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DSA 81: Spielsteine der Götter: Das Schwarze Auge Roman Nr. 81
DSA 81: Spielsteine der Götter: Das Schwarze Auge Roman Nr. 81
DSA 81: Spielsteine der Götter: Das Schwarze Auge Roman Nr. 81
eBook392 Seiten5 Stunden

DSA 81: Spielsteine der Götter: Das Schwarze Auge Roman Nr. 81

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Über dieses E-Book

Donnerbach im Jahre 3 Hal: Der junge Taron von Gratenbach träumt davon, als Novize im Tempel der Göttin Rondra aufgenommen zu werden. Doch bald muss Taron erkennen, dass die Weihe nicht die einzige Prüfung der grimmigen Leuin ist. Tief in ihm gärt eine Wut, die ihn zwischen Pflichterfüllung und Leidenschaft zerreißt. Lange irrt er rastlos durch Aventurien, bis er schließlich seine Bestimmung im Kampf gegen eine Bedrohung findet, die ganz Aventurien in ihre Gewalt bringen will ...
SpracheDeutsch
HerausgeberUlisses Spiele
Erscheinungsdatum12. Dez. 2019
ISBN9783963314438
DSA 81: Spielsteine der Götter: Das Schwarze Auge Roman Nr. 81

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    Buchvorschau

    DSA 81 - Heike Wolf

    Heike Wolf

    Spielsteine der Götter

    Ein Roman in der Welt von

    Das Schwarze Auge©

    Originalausgabe

    Impressum

    Ulisses Spiele

    Band 81

    Kartenentwurf: Ralf Hlawatsch

    E-Book-Gestaltung: Michael Mingers

    © 2019 Ulisses Spiele GmbH, Waldems. THE DARK EYE, DAS SCHWARZE AUGE, AVENTURIEN, DERE, MYRANOR, RIESLAND, THARUM and UTHURIA are registered trademarks of Ulisses Spiele. All rights reserved Ulisses Spiele GmbH.

    Titel und Inhalte dieses Werkes

    sind urheberrechtlich geschützt.

    Der Nachdruck, auch auszugsweise, die Bearbeitung, Verarbeitung, Verbreitung und Vervielfältigung des Werkes in jedweder Form, insbesondere die Vervielfältigung auf photomechanischem, elektronischem oder ähnlichem Weg, sind nur mit schriftlicher Genehmigung der Ulisses Spiele GmbH, Waldems, gestattet.

    E-Book-ISBN 9783963314438

    Autorin

    Heike Wolf (geb. 1977 in Bonn) stammt aus Aurich/Ost­friesland und studiert (nach einem kurzen Ausflug in die Medizin) seit 1997 Geschichte und Klassische Philologie in Marburg.

    Seit 1985 beschäftigt sie sich mit DSA und Aventurien. Da­neben widmet sie sich dem Live-Rollenspiel – und natür­lich dem Schreiben.

    Nach der Kurzgeschichte Ultima Aetas aus der Anthologie Zeitenwende (Phantastische Bibliothek Wetzlar), ihrer ersten Fantasy-Publikation, erschien im Rahmen eines Autoren­wettbewerbs beim Aventurischen Boten ihr erstes Kurz­abenteuer für DSA: Golgaris Ruf in der Anthologie Leicht verdientes Gold. Es folgte mit Tod eines Drepaniers ein weiteres Kurzabenteuer in der Myranor-Anthologie Im Namen des Thearchen, sowie die Mitarbeit an den Quellenbänden Handelsfürsten und Wüstenkrieger und In den Dschungeln Meridianas (erscheint im Laufe dieses Jahres). Spielsteine der Götter ist der erste Roman von Heike Wolf.

    Danksagung

    Für Udo

    Ein besonderer Dank gilt allen, die zur Entstehung dieses Buches beigetragen haben und mir mit Ratschlägen, An­regungen und Aufmunterungen zur Seite standen: Anja Jacke, Julia Kresal, Birgit Mai, Stephanie Mehl, Christian Schmelz, Andreas Wolf, den Aschevögeln des ProjektPhoenix Hans-Peter Roentgen, Manuela Tengler und Iris Kammerer, die mein Manuskript eifrig Korrektur lasen und nicht mit Kritik und Lob sparten, sowie Alexander Wiehert, ohne dessen tatkräftige Hilfe und aufmunternde Worte bei der Endredaktion ich sicher so manches Mal verzweifelt wäre. Dank sagen möchte ich auch Viola Hardam für die langen Abende bei Cidre und Rotstift in einer Pariser Küche, und Britta Herz, die mir Mut machte, mich an diesen Roman zu wagen. Und natürlich last but not least Udo Weitzel, der die Arbeit an dem Manuskript mit viel Geduld und Verständnis begleitete und dessen produktive Kritik ich zu schätzen gelernt habe – auch wenn er Taron nie leiden konnte ...

