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Tod im Grandhotel: See Europa again
Tod im Grandhotel: See Europa again
Tod im Grandhotel: See Europa again
eBook185 Seiten2 Stunden

Tod im Grandhotel: See Europa again

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Über dieses E-Book

München im Jahr 1965. Der Einfluss der ehemaligen Besatzungsmacht ist in der jungen Bundesrepublik auch zwanzig Jahre nach Kriegsende noch spürbar; die Kompetenzen sind undurchsichtig und verworren. Das erschwert die Arbeit der Ersten Kriminaloberinspektorin Gudrun Pfisterer: Als ein ehemaliger US-Militärrichter in einem Nobelhotel erstochen aufgefunden wird, übernimmt sie die Ermittlungen. Diese führen sie tief in die amerikanische Geschichte: War es ein Mord aus Rache? Ein politischer Mord? Oder hatte der verbotene KU-KLUX-KLAN seine Hände im Spiel?
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum30. Jan. 2014
ISBN9783954571024
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    Buchvorschau

    Tod im Grandhotel - Harald Dietl

    Harald Dietl

    Tod im Grandhotel

    See Europe again

    AQUENSIS

    t h r i l l e r

    Inhalt

    Cover

    Titel

    München, im Frühjahr 1965

    Dank

    Impressum

    Fußnote

    München, im Frühjahr 1965

    Als der Fahrstuhl das oberste Stockwerk erreicht hatte, ließ sich dessen Tür nicht öffnen. Durch das Milchglas erkannte man ein Männerbein, das die Tür blockierte. Doch so sehr die Gäste auch riefen und an die Tür schlugen, der zu dem Bein gehörende Mann rührte sich nicht. Hotelgäste, die inzwischen im Parallellift angekommen waren, zerrten den Körper von der rechten Fahrstuhltür weg.

    Jemand konstatierte: »Aber das ist doch Mister Morrison aus unserer Gruppe …!« Dem Nächsten fiel der starre Gesichtsausdruck auf. Als jemand rief: »Da ist ja alles voller Blut!«, schrien einige Frauen hysterisch auf. Als die Lifte noch mehr Touristen ausspuckten brach Panik aus: Alles rannte durcheinander, Lautstärke und Hysterie nahmen zu: »Einen Arzt! … Schnell! … Wo ist Doktor Adams? … Schnell! …«

    Ein Amerikaner, der meinte, die Situation erfasst zu haben, stieß eine schräg gegenüber dem Fahrstuhl halb offen stehende Zimmertür ganz auf, eilte zum Telefon, drückte verschiedene Knöpfe und schrie in den Apparat: »Portier! Einen Arzt! Im fünften Stock liegt ein Ohnmächtiger im Flur und blutet! Schnell!«

    Die Nachfolgenden fassten alles an: die Türklinke, den Lichtschalter. Sie schalteten den Fernseher aus, auf dem es ›schneite‹. Inzwischen brachten die Fahrstühle weitere Gäste, von denen einer den Puls fühlte, ein anderer den Pullover hochzog, um die Wunde freizulegen; man schob einen im Weg stehenden, mit abgeräumtem Geschirr und Essensresten beladenen Servierwagen um die nächste Ecke; noch mehr Leute drangen in das offene Zimmer. Da es dort nach abgestandenem Rauch stank, schüttete eine Frau die Zigarettenkippen ins WC, spülte sie runter und öffnete das Fenster; jemand nahm ein feuchtes Handtuch, um die Wunde vom Blut zu säubern … Dabei verwischten die Leute nicht nur nahezu alle Spuren, sie legten selbst auch neue. Denn es handelte sich um Zimmer 522, das Zimmer des Toten.

    Die Erste Kriminaloberinspektorin Gudrun Pfisterer und Kriminaloberinspektor Remigius Zitzelsberger freuten sich ihres Feierabends und wollten ihn genießen. Sie ließen sich an blank gescheuerten Holztischen einer einfachen Wirtschaft nieder, die für ihr vorzüglich gegrilltes Fleisch zu recht bekannt war.

    »I hätt’ gern a Jägerschnitz’l mit Bratkartoffe’«, orderte die Oberinspektorin beim Wirt.

    »Und i kriag Ochs’nfetz’n, a mit Bratkartoffe’«, bestellte Remigius Zitzelsberger.

