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Käthe Kaufmann: Biografische Lebensgeschichten
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Käthe Kaufmann: Biografische Lebensgeschichten
eBook371 Seiten2 Stunden

Käthe Kaufmann: Biografische Lebensgeschichten

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Über dieses E-Book

"Käthe Kaufmann – Biografische Lebensgeschichten" ist ein Frauenporträt, das von Verlust, Aufbruch und neuen Horizonten geprägt ist. Die biografische Geschichte ist ein Stück facettenreiche Zeitgeschichte, in der sich Käthe unerschrocken ihren Platz in der Männerwelt sichert.

Trotz Rückschläge - Ermordung ihre Mannes Ludwig durch die Nazi-Schergen - meistert die Karlsruherin Käthe Kaufmann ihr Leben, gewinnt ihm besondere Seiten ab und avanciert sogar zur badischen Autopionierin und Modeschöpferin. Die biografischee Lebensgeschichte(n) ist zudem ein Stück facettenreiche Frauengeschichte, in der sich Käthe unerschrocken ihren Platz in der Männerwelt sichert. Glückliche Zeiten und die Leichtigkeit des Seins erlebt Käthe auf einer südnorwegischen Schäreninsel mit deutsch-norwegischen Wahlverwandten.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum7. Jan. 2020
ISBN9783765089091
Käthe Kaufmann: Biografische Lebensgeschichten

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    Buchvorschau

    Käthe Kaufmann - Britta Wirtz

    Wagner

    Kapitel 1 - Die Wohnung

    Die Hübschstraße

    Britta Wirtz: Sandsteinfassade mit sonnigem Wohnzimmer

    Erinnerungen sind im Leben eines Menschen immer prägend. Für die einen sind es vergilbte Bilder, die auf dem Dachboden gefunden werden und ein Lächeln für die historischen Aufnahmen hervorzaubern. Andere können sich an Gemälden ergötzen. In Britta Wirtz’ Büro steht hingegen eine Schwarz-Weiß-Fotografie, die eine forsche Dame in einem Luxusschlitten der 1920er Jahre vor dem Karlsruher Schloss zeigt. Jeden Tag erinnert die Foto-Rarität an ihre Uroma Käthe Kaufmann.

    Mit dem Foto-Blick wandert der Sinn schnell in weitere Erinnerungen. Für die Karlsruher Geschäftsfrau sind es Orte und Häuser, die untrennbar mit dem Leben ihrer Uroma verknüpft sind. In Britta Wirtz’ Falle ist es das Haus in der Hübschstraße in der Weststadt, in dem sie als Kind häufig zu Besuch war. Doch was lässt das Ganze so lebendig werden? War es das ganz besondere Treppenhaus, die Wohnungseinrichtung, die Person »Käthe«? Die Antwort: Es ist weit mehr als die einzeln genannten Teile. Nicht zuletzt ist es der Ort voll von Erinnerungen und an das vielfältige Leben von »Käthe«.

    »Die ersten Erinnerungen, die ich an die Begegnungen mit ihr hatte, stammen aus den 1970er Jahren: Ich wohnte damals mit meinen Eltern Kirstin und Werner Wehrheim und meinem Bruder Michael wohl behütet in Kronberg im Taunus. Meine Urgroßmutter, Käthe Kaufmann, wohnte zu dieser Zeit in Karlsruhe. Wir besuchten sie regelmäßig in der Hübschstraße – oder sie besuchte uns zu Hause. Beides sind bis heute Begegnungen mit Erinnerungswert geblieben.

    Präsent ist mir, dass wir oft im Frühsommer zu ihr nach Karlsruhe fuhren, um sie zu besuchen. Für uns Kinder – mein Bruder Michael, ist ein Jahr älter – war das stets ein Erlebnis. Von der Rücksitzbank unseres Audi wussten wir, dass wir in Karlsruhe angekommen waren, wenn wir das große Wertkauf-Gebäude und das Möbelhaus »Mann« direkt an der Autobahnabfahrt sahen. Weiter ging es stadteinwärts über die Kriegsstraße in Richtung Weststadt. Der Name Kriegsstraße hat mich damals irritiert, wurde doch das ›K‹ etwas übermäßig betont, so dass es sich nicht wirklich nach Krieg anhörte, was es jedoch schlussendlich bedeutete. Aus dem Rückfenster des Audi kamen mir die hohen, häufig dunkelroten Sandsteinfassaden dieser Straße mit ihren Gesimsen und Balkonen in Kombination mit diesem Namen, bedrohlich vor.