    Personen

    Donnerbach

    Aldare VIII. Donnerhall von Donnerbach, Fürst-Erzgeweihte

    und Herrin von Donnerbach

    Ulrian von Rotenberg, ein alternder Rondrageweihter

    Rovena Sturmklinge, eine invalide Rondrageweihte, zuständig

    für die Ausbildung der Novizen

    Taron von Gratenbach, ein schwieriger Novize

    Laske, sein bester Freund

    Rauert, Fredje, Waskir, Tannhild, weitere Novizen

    Meister Perainor, ein Heiler

    Trautgart, eine dicke Köchin

    Frenja, eine alte Küchenmagd

    Marga, eine junge Halbelfe, die als Küchenmagd im Tempel

    aufwächst

    Nuriama Schattentanz, eine Waldelfe, die in Donnerbach lebt

    Faraniel Eulenruf, ein misstrauischer Waldelf

    Elgor von Trallop, ein Rondrageweihter, Tarons Oheim

    Algrid von Gratenbach, Tarons Schwester

    Cella, eine altersschwache Stute

    Fiandhar, ein junger Hengst

    Havena

    Duglosch, Sohn des Kuglosch, ein aufdringlicher Zwerg

    Khunchom

    Saljah von Ysilia, eine rauschkrautsüchtige Magierin

    Rowin Faehrenborn, ein reisender Mechanicus

    Stipen, ein Gassenjunge

    Weiden

    Goswin von Aarfels, ein Weidener Ritter

    Shalissa, seine aranische Gattin

    Jarlan, sein ältester Sohn

    Berid, sein jüngster Sohn

    Rhashan, Shalissas jüngster Sohn

    Faern, ein Knecht

    Rechhild, eine Magd

    Svelja, eine grobschlächtige Söldnerin

    Erold, ein halbelfischer Fährtenleser

    Dankwart von Querenfurt, ein Weidener Ritter

    Tobrien

    Gaius Cordovan Eslam Galotta, ein Schwarzmagier

    Dvar, ein Folterknecht

    An der Trollpforte

    Ayla von Schattengrund, Schwert der Schwerter, Hochgeweihte der Rondrakirche

    Rondrasil Löwenbrand, Heermeister der Rondrakirche

    Prinz Brin von Gareth, Thronfolger, später Regent des Mittel­reiches

    Prinzessin Emer ni Bennain, seine Gemahlin

    Helme Haffax, Reichsmarschall, Feldherr in der Dritten Dämo­nenschlacht

    Leomar vom Berg, sein Nachfolger, ebenfalls Feldherr in der Dritten Dämonenschlacht

    Dexter Nemrod, Reichserzgeheimrat

    Rondriane, eine junge Rondranovizin

    Außerdem

    Donna Chariela, eine Gesellschafterin in Gareth

    Rinella, eine Zofe

    Amaldo ya Castadella, ein alternder, horasischer Edelmann

    Answin von Rabenmund, ein Usurpator

    Raidri Conchobair, der >Schwertkönig<, ein legendärer Krieger

    Leonardo von Havana, ein berühmter Mechanicus

    Prolog

    Sicheren Schutz gewähren diese starken Mauern den Sterblichen, wenn des Augrimms eisiger Atem über das Weidener Land und die düsteren Weiten des Neunaugensees streicht. Travias Herd­feuer treibt die Kälte vor die Schwelle, wo der Wind wütend pfeift, und über den Zinnen weht stolz das Banner der Leuin. Manchen Winter habe ich hier zugebracht, über dem Rauschen des ewig herabstürzenden Donnerbachs. Es waren viele Winter, und man­che waren kälter und eisiger, aber dieser ist anders. Er trägt etwas mit sich, etwas Grausames, dessen Kälte tiefer dringt als Firuns Zorn. Vielleicht ist es auch der wirre Geist eines Greises, der zu viel Schreckliches gesehen hat, als dass ihm Ruhe vergönnt wäre. Meine Haare sind weiß und meine Augen schlecht, und kaum vermag mein Arm mehr den Rondrakamm zu heben, der früher so viel Orkblut gekostet hat. Seit der großen Schlacht an der Troll­pforte komme ich zu der Erkenntnis, dass es nicht der Wille der Leuin ist, mein Leben auf dem Schlachtfeld zu lassen, ehrenvoll durch des Gegners Klinge zu fallen und den Tod eines Kriegers zu sterben. Ich, der ich mein ganzes Lehen in ihrem Namen gefoch­ten habe, werde auf meinem Lager ruhend Golgaris rauschende Schwingen erwarten, umgeben von meinen Schülern, die ich viele fahre die Tugenden der Herrin Rondra gelehrt und sie zu Kriegern ausgebildet habe, wie sie der Leuin würdig sind. Es war ein langer Weg, und am Ende bleibt mir der Wille der Göttin so verschlossen wie am Anfang. Aber wie könnten wir uns erdreisteten, das Tun und Handeln der Unsterblichen verstehen zu wollen?