    »Und was woll’n S’ trinka?«

    Für diese ›Feierabendfrage‹ praktizierten die beiden ein besonderes Spielchen: »Wer ist dieses Mal dran?«

    »Was haben wir heute für ein Datum?«

    »Heute ist der Fünfundzwanzigste.«

    »Also ung’rad’. Dann bist du dran.«

    Remigius Zitzelsberger holte aus seiner Jackentasche zwei gleich lange Streichhölzer und sagte: »Kurz muss fahr’n!«, während er seiner Chefin die beiden Zündholzköpfe entgegenhielt. Nachdem Gudrun Pfisterer gezogen hatte, knickte er, wie meistens, unbemerkt sein Streichholz ab.

    »Ich muss fahr’n.« Und zum Wirt gewandt, bestellte er für sich »a Wassa«.

    Gudrun Pfisterer wusste, wie gerne ihr Kollege den Kavalier spielte. »Ich bin dir mal wieder hilflos ausgeliefert«, seufzte sie so, dass Remigius Zitzelsberger merkte, dass sie ihn durchschaut hatte, jedoch gewähren ließ.

    »I nehm’ ein Viertel Rot’n«, orderte Gudrun Pfisterer.

    Während der Wirt die Bestellung notierte, läutete hinter der Theke das Telefon. Erst nachdem er alles vollständig vermerkt hatte, hob der Wirt ab, meldete sich mit Bedeutung in der Stimme: »Restaurant Rusticana«, und sagte kurz darauf: »Für Sie«, wobei er den Telefonhörer in Richtung der beiden Kriminaler hielt.

    »Was?«

    »Wer …?«

    »Ihr Kriminaldauerdienst.«

    »Ich bin gar nicht da.«

    »Und ich geh’ nicht dran.«

    »Es ist echt beschissen, dass man auf dem Präsidium weiß, welches unsere bevorzugten Kneipen sind. Das kann einem den ganzen Abend verderben«, resümierte Gudrun Pfisterer und nahm den Hörer entgegen. »Ja?« Nach zwei Sekunden sagte sie: »Für dich«, und hielt damit ihrem Kollegen den Hörer entgegen.

    Remigius Zitzelsberger hatte sich schon erhoben, da durchschaute er den Trick: »Na, na. Das kannst du viel besser. Sag’, ich wär’ auf ’m Klo.«

    Was blieb Gudrun Pfisterer anderes übrig? Sie nahm das Gespräch an und sagte nach einer Weile: »›Grandhotel München‹. … Wir sind gleich da.«

    »Wieso sagst du ›Wir‹? Seit wann sprichst du von dir im Pluralis Majestatis?«

    »Ich meinte dich UND mich.«

    »Wie schön, dass ich mitkommen darf. Aber warum müssen wir in ein so teures Hotel? Wir können doch zu mir gehen.«

    »In dem teuren Hotel liegt ein Toter.«

    Oberinspektor Remigius Zitzelsberger steckte die auf dem Tisch liegenden Autoschlüssel wieder ein. »Wenn wir abends einen Anruf kriegen, ist die ganze Nacht im Eimer«, sagte er im Aufstehen.

    Als sie an der Tür angelangt waren, rief der Wirt: »Herr Zitzelsberger, soll ich Ihr Essen warm stellen?«, und es klang nicht einmal ironisch.

    »Vergess’n Sie’s.« Das klang resignierend.

    Nachdem man den Verletzten entdeckt hatte, herrschte große Konfusion im ›Grandhotel München‹. Der Nachtportier hatte auf den Hilferuf eines Gastes kurzerhand den um die Ecke in einer Nebenstraße praktizierenden Internisten Doktor Meilert angerufen. Der informierte noch das Rote Kreuz, ehe er seine Bereitschaftstasche fasste und sich auf den Weg machte. Dass das nahe Hotel ihn auch des Nachts zu einem Patienten rief, war ihm nichts Neues.

    Weil für den Amerikaner jede Hilfe zu spät kam, attestierte der Internist an Ort und Stelle »nicht natürlicher Tod« und trug in den Totenschein als Ursache ein: ›Vermutlich Verbluten nach innen durch Stich‹. Er schätzte, dass der Mann seit etwa einer Stunde tot war. Dann bat er die Hotelgäste eindringlich, nichts anzufassen, nichts zu verändern, ja sich am besten zurückzuziehen, während er auf die Sanitäter wartete.

