholten vor und sah seinen Kollegen fragend an.
Der war nach seinen grauen Haar- und Bartstoppeln zu schließen deutlich älter. Vielleicht stand er auch schon kurz vor der Pensionierung.
Wahrscheinlich war er der Beamte, der meiner Verhaftung ohne Helm und Visier zu tragen beigewohnt hatte. Er hieß Müller oder so ähnlich und nickte.
2. Der Jüngere befragte mich eine gute Stunde lang. Wo ich mich in den letzten Tagen aufgehalten hätte, wer das bezeugen könnte, ob denn die Umstellung auf den Ruhestand glatt gegangen sei, wie meine Frau die letzten Tage verbracht habe, ob es mich stören würde, das nicht zu wissen und mit wem ich in den letzten Wochen Kontakt gehabt hätte?
Das Ganze rauschte weitgehend an mir vorbei. Weil ich immer noch benommen war? Oder weil dieser junge Bursche nur seine Fragen loswerden wollte und an meinen Antworten gar nicht interessiert zu sein schien?
Zumindest ließ er mir kaum Zeit darüber nachzudenken, um mehr als ein „ja, „Nein
oder „weiß nicht" von mir geben zu können. Vielleicht auch, weil mein Anwalt ein paar Mal einwarf, dass ich dazu nichts sagen müsste.
Soweit ich das beurteilen konnte, kam nicht sonderlich viel dabei heraus. Die Fragen und Antworten wiederholten sich. Wären die ernsten Gesichter nicht gewesen, hätte man glauben können, es handele sich um ein Gesellschaftsspiel.
Immerhin erfuhr ich von dem jungen Polizisten, weshalb ich überhaupt hier war. „Es geht schließlich um einen Mord!"
Verdacht. Ich bat darum, mich doch darüber aufzuklären, was denn eigentlich geschehen sei. Die strengen Mienen der beiden Polizisten wurden noch abweisender, als sie ohnehin schon waren.
Vielleicht gingen sie ja davon aus, dass ich das selbst am Besten wissen müsste und mit irgendwelchen Ausflüchten nur ihre Zeit vergeuden würde.
Bei allem Verständnis. Ich wollte schon wissen, warum ausgerechnet ich hier mit Ihnen zusammensaß. Rein zufällig hatten sie mich ja wohl nicht ausgewählt.
Scholtens Gesicht zeigte, was er von solchen Extrawünschen hielt. Erst nach dem sein älterer Kollege ihm zunickte erfuhr ich endlich was los war.
2. In meinem Garten war ein toter Mann gefunden worden. „Ein gewisser Tobias Mainz. Sie kannten sich ja persönlich recht gut! Hatten Sie nicht auch geschäftlich mit seiner Firma zu tun? Waren Sie nicht mit ihm sogar gemeinsam auf einem Segeltörn in Griechenland unterwegs? Ist er nicht der Ex-Freund ihrer Frau?"
Hmh? Als ich noch im aktiven Dienst war, hatte mein Amt von Mainz tatsächlich einige Häuser angemietet. Davon erfuhr ich allerdings erst im letzten Jahr.
Dass er zu dieser Zeit plötzlich in Griechenland aufgetaucht war, wo ich mit meinem Freund Karlheinz einen Segeltörn machte, traf auch zu.
Und dass er vor ewigen Zeiten eine Beziehung mit Lisa gehabt hatte, war schon immer eine komplizierte Angelegenheit gewesen. Dass alles zu erklären, hätte Stoff für gleich mehrere Romane ergeben und würde hier wohl zu weit führen.
Zeuge. „Ja ja!", antwortete ich schnell, bevor mein Anwalt mal wieder erklären würde, dass ich dazu nichts sagen müsse.
Scholten nickte zufrieden, um dann beiläufig zu fragen: „Ein Nachbar, der Herrn Mainz und Sie vermutlich beobachtet hat, ist verschwunden! Kannten Sie den auch?"
Was sollte ich denn davon halten? Der Nachbar war also verschwunden. Woher wollte die Polizei dann wissen, dass der etwas gesehen hatte?