    Schnee trägt der Augrimm mit sich, wenn er von den Sala­mandersteinen herabfällt und über Donnerbach hinwegzieht, ehe er das Weidener Land heimsucht. Schnee, Eis und Kälte. Meine Hand fasst den Metkrug, dünnes Pergament über gebrechlichen Knochen, wo früher der Griff fest und sicher gewesen ist. Wenig Kunde bringt der Wind mit sich von dem, was jenseits der Sala­mandersteine vor sich geht. Die Reisenden berichten grausige Dinge. Schwarze Mächte bedrohen die Lande des gestrengenHerrschers Firun, während die Horden des Dunklen Bethaniers die südlichen Provinzen bedrängen und seine unheiligen Archen die Küsten und Meere verunsichern. Nein, diese Zeiten sind nicht ruhig, und so erscheint mir nun manches, was mich in früheren Tagen erschreckte, unbedeutend und belanglos.

    Aber ich bin alt und habe meinen Teil zu Rondras Plan beige-tragen. Denn vor allem anderen habe ich diejenigen, die nach mir kommen, gelehrt, den Gefahren, die uns die Zukunft bringen wird, zu begegnen und ihnen tapfer entgegenzutreten. Viele meiner Schüler sind vor mir gefallen oder erlagen den Heimtücken der Dämonenbuhlen. Was sind wir anderes als Steine auf dem Spielfeld der Götter? Satinavs endloser Fahrt unterworfen bleibt uns nur die kurze Spanne des Lebens, um unsere Rolle in ihrem Spiel zu begreifen. Viele erkennen sie nie, andere geben auf und suchen Erfüllung und Erkenntnis in falschen, düsteren Kulten, ist diese Suche doch beschwerlich und oft vergebens. Wenigen ist es vorbehalten, einen kurzen Blick hinter die Schleier des Schicksals zu werfen. Mein Schüler Taron von Gratenbach ist einer dieser wenigen, denen das zuteil wurde, was auch mir mein Leben lang nicht vergönnt gewesen ist … Und es ist nicht zuletzt seine Geschichte, die jetzt meine Gedanken durchzieht, wenn ich in den langen Winternächten am Fenster sitze, mir den eisigen Wind durch die ergrauten Haare wehen lasse und kaum noch die nahen Hänge der Salamandersteine zu erkennen vermag. Vielleicht ist es auch meine Geschichte, über die ich nachdenke, wenn ich meinen Weg nicht so gewählt hätte, wie ich es getan habe. Aber es scheint müßig, über solche Fragen zu grübeln. Es ist ein langer Weg zu Rondra, ein steiniger Weg, und für den, dessen störrischer Geist sich nicht anpassen will, ein noch steinigerer

    Ein letzter Blick gilt den grauen Schatten der Berge, bevor ich das Fenster schließe und mich der Novizin zuwende, die gedul­dig wartet. Sie muss oft und lange warten, und es tut mir Leid, aber es ist schwer, die Erinnerungen und Gedanken zu sammeln und ihr das zu erzählen, was sie von mir hören möchte, ehe mich Borons Gnade ereilt.

    Donnerbach, Peraine 3 Hal

    Marga fühlte sich gut, als sie an diesem Morgen die Stufen zum Vorratskeller hinabsprang und einige weiße Rüben aus einem großen Fass neben den Säcken mit dem letzten Getreide des Vorjahres klaubte. Beiläufig langte sie nach einem der süßen Äpfel in dem Weidenkorb neben der Trep­pe und rannte wieder hinauf. Ihre langen Zöpfe wirbelten durch die Luft und kamen erst wieder zur Ruhe, als sie prustend vor der dicken Trautgard zum Stehen kam.

    Die Köchin stemmte eine Faust auf die massige Hüfte und musterte sie missbilligend. »Kind, pass auf, dass du dir heute nicht noch Schläge einfängst«, drohte sie und nahm die Rüben in Empfang. Marga grinste entschuldi­gend und deutete auf einen kleinen Korb, der zwischen einigen Eimern auf der schweren Holzbank stand. Traut­gard seufzte. »Gut, verschwinde. Mach dich nützlich. Hier stehst du ja doch nur im Weg herum oder fällst am Ende noch in die Suppe. He, Darn, Hag, wo seid ihr Mistkerle schon wieder? Ich brauche Feuerholz, sonst wird das heu­te nichts mehr mit dem Festmahl. Und wo steckt diese verdammte Bernhild, dieses faule Stück? Wenn die mir in die Finger fällt ...«