    Besser wurde es in der Hübschstraße, die von der Kriegsstraße rechts abzweigt. Hier hatten die Häuser helle Putzfassaden, abgesetzt mit gelbem Sandstein, sowie kleine Vorgärten, die mit bunten Blumen, Rosen und kleinen Büschen angelegt waren. Auch im Haus ging es hell und freundlich zu. Große Fenster, helle Wände und ein knarzender Parkettboden zogen sich von Zimmer zu Zimmer. Aus kindlicher Perspektive hatte sich bei mir ein langer Flur in der Wohnung eingeprägt. Würde man das ganze Ensemble heute virtuell einfangen wollen, so käme zunächst links ein großes, sonniges Wohnzimmer mit Fischgrätparkett mit doppelflügeligen, weißen Türen. Vor dem Übergang in das Esszimmer befand sich ein großer, grüner Kachelofen und eine verzierte Truhe mit geschnitzten Löwen- und Affenköpfen wohl aus dem 16./17. Jahrhundert. Hinter Vorhängen standen Bücherregale, die auch zahlreiche Geschäftsunterlagen bargen. Im angrenzenden eleganten Esszimmer dominierte ein Esstisch, der Platz für gut und gerne zehn Personen bot. Auf der Fensterbank quietschte Wellensittich Putzi fröhlich vor sich hin. Auf dem Balkon, der zur Straßenseite ging, befanden sich Sitzmöbel der 60er Jahre in der gleichen Machart, die ich heute noch im Stadtgarten entdekke. Ein weißes Drahtgestell mit halbhoher Rückenlehne. Quadratische Gitterverstrebungen auf der Sitz- und Rükkenfläche verleihen dem Sitzmöbel die unverwechselbare Optik. Bei meiner Uroma kamen – anders als im Stadtgarten – schwarz-weiße Polsterauflagen dazu, die an Zebrafell erinnerten. Und dann gab es noch – das war für uns Kinder besonders faszinierend – eine Gäste-Toilette, in der man mit Hilfe einer langen Stange ein kleines Fensterchen öffnen konnte.

    Die Küche war eher schmal und führte zum Innenhof. Ein kleiner Sitzbalkon mit schmiedeeisernem Geländer lud hier zum Pausenkaffee im Schatten ein.

    Schließlich gab es noch das Schlafzimmer, das man als Kind nicht betreten durfte. Gerade dieses Verbot machte es für uns besonders faszinierend. Kein Wunder, dass ich mich das eine oder andere Mal hineingeschlichen habe, um die sensationellen Medizinaufstellungen zu betrachten. Denn ›Oma Karlsruhe‹, Käthe, war an Altersdiabetes erkrankt und bekam täglich Insulinspritzen. Leider bedeutete diese Erkrankung auch das Aus für das eigenständige Wohnen in der Hübschstraße. Infolge einer Amputation des Unterschenkels musste sie als Pflegefall in ein Altenheim in der Südweststadt übersiedeln.«

    Käthe und Trude, ca. 1930.

    Eisenlohrstraße 30 – von 1944 bis 1969

    Erinnerungen von Helga Stojimirov (geb. Schilling): »Manchmal träume ich des Nachts von dieser Wohnung«

    Die Familie Schilling wohnte im zweiten Stock des Hauses Eisenlohrstraße 30. Über die Jahre entwickelte sich eine Freundschaft zwischen Schillings und der Familie Kaufmann, die bis heute zwischen der Tochter Helga Schilling (verheiratete Stojimirov) und der Enkelin von Käthe Kaufmann, Kirstin Wehrheim (Kissi), besteht.

    Für Helga war das Haus und die Wohnung ein Ort mit wohlfühlenden Erinnerungen, in denen Erlebnisse und Begebenheiten mit Käthe Kaufmann aufeinander prallten.