„Ein anderer Nachbar hat den Verschwundenen gesehen. Und zwar an einer Stelle, von der aus er eigentlich etwas mit bekommen haben müsste", erklärte Scholten mir allen Ernstes. Das durfte doch nicht wahr sein!
Fingerabdrücke. Der junge Kommissar suchte nun nach den Gründen, die mich zu meiner Tat bewogen haben könnten.
Man musste den Eindruck haben, dass er das eigentlich nur tat, um mich anschließend trösten zu können. Auch der ältere Beamte schaute mich wohlwollend an.
Mein Pflichtverteidiger schien ebenfalls um mich besorgt zu sein. Befürchtete er, dass mich die Erinnerung an die Tat zu sehr belasten könnte?
Scholten hob sein Kinn energisch nach vorn. „In ihrem Garten haben wir auch die Pistole gefunden mit der Herr Mainz erschossen wurde. Sie war dort vergraben! Können Sie mir erklären, wie ihre Fingerabdrücke darauf gekommen sind?"
2. Das war natürlich eine berechtigte Frage. Meine Antwort überzeugte mich selbst nicht ganz. „Warum sollte ich das tun? Aus Eifersucht? Die Geschichte zwischen meiner Frau und diesem Tobias war doch vor meiner Zeit und ist ewig lange her!"
„Eifersucht verjährt nicht!", stellte der lockige Polizist fest. Hmh? Das älteste Motiv der Menschheit. Seine Miene bestätigte, dass er nicht bereit war, etwas anderes überhaupt in Erwägung zu ziehen.
Das Gesicht des alten Kommissars verzog sich zu einem breiten Grinsen. „Das wurde bereits vor über 100 Jahren von einem Notar beglaubigt. Ich glaube, der hieß Rene, Francois oder Armand Prudhomme und hat sogar den Literaturnobelpreis bekommen. Wie hat der es ausgedrückt? Er räusperte sich: „Eifersucht ist der Zoll der Liebe.
Sein spöttischer Blick wanderte zwischen Scholten und mir hin und her. Wollte er sich über mich lustig machen? Oder über seinen jungen Kollegen?
Protokolle. Das was mir dazu einfiel, erschien mir selbst weit hergeholt. „Sprechen Sie doch mal mit der Oberstaatsanwältin Frau Dr. Ruth Kappel."
Ich hoffte, dass er nun wenigsten auch andere Möglichkeiten in Betracht zog. Zum Beispiel, dass man mir etwas unterschieben wollte, um mich in Misskredit zu bringen. Immerhin war ich ein Belastungszeuge gegen einige Leute aus der organisierten Kriminalität.
Die Beamten staunten zwar, als ich die Protokolle mit meinen Aussagen aus der Tasche hervorkramte, und warfen auch einen kurzen Blick darauf. Aber letztlich hätte ich es mir schenken können.
„Das ist doch ein ganz anderer Fall, der auch schon ein Jahr zurückliegt", erklärte Scholten. Seine vorwurfsvoll abweisende Miene deutete nicht darauf hin, dass er dieser Sache nachgehen wollte.
Damit blieben wahrscheinlich auch Karlheinz und Sana außen vor. Die beiden hatten ja nicht nur im Vorfeld des Prozesses ermittelt, sondern waren auch noch mit mir befreundet. So gesehen hatte ich im Moment wohl die falschen Freunde.
Beweislage. Hauptkommissar Müller hatte inzwischen seinen Kopf mit der rechten Faust und die Ellenbogen auf den Tisch abgestützt. Seine Augenlider fielen langsam herunter. War er eingeschlafen oder dachte er nur intensiv über etwas nach?
Und Scholten? Der schien mit sich und der Welt im Reinen zu sein. Nein, es sah nicht danach aus, dass die beiden Beamten ein anderes Tatmotiv überhaupt in Erwägung zogen.
Vielleicht wollten sie ja auch nicht riskieren, dass die derzeit so schöne Beweislage durch weitere Nachforschungen erschüttert wurde.
2. Vermutlich würden