    Marga hörte sie schon gar nicht mehr. Kaum hatte ihr die Köchin die Erlaubnis erteilt, hatte sie schon den Korb ergriffen und war nach draußen gestürzt. Der fettige Ge­stank der Küche wich mit einem Mal dem Duft frischer Frühlingsblumen, die zu beiden Seiten des kleinen Kräuter­gartens wucherten. Sonnenstrahlen umschmeichelten ihr Gesicht. Marga sog die Luft tief in sich ein und öffnete den Mund, um den Frühling auch schmecken zu können. Mit geschlossenen Augen stand sie einen Moment einfach nur da und lauschte dem Zwitschern der Vögel in den Obst­bäumen und dem Summen der Bienen zwischen den leuchtenden Blütenkelchen. Leise begann sie zu singen und sich im Kreis zu drehen, erst langsam, dann immer schneller und schneller, bis die bunten Schemen vor ihren geschlossenen Lidern in einem wilden Farbenwirbel ver­schwammen. Der Korb zog ihren Arm mit sich, immer weiter hinaus, immer weiter. Gleich würde sie fliegen, wie die Bienen und Vögel, sie spürte, wie alles um sie herum leicht wurde, leicht und körperlos, ihre Füße drehten sich, immer schneller. So musste sich eine echte Elfe fühlen, wenn sie im Mondlicht auf einer Lichtung tanzte und über Blumen und Teiche glitt. Sie sah sich selbst tanzen, im silber­nen Licht des Madamals, mit langen silberweißen Haaren, die ihren schlanken, zarten Leib umflossen. Ihre zierlichen Füße schwebten über das weiche Gras, knickten kaum einen Halm, und ...

    Ein hässlicher Knall riss sie in die Wirklichkeit zurück. Klirren und Poltern. Etwas stieß hart gegen ihren Arm, und eine Stimme biss sich jäh in ihr Ohr »Du verdammtes Gör, kannst du nicht aufpassen?« Eine schallende Ohrfeige folg­te. Die Lichtung war weg. Marga prallte zurück, ließ den Korb fallen. Unsanft stieß sie gegen etwas Festes, das sie endgültig zu Fall brachte. Sie riss die Augen auf.

    Nur langsam hörte das hagere Gesicht über ihr auf sich zu drehen. Es gehörte der alten Frenja, die wutentbrannt auf sie niederstarrte. Eine zweite Ohrfeige folgte.

    »Du Miststück, du dreimal verdammtes Balg, sieh her, was du angerichtet hast!« Frenjas Stimme drang ebenso schmerzhaft auf sie ein wie die Schläge. Marga hielt sich die Ohren zu und zog in Erwartung weiterer Prügel den Kopf ganz tief zwischen die Schultern. Aber die weiteren Ohrfeigen blieben aus. Stattdessen zog die Alte sie hoch und gab ihr einen kräftigen Tritt.

    »Sieh her, du Dämonenbalg, was du angerichtet hast. Ja, sieh es dir nur an«, keifte sie und trat ein weiteres Mal zu. »Der gute Honig. Und das heute. Wenn das die Herrin er­fährt.« Sie holte erneut aus, aber diesmal war Marga schnel­ler und sprang zur Seite, bevor der schäbige Holzschuh sie treffen konnte. Das trug nicht unbedingt dazu bei, dass sich die Alte beruhigte, aber das war Marga gleichgültig. Wenn Frenja sie bei Trautgard anschwärzte, gäbe es ohnehin noch genug Schläge. Falls Trautgard dazu heute überhaupt Zeit hatte. Viel wahrscheinlicher würde sie Marga einfach in das Kellerloch sperren. Und sie erst mor­gen wieder raus lassen.

    Ohne sich weiter um die keifende Frenja und den zer­borstenen Honigkrug zu kümmern, wandte Marga sich um und rannte. Einfach nur weg. Ihre Beine schmerzten, wo Frenjas Schuh sie getroffen hatte. Mit einigen Sprüngen hatte sie die Hecke erreicht, die den Kräutergarten um­schloss, und sprang mit einem Satz über sie hinweg. Rasch kletterte sie die Leiter zum Heuboden empor Von dort aus konnte sie auf das Dach des Stalls gelangen, und dahin würde sich niemand die Mühe machen, ihr zu folgen. Aus dem Kräutergarten hörte sie Frenjas wütendes Kreischen, dann umschlang sie das warme, duftende Heu. Hier war sie oft, wenn der Augrimm über das Land strich und Firun die Stadt mit klirrendem Frost überzog. Aber heute herrschte Praios.

    Geschwind zog sie sich durch eine schmale Luke hinaus auf das Dach und kletterte vorsichtig zu einem Mauervor­sprung, hinter dem sie sich niederließ. Hier war sie die Königin über Donnerbach und die ganze Welt, hier lag ihre Stadt vor ihr, ein Meer von schindelgedeckten Fachwerk­bauten, durchzogen von engen Straßen und Gässchen, unterbrochen von Marktplätzen, die mit ihrem regen Trei­ben wie kleine bunte Inseln das Grau aus Schiefer und Holz durchbrachen.

