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In Liebe, Hope
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eBook233 Seiten3 Stunden

In Liebe, Hope

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Über dieses E-Book

"Die Frau am Empfang nickte ihr lächelnd zu, ebenso wie alle Krankenschwestern, denen sie begegnete. Inzwischen kannte man sie, immerhin besuchte sie ihren Bruder jeden Tag. Das hieß, fast jeden, an manchen Tagen schaffte sie es einfach nicht, weil sie schlichtweg zu betrunken war. "

Hope ist krank. Magersucht, Depressionen, selbstverletzendes Verhalten und übermäßiger Alkoholkonsum sind ihre Wege, dem Leben zu entfliehen. Als ihr Zwillingsbruder Leo ins Koma fällt, ist sie überfordert und beginnt, Briefe an ihn zu schreiben, um besser mit dem Verlust klar zukommen.
SpracheDeutsch
HerausgeberTWENTYSIX
Erscheinungsdatum22. Okt. 2019
ISBN9783740702199
In Liebe, Hope
Autor

Maike Kops

Maike Kops, geboren 1999, schreibt seit der Grundschule Geschichten. Außerdem liest sie gern, hauptsächlich Young/New Adult und Fantasy.

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    Buchvorschau

    In Liebe, Hope - Maike Kops

    Für alle jene, die sich

    unverstanden fühlen. Ich hoffe,

    ich konnte euch eine Stimme

    geben.

    HOPE

    Leo,

    jetzt liegst du schon zwei Monate im Koma und erst jetzt kam mir die Idee, dir Briefe zu schreiben, damit du sie, wenn du wieder wach bist und ich weg bin (nicht im Sinne von tot, sondern im Sinne von woanders), lesen kannst.

    Gesprochene Worte sind leider viel vergänglicher als geschriebene. Ich glaube, diese Briefe werden wie ein Tagebuch, nur, dass es an jemanden adressiert ist, an jemanden, der mich besser kennt als jeder andere. Und wer käme da schon alles in Frage? Richtig. Nur du. Immerhin bist du mein Zwillingsbruder. Aber genug davon. Eigentlich wollte ich dir erzählen, wie sehr du mir fehlst, wie viel du mir bedeutest.

    „Der Mensch ist elektrisch, seit du weg bist, bin ich ohne Strom", hat Prinz Pi mal gesagt. Und verdammt, ich hätte nie gedacht, wie treffend diese Worte sein können.

    Du weißt, dass ich mich deinetwegen immer zusammengerissen habe.

    Deinetwegen habe ich öfter gegessen, mich nicht ganz so oft selbstverletzt, nicht so viel geraucht und getrunken. Aber dann war da plötzlich dieses beschissene Hirnaneurysma und du liegst jetzt im Koma. Und seitdem rutsche ich ab. Hungere, bis ich umkippe, schneide, bis mir schwindlig wird, rauche und trinke, bis ich nicht mehr klar denken kann. Das geht jetzt seit zwei Monaten so. Anfangs dachte ich, dass das okay so wäre, du bekommst es ja schließlich nicht mit.

    Aber dann ist mir klargeworden, dass du es merken wirst, wenn du wieder aufwachst. Und das will ich nicht. Ich will, dass du einer gesünderen Hope, die das hinter sich gelassen hat, ins Gesicht sehen kannst. Und deswegen werde ich kämpfen. Für dich. Du bist das Wichtigste in meinem Leben.

    In Liebe,

    Hope

    ***

    Sie atmete tief aus, während sie den Stift ablegte. Unbewusst fing sie an, über eine ihrer Narben zu reiben. Die tiefste, die von dem Mal war, als Leo ins Koma fiel. Sie packte das nicht, so viel wusste sie. Es machte sie wahnsinnig, nicht mehr mit ihm reden zu können. Sie wollte schreien, bis sie heiser war. Aber das tat sie nicht. Stattdessen schwieg sie, schluckte ihren Kummer herunter.