    Deren Ankunft hatte etwas Slapstickhaftes an sich: Sie holten die senkrecht stehende Bahre aus dem Fahrstuhl, legten diese parallel neben das Opfer, klickten Brust- und Beinhalteriemen auf und beugten sich beide über den Daliegenden. Als Doktor Meilert sagte: »Der ist tot«, verschlossen sie die Riemen wieder, richteten sich synchron miteinander auf, fassten die Bahre und sagten: »Wenn der hinüba is, samma nimma zuständig. Da braucht’s die Kollegen mit da Blechschacht’l«, und verschwanden wieder im Fahrstuhl. Die Szene hätte aus einem Charly-Chaplin-Film sein können.

    Währenddessen hatte Dr. Meilert den Kriminaldauerdienst informiert. Als Remigius Zitzelsberger im fünften Stock eintraf, waren bereits zwei Spurensicherer, ein Fotograf und ein Rechtsmediziner bei der Arbeit.

    In der Hotelhalle servierte man jenen Touristen, die der späten Stunde zum Trotz das Auffinden ihres toten Mitreisenden aufgeregt beredeten, letzte night-caps. Die Fragen nach dem ›Wer‹ und ›Warum‹ waren nicht zu zählen; der Geräuschpegel lag über dem, was sonst üblich und vornehm war.

    Gudrun Pfisterer saß mit den beiden bayerischen Reiseleiterinnen etwas abseits und ließ sich das bisherige Geschehen berichten. Demnach hatten die beiden ihre Gäste kurz vor Mitternacht im Hotel abgeliefert. Ob des guten Essens und des süffigen Starkbiers war deren Stimmung bestens. Im ›Platzl‹ hatte Franziska Kinatheders Oberweite besonders die Männer begeistert. Manche Amis trugen bayerische Filzhüte oder hatten sich große Lebkuchenherzen umgehängt, die die Abzeichen mit den Insignien des Reisebüros und dem Motto der Reisegruppe ›See Europe again‹ zum Teil verdeckten.

    Remigius Zitzelsberger kam aus dem Fahrstuhl: »Also, der Tote heißt Mike Morrison und war Mitglied dieser amerikanischen Reisegruppe. Er lag größtenteils vor dem rechten Lift; vermutlich erstochen. Eine Tatwaffe wurde bisher nicht gefunden.«

    »Zeigt seine Armbanduhr die Todeszeit an?«

    »Nein, die läuft immer noch, aber die Totenstarre setzt gerade ein. Das bedeutet: Der Tote kann möglicherweise schon eine bis anderthalb Stunden da gelegen haben. Außerdem hat er Hämatome im Gesicht und eine blutige Nase. Scheint ein schwieriger Fall zu werden, denn unser Doktor möchte dir seine vorläufigen Erkenntnisse persönlich sagen.«

    »Fängt der schon wieder damit an! Sag’ ihm, ich wäre hier mit Zeugenaussagen beschäftigt und hätte dich bevollmächtigt. Sein Pass lag wie alle anderen auch beim Portier.« Gudrun Pfisterer wies auf eine vor ihr liegende Plastikhülle.

    »Sein Geld steckt in einem money belt – das ist so ein Gürtel, in dessen Innenseite man Geldscheine stecken und mit einem Reißverschluss verschließen kann. Ein paar französische Franc, umgerechnet keine fünfzig Mark, waren in seiner Jackentasche im Schrank. Da er seine teure Uhr und einen goldenen Wappenring noch anhat, scheint Raubmord zunächst einmal auszuscheiden. – Es sind sechs Personen, die im rechten Fahrstuhl nach oben fuhren und das Opfer als Erste gesehen haben. Deren Namen hab’ ich hier. Und diejenigen, die den Leichnam zur Seite zogen auf diesem Zettel.« Damit riss Remigius Zitzelsberger zwei Seiten von seinem Notizblock ab und legte sie vor seine Kollegin. »Die meisten der Gruppe waren während des Krieges irgendwo in Europa stationiert und buchten diese Reise aus nostalgischen Gründen nach dem Motto ›Schau’ dir Europa noch einmal an‹. Machen Veteranen ja gerne. Es sind aber auch welche dabei, die noch nie hier waren.«

    »Ja, hab’ ich auch schon gehört.«

    »Dann fahr’ ich mal wieder hoch zur Spurensicherung.«

    »Ist gut.« Damit wandte sich die Beamtin aufs Neue den Reiseleiterinnen zu, denen man die Aufregung und lange Arbeitszeit anmerkte. »Wie gesagt: Wir brauchen eine genaue Aufstellung, wer heute nicht an dem gemeinsamen Abendprogramm teilgenommen hat.«