    Vom Hof drang entfernt das geschäftige Lärmen zu ihr hinauf. Wenn Frenja noch nach ihr suchen sollte, hörte sie sie jetzt jedenfalls nicht mehr. Wonnig räkelte sie sich auf den warmen Schindeln und ließ ihren Blick hinüber zum See wandern. In der Frühlingssonne war das Wasser fast blau, nicht so schwarz wie in jenen Tagen, an denen die Winterstürme Stadt und Festung geißelten. Marga schloss die Augen. Heute würde man sie nicht vermissen, zumin­dest nicht, solange alle noch mit den Vorbereitungen für das Fest beschäftigt waren. Wenn Trautgard sich überhaupt an sie erinnerte, nahm sie sicher an, Frenja hätte sie auf den Markt geschickt. Marga liebte Festtage; da achtete nie­mand auf sie, wenn sie nicht gerade jemandem vor die Füße lief. Außerdem gab es am nächsten Morgen immer Wildbret und süßen Met, der an der Tafel der Herrschaften übrig geblieben war.

    Ein Donnern ließ sie auffahren. Es war mittlerweile dämmrig geworden. Die Praiosscheibe, die schon fast hin­ter den Gipfeln der Berge verschwunden war, verbarg sich hinter einer schwarzen Wolkenwand, die sich bedrohlich über den See gelegt hatte. Das Wasser wirkte längst nicht mehr so freundlich wie vorhin, schwarz und finster war es nun, wie in den schaurigen Geschichten, die man sich abends in der Küche erzählte. Zeit, zurück zu gehen.

    Es war bereits düster geworden zwischen den hohen Wehrtürmen, doch auf dem Hof herrschte immer noch hektisches Treiben. Auf ihrem Weg zurück zur Küche hielt sich Marga im Schatten der Mauern. Falls man sie schon suchte, wollte sie auf gar keinen Fall Frenja über den Weg laufen.

    Doch Phex schien ihr an diesem Tag nicht wohlgesonnen zu sein. Kaum hatte sie die Pforte zum Kräutergarten er­reicht, da packte auch schon eine knochige Hand ihre Schulter und riss sie grob herum. Eine kräftige Ohrfeige folgte. »Verdammtes Balg, glaubst wohl, du könntest dei­ner Strafe entgehen, hä? Hast dich den ganzen Tag rum­getrieben, während andere arbeiten? Na warte, dir werd ich‘s zeigen!« Frenjas Keifen begleiteten zwei weitere Ohr­feigen. Marga versuchte sich aus dem Griff zu befreien, aber die Alte hielt sie fest gepackt. Noch einmal würde sie nicht entkommen. Ein Schlag traf ihr Ohr Ein grausiger Schmerz durchzuckte sie, und ihr wurde schwarz vor Augen.

    Aber eine erneute Ohrfeige riss sie aus dem verführeri­schen Dunkel, das sich über ihre Sinne legen wollte. Sie schmeckte Blut. Ihre Lippe musste aufgeplatzt sein und in ihrem Ohr pfiff und toste es. Frenja drosch unermüdlich weiter auf sie ein, ohne den Griff an ihrer Schulter auch nur eine Spur zu lockern. Panik ergriff Marga. Wollte die Alte sie totschlagen wie einen räudigen Hund? Verzwei­felt riss sie den Kopf hin und her, erreichte aber nur, dass auch ihr anderes Ohr einen Schlag abbekam. »Verdammtes Wechselbalg, faules Stück«, geiferte Frenja und hieb noch stärker auf sie ein. »Dich werde ich lehren, mir davonzu­laufen. Dich werde ich lehren ...«.

    Weiter kam sie nicht. Eine Hand fing ihren nächsten Schlag ab. Verblüfft fuhr Frenja herum. Auch Marga wag­te einen Blick auf ihren unerwarteten Helfer. Hatte sie insgeheim gehofft, einer der Geweihten sei eingeschritten und würde Frenja nun zurechtweisen, so wurde sie ent­täuscht. Anstelle eines Retters in glänzender Rüstung und weißem Wappenrock stand ein junger Bursche vor ihnen, nur wenig älter als sie selbst. Blonde Haare fielen in wirren Strähnen über seine Schultern und machten das längliche Gesicht noch länger, mit hellblauen Augen und schmalen Lippen, die sich missfällig zusammengezogen hatten. Ge­kleidet war er in ein einfaches Wollhemd und eine staubige Lederhose. Kein Retter, vor dem Frenja viel Respekt haben würde, dachte Marga und zog den Kopf schnell wieder ein, ehe der nächste Schlag auf sie niederging.

    Aber die Alte schien sie für einen Moment vergessen zu haben. Ihre Augen funkelten unheilvoll, als die Überra­schung kalter Wut wich. »Verdammter Kerl, was erlaubst du dir?«, zischte sie. Marga zog den Kopf noch tiefer und versuchte, einfach nicht da zu sein. Wenn Frenja so leise wurde, dann wurde es wirklich gefährlich.

