Plötzlich erwachte die Liebe: Die Klinik am See 53 – Arztroman
Von Britta Winckler
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Über dieses E-Book
Britta Winckler ist eine erfahrene Romanschriftstellerin, die in verschiedenen Genres aktiv ist und über hundert Romane veröffentlichte. Die Serie "Die Klinik am See" ist ihr Meisterwerk. Es gelingt der Autorin, mit dieser großen Arztserie die Idee umzusetzen, die ihr gesamtes Schriftstellerleben begleitete.
»Das war's für heute, meine Damen und Herren«, beendete Dozent Dr. Ratlow seine Vorlesung über Kunstgeschichte. »Wir sehen uns in drei Tagen wieder.« Verhaltener Beifall der Studenten und Studentinnen klang auf. Langsam leerte sich dann der Hörsaal. Barbara Schörner war unter den ersten, die dem Ausgang der Münchner Universität zustrebten. Die vergangene halbe Stunde war für sie eine Qual gewesen. Ihre seit einigen Wochen immer wiederkehrenden Rückenschmerzen hatten ihr arg zugesetzt. Sie war froh, daß die Vorlesung beendet war. Jetzt hatte sie nur den Wunsch, so schnell wie möglich nach Hause zu kommen, um sich hinlegen zu können. Die Zurufe einiger männlicher Kommilitonen ignorierte sie und beeilte sich, zu ihrem kleinen Fiat auf dem Parkplatz zu kommen. Einige der Studenten wunderten sich schon lange, daß sie so ein kleines Auto fuhr, wo sie sich doch ohne weiteres einen eleganten Flitzer hätte leisten können; arm war sie schließlich weiß Gott nicht. Aber Barbara hatte sich nun einmal nach bestandenem Abitur von ihrem Vater diesen kleinen Wagen gewünscht. Es lag ihr nicht, mit etwas zu protzen. Es war überhaupt eines ihrer hervorstechendsten Charaktermerkmale, daß sie trotz ihres Reichtums, den sie nach dem Tode ihres Vaters geerbt hatte, ein bescheidenes und anspruchsloses Mädchen geblieben war, das sogar seine Scheu aus der Teenagerzeit noch nicht abgelegt hatte. Nach dem Tod ihres Vaters war sie sogar noch zurückhaltender geworden und hatte richtig ängstlich bei Begegnungen mit anderen Menschen reagiert. Nur dem guten Freund ihres verstorbenen Vaters, dem Chefarzt der Klinik am See in Auefelden, Dr. Lindau, den sie seit ihrer Teenagerzeit Onkel Hendrik nannte, war es zu verdanken, daß sie mit der Zeit etwas selbstbewußter geworden war. Aber auch die alte Kathi – Katharina Leitner war ihr voller Name – hatte dabei mitgeholfen.
Ähnlich wie Plötzlich erwachte die Liebe
Titel in dieser Serie (56)
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Rezensionen für Plötzlich erwachte die Liebe
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Buchvorschau
Plötzlich erwachte die Liebe - Britta Winckler
Leseprobe:
Jungbrunnen
LeseprobeGuten Tag! Da sind Sie ja wieder! Wie schön! Ich freue mich, liebe Leserin, geschätzter Leser, dass Sie mich erneut ins Krankenhaus St. Bernhard begleiten. Es sind ja doch noch ein paar Geschichten da zum Weitererzählen. Sie glauben bestimmt, dass ich mir das alles ausdenke, oder? Dass das alles pure Fantasie ist.
Falsch! Ich habe zehn Jahre in drei Kliniken gearbeitet. Und ich kann Ihnen, liebe Leserin, geschätzter Leser, versichern: So, wie ich es schreibe, ist es gewesen. Und es ist noch immer so. Und es wird immer so sein. Sie kennen den ersten Band noch nicht? Macht nichts. Obwohl – ich habe dort die wichtigsten Personen vorgestellt. Sehr sympathische Menschen. Auch den einen oder anderen Unsympathischen. Was sagen Sie? Die gibt es immer? Ihnen fallen jetzt bestimmt sogar Namen ein, oder? Vielleicht haben Sie ja doch Lust, dort einmal hineinzuschauen.
Schauen wir mal, was im zweiten Teil so passiert. Da lernen wir noch jemand ganz Wichtigen kennen, der … Moment mal! Was macht Frau Dr. Rommert denn in München? Hatte sie nicht bis 20 Uhr Dienst? Schon ziemlich spät für jemanden, der anderntags früh 'raus muss!
Sepandar
Ich komme mir vor wie in einer Folge einer in schwarz-weiß gedrehten Krimi-Serie der 70er Jahre, dachte Dagmar Rommert.