    Das konnte sie gut. Ihr Magen knurrte. Schnell presste sie die Hand darauf, blickte auf die Uhr, rechnete aus, wie lange es her war, dass sie gegessen hatte. Für einen Moment dachte sie darüber nach, das nächste Essen noch eine Stunde herauszuschieben. Aber sie wusste, wie das lief. Nach der Stunde würde sie noch eine Stunde dranhängen. Und dann noch eine. So würde sie ihr Vorhaben, für Leo zu kämpfen, nie durchziehen können. Also stand sie auf, ging in die Küche und holte sich einen Apfel. Leo liebte Äpfel und mit einem Apfel war das Fastenbrechen erträglich. Na ja, nicht direkt erträglich, aber auf jeden Fall erträglicher. Es war okay. Zumindest redete sie sich das ein, während sie mit Tränen in den Augen – zum einen, weil der Apfel sie so sehr an Leo erinnerte, zum anderen, weil sie sich selbst so sehr dafür hasste – in den Apfel biss.

    ***

    Leo,

    ich war heute im Krankenhaus und habe ein bisschen mit dir geredet. Nicht, weil ich sowas irgendwie wirksam finde. Ich meine, dann würde ich ja diese Briefe nicht schreiben. Aber meine Therapeutin meinte, das würde helfen. Blöde Tusse.

    Wie auch immer. Ich hab dir dann erzählt, dass ich einen Brief für dich habe und ihn neben dein Bett gelegt.

    Gott, es ist so grausam, dich da liegen zu sehen, angeschlossen an gefühlt dreitausend Maschinen. Du bist tot und gleichzeitig lebst du, so fühlt es sich zumindest an. Schon komisch. Ich hab das Gefühl, dass es bei mir genau andersherum ist. Ich lebe und bin gleichzeitig tot. Ich muss dir das nicht erklären, denke ich. Du weißt, was ich meine, oder? Gott, es tut so weh. So verdammt weh. Bitte, wach schnell wieder auf. Dich nicht lachen zu hören, nicht mit dir reden oder streiten zu können, bringt mich noch um. Marie hat jetzt übrigens einen Neuen.

    Sie meinte, „ein Freund, der im Koma liegt und sie nicht mal befriedigen kann (das hat sie wirklich gesagt, die kleine Schlampe), wäre „nutzlos. Es tut mir leid, dir das zu sagen, Bruderherz, aber ich hab dir gleich gesagt, dass sie dich nicht wirklich liebt. Na ja, als sie das gesagt hat, bin ich komplett ausgerastet und auf sie losgegangen. Jetzt hat sie zwar nur ein paar Kratzer, immerhin weißt du ja, dass ich nicht die Stärkste bin, aber ich hoffe, dass sie nie wieder so schlecht über dich redet. Das wäre echt das Letzte.

    Und bitte sei deshalb nicht sauer auf mich, du weißt, ich habe das nur getan, weil ich dich liebe.

    In Liebe,

    Hope

    ***

    Dass Hope selbst ein blaues Auge hatte, verriet sie nicht. Alles musste Leo ja auch nicht wissen. Sie versuchte, die Auseinandersetzung als etwas Positives zu betrachten, immerhin trug sie noch ein paar weitere blaue Flecken – ein Zeichen von Schmerz. Und das Gute daran war, dass der Schmerz nicht mal absichtlich war. Sie redete sich ein, dass sie auf dem Weg der Besserung war.

    Dabei war es gerade mal Tag 2 ihres Vorhabens.

    ***

    Leo,

    ich bin betrunken, deswegen tut es mir leid, wenn du Probleme hast, das hier zu lesen oder der ganze Mist hier keinen Sinn ergibt. Generell tut mir so viel leid. Dass mein letzter Brief fünf Tage her ist.

    Dass du im Koma liegst und nicht ich. Du könntest dein Leben leben und ich würde einfach nur rumliegen und hätte endlich Ruhe von diesen schrecklichen Gedanken. Es tut mir leid, dass ich keine bessere Schwester war. Aber glaub mir, wenn du wieder aufwachst, wird sich das ändern. Es tut mir leid, dass du dir meinetwegen immer so viel Sorgen gemacht hast. Es tut mir leid, dass du dir jetzt keine machen kannst, weil du zurzeit nicht richtig lebst. Es tut mir leid, es tut mir leid, es tut mir leid. Alles.

    Ignorier die Wasserflecken und die leicht verschwommene Tinte einfach, okay? Es ist nur…ich bin betrunken und du weißt ja, wie emotional ich werden kann, wenn ich betrunken bin.

    Gott, was ist nur los mit mir? Warum bin ich so kaputt und du scheinst das genaue Gegenteil zu sein?