    »Du schlägst das Mädchen tot, wenn du so weiter­machst«, sagte er, ohne Frenjas Hand loszulassen. »Siehst du nicht, dass sie schon blutet?«

    »Oh ja, sie blutet«, fauchte Frenja. »Und sie sollte noch viel mehr bluten. Und es ist meine Sache, wie ich das Ding bestrafe, ist das klar? Mach, dass du fortkommst.«

    Für einen Moment schien der Bursche ernsthaft verblüfft zu sein. Dann zogen sich seine Augenbrauen ärgerlich zusammen. »Ich werde nicht zulassen, dass du sie weiter schlägst. Was immer sie getan hat, du hast sie schon mehr als genug bestraft. Lass sie gehen.«

    Die Alte grinste höhnisch. »Siehst du, du dummes Ding, jetzt hast du sogar einen Beschützer«, sagte sie zu Marga, die bebend abwartete, wie die Kraftprobe ausgehen wür­de. »Verschwinde, Kerl«, wiederholte die Alte und versuch­te, ihren Arm aus seinem Griff zu winden. »Misch dich nicht in Dinge ein, die dich nichts angehen.«

    »Das hier geht mich sehr wohl etwas an«, entgegnete der Bursche und verstärkte seinen Griff, sodass Frenja lei­se aufstöhnte. »Lass das Mädchen los. Sofort!«

    Die Alte hörte auf, an seinem Griff zu zerren, blickte ihn einen Moment lang an und verzog ihren zahnlosen Mund zu einem hämischen Grinsen. »Du hältst dich wohl für die Erzgeweihte persönlich. Aber wie du willst.« Mit einem Schwung, den man ihrem Alter kaum zugetraut hätte, zog sie ihr Knie hoch und dem Burschen zwischen die Beine.

    Stöhnend ging er in die Knie und ließ Frenjas Arm fah­ren. Die Alte lachte meckernd und versetzte ihm noch ei­nen weiteren Tritt in die Seite. »Das wird dich lehren. Pack dich und komm mir nicht mehr unter die Augen.« Sie spuckte noch einmal vor ihm auf den Boden und stieß Marga, die immer noch ängstlich den Kopf eingezogen hatte, zur Seite. »Ab, Mädchen, in die Küche, es gibt noch ne Menge Arbeit. Aber glaub nicht, dass ich dich vergesse.«

    Marga nickte vorsichtig. Ihre Ohren schmerzten, und von ihrer Lippe tropfte noch immer Blut. Aber solange Frenja nur aufhörte, sie zu schlagen, war Marga alles andere gleichgültig. Hastig rappelte sie sich auf und raffte ihren Rock. Ihr Retter erhob sich soeben stöhnend und erdolchte die davonschreitende Frenja mit Blicken. Marga lächelte ihm kurz zu, ehe sie losrannte. Vielleicht vergaß die Alte sie ja, wenn sie sich jetzt nichts mehr zuschulden kom­men ließ.

    Taron schäumte vor Wut, als er langsam zu den Pferden zurückschlich, wo er auf seinen Oheim hätte warten sollen. Wie konnte er sich von einer alten Dienstmagd so über den Mund fahren lassen? Und, noch viel schlimmer, wie konnte sie ihn so erniedrigen? Wenn er nur etwas schneller wieder auf die Beine gekommen wäre, dann hätte er es der Alten gezeigt. Dann hätte sie nie wieder auch nur daran gedacht, ihn zu demütigen oder ihm auch nur zu wider­sprechen. Wütend trat er einen Stein beiseite, der im hohen Bogen in einer Pferdetränke landete und das Wasser hoch­spritzen ließ. Ein Knecht, der gerade in der Nähe arbeitete, rief ihm etwas Unwirsches zu. Einen Moment lang wollte Taron hinübergehen und dem Kerl einen kräftigen Kinn­haken verpassen. Aber er tat es nicht, er musste bei den Pferden bleiben, bis sein Oheim zurück war Dies war nicht der richtige Ort und nicht die richtige Zeit, um einen Streit vom Zaun zu brechen, auch wenn Taron in diesem Mo­ment sehr danach war.

    Schnaubend lehnte er sich an die warme Flanke seiner Stute und verschränkte wütend die Arme vor der Brust. Seit Monaten, wenn nicht seit Jahren, hatte er sich so auf diesen Tag gefreut. Und nun war er hier in Donnerbach, wie er es in seinen Träumen wieder und wieder durchge­spielt hatte. Etwas enttäuscht war er schon gewesen, als sie in der Dämmerung das verschlafene Städtchen erreich­ten und den steilen Weg hinauf zur Residenz der Fürst-Erzgeweihten erklommen. Taron hatte sich immer eine trutzige Feste vorgestellt, die stolz über dem Wasserfall aufragend allein durch ihren Anblick jedem Feind die Ver­geblichkeit eines Angriffs vor Augen führte. Eine Feste wie die Bärenburg in Trallop vielleicht. Aber statt trutziger zinnenbewehrter Mauern und hoch aufragender, steiner­ner Wehrtürme empfing ihn hier eine Feste aus Holz. Groß war Donnerhall schon, und es sah auch sehr mächtig aus, wie es über dem Donnerfall thronte. Aber über den stei­nernen Fundamenten erhoben sich einfache Holzbauten und das passte gar nicht zu Tarons Vorstellungen. Eine Burg aus Holz sollte einen der wichtigsten Rondratempel Aventuriens beherbergen?