    Die Reiseleiterin in dem roten Dirndl meinte: »Das wird schwer sein. Wir haben die Gruppe erst heute am Spätnachmittag in Riem übernommen.«

    »Es wäre aber sehr wichtig für uns.«

    »Mister Morrison, also der Tote, hat mir über einen Hotelpagen ausrichten lassen, dass er die Stadtrundfahrt nicht mitmachen, jedoch ins ›Platzl‹ nachkommen wollte. Mister Wilkinson hat sich mit seiner Frau abgemeldet: Sie wollten lieber was Leichtes im Hotel zu sich nehmen. Und ein Martin Jarvis hat sich ganz abgemeldet: Er würde erst wieder zu uns stoßen, wenn die Gruppe nach Salzburg fliegt. Also, es sind 45 Teilnehmer, und ich habe 39 Essen bezahlt«, wandte die Reiseleiterin mit dem blauen Dirndl ein und zog eine Abrechnung aus ihrer Mappe.

    »Na, das ist doch schon mal ein Anhaltspunkt«, stellte die Pfisterer fest. »Sechs Personen, von denen wir wissen müssen, wo und wie sie den Abend verbracht haben. Von vieren haben wir die Namen. Wer sind die beiden anderen?«

    Im obersten Stock hatten die Männer vom Erkennungsdienst systematisch von außen nach innen nach verwertbaren Spuren gesucht: Beginnend in den Fahrstühlen über den Flur hatten sie sich zur Leiche vorgearbeitet. Erst dann wird ein Leichnam zur Obduktion freigegeben. Weshalb die ›Männer in Schwarz‹ den Oberinspektor fragten: »Können wir den jetzt mitnehmen?«

    Remigius Zitzelsberger sah den Gerichtsmediziner an: »Wissen Sie schon was Genaues?«

    »Ja.«

    Da der Doktor nichts weiter erklärte, hakte Zitzelsberger nach: »Könnten Sie es mir anvertrauen?«

    »Wo bleibt ›die Pfisterer‹?«

    »Die ist mit Zeugenaussagen beschäftigt. Sie hat mich bevollmächtigt, mir Ihre ersten Erkenntnisse anzuhören.« Der Oberinspektor legte so viel Ironie wie möglich in diesen Satz.

    Der Arzt deutete auf Morrison und sagte: »Er ist tot.«

    Worauf Remigius Zitzelsberger zu den ›Schwarzkitteln‹ sagte: »Ihr könnt ihn mitnehmen. Scheinbar wollte er Hilfe holen und ist, weil der Fahrstuhl nicht kam, vor der Tür zusammengebrochen.«

    Der Gerichtsmediziner hasste Remigius Zitzelsbergers offene Art; ihm ging dessen ›nervensägende Natürlichkeit‹ gegen den Strich. Außerdem war er der Ansicht, dass dieser Zitzelsberger viel zu schnell Karriere gemacht hatte. Der Mediziner schwärmte für die attraktive Gudrun Pfisterer, mit der er, da sie seine Annäherungsversuche in Form von Essenseinladungen stets ablehnte, wenigstens beruflich gern näher in Kontakt kommen würde. Weil er sich gegenüber Zitzelsberger, ›diesem Emporkömmling‹, überlegen fühlte, ließ er sich oft auf ein geistiges Scharmützel zwischen ›Kombination und Wissenschaft‹ mit ihm ein und meinte deshalb ebenso ironisch wie möglich: »Ich bin zwar kein Ermittler, aber da ich nirgendwo sonst Blut entdecken konnte, behaupte ich, dass Stich und Tod im Gang vor dem Fahrstuhl erfolgten.«

    Es wurmte Zitzelsberger, dass er dem Arzt erst einmal recht geben musste, weswegen er vorsichtig einräumte: »Zumindest hat es den Anschein.« Dann untersuchte er routinemäßig Schrank, Kommode, Badezimmer und das zerwühlte Bett. »Habt ihr irgendwas gefunden?«

    Ein Kriminaltechniker wies auf den Tisch, auf dem einige Klarsichtbeutel lagen: »Ein benutztes Papiertaschentuch, diverse Haare aus einem Kamm und vom Bett. Auf dem Kopfkissen ist ein rosaroter Streifen, vermutlich ein Lippenstift.«

    »Bitte alles zur Laboruntersuchung. – Und wenn es eine ›Misses Morrison‹ gibt, muss sie nicht nur kommen, um ihren Mann zu identifizieren, Sie muss auch kontrollieren, ob von seinen Sachen was fehlt. – Könnte ja sein, dass es

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