    Leo, du bist mein Pflaster, so kitschig sich das auch anhören mag. Ich glaube, ohne dich wäre ich noch kaputter. Und dafür will ich dir danken, Bruderherz.

    Danke für alles.

    In Liebe,

    Hope

    ***

    Leo,

    ich bin wieder nüchtern – und verkatert. Aber gut, ich bin selbst schuld. Der Brief gestern tut mir…nicht leid. Kein bisschen. Er enthält nur die Wahrheit.

    Und ich weiß, wie wichtig dir die Wahrheit ist.

    Ich vermisse dich. Komm bitte zurück.

    In Liebe,

    Hope

    ***

    Leo,

    du glaubst nicht, was passiert ist.

    Yunnis, der Typ, in den ich seit 3 Jahren verliebt bin, hat mich gefragt, ob wir mal ausgehen. Und ich weiß, dass du kein Problem mit ihm hast, also…wenn du aufwachst und wir zusammen sein sollten (Betonung liegt auf „sollten", du weißt ja, dass ich der Meinung bin, dass sich niemals jemand in mich verlieben wird), wirst du – denke ich zumindest – nicht komplett ausrasten.

    Ich halte dich auf dem Laufenden, wenn man das so nennen kann.

    In Liebe,

    Hope

    ***

    Leo,

    zum ersten Mal in meinem Leben scheint mein Name zu passen. Denn, verdammt, es gibt Hoffnung! Zum ersten Mal in meinem Leben sitze ich nicht hoffnungslos in der Gegend herum und träume vor mich hin. Du weißt schon, von wegen „perfekte Beziehung", bla bla bla.

    Das Date (Gott, wie bescheuert sich das anhört) mit Yunnis war fantastisch.

    Dabei war es gar nicht so datemäßig. Ich war bei ihm zu Hause. Wir haben Musik gehört, geraucht, geredet. Wenn er vorher nicht explizit gefragt hätte „Willst du mal mit mir ausgehen?", hätte ich gedacht, dass das ein rein platonisches Treffen wäre. Na ja, außer am Ende. Da hat er mich geküsst. Erst kurz, dann länger. Und verdammt, es war einfach unglaublich. Es ist grad mal zwei Stunden her und ich vermisse es jetzt schon.

    Eigentlich würde ich das ja Tamara erzählen, aber mit der habe ich mich gestritten, weil ich (angeblich), seitdem du im Koma liegst, noch introvertierter bin. Mich noch mehr in meine „Krankheiten" (sie hat wirklich Anführungszeichen in die Luft gemacht) stürze. Gut, das war anfangs so, aber ich wäre nicht die Erste, die nach einem Schicksalsschlag noch tiefer abrutscht, oder etwa nicht? Eigentlich war Tamara nie meine beste Freundin, dafür hat sie sich zu wenig mit meinen Problemen auseinandergesetzt.

    Hab ich dir je erzählt, dass sie mal Diät-Tipps von mir wollte? Diät-Tipps von ´ner Essgestörten, ganz toll. Wenn ich dran denke, werd ich jetzt noch ganz sauer. Ich könnte sie erwürgen.

    Obwohl…das wäre wohl weniger gut.

    Tamara ist immerhin – mal abgesehen von dir – die Person, mit der ich am meisten zu tun habe.

    Verdammt, ich vermisse dich so sehr, es bringt mich um. Ich will doch einfach nur mal wieder von dir in den Arm genommen werden. Aber das geht ja nicht. Scheißarzt. Dass er mir ausgerechnet dich wegnimmt, ist einfach nur unerträglich. Ich weiß, wie gemein das klingt, aber…ich wünschte, es hätte jemand anderen getroffen.

    Dabei meine ich das nicht mal so gemein. Ich will dich doch einfach nur zurück. Mehr nicht. Ist das denn zu viel verlangt? Dass ich meinen geliebten Zwillingsbruder wieder zurückwill? Ich schätze, ich werde niemals eine Antwort bekommen.

    Wir alle vermissen dich unheimlich.

    In Liebe,

    Hope

    P.S.: Eben habe ich gemerkt, wie der Brief von Glück zu Enttäuschung zu Wut und dann zu Sehnsucht gesprungen ist.