    Auf dem Hof herrschte emsiges Kommen und Gehen. Man schien heute zu feiern. Das konnte eigentlich nur bedeuten, dass die Fürst-Erzgeweihte ihn heute Abend nicht mehr empfangen würde. Dieser Gedanke besserte seine Stimmung nicht unbedingt. Jetzt, da er endlich hier war, wollte er keine Stunde länger warten, und erst recht keine ganze Nacht. Zu lange hatte er schon in Gratenbach gewartet, seit dem Tod seiner Mutter vor vier Jahren jeden Tag, dass sein Oheim endlich kommen und ihn holen würde, fort von dem muffigen, alten Wehrturm, der sich über dem winzigen Weiler am Fuße der Roten Sichel er­hob, und den sein Vater sein Eigen nannte. Immer wieder hatte er an der Brüstung gestanden und gehofft, einen Ritter in weißem Wappenrock zu sehen, der in der Abend­dämmerung den Bachlauf überquerte, wie er es zu Leb­zeiten seiner Mutter so oft getan hatte. Aber sein Vater und sein Oheim hatten sich nie gut verstanden, und nach dem Tod seiner Mutter verirrte sich Elgor von Trallop nur noch selten in das schmale Tal fernab aller Straßen und Wege. Sein Vater hatte es auch nicht gern gesehen, dass Elgor Taron mitnahm, aber schließlich ließ er ihn ziehen. Seinen Segen hatte er ihm nicht gegeben.

    Taron spürte, wie der Zorn erneut in ihm hochkroch, als er an seinen Vater dachte. Nicht einmal ein Pferd hatte er ihm mitgegeben. Die alte Cella, die ihn bis hierhin getra­gen hatte, hatte Elgor teuer bezahlen müssen. Man durfte ihn nicht ablehnen; alles konnte er ertragen, aber nicht, nach Gratenbach zurückgeschickt zu werden.

    Taron atmete tief durch und versuchte, die Gedanken an Gratenbach abzustreifen. Er musste ruhig und gefasst sein, durfte sich keine Blöße geben. Weder an seinen Vater denken noch an die Alte von vorhin. Welcher Gehörnte hatte ihn geritten, der kleinen Halbelfe zur Hilfe zu kom­men? Jedenfalls hatte er gelernt, sich besser nicht mit den Mägden anzulegen, solange er noch nicht den weißen Wappenrock trug. Zumal eine Prügelei mit dem Gesinde sicher nicht dazu beitrug, dass man ihn für würdig befand, in den Schwertbund aufgenommen zu werden.

    Im Getümmel erblickte er den roten Mantel seines Oheims, der sich einen Weg herüber bahnte. Ein breites Grinsen zog sich über Elgors narbiges Gesicht.

    »Was machst du ein Gesicht, als hätte man dir in die Suppe gespuckt?«, fragte er und klopfte Taron auf die Schulter. »Komm, Junge, bring die Pferde zum Stall und beeil dich. Da drinnen wartet gutes Essen auf uns, und ein warmes Lager. Und das kann ich gut gebrauchen nach der Reise.«

    »Habt Ihr...?«, begann Taron, aber Elgor fiel ihm sofort ins Wort. »Ich weiß, was du fragen willst, und die Antwort lautet >Nein<. Ich habe Ihre Eminenz noch nicht getroffen. Man feiert heute ihren Tsatag, und da ist die gute Dame sehr beschäftigt. Aber ich habe mit Ritterin Rovena gespro­chen, und sie hat mir versichert, dass wir gleich morgen eine Audienz bekommen. Zum Festmahl sind wir auch geladen, also bring die Pferde weg, zieh dir was Vernünf­tiges an und dann komm in die Halle. Und mach dir keine Sorgen«, fügte er hinzu, »wenn Rondra dich erwählt hat, wird Aldare es auch erkennen.« Er zwinkerte Taron noch einmal zu und ging zurück zum Palas.

    Taron blickte ihm nach, bis er durch die mächtige Flügel­tür im Innern verschwunden war. Er war mit einem Mal gar nicht mehr so sicher, dass Rondra ihn wirklich wollte. Er hatte sich das alles ganz anders vorgestellt, viel ... einfa­cher Die große Burg und die vielen Menschen verunsicher­ten ihn, und dann noch das Warten, die Ungewissheit ...

    Schluss, schalt er sich. Er hatte Angst, und Angst durfte ein Rondrageweihter nicht haben. Auch nicht vor bärbeißigen Mägden und der Ungnade Ihrer Eminenz.