Nach dem Spätdienst in der Notaufnahme des Krankenhauses St. Bernhard in Schliersee gierte sie nach etwas Abwechslung. Deswegen hatte sie beschlossen, den Abend in München zu verbringen. Dort nieselte es. Einen Schirm aufzuspannen hätte sich nicht gelohnt. Die Tropfen schienen horizontal zu fallen. Die kühle Temperatur der Abendluft kroch durch den Stoff ihres schicken Tweed-Kostüms ohne Umwege auf ihre Haut. Das rhythmische Klack-klack ihrer Absätze auf dem nass-glänzenden Pflaster des Gehwegs hallte durch die Straße.
Die Frau Doktor spürte den Hunger, den sie tagsüber verdrängt hatte. Zum Essen war mal wieder keine Zeit gewesen heute, nur das Croissant und der Kaffee am Morgen. Vielleicht etwas Sushi? Futo-Maki und Nigiri … Proteine … gesund, kaum Kalorien, gut für die Linie. Oder vielleicht einen Salat aus dem Steakhouse?
Die Klinik am See
– 53 –
Plötzlich erwachte die Liebe
Sie gab Barbara die Kraft, gesund zu werden
Britta Winckler
»Das war’s für heute, meine Damen und Herren«, beendete Dozent Dr. Ratlow seine Vorlesung über Kunstgeschichte. »Wir sehen uns in drei Tagen wieder.«
Verhaltener Beifall der Studenten und Studentinnen klang auf. Langsam leerte sich dann der Hörsaal.
Barbara Schörner war unter den ersten, die dem Ausgang der Münchner Universität zustrebten. Die vergangene halbe Stunde war für sie eine Qual gewesen. Ihre seit einigen Wochen immer wiederkehrenden Rückenschmerzen hatten ihr arg zugesetzt. Sie war froh, daß die Vorlesung beendet war. Jetzt hatte sie nur den Wunsch, so schnell wie möglich nach Hause zu kommen, um sich hinlegen zu können. Die Zurufe einiger männlicher Kommilitonen ignorierte sie und beeilte sich, zu ihrem kleinen Fiat auf dem Parkplatz zu kommen.
Einige der Studenten wunderten sich schon lange, daß sie so ein kleines Auto fuhr, wo sie sich doch ohne weiteres einen eleganten Flitzer hätte leisten können; arm war sie schließlich weiß Gott nicht. Aber Barbara hatte sich nun einmal nach bestandenem Abitur von ihrem Vater diesen kleinen Wagen gewünscht. Es lag ihr nicht, mit etwas zu protzen.
Es war überhaupt eines ihrer hervorstechendsten Charaktermerkmale, daß sie trotz ihres Reichtums, den sie nach dem Tode ihres Vaters geerbt hatte, ein bescheidenes und anspruchsloses Mädchen geblieben war, das sogar seine Scheu aus der Teenagerzeit noch nicht abgelegt hatte. Nach dem Tod ihres Vaters war sie sogar noch zurückhaltender geworden und hatte richtig ängstlich bei Begegnungen mit anderen Menschen reagiert. Nur dem guten Freund ihres verstorbenen Vaters, dem Chefarzt der Klinik am See in Auefelden, Dr. Lindau, den sie seit ihrer Teenagerzeit Onkel Hendrik nannte, war es zu verdanken, daß sie mit der Zeit etwas selbstbewußter geworden war. Aber auch die alte Kathi – Katharina Leitner war ihr voller Name – hatte dabei mitgeholfen. Von ihr, die Wirtschafterin, Haushälterin und Köchin in einer Person vereinte, war sie schon als Baby betreut worden. So gut es möglich gewesen war, hatte Kathi ihr die früh verstorbene Mutter ersetzt.
Diese beiden Menschen, Dr. Lindau und Kathi, waren die einzigen, denen Barbara vertraute, auf deren Rat sie hörte.
Ein schmerzvoller Seufzer kam über Barbaras Lippen, als sie nun in ihr Auto stieg und zur Heimfahrt nach Bad Wiessee startete. Eine Kirchturmuhr verkündete gerade die elfte Vormittagsstunde, als sie aus München hinausfuhr.
*
Lächelnd beobachtete Kathi vom Küchenfenster aus die Ankunft Barbaras. Ihr Lächeln verschwand aber sofort wieder, als sie an deren Haltung erkannte, daß Barbara wieder von ihren Rückenschmerzen geplagt wurde. Verhalten seufzte sie. Seit Barbaras Vater gestorben war und eine einzige Tochter als Vollwaise zurückgelassen hatte, achtete sie noch mehr auf alles, was mit dem Mädchen geschah. Vor allem aber galt ihr Augenmerk Barbaras Gesundheit. Daß deren immer wiederkehrende Rückenschmerzen nicht weichen wollten, bereitete ihr mehr Sorgen als das Zusammenstellen des wöchentlichen Speiseplanes. Sie litt geradezu mit Barbara, wenn diese von den Schmerzen geplagt wurde.