    Ob das irgendetwas über mich – oder besser gesagt mein Leben – aussagt?

    ***

    Als Hope am nächsten Morgen in der Schule saß, konnte sie sich kaum konzentrieren. Das hieß, noch weniger als sonst. Ihre Konzentration hatte dank ihrer Essstörung – und natürlich den anderen Päckchen, die sie mit sich herumschleppte – schon vor Langem nachgelassen. Als Leo dann ins Koma gefallen war, hatte sie sich noch weniger konzentrieren können, aber heute war es besonders schlimm.

    Sie war nervös. Ihr Fuß wippte auf und ab, nahezu im Viertelsekundentakt, ohne, dass sie etwas dagegen tun konnte. In ihrem Inneren baute sich Druck auf, ausgelöst durch die Gefühle, die gnadenlos auf sie einstürzten, sie unaufhörlich erdrückten. Und dass sie den Stoff nicht mal annähernd verstand, machte es nicht besser. Innerlich sah sie die Anspannungskurve, die ihre Ex-Therapeutin ihr damals als „Hausaufgabe" gegeben hatte, vor sich.

    Und sie stellte sich vor, wie die Kurve von 4 langsam und konstant auf 8 hochkletterte.

    Als sie es nicht mehr aushielt, ging sie mit zitternden Knien und bebenden Händen aufs Klo und schloss sich dort in einer Kabine ein. Schnell griff sie in ihre Hosentasche und zog eine Klinge hervor. Ungeduldig packte sie sie aus dem Papier aus und schob den Ärmel hoch.

    Hope atmete tief durch, zitternd, voller freudiger Erregung, ehe sie ansetzte. Sie drückte die Klinge auf ihre Haut und zog dann, bis ein klaffender Schnitt ihren Arm zierte. Für einen Moment war die Wunde weiß erst nach einem kurzen Augenblick trat das Blut heraus. Es lief langsam heraus, erst tropfenweise, dann unaufhörlich. Sie wusste, dass der Schnitt tief genug war, um genäht zu werden, aber das interessiert sie nicht. Sie wiederholte den Prozess noch ein paar Mal, sodass ihr Arm schließlich von mehreren, tiefen, klaffenden Schnitten bedeckt war, aus denen so viel Blut floss, dass ihre komplette Hand mit Blut benetzt war.

    Manche Schnitte waren so tief wie der erste, andere nicht, aber Hope vertiefte sie einfach. Anschließend klatschte sie etwas Klopapier auf die Wunden und befestigte den provisorischen Verband mit ein paar Haargummis. Sie beschloss, erst in der Pause im Sekretariat nach einem Verband zu fragen. Vorerst würde der Klopapierverband ausreichen müssen.

    In der Pause ging sie ins Sekretariat. Doch dort holte sie sich keinen Verband, sondern ließ sich nach Hause entlassen. Auf dem Heimweg hielt sie noch schnell bei einem Supermarkt an, holte sich etwas Alkohol und ließ unauffällig eine 7€-Schachtel Zigaretten mitgehen.

    Zuhause verzog sie sich in ihr Zimmer, nachdem sie sich einen richtigen Verband geholt hatte, und fing an, zu trinken.

    Sie ertrug das einfach nicht mehr. Ihre Gefühle. Leos Verlust. Die Welt.

    Als sie betrunken genug war, lachte sie und stellte fest, dass sie bereits eine halbe Schachtel Zigaretten geraucht hatte.

    „Zum Glück hab ich das nicht gezahlt", murmelte sie, dann schlief sie ein.

    ***

    Leo,

    ich habe heute über Zwillinge recherchiert. Man spürt den anderen, schon bevor man die Mutter spürt. Man spielt miteinander. Deswegen ist die Bindung zwischen Zwillingen auch (oft) so intensiv. Ich bin über alle möglichen Sachen über Zwillinge gestolpert und am Ende bei „Verlorener Zwilling" gelandet.

    Ein verlorener Zwilling ist, wenn im Bauch zwar zwei Eizellen sind, ein Embryo davon aber nach zwei bis drei Monaten wieder „verschwindet" und der andere übrigbleibt. Der Überlebende weiß bis dahin aber schon, dass da jemand war und sucht dann nach der Geburt verzweifelt den anderen, ohne wirklich etwas darüber zu wissen.