    »Die Fenster sind die Augen der Häuser«, beschrieb einmal der französische Schriftsteller Jules Amédée Barbey d’Aurevilly. Doch für Helga war es nicht nur die Fassade jenes Hauses, in der sie glückliche Jahre verbrachte. Es war ihr Zuhause, ein Teil davon war das familiäre, nachbarschaftliche Zusammenleben mit Käthe Kaufmann.

    Käthes Tochter Trude Bergmann, geborene Dudeck, auf dem Balkon in der Eisenlohrstraße 30, nach Kriegsende 1949.

    Heute – Die Eisenlohrstraße 30.

    »Es war im Jahre 1957/58, als unsere inzwischen sechsköpfige Familie eine größere Wohnung brauchte. Da erfuhren wir, dass in der Eisenlohrstraße 30 eine große Wohnung frei wird. Diese haben wir dann bekommen und sind dort eingezogen.« Dass die erste Begegnung mit Käthe Kaufmann – wider Erwarten – ganz positiv verlief, lag an der »Wellenlänge« zweier gestandener Frauen. Einmal die Mutter von Helga, Ruth Schilling, und auf der anderen Seite Käthe Kaufmann.

    »Als wir die Wohnung bekommen haben, hat man uns nämlich von Käthe Kaufmann erzählt, dass sie eine energische Person und nicht ›so einfach‹ sei. Man hat uns zwar nicht gewarnt, aber Romanhaftes über sie erzählt. Dann hat meine Mutter Ruth gesagt – sie war ja selbst eine energische Person – ›da habe ich kein Problem damit‹! Doch beim Einzug haben wir vier Jugendlichen zwischen 13 und 18 Jahren – Doris, Horst, Helga (ich, damals 15 Jahre) und Ute (13 Jahre) – uns schon unsere Gedanken gemacht. Unser Tenor: Lassen wir uns mal überraschen, was da auf uns zukommt mit der Frau Kaufmann. Und was war? Wir haben sie kennengelernt als sehr sympathisch – wir waren gleich auf derselben Wellenlänge. Zudem: Meine Mutter war im Grunde genommen der gleiche Charakter. Wir haben uns dann so gut verstanden, dass sich daraus eine tiefe Freundschaft entwickelte.

    Wir haben uns alle wohl gefühlt im Haus Eisenlohrstraße 30. Von der Außenfassade war das Haus des Architekten Sexauer, der auch den Haydnplatz gestaltete, anmutig mit hellem Sandstein und Putz sowie großen Fenstern und Balkonen aufgegliedert. Das steigerte sich, sobald man die Haustüre öffnete – edle Materialien und wunderschöne Fliesen, gefolgt von einem weitläufigen Treppenaufgang, in dessen Mitte ein Aufzug hinein gepasst hätte. Das Geländer hielt dem repräsentativen Gesamteindruck ebenso stand. Ein handwerklich brillant hergestelltes eisernes Geländer mit Holzlauf leitete hinauf zu den Wohnungen. Die Wohnung von Frau Kaufmann und unsere waren identisch und hatten jeweils sechs geräumige Zimmer. Wobei Kaufmanns Parterre und den 1. Stock bewohnt hatten. Repräsentative Flure, eine sehr geräumige Küche und ein etwas kleineres Bad, eine Abstellkammer und für die Zeit ein modernes WC war der funktionale Zuschnitt der großen Wohnung. Von der Diele gingen die vielen Zimmer ab. Jedes Zimmer hatte hohe Türen, meist doppelflügelige, die sich zum nächsten Zimmer hin öffneten. Wunderbarer Stuck zierte die Decken. Ein Zimmer nutzte Käthe zu Repräsentationszwecken auch gegenüber ihren Geschäftspartnern. Wertvolle Biedermeiermöbel und ein Klavier befanden sich hier, zahlreiche Ölgemälde zierten die Wände ebenso wie ein raumhoher kobaltblauer Kachelofen, der von außen befeuert wurde, dazu eine Sitzbank zum Wärmen. Ein Seilzug ermöglichte das Klingeln nach dem Dienstmädchen, für das ein eigenes Zimmer bereit stand. Man konnte förmlich Spazierengehen von Zimmer zu Zimmer und retour im Flur. Im Parterre hatte Frau Kaufmann noch einen verglasten Erker und ein Teil der Wohnung war nach dem Krieg für das Nähatelier reserviert. In unserer Wohnung befand sich anstelle des Erkers ein Balkon mit breiter Steinmauerbrüstung – schon eine kleine Terrasse.