    Nachdem er die Pferde glücklich im Stall untergebracht hatte, machte er sich auf den Weg zum Hauptgebäude. Hölzerne Säulen flankierten das Flügelportal, über dem eine kunstvolle Holzschnitzerei angebracht war, die Rondra im Schlachtgetümmel zeigte, die Lanze stolz erhoben, das Schwert bluttriefend. Ihr zur Seite stritten eine Löwin und Famerlor, der alte Drache. Unter ihren Füßen türmten sich die gefallenen Feinde, Dämonenfratzen, in denen sich Entsetzen ob der göttlichen Macht spiegelte. Staunend betrachtete Taron die Figuren, die gleichzeitig altertüm­lich-grob und doch wieder zierlich und lebendig wirkten, als ob sie gleich zu neuem Leben erwachen und den Kampf fortsetzen würden.

    »Heh, Junge, willst du nun raus oder rein?«

    Taron fuhr zusammen. Verlegen lächelnd wandte er sich der Frau zu, die mit verschränkten Armen vor ihm stand und ihn misstrauisch beäugte. Sie war fast einen Kopf klei­ner als er und sehr muskulös. Unter dem weißen Wappen­rock mit der roten Löwin glänzte ein Kettenhemd, den Kopf mit dem breiten Gesicht und den kurzen dunklen Haaren bedeckte ein Helm mit einem langen roten Ross­schweif. An der Schwertfibel auf ihrer Schulter erkannte Taron, dass er hier eine Ritterin der Göttin vor sich hatte.

    »Verzeiht, Euer Gnaden«, murmelte er und fasste sein Bündel mit den wenigen Habseligkeiten, die er aus Graten­bach mitgebracht hatte, fester. »Ich suche das Festmahl. Ich ...«

    »So, das Festmahl suchst du?« Die Geweihte betrachtete ihn prüfend. »Und was willst du dort?«

    »Ich bin mit meinem Oheim hier, Elgor von Trallop«, er­widerte Taron. Er ärgerte sich über das Zittern in seiner Stimme. Warum brachte das alles hier ihn nur so durch­einander? »Er sagte, ich solle nachkommen.«

    »Dann solltest du seinem Befehl gehorchen und nicht unter dem Portal im Weg herumstehen und Maulaffen feil­halten«, bemerkte die Geweihte. »Bring deine Sachen in den Gästeraum.«

    »Ja, Euer Gnaden, sofort.« Taron dachte im letzten Mo­ment noch daran, rondrianisch zu grüßen, wobei er prompt sein Bündel fallen ließ. Mit einer gestammelten Entschul­digung klaubte er den Beutel auf und eilte ins Innere des Gebäudes, damit die Geweihte nicht sah, wie ihm das Blut in den Kopf schoss.

    Schon bald stellte sich heraus, dass es den Gästeraum gar nicht gab. Der Knecht, den er danach befragte, schaute ihn verwundert an und erklärte, dass man über insgesamt acht Gastgemächer verfüge und welches er nun denn suche. Und was er überhaupt hier wolle, fragte er mit einem ver­ächtlichen Blick auf Tarons staubige Kleidung. Taron be­schloss, die Suche nach dem Gästeraum zu verschieben und erst einmal Elgor zu suchen. Sein Oheim wusste si­cher, wo sie nächtigen würden. Also zog er ein sauberes Hemd aus seinem Beutel, fuhr sich einmal mit den Fin­gern durch die Haare und verstaute seine Sachen hinter einem Wandvorhang, bevor er sich auf die Suche nach der Halle machte.

    Diese war sehr viel einfacher zu finden. Noch nie hatte Taron eine so große Halle gesehen. Gut vier Schritt war der Raum hoch, die Decke gestützt durch schwere Stein­eichensäulen, und groß genug, um fast hundert Leute zu fassen. Jedenfalls schätzte Taron, dass es mindestens hun­dert Leute sein mussten, die da an den mächtigen Tischen saßen und tafelten. Bärenfelle, Waffen und Wandteppiche mit allerlei Szenen aus dem Leben rondrianischer Helden zierten die Wände. Ein gewaltiger Kamin flackerte an der gegenüberliegenden Seite des Raumes und sorgte zusam­men mit den zahlreichen Fackeln und Kerzen für warmes, unruhiges Licht.

    Zwischen den Tafelnden stiefelte ein bunt gewandeter Gaukler umher, der geziert auf seiner Laute zupfte und bald diesem, bald jener eine lässige Bemerkung zuwarf. Die Angesprochenen antworteten mit schallendem Ge­lächter oder warfen dem Spielmann eine wütende Bemer­kung oder einen halb abgenagten Knochen hinterher, den er lässig auffing und für den er sich zur allgemeinen Er­heiterung artig bedankte.

    Am Kopf der Tafel thronte eine hoch gewachsene Frau mit ernsten Zügen. Das musste Ihre Eminenz sein, Aldare VIII. von Donnerhall. Streng sah sie aus, aber nicht so majestätisch, so erhaben, wie er sie sich immer vorgestellt hatte. Streng wirkten allerdings auch viele der anderen Gäste, die sich nicht von den Scherzen des Gauklers be­geistern ließen und sein Treiben mit missfälligen Blicken bedachten. Taron hatte schon fröhlichere Gesellschaften gesehen. Aber vermutlich feierte man an einem Hof

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