    Verstehst du, was ich meine? Na ja, du kannst das ja, wenn du wieder aufgewacht bist, selbst nachlesen.

    Was ich eigentlich damit sagen will, ist, dass ich die Leute, die ihren Zwilling verloren haben, jetzt irgendwie verstehen kann. Und gleichzeitig hab ich das Gefühl, dass ich das nicht mal annähernd nachvollziehen kann.

    Immerhin hab ich doch einen Zwilling.

    Das macht mich wahnsinnig. Jetzt gehör ich weder zu den Zwei-„Funktionierenden"-Zwillingen noch zu den Nur-Einer-Hat-Das-Tageslicht-Erblicken-Können-Zwillingen. Verstehst du, was ich meine? Ich hoffe es. Denn besser kann ich es nicht ausdrücken. Es geht einfach nicht, so sehr ich auch will.

    Also, bitte, setz dem Ganzen ein Ende und wach wieder auf.

    Ich liebe dich.

    In Liebe,

    Hope

    ***

    Leo,

    jetzt sind schon drei Monate vergangen und ich fühle mich unfassbar einsam.

    Tamara hat endgültig keinen Bock mehr auf mich. Yunnis…Ach, keine Ahnung. Ich glaube, seitdem ich zugenommen habe (3 Kilo!!!), hält er sich ein bisschen distanzierter. Vielleicht bilde ich mir das nur ein. Vielleicht auch nicht. Ich hab keine Ahnung. Ich bin einfach nur verwirrt. Und ich will wieder hungern, tagelang nichts essen. Vielleicht will Yunnis mich ja dann wieder küssen. Das hat er seit unserem „Date" nämlich nicht mehr getan – dabei hätte er genug Gelegenheiten gehabt. Scheiße. Jetzt heul ich. Wann hört das auf? Dieses Vermissen. Das Rattern in meinem Kopf, das mich wieder und wieder an die Kalorien, mein Gewicht, mein gesamtes Aussehen erinnert. Es ist unerbittlich.

    Wie eine Uhr, die niemals stehen bleibt.

    Ich weiß nicht, wie lange ich das noch ertrage. Am liebsten würde ich mich umbringen, da bin ich ganz ehrlich. Aber wenn du dann aufwachst, erlebst du das Gleiche wie ich. Und vielleicht es ja noch schlimmer, weil ich nicht „einfach so" aufwachen kann. Weil ich dann endgültig weg bin. Also verharre ich hier, auf einer Welt, die ich nicht ertrage. Eine Welt, die mich scheinbar unbedingt loswerden will. Eine Welt, die mir jedes bisschen Leid anhängt, das sie mir anhängen kann. Eine Welt, die mit mir spielt. Eine Welt, für die ich nichts weiter als eine nutzlose, ersetzbare Marionette bin. Eine Welt, die mir viel zu unwirklich vorkommt. Oh, Leo, siehst du, wie sehr ich deinetwegen leide? Das heißt, nicht deinetwegen. Ich tu es für dich. Und zwar nur für dich. Mein Glück hängt von dir ab und ich hasse mich dafür. Es hört sich an, als wäre ich in dich verliebt. Dabei ist das hier noch viel schlimmer. Du bist die Liebe meines Lebens, auf immer und ewig, mein Seelenverwandter, mein Spiegelbild, mein Halt. Eigentlich bist du mehr als das. Und verdammt, warum hat man mir ausgerechnet dich weggenommen? Ich weiß, dass ich das schon mal gefragt habe. Aber weißt du was? Ich frage mich das jeden Tag. Jede Sekunde ohne dich schmerzt einfach nur. Ich kann nicht mehr, nicht, wenn du nicht da bist, zumindest nicht wirklich. Es fühlt sich an, als wäre mein Herz in hundert Stücke zerbrochen, so sehr fehlst du mir.

    In Liebe,

    Hope

    ***

    Leo,

    Ich habe Angst. Angst Angst Angst.

    Angst vor dem Zunehmen. Angst davor, zu schlafen. Angst vor den Gedanken in meinem Kopf. Angst, dass mein Alkoholproblem mich zur absoluten, hoffnungslosen Alkoholikerin macht. Angst, dass mich alle hassen. Angst, dass nicht mal mehr du mich liebst.

    Angst, dass ich nicht durchhalte und mich

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