»Es muß etwas geschehen«, murmelte sie. »Ich kann das schon nicht mehr mit ansehen, wie sich das Kind mit diesen Schmerzen abquält.«
Kathi unterbach ihre überlegungen und verließ ihr Küchenreich, als sie Barbara das Haus betreten hörte. Im Vestibül traf sie das Mädchen. »Na, Babsie…«, so nannte sie Barbara meistens, »… wie war’s in der Uni?« Das war ihre obligatorische Frage, wenn Barbara von der Vorlesung in der Universität zurückkam.
Barbara winkte ab. »Wie immer«, erwiderte sie. »Heute aber war ich froh, daß die Vorlesung nicht so lange gedauert hat und ich nach Hause konnte.«
»Wieder Schmerzen?« Forschend sah Kathi das junge Mädchen an und schüttelte besorgt den Kopf.
»Sieht man mir das etwa an, Kathi?« fragte Barbara mit gepreßter Stimme.
Kathi nickte. »Ich auf jeden Fall, Babsie, denn ich kenne dich immerhin schon an die zwanzig Jahre.«
Barbara gab keine Antwort. Wortlos ging sie in das große Herrenzimmer und ließ sich seufzend auf die breite Ledercouch fallen.
Kathi, die gefolgt war, ergriff das Wort. »Ich mache mir Sorgen um dich«, sagte sie. »Es gefällt mir nicht, wie du deine ständigen Rückenschmerzen ignorierst.«
»Ignorierst?« wiederholte Barbara und verzog ihr hübsches Gesicht ein wenig. »Das kann ich gar nicht.«
»Und was tust du dagegen?« fuhr Kathi auf. Sie durfte sich diesen Ton erlauben. »Nichts, gar nichts, und das finde ich nicht richtig.«
»Ich weiß, Kathi«, gab Barbara ein wenig kleinlaut zurück. »Du meinst, ich sollte zum Arzt gehen.«
»Ja, das meine ich«, bestätigte der etwas wohlbeleibte gute Geist des Hauses. »Sehr bald sogar solltest du das tun! Warum wendest du dich nicht an Dr. Lindau?«
»Onkel Hendrik?« Barbara starrte zum Fenster hin. »Der hat wichtigeres zu tun, als sich um mein bißchen Rückenschmerz zu kümmern, der ja immer wieder verschwindet…«
»… aber ständig wiederkehrt«, fiel Kathi dem Mädchen ins Wort. »Dr. Lindau ist ein guter Arzt und er wird dir am besten sagen können, was es mit diesen Schmerzen auf sich hat. Wovor hast du eigentlich Angst?« fügte sie fragend hinzu.
»Ich habe keine Angst«, antwortete Barbara abwehrend. »Es ist nur so, daß ich eben nicht gern zu einen Arzt gehe, weil ich dann gleich das Gefühl habe, ich sei krank. Das kann ich einfach nicht leiden.«
»Statt dessen läßt du dich lieber von Schmerzen plagen«, tadelte Kathi ihren Schützling. »Sei vernünftig und geh’ endlich zum Arzt!«
»Ich werde es mir überlegen«, versprach Barbara. Daß sie Kathis Rat bisher noch nicht befolgt hatte, lag einfach daran, daß sie eine unbestimmte Angst vor dem Ergebnis einer Untersuchung hatte.
*
Fast zwei Stunden hatte Dr. Lindau zusammen mit Dr. Hoff und Dr. Bernau am OP-Tisch gestanden. Eine schwere Nierenoperation lag hinter ihm. Aber trotz der anstrengenden zwei Stunden war ein zufriedenes Leuchten in seinen Augen. Das war immer dann, wenn er nach einem Eingriff sagen konnte, daß ärtzliche Umsicht und fachliches Können wieder einmal über Krankheit und drohenden Tod gesiegt hatte. In diesem Fall war es so gewesen. Natürlich war sich Dr. Lindau auch bewußt, daß solche Siege im OP nicht allein sein Verdienst waren, sondern nur in der hervorragenden Zusammenarbeit mit den Kollegen erreichbar waren. An anerkennenden Worten gegenüber diesen Kollegen ließ er es nach einem gelungenen Eingriff auch nicht fehlen.
»Ja, einen Augenblick bitte – er kommt gerade«, hörte Dr. Lindau seine Sekretärin Marga Stäuber in den Telefonhörer rufen, als er nun das Vorzimmer zu seinem Büro durchschritt und in sein Allerheiligstes wollte.
Ruckartig blieb er an der schon geöffneten Tür stehen und blickte die Sekretärin an. »Für mich?« fragte er.
»Ja, Herr Doktor. Soll ich durchstellen?« kam es zurück.
»Wer ist es?« wollte Dr. Lindau wissen, der sich jetzt gern zunächst ein paar Minuten Ruhe gewünscht hätte. »Eine Patientin?«
Marga Stäuber zuckte