    Leider wurde das Haus, das damals der Deutschen Eisenbahnversicherungskasse gehörte, verkauft. Danach hatte sie Marketing-Walter mit damaligem Sitz in Ettlingen übernommen und die Wohnungen in Büroräume umgewandelt. Aus damaliger Sicht wurden Käthe Kaufmann und dann wir förmlich aus dem Haus gedrängt.

    Wir – die ›Schillings‹ – sind dann nach Neureut-Heide und Frau Kaufmann in die Hübschstraße gezogen. Als Frau Kaufmann aus der schönen Wohnung musste, hat sie sich lautstark geäußert und alles versucht, um zu verhindern, dass wir raus müssten. Leider vergeblich. Manchmal träume ich des Nachts von dieser Wohnung. Dann will ich sie umgestalten und eine moderne Heizung einbauen. Denn damals wurde zentral von der Küche aus gefeuert; man hatte es zwar überall warm, aber gerade im Winter schleppten wir schwer an den Kokseimern.«

    Der Stolperstein und sein Künstler

    Nur wenige Meter weiter, in der Eisenlohrstraße 24, befand sich die Wohnung, in der Käthe Kaufmann und ihr zweiter Mann, der jüdische Handelsvertreter Ludwig Kaufmann, lebten. Das Haus wurde in der Bombennacht am 27.9.1944 getroffen, so dass Käthe in die Eisenlohrstraße 30 umsiedelte.

    Auf dem Boden vor dem Haus Nr. 24 erinnert der am 16. April 2013 durch den Künstler Gunter Demnig eingelassene »Stolperstein« an Ludwig Kaufmann. Den folgenden 107 Buchstaben, Ziffern und Zeichen ist zu entnehmen:

    Der Stolperstein in der Eisenlohrstr. 24. 1944 wurde das Haus ausgebombt. Käthe zog dann in das Haus Nr. 30. Hier wohnten auch Helga und die Familie Schilling.

    Hier wohnte Ludwig Kaufmann Jg. 1879, ›Schutzhaft‹ 1943

    Gefängnis Karlsruhe Deportiert 1943

    Auschwitz Ermordet 10.12.1943

    Kapitel 2 – Käthes Lebensgeschichten

    Britta Wirtz: Bewahren der Erinnerungen

    Ich hatte eine Einladung, als Referentin bei der »Arbeitsgemeinschaft Karlsruher Frauenverbände« zu sprechen. Eigentlich sollte es um Themen in der Messe gehen; speziell ein neues Projekt, das ich mit einigen Kolleginnen ins Leben gerufen hatte und das sich dem Thema Frau & Wirtschaft widmete. Nur wenige Augenblicke, bevor ich mich auf den Weg in das Luise-Riegger-Haus in die Baumeisterstraße machte, überlegte ich, wie ich die Vorstellung meiner Person noch etwas lebendiger darstellen könnte. Hierbei wollte ich einige Skizzen des Lebens meiner Urgroßmutter Käthe präsentieren und meinen persönlichen Bezug zu Karlsruhe verdeutlichen. Nachdem ich mir zu diesem Zeitpunkt unsicher war, ob der zweite Ehemann von Käthe nach Auschwitz oder doch nach Gurs, dem Schicksalsort der meisten Karlsruher Juden, deportiert worden war, googelte ich kurzerhand seinen Namen und fand einen Text, publiziert von einem Schüler des Humboldt-Gymnasiums, der das Leben von Käthe und Ludwig im Jahr 2003/2004 für das »Gedenkbuch für die Karlsruher Juden« biografisch erarbeitet hatte.

    Völlig erstaunt und begreifend, dass es offizielle Quellen gab, die die Erzählungen aus dem Familienkreis belegten, brachte mich dieses Entdecken dem Entschluss näher, die Geschichte und Geschichten des Lebens von Käthe Kaufmann aufzuschreiben.

    Käthe Kaufmann, die mit vollem Namen Katherina Elisabetha Karolina Dudeck, geb. Walz hieß, bevor sie am 18. September 1930 Ludwig Kaufmann heiratete und dessen Familiennamen annahm.

    Es war somit ein Vermächtnis, die wechselreichen Geschichten von und mit ihr ins Gedächtnis zu rufen und dann auch niederzuschreiben.

    Die norwegische Insel Granholmen: Ort der Erzählungen

    Die Geschichten von Käthe wurden für mich als Urenkelin jedes Jahr im Sommer lebendig. Nämlich immer dann, wenn die Familie auf dem Inselchen Granholmen, dem Sommerwohnsitz meiner Großeltern, zusammenkam. Den meisten ist die skandinavische Inselwelt heute präsent durch die Erzählungen Astrid Lindgrens oder den Sonntag-Abend-Fernsehromanzen Inga Lindströms. Aber genau so muss man es sich vorstellen. Eine Inselwelt, die, geformt durch die Kräfte der Eiszeit, aus vielen geschliffenen Felsen besteht. Das Feriendomizil liegt im Gebiet namens Hvaler und befindet sich im Mündungsgebiet der Glomma, die bei der ehemaligen Festungsstadt Fredrikstad, einer properen und prosperierenden Stadt in der südöstlichsten Provinz Norwegens namens Östfold, in den Oslofjord mündet.

    Die Schärenlandschaft besticht durch ihre vielen malerischen Perspektiven, die sich insbesondere bei einer Bootsfahrt zwischen den Inseln ergeben. Das stete Wechselspiel zwischen dem glitzernden Meer und den hübschen, verstreuten Holzhäusern auf den mehr oder weniger bewachsenen Inseln macht den besonderen Reiz dieser Landschaft aus. Nur die größeren Inseln sind für den Autoverkehr erschlossen. Die kleineren sind nur mit dem Boot erreichbar. Viele Jahre war auch Strom und Wasser auf den kleineren Inseln nicht verfügbar und so entstand ein naturnahes Urlaubsparadies, das den Bewohnern häufig Improvisationskünste abforderte. Unter den vielen hundert Inseln Hvalers liegt im Nordwesten eine kleine, maximal zwei Kilometer Länge messende Insel – an der schmalsten Stelle nur wenige Schritte breit – namens Granholmen. Auf dieser Insel, die bis heute nur mit dem Boot zu erreichen ist, erwarben in den 1960er Jahren meine Großeltern, die Tochter von Käthe, Trude Bergmann und ihr Ehemann Erik, ein kleines Holzhaus samt Grundstück. Das einstöckige Giebelhaus mit hübschen weißen Sprossenfenstern lag nur einen Steinwurf vom Meeresufer entfernt. Im hinteren Teil des Grundstückes wuchsen hohe Tannen, die sich an bestimmten Stellen immer wieder auf der Insel angesiedelt haben. So ist auch wörtlich übersetzt der Name der Insel die »Tanneninsel«. »Gran« heißt im Norwegischen Tanne, »Holmen« bedeutet Insel. Vor dem Haus, am östlichen Inselufer, befand sich der Holzsteg, an dem die Boote angelegt werden konnten. Dieser war durch das raue Klima, den ewigen Wind, die Wellen und das winterliche Eis stets reparaturbedürftig. An ein Anlegen an den Felsen war jedoch überhaupt nicht zu denken; zu groß war die Gefahr, dass sich das Boot als die einzige sichere Verbindung zum Festland an Steinen oder untiefen Stellen ein Leck zuzog. An den hölzernen Steg anschließend erheben sich majestätische, rundgeschliffene und langgestreckte Felsen. Dort, wo das ewige Lecken der Wellen es erlaubt, sind sie mit einer leichten Flechten-Struktur überzogen. Direkt am Wasser ist das Gestein von Wind und Wellen seidig glatt und blank geputzt und zeigt im Sonnenlicht seine wunderschönen Farbspiele

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